290
307/29
Kgsberg den
6 Februar 65.

30
Herzlich geliebtester Freund,

31
Treve de complimens
dt. Bitte keine Umstände
Treve de complimens.
Ein für allemal. Um Ihren Kasten hat sich noch

32
in salvo
dt. unberührt, in Sicherheit
kein Besucher bekümmert. Er steht also noch
in salvo.
Die
Mama
erwartet

33
aber blos die Abreise des HE.
Doctor
s um uns zu besuchen, und alles Nöthige

34
Assignation von 300 fl.
vgl.
HKB 287 ( II 304/14 )
in Ansehung der Einlage zu besorgen. Die neuliche
Assignation
von 300
fl.

S. 308
ist heute gehoben worden, und mein Vater hat das Geld in gute Verwahrung

2
genommen. Der HE Bruder hat mich Montags, vermuthl. zum letzten mal

3
besucht. Seine Abreise ist morgen festgesetzt, wird also unfehlbar diese Woche

4
für sich gehen. Ich habe ihm gesagt, daß er das an HE
Zeise assigni
rte Geld

5
hier empfangen könnte: er hat sich aber darüber gar nicht erklärt, und schien

6
wegen des vorgehabten Tausches auch nicht einig zu seyn. Wo es nur immer

7
möglich, werde ihn noch vor sr Abreise zu sprechen suchen, wiewol ich wegen

8
der Unruhe wenig Lust dazu habe und nicht den geringsten Muth finde, weder

9
Flüße
„Febris catarrhalis, ein nachlaßendes Fieber, welches sich mit Flüssen auf der Brust vereinigt. Man macht einen Unterschied unter ein gutartigen [Catarrh] und bösartigem Flußfieber.“, vgl.
Krünitz
, Tl. 14, S. 420
in die Luft noch unter Leute zu gehen, weil meine Flüße und Grillen kein

10
Ende finden. Der HE Bruder wird Ihnen bald mündlich viel erzählen können

11
von sn eigenen Umständen. Seine Frau scheint liebenswürdiger geworden zu

12
seyn, seitdem sie Mutter ist, und ich zweifele nicht daß Sie liebster Freund,

13
an dieser neuen Bekanntschaft viel Zufriedenheit finden werden; daher ich

14
Ihnen desto herzlicher zu einer baldigen und glückl. Umarmung Ihrer

15
reitzenden Frau Schwägerin Glück wünsche.

16
HE Kanter ist gestern zum ersten mal ausgefahren und HE
Nuppenau
hat

17
ihm unvermuthet Gesellschaft leisten müßen. Heute wiederum, wo er nach

18
Blutigeln
Aderlass mit Blutegeln
geschloßner Fahrt sich zu Blutigeln entschlüßen wird, die ihm schon längst

19
Schmerzen und Kosten verkürzt haben würden. Er hat den Verdruß gehabt

20
sehr nachtheiligen Gerüchten ausgesetzt zu seyn, deren Grund und Ungrund

21
ich nicht beurtheilen kann.

22
Ueber das, was Sie mir unter der Hand melden, wäre Ihnen gern längst

23
zuvorgekommen. Aber meine Zurückhaltung darüber hätte Ihnen schon statt

24
eines Winks und Erklärung dienen können. Der einzig geliebte Freund in

25
HE. Collaborators
Johann Gottfried Herder
Mietau muß den sehr gutgemeinten Rath Ihres HE.
Collaborato
rs in

26
Ueberlegung gezogen haben, welche dieser auch hätte anstellen sollen, und die Sie

27
an meiner statt leicht selbst ergänzen können. Ohne seinen
quis
gut inne zu

28
haben, dem man antworten soll, wird jeder gute Rath immer ein
quid pro

29
quo
seyn, das den Nächsten nicht fördert und uns müßige Nachwehen

30
zuziehen kann. Uebrigens wißen Sie selbst, daß
Unordnung
, Augenlust,

31
Fleisches Lust und hoffärtiges Wesen schlechte Grundsäulen einer Haushaltung

32
abgeben können, und daß alles Ansehen, das auf Sand ruht, von sehr

33
schlüpfrichen Bestandtheilen ist.

34
Man thut wirklich keine Wohlthaten und verdient daher auch keinen Dank,

35
wen man Leute, die unter dem Schwitzkasten gesund werden sollen, aus

36
unzeitigem Mitleiden schont.
Marmontels Poesie
habe ich, und könnte sie dem

37
HE Bruder jetzt mitgeben, wenn ich wüste, daß selbige Ihnen nöthig wäre

S. 309
und Sie selbige zu ihren künftigen Arbeiten vorbereitungsweise nöthig

2
hätten.

3
Nach Thorn habe nicht geschrieben, und weiß auch nicht, ob es geschehen

4
wird, da man Schwierigkeiten macht
quoad patriam
– und an andern Orten

5
wirbt. Wegen der Wohnung bleibt es noch beym alten, weil ich HE. Kanter

6
seit der Zeit nicht gesprochen. Erklären Sie sich bald. Noch habe in des seel.

7
Knutzens
Martin Knutzen
HE. Pichlau
Lucas Pichlau, Bürger für den polnischen Handel im Kneiphof in Königsberg
Knutzens
Wohnung von Stuben gehört. Erhalten Sie von HE.
Pichlau
gute

8
Antwort so melden Sie mir. Haben Sie ihm die
Commission
selbst

9
aufgetragen und übernimmt ers; desto beßer.
Werden Sie Ihre kranke

10
Schwiegerinn
Frau Courtan, Schwester von
Marianne Lindner
Handschrift
vgl.
HKB 286 ( II 297/1 )
Schwiegerinn
mitbringen? Grüßen Sie HE. Herder – Seine Handschrift liegt hier

11
und ich kann mich zu nichts entschließen. Er soll Gedult mit mir haben. Mein

12
alter Vater empfiehlt sich Ihnen herzlich und wird ein treuer Verwalter des

13
Ihrigen seyn. Gott erhalte ihn. Mündlich mehr. Ich werde Sie vielleicht nun

14
nachzufahren
vll. zum Besuch von
Johann Ehregott Friedrich Lindner
in Mitau
hier abwarten um dem HE. Bruder nachzufahren. So jagen wir uns wie

15
Schatten. Leben Sie wohl. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebenster

16
Freund.

17
Hamann.


18
Schicken Sie so viel Sie für nöthig finden, von Ihren Sachen in unsere

19
Verwahrung, ohne sich die geringste Bedenklichkeit zu machen.

20
meine Engländer
vgl.
HKB 281 ( II 285/21 )
Denken Sie an meine Engländer vom Handel.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (124).

Bisherige Drucke

ZH II 307–309, Nr. 290.