441
            
        169/26
Von Hamann:
Erhalten den 5 April
27
Brief
HKB 440
 Sogleich antworte ich lieber H. den 25 Mz. da ich Ihren Brief 
bekomme
. Er 
28
ist völlig Abdruck Ihrer Seele, die sich, nicht eben auf die gründlichsten 
29
Stützen, mit Herkuls Kraft und Freundes Herzen ein ungeheures Gothisches 
30
System baut. 
31
Προλ. an Darmst.
Hamann, 
Prolegomena
, an 
Johann Heinrich Merck
, vgl. 
HKB 433 ( III 154/33 ) und 
HKB 440 ( III 168/1 ) Eine Namen
Johann Heinrich Merck
 Die 
Προλ.
 an Darmst. sind nichts weniger, als versandt. Auch der Eine 
32
Namen ist nicht Claudius, sondern mein Einfall, weil ich sonst nicht 2. 
33
ausfindig machen konnte; vergeben Sie also dem läßigen Wansb. Jeder trägt 
34
Ex.
 Exemplare 
seinen Höcker. Die Ex. sollen gleich nach Darmst. u. Zürich hin, obgleich 
35
Lavater
Johann Caspar Lavater
  Lavater 
noch
 viel zu plan ist, als daß er 
Sie
 faßen könnte. 
36
Sibylle über die Ehe
Hamann, 
  Versuch einer Sibylle über die Ehe
Rebekka Klaudius
Anna Rebecca Claudius
  Die Murmelung der Sibylle über die Ehe ist uns durch Rebekka Klaudius 
S. 170
Karoline Herder
Caroline Herder
  worden. Karoline Herder dankt der alten Mutter und hats sehr für, was sie 
2
in Murmelung u. Hieroglyphen sagt, in That u. plane Wahrheit zu 
3
verwandeln. Hier also hat Kl. nichts versäumet; züchtigen Sie ihn also nicht zu hart. 
4
Embryon unter der schwarzen Hebamme
Herder, 
Erläuterungen zum Neuen Testament
; Hamann fürchtete eine unfruchtbare Auseinandersetzung mit Herders ‚Feinden‘, vgl. 
HKB 440 ( III 167/14 ) Auch Ihr Kummer über meinen Embryon unter der schwarzen Hebamme 
5
Händen ist, lieber H., unnoth. Es hat weder mit Krethi noch Plethi zu schaffen, 
6
sondern ist eine Theologische Schrift in meinem Beruffe, wo ich also 
7
wenigstens ehrlich strebe. Was hätte ich Ihnen vorruffen sollen „neue Magier aus 
8
Orient sind erschienen! Wir haben ihren Stern gesehen!“ ob ich gleich also 
9
wä
 manchmal im Ersten Taumel meiner Freuden wähnte. Jetzt ist das 
10
goldne Kalb
2 Mo 32,24
 goldne Kalb so oft umgegossen u. steht so hölzern da, daß ich kein Wort zu 
11
sagen vermochte, das 
s
 Sie nicht verführt hätte. Was konnte ich also thun, 
12
als schweigen! – 
13
Nicht Mißtrauen ists also, lieber Vor- u. Mitstreiter, daß ich Ihnen nicht 
14
Bucephalus
 das wilde Lieblingspferd Alexanders des Großen, vgl. 
Hamann, 
Kreuzzüge des Philologen
, N II,174, 23f. 
plauderte: sondern Scheu, Ihren Bucephalus zu verführen u. Demuth. Es 
15
ist vielleicht das Erste Werk, wo Sie sich weder über Bilder noch Schnörkel, 
16
αλλοτρια
 allotria, abgelegene Angelegenheiten 
noch unebne 
αλλοτρια
 zu beklagen haben werden. Ich reite auf 
Einem
17
Eselsfüllen, oder dem Höcker meines Kameels auf seiner heiligen Wallfahrt: lockt 
18
mich ein Irrlicht, so kommts doch zu stehen, wo 
Er war
. Also 
kann
 wird 
19
mich das Glück der Aufnahme nicht ärgern, und das Unglück derselben nicht 
20
fre
uen
 können. Ich ziehe 
χρηματισϑεις
 meine Wege wieder heim! – 
21
Terror panicus
 dt. panischer Schrecken 
Terror panicus
 vor meinen Feinden? – auch ich muß Sie eben fragen: wer 
22
sind sie? Ich gehe meinen Gang fort. Selbst das berüchtigte Stück Ihres 
23
Merkurs
Christian Heinrich Schmid
: 
Fortsetzung der kritischen Nachrichten vom Zustande des Teutschen Parnassus
, in 
Der Teutsche Merkur
, Bd. 8, St. 2, November 1774, S. 174f.; vgl. 
HKB 440 ( III 169/4 )  Merkurs habe noch nicht gelesen! Und meine Ruhe ist nicht Träge, sondern 
24
Handlung
! so unsichtbar sie ihnen seyn mag. 
25
HE. Fr. Nikol.
Friedrich Nicolai
