291
309/21
Königsberg den
13 Febr. 65.

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Herzlich geliebtester Freund,

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jüngsten HErren v Witten
Joseph Johann Baron v. Witten
Den 8ten d. habe die unvermuthete Freude gehabt den jüngsten HErren

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HE Leonhardt
Hofmeister bei von Witten
v Witten
hier zu sehen mit seinem Hofmeister dem HE
Leonhardt,
der sn

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Grus an Sie abtragen läßt. Den Tag drauf als Sonnabends gieng aus um

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Ihnen einen Gegenbesuch abzulegen, und zugl. den HE.
Doctor
noch einmal

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Ziegelgaße
vom Roßgarten nach Sackheim
zu sehen. Da ich aber eben in die Ziegelgaße umwenden wollte, kam eine

28
4
vier Pferden
Kutsche mit 4 im vollen
Galop
gefahren die nach dem Thor zu eilte, daß ich

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Sie also blos hintennach im Hertzen
valed
iciren konnte, worauf ich nach dem

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Palmbaum
Hotel und Wirtshaus im Löbenicht
Palmbaum eilte um erstere noch einmal zu sprechen, die zu Mittag nach

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Warschau abgegangen sind wo der junge HE. in die Ritterschule kommen wird;

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und mein gewesener älteste ist Cammerherr beym Könige von Pohlen

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HE. Bruder in Tilse
Johann Ehregott Friedrich Lindner
; in Tilsit
geworden. Gestern ist der HE. Bruder in
Tilse,
genommenen Maasregeln nach,

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eingetroffen. Auf se Handschrift
und
Caution
der
Mama
hat ihm mein

S. 310
rth
Reichstaler, eine im ganzen dt-sprachigen Raum übliche Silbermünze, entspricht 24 Silbergroschen (Groschen: Silbermünze [ca. 24. Teil eines Talers] oder Kupfermünze [ca. 90. Teil eines Talers]; in Königsberg war der Kupfergroschen üblich; für 8 Groschen gab es ca. zwei Pfund Schweinefleisch).
Vater 50 rth auszahlen müßen, welches wir auf sein Verlangen in Gold

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16 # 2 fl. 3 Achtehalb. 5 gl.
fl.: Gulden, Goldmünze, hier aber vmtl. 1 polnischer Gulden, eine Silbermünze, entsprach 30 Groschen oder weniger; gl.: Groschen (Silbermünze [ca. 24. Teil eines Talers] oder Kupfermünze [ca. 90. Teil eines Talers]; in Königsberg war der Kupfergroschen üblich; für 8 Groschen gab es ca. zwei Pfund Schweinefleisch)
einwechseln müßen, da er also 16 # 2
fl.
3 Achtehalb. 5 gl. nach dem Wechsel

3
erhalten, den # zu 9
fl.
6 gl. weil sie gegenwärtig wieder gestiegen sind.

4
Die 5 # hat er bey HE
Zeise
gleichfalls gehoben laut Beyl. Ich hoffe, liebster

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Freund, Sie werden zu dieser Nothhülfe nicht unwillig seyn. Er bringt Ihnen

6
den
Marmontel
mit, weil ich glaubte, daß Ihnen daran gelegen wäre ihn bald

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zu haben. Sorgen Sie aber, daß Sie ihn abfordern. Die Ausgabe ist voller

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Druckfehler und man muß ofters rathen, auch ein Schreiben an HE Herder

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habe ihm bestens empfohlen, weil eine Einlage darin, woran uns beyden

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gelegen. Diesen Montag ist
Mama
bey uns gewesen um Ihren Kasten zu

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excenteri
ren und die Einlage in Verwahrung zu
nehmen
geben zu der

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ersten bey meinem Vater. Es ist nichts naß geworden und das Siegel von

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Portorio
vom Zoll
Portorio
war auch noch darauf, daß Sie alles auf das genaueste mit Gottes

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Hülfe wiederfinden werden.

