202
61/32
Königsberg. den
7 März 1761.
33
Herzlich geliebtester Freund,
34
zweymalige Zuschrift
nicht ermittelt
Ich danke Ihnen auf das zärtlichste für Ihre zweymalige Zuschrift – jetzt
35
habe Luft um Ostern recht ruhig halten zu können. Den logischen Theil von
S. 62
Pentateuchum
Die fünf Bücher Mose
Aristoteles
Aristoteles
Aristoteles Werken habe schon geschloßen; den
Pentateuchum
komme auch
2
mit aller Gemächlichkeit wills Gott zu Ende – und Ruhe ist mir zu gönnen.
3
Diese Woche erhielt aus Lübeck ein
gleich
klein Pack mit der
adresse
4
Verleger der Wolken
Die
Wolken
wurden vmtl. von
Johann Jakob Kanter
vertrieben. Im Druck ist Altona als Verlagsort angegeben, eine Fiktion, welche die Gegnerschaft zu Hamburg symbolisiert (wo
Ziegras Verriss
der
Sokratischen Denkwürdigkeiten
erschienen war). Im Weiteren führt Hamann das literarische Spiel mit dem Druckort fort, indem er fingiert, dass die gedruckten Exemplare der Wolken von Altona nach Lübeck gebracht und von dort über den Seeweg nach Königsberg transportiert wurden.
selbiges zu vertheilen vom
Verleger
der
Wolken
, der ein eben so großer
5
Popowitsch
Popowitsch,
Untersuchungen vom Meere
Windbeutel seyn muß als ihr Autor. Sie meldeten mir gestern daß Popowitsch die
6
Meteoroscopie
Deutung des Wetters
Römer
dafür erklärt hatte und wenn
Ihre
die Rigische
Meteoroscopie
mit
7
unserer übereinkommt: so wird es an Klagen über Wind in diesem Jahr nicht
8
Anonymus
fehlen. Der Verleger meldet, daß der
Anonymus
im
Contract
mit ihm
9
abgemacht an alle gelehrte Zeitungsschreiber in Deutschland und an alle seine
10
gute Freunde in Europa ein Exemplar
gratis
zu übersenden. Auf der Liste
11
Berens
Johann Christoph Berens
stand auch der Name des HErrn
I. C. Berens
in St. Petersburg zum
12
Hochzeitgeschenk. Sie werden also, Liebster Freund! die Freundschaft für mich
13
haben durch eine unbekannte Hand auf beyliegendes die
Addresse
machen zu
14
laßen, und es auf der Post abgeben zu laßen, ohne daß er weiß weder von
15
Die Hand Joabs
2 Sam 14,19
Ihrem noch meinem Antheil daran. Die
Hand Joabs
in dem Mährchen der
16
Frau von Thekoa wird einem Kenner nicht unsichtbar bleiben. Ich bitte es auf
17
der Post zu bestellen, weil ich glaube, daß
gedruckte Sachen
nur
halb
Porto
18
gleichfalls dorthin zahlen
, und daß von Riga dorthin ohne
Entgeld
Briefe
19
angenommen werden, auch wie ich denke, das
Porto
nicht
zu viel
ausmachen
20
wird. Irre ich in diesen 3
Puncten:
so überlaße es einer anderweitigen
21
Besorgung, wünschte mir aber mit ehsten Nachricht davon aus, wie auch, was
22
Sie
für gegenwärtigen Brief an
Porto
geben müßen
.
23
Bey der Abrede bleibt es, liebster Freund, daß Ihr Herr Bruder das
24
Exemplar zurück schaffen muß, wie Sie mir versprochen, als eine Niederlage bey
25
Ihnen. Das
rothe Bändchen
ist am rechten Ort hingekommen ich meyne die
26
Etrennes
Neujahrsgeschenk. Vll. das Exemplar des
Klaggedichts
für Catharina Berens;
HKB 200 ( II 58/15 ) Etrennes;
die beygelegten Exemplarien waren zu Ihrer
Disposition,
wie
27
Ihnen welche versprochen habe. So weit sind wir richtig.
28
In Ihrem
Exemplar
der Wolken werden Sie zwey Blätter finden, die mit
29
warmer Faust geschrieben worden und eine Antwort sind auf Ihre Kritik der
30
2 letzten Stück im Intelligenz
Vmtl. die
Wortfügung
und
Magi aus Morgenlande
, die im Dezember 1760 in den
Wochentliche Königsbergische Frag- und Anzeigungsnachrichten
erschienen waren.
2 letzten Stück im
Intelligenz.
