392
54/17
Den 19
Aug.
773.
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Liebster Consistorialrath und Freund Herder,
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Ich bin Ihnen auf Ihre Hanssächsische Knittelverse und Ihr letztes
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einseitiges Qvartblättchen Antworten schuldig, die ich heute verbitten muß, weil
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es mir an Zeit und Kopf dazu fehlt. Ihre Entschlüßung zu heyrathen und
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Ihre Zufriedenheit nach der Ausführung, hat mir viel Freude gemacht.
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Freylich werd ich wol nunmehro an ein ander Testament denken müßen, und mein
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kleiner Bastart wird sich nunmehro auf seinen ihm zugedachten Pflegvater
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wenig Rechnung mehr machen können. – Unterdeßen was will diese
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fehlgeschlagene Hofnung gegen so viel andere sagen, die alle durch die
Wahl
der
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gewesenen
Mlle
Flachsland zur gegenwärtigen Frau
C. R.
Herdern entstanden
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seyn mögen? – Ich will aber alle meine Glückwünsche bis zu einer
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persönlichen Umarmung aufheben, die unter die süßesten Träume im Paradiese
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meiner Thorheiten gehört.
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Vor einer Stunde habe die Nachricht gehört, daß der Layenbruder gestern
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oder heute nach Petersburg durchgegangen ohne sich um sein Geschöpf, den
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Magum in Norden bekümmert zu haben. Noch bin ich nicht gewiß, ob ich es
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ihm verdenken oder übersehen soll. –
S. 55
Der Hauptgrund dieses Briefes bezieht sich auf eine inständige Bitte
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des
Lotterie-Director,
meines Gevatters und alten Verlegers; der sehr gern
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zur Ehre unsers Vaterlandes Sie zu einem kleinen Beytrage an seiner
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gelehrten Zeitung – und woran ihm noch mehr gelegen, zu einer Wochenschrift
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aufmuntern möchte. Er verspricht erkenntlich und freygebig dafür zu seyn.
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Ich kann ihm das Zeugnis geben, daß ich ihm unter 3 Verlegern das Beste
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gönne und daß er gülden ist, wenn ich alle übrigen für ärger als
Bley
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schelten muß.
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Ich glaube liebster Freund, daß Sie es diesem Briefe werden ansehen
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können, wie sehr mein Kopf
mit
Grundeise geht. – Doch will ich Ihre heurige
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Ruhe nicht stöhren durch meine Grillen.
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Die fliegenden Blätter von deutscher Art und Kunst haben mir wider alle
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meine gegenwärtige Gewohnheit, fast eine halbe Nacht gekostet.
Etwas
nur
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von Ihnen darin. Ich meine, das
meiste
wäre von Ihrer Hand. Melden
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Sie mir doch, was Ihnen u jedem darin gehört. Das Stück von deutscher
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Bauart schien mir auch gantz in Ihrem Styl zu seyn.
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Der Titel zur Klopstockschen Schrift hat mich gantz eingenommen. (Er hat
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den Hofprediger
Lindner
zum
Collecteur
hier gemacht) noch ehe ich das
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Compliment in seinem Briefe an mich gesehen hatte. Ich habe mein Bestes
gethan
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ihm,
hier
Subscriben
ten anzuwerben.
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Wißen Sie nicht den G. im deutschen Mercur? Er hat mich den Vater der
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neuen Künsteleyen genannt. Der Vorwurf wegen Schnörkel past zum
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Gegenstand. Bey Ihrer neuen Autorschaft halte aber eine Verleugnung Ihres
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Styls
für eine wesentliche Bedingung Ihre Absicht zu erreichen. Ihr
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Gegensatz eines Artztes, der selbst Hülfe nöthig hat, macht mich unbesorgt. Sie
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können Ihre dithyrambische Schreibart vielleicht ziemlich entschuldigen und
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rechtfertigen. Die Bedürfniße meiner Dunkelheit werden vielleicht von selbst
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aufhören. Doch hierüber künftig mehr.
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Ihr Urtheil über
Wood
hat mich neugierig gemacht ihn kennen zu lernen.
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Ich hatte ihn mir ausgesucht mit dem Vorsatz ihn aber nicht eher zu lesen,
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bis ich Gelegenheit haben würde ihn einbinden zu laßen. Bin noch nicht zur
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Hälfte gekommen; habe aber mehr Aufschluß über das Original Genie als
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im gantzen
Duff
gefunden.
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Oesfeld
und
Leßing
haben mir sehr geschmeichelt und ersterer wegen
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seiner Enthaltsamkeit von aller Conseqvenzmacherey u. s. w. bis zur
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Bewunderung gerührt. Es gehört in meinen Augen eine außerordentl. Ueberwindung
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dazu sich an dem bloßen Buchstaben zu halten – und alle Leidenschaft
S. 56
bey Untersuchung der Wahrheit und Wiederlegung des Irrthums zu
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verleugnen.
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Unter den häufigen Druckfehlern
des
Schwaben werden Sie das
Schleich
4
Saltz
des
Plautus
von
selbst
verstanden haben. Andrer nicht zu gedenken
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soll es
p.
23. anstatt Meßruthe
Meßtischel
heißen.
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Es ist eine Legende, die hier durch Briefe aus B. bestätigt worden, daß der
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sokr. Apologist durch den Schwaben um eine herrl. Pfründe in
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Charlottenburg gekommen. Seine guten Freunde haben zu meiner Beruhigung zugl. mich
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versichert, daß seine
Prediger
gabe sehr mittelmäßig und drunter seyn
soll
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Der Uebersetzer des Klinkers hat mir zu viel Vergnügen gemacht als daß ich
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an seiner neuen Uebersetzung des Shandy nicht Theil nehmen sollte. Ich
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erlaube mir aber keinen Einfluß vor der Hand in die Stimme des Volks zu
haben
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Die Oden zu Hamburg bey Bode in deutscher Kunst u Art
allegirt
sind
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hier gar nicht zu haben. Es soll eine Arbeit Klopstocks seyn.
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Die
Lettre perdue d’un Sauvage du Nord à un Financier de Pekim
ist
endl
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fertig muß aber die
Quarantaine
und darnach Ihr Schicksal abwarten. Vieles
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darin im Druck verhudelt. Doch nichts mehr von meiner Autorschaft. –
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Ich umarme Sie, den Kopf voller Grundeis. Leben Sie glücklich mit Ihrer
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Hälfte. Ich fürchte mich, bey meiner heutigen und gegenwärtigen Laune – –
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Leben Sie wol –
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Adresse:
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An meinen / Freund, HErn Consistorialrath / Herder
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Notiz auf der Adressseite:
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Postrat Leuchsenring in Darmstadt / Verfasser des
Journal de lecture
/ Bückeburg d. 21
Jul.
773
Provenienz
Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 91–92.
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, V 39–41.
ZH III 54–56, Nr. 392.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
54/26 |
Wahl |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Wahl |
55/10 |
mit |
Geändert nach der Handschrift; ZH: mit |
55/19 |
gethan ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: gethan, |
55/20 |
ihm, ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: ihm |
56/3 |
Schleich |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Schleich |
56/3 |
des ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: des |
56/4 |
selbst ]
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Geändert nach Handschrift; ZH: sebst Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): selbst |
56/9 |
soll ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: soll. |
56/12 |
haben ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: haben. |
56/15 |
endl ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: endl. |
56/22 –24
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An […] 773] |
Hinzugefügt nach der Handschrift. |