392
54/17
nicht abgesandt, vgl.
HKB 393
Den 19
Aug.
773.
18
Liebster Consistorialrath und Freund Herder,
19
Ich bin Ihnen auf Ihre Hanssächsische Knittelverse und Ihr letztes
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einseitiges Qvartblättchen
HKB 391
einseitiges Qvartblättchen Antworten schuldig, die ich heute verbitten muß, weil
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es mir an Zeit und Kopf dazu fehlt. Ihre Entschlüßung zu heyrathen und
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Ihre Zufriedenheit nach der Ausführung, hat mir viel Freude gemacht.
23
ander Testament
Hamanns brieflich und publik betriebene Fiktion, dass er angesichts des Hungerlohns seine Kinder in Adoption geben muss und dazu Herder auswählt, vgl.
HKB 375 ( III 8/18 ) und
Hamann,
Philologische Einfälle
, N III,52/24
Freylich werd ich wol nunmehro an ein ander Testament denken müßen, und mein
24
kleiner Bastart wird sich nunmehro auf seinen ihm zugedachten Pflegvater
25
wenig Rechnung mehr machen können. – Unterdeßen was will diese
26
fehlgeschlagene Hofnung gegen so viel andere sagen, die alle durch die
Wahl
der
27
gewesenen
Mlle
Flachsland zur gegenwärtigen Frau
C. R.
Herdern entstanden
28
seyn mögen? – Ich will aber alle meine Glückwünsche bis zu einer
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persönlichen Umarmung aufheben, die unter die süßesten Träume im Paradiese
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meiner Thorheiten gehört.
31
Layenbruder
Friedrich Carl von Moser
, wohl auf seiner Hinreise nach St. Petersburg im Gefolge der hessen-darmstädtischen Landgräfin Caroline, die ihre Tochter an den Sohn von
Katharina II.
verheiraten wollte, vgl.
HKB 398 ( III 66/5 ) Vor einer Stunde habe die Nachricht gehört, daß der Layenbruder gestern
32
Geschöpf, den Magum in Norden
Hamann hatte seinen Beinamen aus
Moser,
Treuherziges Schreiben eines Layenbruders
oder heute nach Petersburg durchgegangen ohne sich um sein Geschöpf, den
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Magum in Norden bekümmert zu haben. Noch bin ich nicht gewiß, ob ich es
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ihm verdenken oder übersehen soll. –
S. 55
Der Hauptgrund dieses Briefes bezieht sich auf eine inständige Bitte
2
Lotterie-Director
Johann Jakob Kanter
des
Lotterie-Director,
meines Gevatters und alten Verlegers; der sehr gern
3
zur Ehre unsers Vaterlandes Sie zu einem kleinen Beytrage an seiner
4
gelehrten Zeitung
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
Wochenschrift
Zur Realisierung des Projekts kam es wohl nicht; mglw. lief es auf umfangreichere Beilagen zu den
Königsbergschen Gelehrten und Politischen Zeitungen
hinaus.
gelehrten Zeitung – und woran ihm noch mehr gelegen, zu einer Wochenschrift
5
aufmuntern möchte. Er verspricht erkenntlich und freygebig dafür zu seyn.
6
3 Verlegern
Die beiden anderen sind
Hartung
und
Hinz
, mit dem Hamann sich gerade überwarf (vgl.
HKB 390 ( III 51/19 )).
Ich kann ihm das Zeugnis geben, daß ich ihm unter 3 Verlegern das Beste
7
gönne und daß er gülden ist, wenn ich alle übrigen für ärger als
Bley
8
schelten muß.
9
Ich glaube liebster Freund, daß Sie es diesem Briefe werden ansehen
10
können, wie sehr mein Kopf
mit
Grundeise geht. – Doch will ich Ihre heurige
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Ruhe nicht stöhren durch meine Grillen.
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fliegenden Blätter
Herder (Hg.),
Von Deutscher Art und Kunst
Die fliegenden Blätter von deutscher Art und Kunst haben mir wider alle
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meine gegenwärtige Gewohnheit, fast eine halbe Nacht gekostet.
Etwas
nur
14
von Ihnen darin. Ich meine, das
meiste
wäre von Ihrer Hand. Melden
15
von deutscher Bauart
Goethe,
Von Deutscher Baukunst
Sie mir doch, was Ihnen u jedem darin gehört. Das Stück von deutscher
16
Bauart schien mir auch gantz in Ihrem Styl zu seyn.
17
Der Titel zur Klopstockschen Schrift hat mich gantz eingenommen. (Er hat
18
Hofprediger Lindner
Johann Gotthelf Lindner
den Hofprediger
Lindner
zum
Collecteur
hier gemacht) noch ehe ich das
19
Compliment in seinem Briefe
nicht überliefert
Compliment in seinem Briefe an mich gesehen hatte. Ich habe mein Bestes
gethan
20
ihm,
hier
Subscriben
ten anzuwerben.
