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Vermerk von Hamann:
Erhalten den
28
Junii 775.


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Viel Dank, lieber H., für Ihr redl. Theilnehm. an meinem unerwarteten

34
Zufall. Mir so unerwartet, als Ihnen: die Abhandlung war vergeßen, u. ich

S. 190
traute ihr den Preis so wenig zu, als meinem Miethpferd, worauf ich

2
bisweilen ausstolpere, den Olympischen oder Pythischen Preis. Am Trinit. fest

3
wurde ich eben wie
sie
,
an
von
einem
non poss. dicere quid?
aufgetrieben: ich

4
wußte nicht, was zu thun, am lieben Sonnt. so früh, saß also wie Loth in

5
meiner Hofthür u. las Oetinger
theol. ex id. vitae deductae
– siehe da, der

6
lahme Wansb. – Er ist mir immer ein fauler Bothe!
dacht
ich u. wollte, da

7
im gelehrten nichts als eine brausende Voßische
H.
Geistode drin
ist
stand,

8
ihn wegwerfen – ein Geist oder Wind kehrte das Blatt u.
eia
mein Motto! Da

9
war Freud über Freude, mehr um meiner
Freunde
u.
Feinde
willen, als

10
meinethalb. Sie waren gleich mit unter den Ersten die ich meinem Weibe

11
nannte: die Nachricht u. das Zeitungsblatt flog aus unserm Munde an unser

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hiesiges
Drei
redl. Theilnehmer – für die übrigen war der weidl. Korrespond.,

13
der wie wir bald hörten, es auch hatte.
etc. etc.
Und die HErn Nickels
et

14
consorten
wurden auch bestschuldigst erwähnet – Amen! Ders gefügt u.

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gegeben, lenks ein: sonst wird noch ein ärgrer
Ruch
draus, mit Wansb. Asmus

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zu reden, als es war. Denn

17
die Abhandl. taugt, meines Erachtens, wenig mehr, als eine belletristische

18
Schulübung. Meinen Grundsätzen bin ich ganz treu u. in Absicht auf
die

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Freiheit u. despotischen Teufelsdreckgeschmack schnarchende Stellen,

20
derentwegen
wirs
schon, Mann u. Weib, für völlig vergebens hielten, es nur

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fortzusenden. Dazu kam, daß der Abschreiber so falsch u.
unleserl.

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geschrieben, daß meine Handschrift, die ich als kennbar supponiren konnte, fortmuste,

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u. doch – es ist wahrl. Loos von höherer Hand: denn noch begreife ich nichts.

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Sie sollen die Abhandl. im Kleck oder von meinem Abschreiber konterfeit auf

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der fahrenden Post erhalten u. sehen. Hätte ich was anders als dies liefern

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wollen, so wäre gar nichts gewesen.

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Sulzer glaub ich nicht, daß er mir sein
Vot.
gegeben: er ist aber meines

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Wißens in der Metaphys. Klasse u. in dieser Merian Director, ein
lieber

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gutherziger Mann. Weguelin ist der Schweizer, den sie meinen, voraus in St.

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Gallen Profeßor. Nicht blos die Betracht. über Sparta, sondern auch die

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Religiose
Gespr. im R. der T., damit Sie in den Königsb. einst begannen,

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sind von ihm: ja man schreibt ihm auch die Sokrat. Gespr. von W. zu, über

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die Moses den Wiel. in den Litt. Br. so herunter nahm u. dieser sich dran für

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unschuldig erklärte. Endlich sind grosse dicke
caracteres
u.
histoires romaines

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von ihm, Plane zur Politischen ppp Welt u. Römerhistorie, die ich nie

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ansehn mögen. Vielleicht nehmen Sie sie, beim jetzigen Vorfall zur Hand: wie

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mich dünkt, hat er ein Politisch-historisch Werk angekündigt, woran der
Fr.

S. 191
Buchhändl. selbst
zu
vertage
verzweifeln schien. Es schwebt mir aber nur

2
so fern vor. Ihn seh ich vor den Urheber
meines
Preises an, weil er in dem

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Fach am meisten gewühlet u. zu deutl. Stellen gegen Sulzers Moralische

4
Belletristerei vorkommen. Sie wißen aber doch, daß die Rede, vom Verfall

5
des
Geschmacks
: ganzer Volker, nicht ganzer Völker, wie der Druckfehler

6
der Zeit. sagte, gewesen.

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Und nun auf Sie: damit wir redl. theilen. Fast an keiner Ihrer Schriften

8
hab’ ich so innig aus dem Herzen mit gelesen, als am
den
Hierophanten.

9
Ich erwischte ihn bald, da Hartkn. weg war, aus Lemgo, u. mein Herz schlug

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hoch, zu dem was Sie vom
Nichts
u.
Etwas
reden. Auch von der Abgötterei

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gegen die 1te Kirche habe ich längst Ihre Gedanken: der 4te Abschn. der Br.