Sie werden selbige
bey Gelegenheit
– mit
31
ein wenig Muße
lesen. Ich wollte sie gar nicht schicken, habe sie aber doch
32
vorgesucht, um Ihre Urtheile ein wenig zu
rectifici
ren
. Die Freyheit werden
33
Sie mir nicht übel nehmen. Sie gewinnen selbst dabey, wenn ich von meiner
34
Seite verliere, oder auch in Ihrer guten Meynung verlieren sollte. Falls Ihnen
35
daran gelegen, so haben Sie Gelegenheit mir tiefer in die Karte als andere
36
zu sehen. Werd ich in Ihren Urtheilen mehr
Richtigkeit
absehen: so werden
37
sie mir
brauchbarer, schätzbarer,
nützlicher seyn können, als vor der Hand.
S. 63
Sie sehen, daß ich alles anwende, was
für
und
wieder
mich ist. Die
2
Dem Reinen
Tit 1,15
Irrthümer anderer helfen mir, wenn jenen Wahrheiten nachtheilich sind. Dem Reinen
3
ist alles rein. Ich will bloß
verstanden
, bloß
gehört
seyn: Am Recht
haben
4
ist mir so viel als am
kahlen Lob
gelegen. Beydes findet sich
am
beym
5
Briefe der neusten Gelehrsamkeit
Hamann zieht diejenigen Zeitschriften ineins, die Rezensionen der
Sokratischen Denkwürdigkeiten
gebracht hatten: die
Briefe die neueste Litteratur betreffend
und die
Hamburgischen Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit
Auskehr zeitig genung. Sie haben die Briefe der neusten Gelehrsamkeit
6
gelesen, und werden also mehr verstehen, als denen die Anpreisung darinn
7
fremde ist. Von den
Memoires
ist der Schritt zum
Drama
gewesen; das ist
8
von der
Historie
zur
Poesie:
ob ich den letzten und steilsten zur
Philosophie
9
des Sokrates wagen werde, mag die Zeit lehren.
10
Kruse
nicht ermittelt
Frau Regimentsfeldscher Lauen
nicht ermittelt
Fuhrmann Kruse bringt von hier die Frau Regimentsfeldscher
Lauen
mit,
11
die ihren Mann im Schiffbruch verloren. Sie geht nach Petersb. hat einige
12
Fr. Magisterinn
Marianne Lindner
Collectanea Lauson.
und ein
en
offen B
rief
latt an die Fr. Magisterinn
13
mit. Wenn sie im stande ist dieser jungen artigen
Wittwe
womit zu dienen:
14
so wünsch ich ihr, dafür ein alt Groß
mütterchen
zu werden.
15
Mag. Siebert
Martin Friedrich Siebert
Hattensee
nicht ermittelt
HE
Mag. Siebert
ist Bräutigam mit des
Hattensee
Schwestertochter. HE.
16
Conr. Saeman
vll. Conrad Christ. Sämann, Prorektor der Altstädtischen Schule in Königsberg.
D. Cretlau
vll. Daniel Wilhelm Cretlau, Kantor an der Altstädtischen Kirche von 1738 bis 1767, oder der Arzt Anton Christoph Cretlau (gest. 1761).
Diac. Engelschmidt
Johann David Engelschmid, Diakon an der Alt-Roßgärtschen Kirche seit 1749, gest. 1761.
Conr. Saeman
mit
D. Cretlau
Tochter. HE.
Diac.
Engelschmidt ist tod. Nicht
17
Keber
Samuel Jakob Keber
Kneiphof
Stadteil von Königsberg
Palmarum
Palmsonntag
Grohnert
Johann Carl Gronert
Keber
sondern
Grohnert
ist
Diac.
im Kneiphof geworden, wird
Palmarum
18
Judica
der 5. Fastensonntag
introduci
rt. Charfreytag predigt mein Bruder die Mette. Morgen ist
Judica;
19
bey ihnen komt er 5 Wochen später.
20
Ihre Erinnerung in Ansehung der Bücher werde folgen. Die letzten wurden
21
auf den Stutz
in Eile
Pierre le Grand
Voltaire,
Histoire de l’empire de Russie sous Pierre le Grand
auf den
Stutz
von mir zusammengeraft.
Pierre le Grand
hat
Zeise
beygelegt.
22
Continui
ren Sie mir ein Verzeichnis alles Neuen, das Sie erhalten. Ich werde
23
Candide
Voltaire,
Candide
mich darnach richten können.
Candide
gestern deutsch gelesen. Haben Sie schon
24
Übersetzung von Anakreons und Sappho Oden
Götz,
Die Gedichte Anakreons und der Sappho Oden
Bengels Gnomon
Bengel,
Gnomon Novi Testamenti
die neue Übersetzung von Anakreons und Sappho Oden?