21
G. im deutschen Mercur
Der Teutsche Merkur
, 2. Bd., 3. Stück (Juni 1773), S. 207: („Fortsetzung der Nachrichten vom Zustande des deutschen Parnasses“, unter der Sigle G, Verfasser nicht ermittelt): „Der Vater der neuern Künsteleyen, die unserm Styl schon so verderblich geworden, Herr Hamann, ist von neuen aufgetreten und hat Selbstgespräche bekannt gemacht, die er auch nur selbst zu enträtzeln im Stande ist. Hingerissen von diesen glänzenden Fehlern hat ein angehender Schriftsteller, der Verfasser einer sonst lesenswürdigen Brochüre von deutscher Baukunst, durch Zierrathen zu glänzen gesucht, die in der Baukunst Schnörkel heißen.“ Hamann notierte sich diese Stelle auf einem Exemplar von
Hamann,
Selbstgespräch eines Autors
, vgl. N III,430
Wißen Sie nicht den G. im deutschen Mercur? Er hat mich den Vater der
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neuen Künsteleyen genannt. Der Vorwurf wegen Schnörkel past zum
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Gegenstand. Bey Ihrer neuen Autorschaft halte aber eine Verleugnung Ihres
24
Styls
für eine wesentliche Bedingung Ihre Absicht zu erreichen. Ihr
25
Artztes, der selbst Hülfe nöthig hat
Lk 4,23
Gegensatz eines Artztes, der selbst Hülfe nöthig hat, macht mich unbesorgt. Sie
26
können Ihre dithyrambische Schreibart vielleicht ziemlich entschuldigen und
27
Die Bedürfniße meiner Dunkelheit …
Wohl eine Anspielung auf die Möglichkeit, dass die Zensur ein Schreibverbot über ihn verhängt.
rechtfertigen. Die Bedürfniße meiner Dunkelheit werden vielleicht von selbst
28
aufhören. Doch hierüber künftig mehr.
29
Ihr Urtheil über
Wood
hat mich neugierig gemacht ihn kennen zu lernen.
30
Ich hatte ihn mir ausgesucht mit dem Vorsatz ihn aber nicht eher zu lesen,
31
bis ich Gelegenheit haben würde ihn einbinden zu laßen. Bin noch nicht zur
32
Hälfte gekommen; habe aber mehr Aufschluß über das Original Genie als
33
im gantzen
Duff
gefunden.
34
Oesfeld und Leßing
Gotthelf Friedrich Oesfeld
und
Gotthold Ephraim Lessing
, Oesfeld widerlegte Eberhards Sokrates-Apologie, ohne jedoch den Autor anzugreifen; Hamanns Beitrag zur Kontroverse erwähnte er nicht (
Oesfeld,
Apologie beurtheilt
). Vgl. auch
HKB 393 ( III 57/35 ) Oesfeld
und
Leßing
haben mir sehr geschmeichelt und ersterer wegen
35
seiner Enthaltsamkeit von aller Conseqvenzmacherey u. s. w. bis zur
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Bewunderung gerührt. Es gehört in meinen Augen eine außerordentl. Ueberwindung
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dazu sich an dem bloßen Buchstaben zu halten – und alle Leidenschaft
S. 56
bey Untersuchung der Wahrheit und Wiederlegung des Irrthums zu
2
verleugnen.
3
Schleich Saltz
vgl. ebd., N III,117/11
Unter den häufigen Druckfehlern
des
Schwaben werden Sie das
Schleich
4
Saltz
des
Plautus
von
selbst
verstanden haben. Andrer nicht zu gedenken
5
Meßtischel
vgl. ebd., N III,119/21
soll es
p.
23. anstatt Meßruthe
Meßtischel
heißen.
6
Es ist eine Legende, die hier durch Briefe aus B. bestätigt worden, daß der
7
sokr. Apologist
Johann August Eberhard
sokr. Apologist durch den Schwaben um eine herrl. Pfründe in
8
Charlottenburg gekommen. Seine guten Freunde haben zu meiner Beruhigung zugl. mich
9
versichert, daß seine
Prediger
gabe sehr mittelmäßig und drunter seyn
soll
10
Der Uebersetzer des Klinkers hat mir zu viel Vergnügen gemacht als daß ich
11
an seiner neuen Uebersetzung des Shandy nicht Theil nehmen sollte. Ich
12
erlaube mir aber keinen Einfluß vor der Hand in die Stimme des Volks zu
haben
13
Oden zu Hamburg
Klopstock,
Oden
Die Oden zu Hamburg bey Bode in deutscher Kunst u Art
allegirt
sind
14
hier gar nicht zu haben. Es soll eine Arbeit Klopstocks seyn.
15
Lettre perdue
Hamann,
Lettre perdue d’un sauvage du nord
Die
Lettre perdue d’un Sauvage du Nord à un Financier de Pekim
ist
endl
16
Ihr Schicksal abwarten
d. h. die Zensur passieren
fertig muß aber die
Quarantaine
und darnach Ihr Schicksal abwarten. Vieles
17
darin im Druck verhudelt. Doch nichts mehr von meiner Autorschaft. –
18
Ich umarme Sie, den Kopf voller Grundeis. Leben Sie glücklich mit Ihrer
19
Hälfte. Ich fürchte mich, bey meiner heutigen und gegenwärtigen Laune – –
20
Leben Sie wol –
21
Adresse:
22
An meinen / Freund, HErn Consistorialrath / Herder
23
Notiz auf der Adressseite:
24
Journal de lecture
Leuchsenring, Journal de lecture
Postrat Leuchsenring in Darmstadt / Verfasser des
Journal de lecture
/ Bückeburg d. 21
Jul.
773
Provenienz
Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 91–92.
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, V 39–41.
ZH III 54–56, Nr. 392.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
54/26 |
Wahl |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Wahl |
55/10 |
mit |
Geändert nach der Handschrift; ZH: mit |
55/19 |
gethan ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: gethan, |
55/20 |
ihm, ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: ihm |
56/3 |
des ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: des |
56/3 |
Schleich |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Schleich |
56/4 |
selbst ]
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Geändert nach Handschrift; ZH: sebst Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): selbst |
56/9 |
soll ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: soll. |
56/12 |
haben ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: haben. |
56/15 |
endl ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: endl. |
56/22 –24
|
An […] 773] |
Hinzugefügt nach der Handschrift. |