 Freilich ists abzusehen, daß der Sproße der todten Wurzel aus Berl. HE. 
26
Fr. Nikol. mit der Weide an Waßerpfützen Weimars sich zusammen thun 
27
werde; oder sie sinds vielmehr schon lange. Er zog ja schon mit seinem 
28
Sebaldus
Nicolai, 
 Sebaldus Nothanker
Sebaldus unterm Arm hin, sich u. denselben in eigner Person zu empfehlen; 
29
und was wird der 
Freudenmacher
 Werther nicht thun? Daran ist nicht zu 
30
zweifeln; aber auch dünkt mich, nicht zu rügen. Das geht mit der Meße über 
31
u. die Herrn richten sich selbst. 
32
Mir kommts vor, lieber H., als wenn, was Sie mir, ich Ihnen viel eher 
33
sagen könne: nehml. daß Sie dem Publikum 
verrathen
. Wo habe ich mich 
34
Urkunde
Herder, 
 Aelteste Urkunde
mit einer Zeile beklagt, daß 
S
 die Urkunde nicht wohl aufgenommen ist 
35
(sie ists würklich viel über 
Verdienst!
)
 u. die Gegenrede muß ja dazu würken!) 
36
Zacchäus
Hamann, 
  Prolegomena
thuts nicht aber 
Zacchäus
? – Ich gehe auf meinem lastbaren Theologischen 
37
Wege, aller Kritik- Merkur- u. Romanhelden unbekümmert, fort, u. der 
S. 171
Himmel weiß, wie ich mit mir arbeite! (Daß sagen Sie bei Gelegenheit Vetter 
2
Nabal, ohne daß ihm sein Herz ersterbe). Der gröste Theil Ihres Briefes ist 
3
also für mich 
fremde Sprache
, die mir als Spiel Ihres Geistes u. Herzens 
4
v. v.
 vice versa 
gefällt, im Munde süß ist, aber im Bauche krümmet! oder 
v. v.
5
Wie Sie 
aber
 Meiners mit Vergnügen haben lesen können! begreife ich 
6
Schlötzerianismus
August Ludwig Schlözer
 auch
 nicht. Es ist doch lauter Schlötzerianismus histor. Kritik! d. i. 
7
dummdreister Blindschleich- u. Maulwurfsgang auf- u. im Staube der Erde, damit 
8
oben die grosse Sonne ja nicht leuchte! – 
9
Weibe
Caroline Herder
  An meinem Weibe hab ich allerdings mehr 
gefunden,
 als ich werth bin: 
10
sieht 
Sie
 aber nicht Ihre Sibylle des Ehestandes, daß 
eben
deßhalb
 die 
11
Autorhosen in ihrer Hand weniger Wunder thun können? Wie, wenn sie mir 
12
zu nahe steht, zu sehr an meinen Ausdruck etc. leider gewöhnt ist? 
oder 
13
vielmehr wenn ihrer 
nicht
 ist wie der Meinige, sinds doch immer meine Schriften.
 – 
14
Dank indeßen für guten Rath! Bei der letzten Schrift hat sie das 
vidi
15
gegeben! – Zween 
Andre
 oben drein: der Eine, Franzose in allem Züchtigen des 
16
Geschmacks! Der andre, Theologe mit allem Lahmen der Orthodoxie: was 
17
konnte mehr geschehen? – – – 
18
Hartkn. zu Ihren Geburten
Hamann, 
Le Kermes du Nord
 und 
Hamann, 
Hierophantische Briefe
, vgl. 
HKB 440 ( III 168/35 ) Ich freue mich, daß Hartkn. zu Ihren Geburten sich nahet, u. hoffe, daß 
19
auch deßhalb seine Ankunft hieselbst mir 
fruchtbar
 seyn werde, an 
dem,
 was 
20
er 
mitbringt
. Laß er so denn Ihnen entgegen spediren was Er hat. Einen 
21
langen Brief erwarte gewiß. 
22
Unser Bube nimmt herrlich zu! Er ist 
täglich
 Uns Morgen u. Abendsegen! – 
23
Htkn. wird sich sein freuen! 
24
Allerdings freuten wir 
Uns
 auch 
über
, wenn Sie kämen: aber das ist 
25
W.Boten
Matthias Claudius
    doch nur ein mystischer Traum des W.Boten! – Gut auch noch, daß ers 
26
bleibt: wir 
werden
 uns einst 
beßer
finden
!!! – 
27
laßet mir …
2 Kön 3,15
 Nun habe ich gnug gebrummet: laßet mir einen Spielmann kommen, daß 
28
der Prophet freudiger schließe. 
29
Bauer in der Schweitz …
Heinrich Bosshard
, vgl. den Bericht in 
Heinrich Boßhard, eines schweizerischen Landmannes, Lebensgeschichte, von ihm selbst geschrieben
 (Winterthur 1804)
, S. 89; vgl. außerdem den Brief von Boßhard an Lavater, 26.3.1775, über Herders 
Älteste Urkunde
: 
Manuskript: Zentralbibliothek Zürich, FA Lav Ms 503.109