Bengels Gnomon
25
ist ein
Original
buch, das ich entbehren kann, weil ich ihn zieml. ausgezogen.
26
Sie müßen seine Qvartausgabe vom N. T. mit dabey haben, die Ihnen eben
27
so zu wünschen ist als mir die
kleine
Genüge thut. Für Ihre Bibliothek ist die
28
Qvart beßer und nöthiger. Mein alter Vater grüßt Sie herzlich und Ihre
29
Frau Liebste
Marianne Lindner
Frau Liebste. Mein Bruder wird nächstens schreiben. Vergeßen Sie mich nicht,
30
ich umarme Sie herzlich und ersterbe Ihr treuster Freund und Diener.
31
Hamann.
32
Bury
hat Bengels Titel aber nicht seinen Geist stehlen können.
33
den 23 Jänner 1761.
34
Bei Gelegenheit zu überlesen.
35
Quod scripsi, scripsi.
Was ich geschrieben hab, das decke zu. Was ich noch
36
schreiben soll, regiere Du. So sehr ich auch die
Dauer
meiner Schriften
S. 64
wünschen würde, wenn ein Autornahme mir wichtig genung schiene: so schwebt
2
mir doch das
memento mori
bey allen
Ahndungen der Unsterblichkeit
vor
3
Augen.
4
An statt es Ihnen übel zu nehmen, liebster Freund, wenn Sie
rein heraus
5
reden so danke Ihnen dafür. Da Sie sich aber hinter so viel Feigenblätter
6
leipziger Aristarchen
Kombinierte Anspielung auf den Leipziger Sprachregulator
Johann Christoph Gottsched
(s.u. 64/11) und
Martin Opitz
mit dessen Schrift
Teutsche Poemata und Aristarchus wieder die Verachtung Teutscher Sprach
. Die
Vermischten Anmerkungen
werden mit einer Reflexion über diese Tradition der Sprachpflege eingeleitet (N II S. 129f., ED S. 22f.)
verstecken, und bald eines leipziger Aristarchen Kernwort, bald eines
7
Schälke
verwilderter Schößling, der keine Frucht ausbildet
deutschfranzösischen jungen Herrn
bon mot
– – bald
armseeliger Schälke
, wie Sie
8
sie nennen, unbarmherzige Randgloßen zu Hülfe nehmen, um Ihre
9
Empfindungen rein herauszusagen: so sehe mich gleichfalls genöthig, mich Ihnen
10
zu Gefallen aller dieser Fechterkünste zu bedienen, und bald mit meinem
11
Freund in einem Ton zu reden, als wenn ich einen kritischen Gottsched, einen
12
gewißen
anonymum
vom Freund – oder was mir am meisten leid thut einen
13
von den armseeligen Schälken vor mir hätte, die über ihre Freude an einem
14
Lustfeuer
Feuerwerk
Lustfeuer um Nasentuch, Hut und Perücke kommen.
15
Daß Sie mich nach ihren
Empfindungen
richten, daß
sehe
ich, und habe
16
lange gewust. Daß unsere Empfindungen den Eindruck äußerl. Gegenstände
17
verdunkeln, unsere Aufmerksamkeit schwächen und unser Urtheil verfälschen,
18
wißen Sie selbst. Ehe unsere Empfindungen Richter seyn sollen, müßen Sie
19
vorher einer sehr großen Prüfung unterworfen werden. Halten Sie diese aus,
20
so verdienen sie zu
herrschen
, und
Gedanken
, die
wie Engel aussehen
,
21
müßen
ihre Gerichtsbarkeit
erkennen. Die Empfindungen, mit denen wir
22
das kleinste Urtheil abwiegen, zu sichten ist aber ein schwerer Werk als die
23
tiefsinnigste Arbeit eines witzigen Kopfes zu zergliedern.