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2er Br. Jesu zeuge. Das Büchlein soll mir weder Honig im Munde u.

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Purganz in den Gedärmen werden – aber leider! in 8. gedruckt. Ihr Brief kam

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Hrtkn. zu spät.

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Wie mich Ihr dramat. Freund Hain erfreut, hab’ ich mit Bleistift auf den

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Brief geschrieben, den ich Hartkn. mitgab. So hast du nicht, alter Ruprecht,

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zu mir geredet, gewiß weil ich Dich nicht im Kupfer vor habe u. mich, Dorn

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u. Hecken ausjätend, hinten. Ich habe Matth. Klaud. zu Pyrm. Brunnen

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hergebeten, vielleicht kommt er. Wärst Du denn auch hier, alter Rupr.

20
Pförtner, mit Deiner Sense, womit Du Königsgespenster mähest, die aber wie auf

21
Swifts Monde schnell zusammenwachsen u. sprechen: hie sind wir!

22
Zu Ihrem
Myster
.
Buche ist freil. Meursius der Hauptkompilator: ich

23
habe ihn aber nie erwischen können, weil alle seine Sachen rar sind, mich also

24
mit dem Auszuge draus in Warburt. Send. Mos. be
wiesen
gnügt: es ist

25
aber schon durchs
sein
Sehglas. In der Gronovschen Samml. steht er.

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Eschenbachs Epigenes, Blackwells Mythol. haben Sie selbst. in Zorns
Opusc.

27
u.
Bibl.
sacra
antiqu. sacr.
stehn dort viel scheußl. Anwend. hier Collektan.

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von Sachen der Art. Ich wollt, daß Sie beide Bücher, jenes für Hephäst.,

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dies für die Sibylle durchliefen.

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Hier ist mein kleiner Mohrenkopf: er bittet um Ihr Bild, dazu mir Htkn.

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u. Kanter Hofnung gemacht haben, u. empfielt sich Ihrer Väterl. Güte, die

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Joh.
Χ
stoph Neum. so wohl bedacht hat. Der Letzte läßt sich zieml. gut an u.

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der Erste kriecht herrl. umher. Zum Nächsten sind Sie Gevatter voraus: mein

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Weib soll Sie eigenhändig bitten.

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Ein Exempl. Ihres Hier. von Ihrer Hand! so wie ich Ihnen alle meine

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opp. durch Htkn. zugesandt habe. Auch 2 Br. während der Zeit geschrieben:

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Einen durch Ihn, da er noch in Leipz. war: den 2ten ihm mitgegeben. Meine

S. 192
Magier
bitten um Ihre Gastfreundschaft u. höfliche Bewirthung: denn

2
Schutznehmung haben sie nicht nöthig
χρηματισθεντες.
Vielleicht ärgern

3
Sie sich über den zu blassen dogmatischen Gebrauch:
ich
konnt’ aber, um der

4
Nothdurft unsrer Zeit willen, damals nicht anders. Du, Ruprecht Pf., ein

5
Magus von Natur, bist allein geschaffen, den
König
des Himmelreichs
zu

6
feiren.

7
Vom Bauer
p
bringt Ihnen Htkn. Nachricht. Einen Füßlischen Br. über

8
Klopst. will ich meiner Abhandl. beilegen u. was ich sonst finde.
Le Kermes

9
du Nord
bleibt in guter Hand. Lebe wohl, lieber, treuer Ruprecht-Pan, dem

10
seine höhere unverwelkliche Krone über all sein Mühn u. Leiden gewunden

11
u. aufbewahrt bleibt. Gott mit Ihnen u. Ihren Schweisfüchsen, die ich herzl.

12
wünsche zu kennen. Grüßen Sie Kreuzfeld von mir, von dem ich 4. schöne

13
Litth. Lieder in der Preuß. Saml. gelesen: sie sollen in meine Volkslieder

14
gewiß. O hätt er mehr! –

15
Vielleicht erfreue ich Sie bald mit etwas anderm, eben so unvermuthet.

16
Gott helfe. Ihr
ewigtreuer
H.

17
In der A. D. Bibl. soll ich eben so mitgenommen seyn – laßet sie fluchen –

18
der HE
pp

Provenienz

Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 129.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, V 145–148.

Herders Briefe an Joh. Georg Hamann. Im Originaltext hg. von Otto Hoffmann. Berlin 1889, 101–103.

ZH III 189–192, Nr. 450.

Zusätze fremder Hand

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Johann Georg Hamann

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
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Geändert nach der Handschrift; ZH:
28.
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sie
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Sie
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von
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von
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dacht
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dachte
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Geändert nach der Handschrift; ZH:
wirs
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so unleserlich
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lieber
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Geändert nach der Handschrift; ZH:
lieber,
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zu
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des
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Geändert nach der Handschrift; ZH:
des
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Myster
.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Myster.
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ich
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
ich
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König
]
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König
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192/16
ewigtreuer
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ewig treuer
192/18
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Geändert nach der Handschrift; ZH:
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