 und den Brief Herders an Lavater, Mitte April 1775: 
https://jclavater-briefwechsel.ch/letter/1136
. 
Ein Bauer in der Schweitz hat über meine 
älteste
 Makulatur des Mschl. 
30
Sedez
 Bogen zu 16 Blättern 
Geschl. einen Brief in 
 Sedez
 geschrieben, der mir durch Lav. zu Händen 
31
gekommen, u. mich über das 
minimum
 derselben, was jederzeit das 
optimum
 ist, 
32
sehr gedemüthigt u. sehr erhoben hat. Htkn. solls in Orig. sehen u. Ihnen 
33
Provinzialbl.
Herder, 
 An Prediger
sagen. – Die Provinzialbl. – hätten sie kein Glück u. kein Verdienst weiter, so 
34
Nachbar
 Johann Christian Wilhelm Meier (1731–1775), Superintendent in Stadthagen 
haben sie mir einen Sterbenden Nachbar Nabal zum Freunde gemacht, deß 
35
letztes Wort es war, als ich ihn sah, mir dafür zu danken. Die Philos endlich – 
36
hat die Leute wenigstens überzeigt (sagen sie), daß ich verständlich schreiben 
37
kann – u. das ist gnug! Wer da glaubt, daß ich nach 
Einer
 Streichelung des 
S. 172
Publikums lüste, der ist gerade mir entgegen. Je mehr Sie mich lieben, mein 
2
Fr., desto mehr laßen Sie mich vertheidigend ruhn, bis ich Ihrer werther werde. 
3
Bibel ist jetzt mein einziges Studium. Auch das Hebr. such ich aus 
seiner
der
4
Asche hervor: und Sie werden bald davon Proben sehen. Ich arbeite aber 
5
nicht für Proben, sondern für mich selbst. 
6
reg. Gr. zu Schaumb.
Graf Wilhelm Friedrich Ernst zu Schaumburg-Lippe
  „An Se. Durchl. den reg. Gr. zu Schaumb.“ hat „Deroselben 
7
Fr. Nikolai“ Die Freuden des jungen Werth.
Nicolai, 
  Freuden des jungen Werthers
unterthänigster Diener Fr. Nikolai“ Die Freuden des jungen Werth. gesandt, die 
8
auch sehr gnädig aufgenommen sind, obwohl HE. Fr. Nikol. seine nähere 
9
Absicht damit nicht erreicht hat. Der Streich ist so wohl 
abgemerkt
 gewesen, 
10
daß er ganz 
unbemerkt
 vorbei gegangen, was mich sehr dauret. Sie müßen 
11
ja dies herrl. Erfindungsvolle Buch lesen. 
12
Leßing ... Beitrage
Lessing, 
Zur Geschichte und Litteratur
, Dritter Beytrag, 1774, S.195–226: 
Von Duldung der Deisten: Fragment eines Ungenannten.
Der Einzige, der mich, wohin er sich schlage? intereßirt, ist 
Leßing
. Aber 
13
auch bei dem ists, aus seinem neuen 
Beitrage
 abzusehn, daß er seine geliebten 
14
Deisten
 nicht verlaße. Auch er bleibt also, wo er ist. – Gott helf’ Uns allen! 
15
Mein Weib ehret Sie herzlich u. 
hat sehr u. völlig
 nahm äußerst Ihre 
16
Parthei, da mir eben der Brief, auf den ich jetzt antworte, zuerst fremd einging. 
17
Sie ist mir jetzt, wie die Ihre, 
Frau
, 
Mutter
, 
Köchin
, 
Kinderwärterin
 u. 
18
– soll auch 
Autorin
 werden, wie Sies wollen. Tausendmahl wohl, mein 
19
lieber 
leidender
 H. Gott setze Sie für Ihre Degradation hoch auf!!! 
Provenienz
 Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 120–121. 
Bisherige Drucke
 Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, V 134–137.
 Herders Briefe an Joh. Georg Hamann. Im Originaltext hg. von Otto Hoffmann. Berlin 1889, 93–96.
 ZH III 169–172, Nr. 441. 
Zusätze fremder Hand
| 
                                 169/26                              | 
                            Johann Georg Hamann | 
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
                geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
                vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
                vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
                Quellen verifiziert werden konnten.
            | 
                                 169/27                              | 
                            