24
„Das innerl. der Abhandlung hat seinen Werth, Würde und
25
Schönheit
.“ Sie sagen, lieber Freund, zu viel oder nichts. Und in diesen Fehler des
26
extrem
en fallen alle
Critici,
die in geistlicher Bescheidenheit einhergehen, und
27
dann reden, was sie nicht sehen können noch wollen, denenjenigen hingegen
28
wiedersprechen, die das zeugen, was sie wißen, und deren Zeugnis eben daher
29
nicht angenommen wird. Würde
i
Ihre Empfindung die
Wurzel
für
gut
30
erkennen: so müsten die Früchte ihren Empfindungen auch gefallen. Die
31
Saalbaderey
Geschwätz
Wortfügung
Hamann,
Wortfügung
Saalbaderey von der französischen Wortfügung ist nichts als ein
vehiculum,
32
Mosersche Denkungsart
v.a. in
Moser,
Der Herr und der Diener
, darauf ist schon auf dem Titelblatt der
Hamann,
Wortfügung
angespielt: „mit patriotischer Freyheit“ (N II S. 127, ED S. 20).
den Triumph über die herrschende Mosersche Denkungsart desto glänzender
33
zu machen. Je schlechter also das innerl. der Abhandl. wäre: desto gemeßener
34
wäre es zur Absicht des Autors gewesen. Dieser ehrl. Mensch ist aber nicht so
35
ökonomisch als die Nachahmer der
schönen Natur
; sondern gar zu
36
verschwenderisch, wie Sie wißen, und tadeln, und die wahre Natur, die er liebt, sein
37
apokryphisch Muster darinn ist.
S. 65
Rechnen Sie, mein Herr! die Fragen zu den
Inuersion
en?
Ihnen zu
2
Gefallen will ich sie mit rechnen, sonst unterscheide ich noch eine blos
3
grammatische
inuersion
von einer
logi
schen, oder von einem
Tropo.
Doch wie Sie
4
wollen. Sie können eine
Definition
von der
inuersion
machen, die mir nicht
5
einfällt; die meinige ist, wie sie mir gefällt. Jede Frage ist wohl eine
6
Inuersion;
aber nicht jede
inuersion
eine Frage. Der Begrif des einen deckt also
7
nicht
vice versa
den Begrif des andern; sie sind also nicht gleiche Theile eines
8
Ganzen, oder
Distinctionen
Classification
en eines
generis.
2. Ich rede von
9
inuersion
en die
willkührl. sind oder scheinen
. Bey einer Frage ist die
10
inuersion
eine unvermeidl. Sache. 3. Ich habe in
Aristoteles Analyt. prioribus
11
συλλογιστικη […] και ενδοξου
Die Passage in
Aristot.
an. pr.
1,24a/b lautet: ὥστε ἔσται συλλογιστικὴ μὲν πρότασις ἁπλῶς κατάφασις ἢ ἀπόφασίς τινος κατά τινος τὸν εἰρημένον τρόπον, ἀποδεικτικὴ δέ, ἐὰν ἀληθὴς ἦι καὶ διὰ τῶν ἐξ ἀρχῆς ὑποθέσεων εἰλημμένη, διαλεκτικὴ δὲ πυνθανομένωι μὲν ἐρώτησις ἀντιφάσεως, συλλογιζομένωι δὲ λῆψις τοῦ φαινομένου καὶ ἐνδόξου, καθάπερ ἐν τοῖς Τοπικοῖς εἴρηται. „Deshalb ist überhaupt ein zum Schliessen geeigneter Satz vorhanden, wenn etwas, wie ich gesagt, von einem Anderen bejaht, oder verneint wird, und ein solcher Satz ist ein apodiktischer, wenn er wahr und aus den obersten Grundsätzen abgeleitet ist; ein dialektischer aber beim Fragen, wenn die Frage auf einen der sich widersprechenden Sätze gestellt wird und beim Schliessen, wenn der Satz als ein scheinbarer und annehmbarer hingestellt wird, wie ich in der Topik gesagt habe.“
gelesen, daß er drey Gattungen von Sätzen macht.
συλλογιστικη προτασις,
12
απλως
καταψασις
η αποφασις τινος κατα τινος.
Ein syllogistischer Satz ist
13
eine bloße Bejahung oder Verneinung einer Sache von der andern.
14
αποδεικτικη δε, εαν αληθης η και δια των εξ αρχης υποθεσεων
ειλημμηνη
;
15
ein
demonstrativ
ischer Satz ist eine Wahrheit, die aus angenommenen
16
Gründen folgt
διαλεκτικη δε, πυνθανομενω μεν, ερωτησις αντιφασεως·
17
συλλογιζομενω δε, ληψις του
ψαινομενου
και ενδοξου.
Was ein
dialect
ischer Satz
18
ist in Ansehung eines
Fragers
, und eines
Denkers
, liegt in dieser
19
Definition,
die schwer zu übersehen ist.
20
„Sie hätten
etwas
noch genauer
noch
bestimmen können, daß die fr. Sprache
21
auch einiger
Inuersion
en fähig sey.“ Ich
hätte
noch vieles und mehr als
22
das, nicht etwas sondern ganz thun können, wenn ich Lust dazu gehabt, oder
23
gründlicher zu reden, wenn es nöthig gewesen und zu meinen Schranken
24
gehört hätte. Daß die franz. Sprache der
Inuersion
en fähig sey, weiß jeder
25
Anfänger, und wird niemanden einfallen streitig oder zweifelhaft zu machen.
