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Bückeburg den 21 Jul. 773.

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Ich bin Ihnen, liebster H., einen Brief schuldig, der aber jetzt nichts

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enthalten soll, als daß ich lebe, gesund u. froh u.
Selbander
bin. Karoline

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Flachsland, jetzt mit Ehren zu melden Herder ist der Name meines

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Weibchens, u. was Ihr übriges Erkundigen betrift, können Sie mein alter lieber

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Pan leicht denken, daß das Alles nicht so leicht zu sagen.
Blauaugigt
wie

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das Himmelszelt,
/
ein
schwebender Engel
auf dieser Welt – u. wie das

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weiter heißen müßte – aber Sie wißen hinten nach macht man keine Verse, da

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singt man die Vorigen ab u. also lebe ich, wenn Alles
um uns
etc. etc.
wäre,

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wies seyn sollte, Engelfroh u. frölich. Haben auch von Anfang unsrer

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Bekanntschaft so viel liebes X. gleich beide gemeinschaftlich erduldet, daß, wie

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ich glaub u. hoffe, der liebe Gott uns herzlich lieb haben wird u. haben soll,

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Amen!

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Und wie nun mit Ihnen? Mein lieber Alter! mit Haab u. Gut, Acker, Vieh,

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u. s. w. am alten Graben? Ihr letzter Brief war in Vielem Hieroglyphe, u.

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da ich mir über Nichts den Kopf zerbreche was sich von selbst aufzuklären,

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Lust hat: so
habe
ich ihn meiner Frauen, die Sie sehr schätzt, vorgelesen, u.

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überlaße das Übrige Ihrem weitern Gutbefinden.

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Und mit Ihrer Autorschaft? Ich bitte nochmals laßen Sie mich
jetzt

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ruhen: Ich habs so sehr nöthig.

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Die Meinige stockt noch immer, wird aber bald desto mehr losbrechen.

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Haben Sie „von Deutscher Art u. Kunst“ angesehen? ist auch Etwas von

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mir darinn, aber alt, auf Reise geschrieben u. kaum der Rede werth.

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Leben Sie wohl, mein lieber
H.
u. erfreuen Sie mich bald mit einem

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Briefe. Ich lese jetzt nur
um mich zu ärgern
u.
auf die liebe Theologia

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zu studiren
voila tout!
Haben Sie
Wood gelesen
? Er ist ein feiner Herre,

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u. das ist glaub ich Alles.
Ihre
Beilage aber zum seel. Sokrates hat mir Leib

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u.
Seel erquickt. Ihr Genius darin ist nicht mehr Flamme, aber Wind des

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Herrn! sehr durchziehendes Sausen. Inlage doch baldigst zu bestellen.

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Ihr H.


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Bode in
Hamb.
wünscht sehr, daß Sie Seine neue Uebersetzung des

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Shandy dort protegiren möchten,
u.
ich glaube, Sie werdens thun. Er hat

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Klinker
u.
Yorik
übersetzt,
u.
übers
ist
im
Interpretiren
sonst sehr gut, wo er

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nicht selbst redet.

Provenienz

Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 90.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, V 37 f.

Herders Briefe an Joh. Georg Hamann. Im Originaltext hg. von Otto Hoffmann. Berlin 1889, 77 f.

ZH III 53 f., Nr. 391.