                                
                                     bekomme ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  bekome  | 
                        
| 
                                 169/35                              | 
                            
                                
                                     Sie ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  sie  | 
                        
| 
                                 170/16                              | 
                            
                                
                                     Einem ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  einem  | 
                        
| 
                                 170/18                              | 
                            
                                
                                     Er war  | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  Er war  | 
                        
| 
                                 170/20                              | 
                            
                                
                                     fre uen ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  freuen  | 
                        
| 
                                 170/35                              | 
                            
                                
                                     Verdienst! )  | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  Verdienst!  | 
                        
| 
                                 171/9                              | 
                            
                                
                                     gefunden, ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  gefunden  | 
                        
| 
                                 171/10                              | 
                            
                                
                                     deßhalb  | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  deshalb  | 
                        
| 
                                 171/15                              | 
                            
                                
                                     Andre ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  andre  | 
                        
| 
                                 171/19                              | 
                            
                                
                                     dem, ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  dem  | 
                        
| 
                                 171/24                              | 
                            
                                
                                     Uns ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  uns  | 
                        
| 
                                 171/26                              | 
                            
                                
                                     beßer  | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  beßer  | 
                        
| 
                                 171/26                              | 
                            
                                
                                     werden ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  werden  | 
                        
| 
                                 171/29                              | 
                            
                                
                                     älteste ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  ältste  | 
                        
| 
                                 171/30                              | 
                            
                                
                                      Sedez ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  Sedez  | 
                        
| 
                                 171/37                              | 
                            
                                
                                     Einer ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  einer  | 
                        
| 
                                 172/3                              | 
                            
                                
                                     seiner der ]
                                
                             | 
                            
                                   Geändert nach der Handschrift; ZH:  der  |