26
aus Pluche angeführten Ex.
Hamann,
Wortfügung
, N II S. 131f., ED S. 28. Bei
Pluche,
La mechanique des langues
steht das Beispiel S. 22 und 120.
„Die Nothwendigkeit der Stelle des
Acc.
in dem aus
Pluche
angeführten
27
Ex. komt nicht so wohl von
innerer Abhängigkeit
her sondern von der
28
Wie liesest du?
Lk 10,26
Ähnligkeit des
Acc.
und
Nom.
im
Art. le.
“ Wie liesest du? Wo hat mir von einer
29
(äußere) […] pleonastisch
Das steht an der Stelle (s.o.) nicht geschrieben.
inneren Abhängigkeit
geträumt. Es steht geschrieben: man kann die (äußere)
30
Abhängigkeit
gewahr werden, wenn ein
pleona
stisch Beywort nöthig ist.
31
Die Abhängigkeit gewahr werden ist eben das: den
Accusat.
erkennen und
32
dafür ansehen können. Die
Benennung der
Casuum
habe mit viel Mühe
33
Schleichwaare
Schmuggelware
vermeiden müßen, weil ich sie für eine Schleichwaare der lateinischen
Etymol.
34
erklärt.
35
„Noch ist in dem Satz: alle
nomina propria
sind Beywörter etwas
36
dunkeles“. Was Recht ist, von Rechts Wegen. Soll und kann nicht anders als
37
N. P.
Nomina Propria
dunkel seyn. Ist dies deutl. Alle N. P. können als
adiectiua
betrachtet werden,
S. 66
durch ein vulgo subintellectum bestimmt
d.i. eine Gattung, die im Gemeingebrauch wenig verstanden wird.
deren
genus
durch ein
vulgo subintellectum
bestimmt wird. Wenn Sie
2
einmal Philosophen zu Schulknaben bekommen die
s
Sie fragen: warum alle
3
pro ratione sufficiente
nach dem Gesetz des hinreichenden Grundes
Manns- Fluß pp Namen
mascul.
sind, so antworten sie
pro ratione
4
sufficiente,
weil Sie nichts beßers wißen: Meine HE. müßen diese Worte als
5
adiectiua
ansehen die sich nach ihrem
Substantiuo
richten, welches
vir, amnis
6
heist pp.
Individua
und
Species
verhalten sich zu ihrem
genere
als
praedicata
7
zu ihren
Subjecto
pp.
8
Der Ausfall mag
grimmig
seyn oder nicht; so gründet sich mein Recht auf
9
Moser
Hamann,
Wortfügung
, N II S. 131f., ED S. 37–41 ist eine lange Fußnote gegen
Moser,
Der Herr und der Diener
.
Jener ist fern
Hamann spielt damit vll. auf den auf dem Titelblatt von Mosers Buch gegenüberstehenden Kupferstich an, wo ein Gelehrter durchs Fernrohr den Sturz des Ikarus beobachtet. Darunter steht: „Fern aber sicher“.
das Maas, womit Moser Herren und Diener gemeßen. Jener ist
fern
, ihn geht
10
dieser Grimm also nichts an, und trift ihn nicht. Seine gute Meynungen und
11
Herzenskündiger
Apg 15,8
Absichten sind mir unsichtbar, ich bin kein Herzenskündiger. Die Ausführung
12
und die Ausdrücke, an die halt ich mich, und an seine es gut meynende
13
Bewunderer. Die Mosers, die mir
nahe
sind, haben mich in Harnisch gejagt.
14
„
Sein Buch verdient nicht die Bewunderung, die es erschnappt
“. Wenn
15
man was erschnappt, so muß man nicht nur Ersetzung thun, sondern auch
16
dafür
büßen
. Sie urtheilen über sein Buch und beschuldigen ihn eines Raubes
17
ohne zu beweisen. Ich
beweise
– nicht ein Urtheil, sondern eine
licentiam
18
poeticam,
und man tadelt mich, daß ich die Mühe auf mich genommen ihr
19
eigen Urtheil gründlich zu machen.
20
„Die
galante
Welt“ mag den Diogenes im Faß vorwerfen, was sie will.