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Vorigen Sonnabend bin unvermuthet nebst meinem Vater zu einer

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HE Kanter und seiner Frau
Johann Jakob Kanter
u. Sophia Kanter geb. Meelbeck (1745–1803)
Spatzierfahrt abgeholt worden von HE Kanter und seiner Frau; wo wir die

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auf dem Pregel bis nach der Moßbude
Mosbude: Hof am Nordufer des Neuen Pregel, 5 km südöstl. von Königsberg, bei Pribreschnoje
Brandstellen umgefahren und auf dem Pregel bis nach der Moßbude gewesen. Ich

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warte mit Schmertzen auf Ihre Erklärung wegen der Wohnung; mir wird

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gantz angst und es ist hohe Zeit. HE Kanter
lavi
rt noch und weiß noch nicht,

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ob er ausziehen wird. Er ist noch entsetzl. matt und hat wieder einen Anfall

21
Curl.
Kurland
sr. vorigen Zufälle gehabt, gleichwol hat er se Abreise nach Curl. auf den

22
h.
huius, d.i. diesen [Monats]
20–24
h.
festgesetzt auch sich bereits erboten mich mitzunehmen, welches wol

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für mich zu zeitig ist. Weil ich erst gern Ihre Ankunft abwarten möchte, ehe

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ich wieder aufbreche. Ich erwarte morgen gewiß Briefe von Ihnen um den

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Punct der Wohnung wegen entscheiden zu können. Diese Woche werde ein

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Ende zu machen suchen. Auf den Sommer wird viel wieder leer werden und

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vielleicht so ein Ueberfluß an Wohnungen seyn als jetzt eine Theurung ist.

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1. Erstlich macht man jetzt schon einen guten Anfang wieder aufzubauen und

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mit dem Frühjahr wird sich alles rühren unter Dach und Fach zu kommen.

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2.) Ist in Berlin schon ein
Edict
wegen der Uebersteigerung der Miethen

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ausgegangen, deßen
Publication
man auch hier immer erwartet. Der

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Hauptpunct ist, daß ich nicht weiß Ihre künftige Einrichtung hier. Ein gantzes Jahr

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lang ungelegen zu wohnen wollt ich Ihnen nicht gern aufbürden. Ich wünschte

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also lieber daß Sie auf ein halb Jahr sich behelfen könnten oder sich an einer

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Magd begnügen. Ein Bursch bleibt Ihnen gleichwol unentbehrlich. Da Sie

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zu Ihren
Disputatio
nen einige Wochen nöthig haben werden und zu Ihrer

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häuslichen Einrichtung und Erholung auch Wochen verstreichen möchten, so

S. 311
Feyer
Ferien
Collegiis
Vorlesungen
seh ich immer das erste halbe Jahr als eine kleine Feyer an, wo mit
Collegiis

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wenig zu thun seyn wird. Sind Sie auch des Sinnes oder werden Sie gleich

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in voller Arbeit und
Activität
seyn?

4
Ich lese gegenwärtig Ihren
Athenaeum
und hab gestern das erste Buch

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darin zu Ende gebracht. Da dies ein Andenken Ihrer Freundschaft ist: so

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denke damit gegen die Zeit Ihrer Ankunft fertig zu werden. Es will leider!

7
Herr Bruder der Braunschweiger
Gottlob Immanuel Lindner
mit nichts fort und ich vergehe vor Ueberdruß. Ihr Herr Bruder der

8
Braunschweiger muß mit mir an gleicher Seuche liegen.

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Gott helf uns all, jeden aus seiner Noth. Ich umarme Sie und ersterbe

10
Ihr treuergebenster

11
Hamann.



S. 502
Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand

9
zu HKB 291 (II 309/23):

10
Catal. 100 fl.

11
Schlegel.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (125).

Bisherige Drucke

ZH II 309–311, Nr. 291.

Zusätze fremder Hand

502/10
–11
Johann Gotthelf Lindner

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
502/8
–11
Handschriftliche […] fl. Schlegel.]
In ZH im Apparat.