375
7/31
Kgsberg den 14
Junii
772.

32
Mein alter lieber Freund,

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nach einer langen Frist
Hamanns letzter Brief an Herder war von
April 1769
.
Ich umarme Sie nach einer langen Frist und schreibe voller Schwindel!

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Cur- und Liefl. Freunden
Johann Friedrich Hartknoch
in Riga und mglw.
Jakob Friedrich Hinz
in
Mitau
, die von der Frühjahrsbuchmesse zurückkehrten; Herder schrieb in der zweiten Maihälfte an Hartknoch über Hamann: „Grüßen Sie ihn, u. sagen ihm, daß ich seine Schrift, wenn er nur Personalien schont u. das kann ich aus alter Freundschaft fodern, er möge sie übrigens einrichten, wie er wolle, sehr gerne, u. zu meiner Lehre lesen u. mich freuen werde, dazu Gelegenheit gegeben zu haben.“ (
HBGA
, Bd. 2, S. 175f.)
So viel ich von meinen Cur- und Liefl. Freunden die eben von der Meße

S. 8
verstehen Sie mich gar nicht mehr
Im Zusammenhang von Herders Verstimmung nach Hamanns Rezension von Herders
Abhandlung über den Ursprung der Sprache
in
KGPZ
, 26. St. vom 30.4.1772 (N III,17–19); Herder Bezog auch Hamanns Invektiven gegen
Johann Christian Buchholtz
in der Vorrede der
Warner-Übersetzung
auf sich, vgl. Herder an Hartknoch, 2. Maihälfte 1772,
HBGA
, Bd. 2, S. 175f.
zurückgekommen, habe
heraus locken
können, verstehen Sie mich gar nicht

2
mehr und dies ist ein schlechtes
Omen
für unsere Freundschaft, in der Sie

3
mich so unveränderlich voraussetzen können, als es uns armen Sterblichen

4
beyliegenden Blattern …
wohl die fingierte, von Hamann unter dem Pseudonym Aristobulus veröffentlichte Entgegnung unter dem Titel „Abfertigung“ in der Beilage von
KGPZ
, 37. St. vom 8.5.1772 (N III, 20–24); mglw. auch bereits die
Sammlung und Separatpublikation der Rezensionen
möglich ist. Sie werden aus beyliegenden
Blattern
sehn
, daß die
Recensent

5
abgefertigt
werden; um das
übrige
bekümmere ich mich ebenso wenig, als

6
Sie Ursache haben es zu thun. Die Freyheit, die wir uns selbst nehmen, ist

7
unsern Freunden
, die uns verstehen und faßen, noch freygebiger eingeräumt.

8
Es wird mir unendlich lieb seyn einige Nachrichten von Ihnen zu erhalten,

9
ohngeachtet ich sehr gut weiß, daß ich Ihnen noch eine Antwort schuldig bin.

10
Stellen Sie sich aber meine Lage vor, wenn Sie
können
– Nun
hiemit
Gott

11
empfohlen. Ich umarme Sie mit aller Zärtlichkeit eines Landsmanns,
eines

12
Freundes und barmherzigen Schriftstellers. Leben Sie wohl. Wenn Sie einmal

13
nach Preußen kommen oder ich ein Bad in Deutschland besuche, sollen Sie

14
alles übrige wißen. Ich bin Ihr treuer Freund und Diener  
Hamann.


15
PS. Ich höre daß Sie sich ein Vergnügen machen junge Leute zu bilden.

16
Johann Michel Mannah
Johann Michael Hamann
; „Mannah“ nach dem himmlischen Brot, vgl. etwa
Joh 6,30–35
(Nadler behauptet in
Zeuge des Corpus mysticum,
S. 172, Hamann habe diesen Namen, ein Buchstabenspiel mit ‚Hamann‘, auch ins Taufregister der Garnisonskirche eingetragen; ein Beleg dafür ist nicht bekannt).
Ich habe einen kleinen liebenswürdigen Knaben
Johann
Michel
Mannah
,

17
ein
hofnungsvoller
Knabe, der künftigen Michael 3 Jahre auf seinem Nacken

18
haben wird. Wenn Sie Lust zu Ihm haben, so bitte sich beym alten Graben

19
zu Königsberg in Preußen zu melden, wo ich zu leben und zu sterben hoffe

20
und Sie vor meinem Ende noch einmal zu umarmen hoffe und wünsche.

21
Amen.


22
Adresse:

23
Pour / mon Ami Herder / à

Provenienz

Goethe-Museum Düsseldorf, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, KK4188.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, V 6.

ZH III 7 f., Nr. 375.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
7/31
Junii
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Juni
8/1
heraus locken
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
herauslocken
8/2
Omen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Omen
8/4
Blattern
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Blättern
8/4
Recensent
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Recensenten
8/4
sehn
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
sehen
8/10
hiemit
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
hiermit
8/10
können
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
können.
8/11
eines
]
Hinzugefügt nach der Handschrift.
8/16
Michel
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Michael
8/17
hofnungsvoller
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
hoffnungsvoller
8/23
Hinzugefügt nach der Handschrift.