21
Daß Sie aber ein
Wortführer
der
galanten
Welt sind, und ihre Vorwürfe
22
sich eigen machen, ist eben nicht ihre Rolle, auch der Diog. im Faß schon ein
23
aufgewärmter Einfall für mich, den ich einmal mit jenem Wunsch Alexanders
24
beantwortet habe – –
25
bagatelles
eine nichtswürdige Sache. Vgl.
Wortfügung
, N II S. 136, ED S. 37. Hamann zitiert dort mit Auslassungen Moser, der wiederum in
Herr und Diener
(S.147)
Montpensier,
Mémoires
zitiert: „Les Bourbons sont gens fort appliqués aux bagatelles & peu solides; peut être moi-même aussi bien que les autres, qui en suis de Pere & de Mere.“ (Ausg. 1735, Bd. 1, S. 179).
Es geht aber der galanten Welt nicht allein so, daß sie
bagatelles
mehr liebt
26
als
Hieroglyphen.
Die Pharisäer wollten eben nicht von der galanten Welt
27
seyn und liebten demohngeachtet Münz, Till und Kümmel mehr, als die
28
Zeichen der Gerechtigkeit im Urtheilen und der Liebe im lossprechen.
29
Daß die
licentia poetica
zu weit geht, liegt schon in dem Ausdruck selbst,
30
patriotische Freyheit
Sowohl
Moser,
Der Herr und der Diener
als auch Hamanns
Wortfügung
führen die Wendung im Titel.
sonst wäre sie keine
licentia,
noch weniger
poetica.
Ob die patriotische
31
Freyheit nicht zu weit und noch weiter geht, daran denkt man aber nicht, oder hat
32
nicht lust beyde mit einander zu vergleichen. Wenn ein Sonnendiener und
33
Mondsüchtiger Geheimniße der Sittenlehre predigen will; so muß er sein
34
Schild aushängen, wie ich; ein Patriot aber muß mit Zittern und viel
35
Schlangenlist
Mt 10,16
Klugheit, mit Schlangenlist und Taubeneinfalt seine Feder zu
regieren
wißen.
36
anscharchen Gottscheds Sprache
wie: anfahren, verbal attackieren. Das Wort spielt eine Rolle in der Kontroverse zwischen Gottsched und Lessing: im 65. der
Briefe die neueste Litteratur betreffend
(3. Tl, 1759) beschreibt Lessing Gottscheds Verteidigung gegen die Kritik, die seine Summa,
Kern der deutschen Sprachkunst
(die so ab 1754 betitelte
Grundlegung
) durch den Lüneburger Gymnasialrektor Johann Michael Heinz (
Anmerkungen über des Hrn. Prof. Gottscheds deutsche Sprachlehre
, Leipzig 1759) erfahren hatte. Gottsched formulierte, Heinz würde sein Projekt, den Schulen eine umfassende Sprachlehre zur Verfügung zu stellen, ‚grämlich anschnarchen‘ (
Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit
, Nr. 8, Leipzig 1759, S. 547). Für Lessing zeigt dann diese Wortwahl, dass der Sprachlehrer Gottsched nicht mit Kritik umgehen kann und stattdessen eine persönliche Fehde unterstellt.
Wenn
anschnarchen
Gottscheds Sprache ist, so mache ich mir aus ihrer
37
Unwissenheit eine Ehre. Was dieser
anschnarchen
nennt, hat in der
S. 67
ästhetischen Welt vielleicht eine sanftere Benennung. Mein treuer
Genius
wolle mich
2
behüten mit Gottscheds Sprache aufzuhören, da ich in einem beßern Ton
3
angefangen.
4
Die galante Welt
verachtet
eben so sehr
bagatelles,
als sie solche liebt. Sie
5
Hieroglyphen
Rätselfiguren der Sprache
schätzt
Hieroglyphen
hoch, so gleichgiltig sie sich gegen selbige
anstellt
. Meine
6
galante Welt, wenn mir die Wahl frey stünde, möchte die
Nachwelt
seyn,
7
Saeculi
Zeitalters
deren
Kräfte
die Kinder dieses
Saeculi
nicht zu schmecken im stande sind.
8
Maske des Scholiasten
Vgl.
Wortfügung
, N II S. 136,20f., ED. S. 39f.: „Ein Pädagog kleiner Fürsten […] wird diese licentiam poeticam eines Scholiasten mit derjenigen Mäßigung aufzunehmen wissen, die zu dem hohen Alter und den Früchten desselben rathsam ist, […]“
Wenn ich die Maske des Scholiasten ablege, so urtheile ich ganz anders
9
von des HE. v. Mos. Arbeit, und finde nicht bloße
bagatelles,
sondern eine
10
Menge
Hieroglyphen
darinn, die seine Bewunderer vielleicht nicht verstehen,
11
wie ich davon Proben habe, und die sein Tadler auch der Welt zeigen könnte,
12
um die
Schande der Blöße
in den
bagatelles
durch die
Schönheit der Blöße
13
in den
Hieroglyphen
reichlich wieder gut zu machen und überflüßig zu
14
ersetzen.
15
„
anzuschnarchen
, da er doch weder
Kabinet
noch
Audienzsaal
kennt“.
16
πως ουτος οιδε μη μεμαθηκως ταυτα
Joh.
VII.
15 steht dieser jüdische
17
Laicus
Laie
Syllogismus.
Gesetzt ich wäre so ein
Laicus
in der Politik als Sie: so können
18
wir uns mit dem Spruch des Horatz trösten:
19
Interdum vulgus rectum videt – –
20
2. Macht das Kab. Audienz. und Kanzell. Staatskluge, so wären es lauter
21
meinen Lebenslauf
Hamann,
Gedanken über meinen Lebenslauf
Gelehrte, die in der Schule giengen. 3. Wenn
s
Sie auch meinen Lebenslauf
22
von Wort zu Wort gelesen und verstanden hätten; so möchten vielleicht Lücken
23
darinnen seyn, wo jene Wörter auch ihre Stelle bekommen.
24
Gottscheds Sprache geht mir so viel an als eines gewißen Freundes über
25
solche Urtheile,
qu’ils tranchoient trop du grand mot sans prouver le fait.
26
Das
trancher du grand mot
ist mir so gut erlaubt als andern, und andere
27
haben nicht mehr Recht dazu als ich. Das
prouver le fait
ist
gar nicht nöthig
,
28
wäre
überflüßig
und
vergeblich
. Handlung soll meinem Styl in nichts
29
nachgeben, wenn es so weit kommen
ist
wird. Erst
denken
ehe man
redt
, erst
30
sich
anmelden
, ehe man ins Haus platzt.
31
Wehe uns, wenn alle Blitze einschlügen. Fehlt es an solchen, die treffen?
32
Sehen wir darum scheel, daß die Natur so gütig ist? „
Doch ich verweise
33
Correctio
rhetorische Selbstkorrektur
auf das Buch selbst“
.
Correctio
heist wo ich nicht irre, diese Figur. Nein ich
34
auf des HErrn von M. Namensvetter
vmtl. Staatsdiener überhaupt
verweise nicht auf das Buch sondern auf des HErrn von M. Namensvetter,
35
Motto […] am grünen Holtz …
Lk 23,31
. Aber in der Kritik an Moser in den
Vermischten Anmerkungen
steht wie ein Motto: Hor.
sat.
1,2,78 (worin es um Vor- und Nachteil des Umgangs mit Prostituierten geht): „vnde laboris / Plus haurire mali est, quam ex re decerpere fructus“ – „aus welcher der schlimmen Mühsal mehr dir erwächst, als wahrer Genuss aus der Sache.“
auf die hab ich gewiesen mit dem Motto: Geschiet das am grünen Holtz, wie
36
dürfen dürre Reiser des Feuers spotten?
37
„Ich habe
weiter nichts dagegen zu sagen, denn sie thun es für sich
“
S. 68
heist es endlich. Nicht so, für das
Publicum.
Was ich für mich thue und thun
2
will, mag ich keinem auf die Nase binden.
3
Gänge gemacht
wohl zur Erlangung der Druckgenehmigung, vgl.
HKB 194 ( II 45/19 ) und
HKB 198 ( II 55/3 ) Weil Sie sich wundern, daß man mir deshalb Gänge gemacht: so müßen
4
Sendschreiben
nicht ermittelt
Sie vergeßen haben, was ihr Sendschreiben Ihnen für Gänge, weite und
5
vergebne Gänge gekostet. Ich habe alles erreicht und noch mehr als das.
6
Sie sind ein schlechter Wahrsager meiner Denkungsart. Mein Urtheil, wenn
7
es angegriffen werden sollte, würde nicht verfochten, sondern
wiederruffen
8
werden.
9
Die zweyte Schrift
Magi aus Morgenlande
Die zweyte Schrift hangt mit der ersten nicht im geringsten zusammen.
10
Die erste
Wortfügung
Eine Verbindung unter beyden zu suchen ist ein künstl.
Sophisma.
Die erste
11
meinem
Magi aus Morgenlande
, jedoch auch nur angedeutet, s. ebd. in der Fassung der
Königsbergischen Frag- und Anzeigungsnachrichten
und des Einzeldrucks: der Nachname ist chiffriert.
habe unter fremden Namen, die letzte unter meinem geschrieben. „Ihr
12
Inneres ist wahr und schön.“ Der Beweiß von dieser Meynung thut mir nicht
13
Genüge sondern läst mir das Gegentheil vermuthen.
14
Handlungen
Magi aus Morgenlande
, N II, S. 139/26–34, ED, S. 45
Daß Sie das
emblematische
in Handlungen verstehen, sehe wohl, vom
15
sym
bolischen
altum silentium.
16
Sokratische Körner
Magi aus Morgenlande
, N II, S. 139/19, ED, S. 44
Sokratische Körner
soll
affecti
rt und
egoi
stisch seyn. Der
Fehler sich selbst
17
zu sehen
ist zur Selbsterkenntnis unentbehrlich. Viele Einfälle bleiben andern
18
nicht nur sondern auch meinen nächsten Freunden Räthsel. Von denen es
19
Euch ist gegeben, Geheimniße zu wißen
Mk 4,11
heist:
Euch ist gegeben Geheimniße zu wißen, lesen wir auch: und sie
20
vernahmen der keines, sie verstanden nicht, was gesagt war, es war
21
vor ihren Augen verborgen
.
S. 486
Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner:
37
Zu HKB 202 (II 62/3):
Der Geist ist wieder gewirbelt worden
38
Zu HKB 202 (II 62/12):
Welche Winkelzüge…
und Chanal. Sie
39
sind Autor und der Verleger angiebt, schiessen aus Wolken? sie
40
beleid. so schreiben sie selbst? Räthselhaft? schickt man nicht
41
durch unbr. Diener wo Verleger ist, hat er sie nicht beleid., so
42
verantworten sie ihn besser mit dem
Je prefere
. Ich lasse Grund der
43
Verantw. denn das Blatt ist bedenkl. aber jenes ist Staubmacherey
44
…
Job
ist nicht hieher zu ziehen.
Joh. III
wer die Wahrheit thut
45
pp.
ich schreib es. Widern. ob solcher Verstellungen die doch wohl
46
nicht zum
symbol.
der Handl. gehören im reinen Ges. des Xsten?
47
Gottes Weisheit? Sie warnten mich für Mörder? was sie schicken
48
müßten? besorge nicht als Mitunterhandl. am Schleichhandel
49
sondern als offenb.
Commissair.
50
Zu HKB 202 (II 64/3):
Gott erfülle Wunsch. Wir leben oder sterben so
51
sind wir des HE. Jener still trägt sein Kreuz dieser? συμμιμητης
52
christl. und heidnische Gaukler
diversi mimi
?
53
Zu HKB 202 (II 64/23):
Richter? sondern das höhere Weisheit thut
54
verwechsle nicht Menschen und δεων.
55
HKB 202 (II 66/7):
Daher auch
fam. pro rat. sub.
ουτε λεγει
pp. sic.
56
HKB 202 (II 66/19):
Oelgötze der Einbild.
Don. IV.
Koller bey
57
Auerhähnen die da pfalzen.
Polyhistor
der Dichter
enthus.
giebt
58
monstra. Hinc illae lacrimae.
Empfindl. Eigenliebe und
59
Selbstblindheit
die allen
Recht
abschneiden wollen ist zu theatral. wenn es
60
Ernst ist. Schade daß der Verf. zu viel redet Schwelper Rapsodist.
Ein Entwurf zum Abschnitt „Bei Gelegenheit zu überlesen“ (HKB 202 [II 63/33–68/21]. Provenienz: Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 [64]):
487/28
Beylage,
29
bey Gelegenheit zu überlesen.
30
den 23. Jänner 1761.
31
Hi 31,40
: תַּ֤חַת חִטָּ֨ה׀ יֵ֥צֵא חֹ֗וחַ וְתַֽחַת־שְׂעֹרָ֥ה בָאְשָׁ֑ה תַּ֝֗מּוּ דִּבְרֵ֥י אִיֹּֽוב׃ פ – „Die Worte Hiobs haben ein Ende“
Weil ich heute mit meinem Ebräischen frühe fertig geworden, und
32
mit תמר רברי איוב
Hiob.
31. geschloßen; mein
Coffée
aber noch nicht
33
fertig ist, so wende diese Zeit dazu an um auf Ihre Erinnerungen zu
34
antworten. An statt es Ihnen, liebster Freund, übel zu nehmen,
S. 488
wenn Sie
rein heraus reden
; so danke ich Ihnen dafür, und würde
2
noch herzlicher danken, wenn Sie reiner und deutlicher reden möchten.
3
Es ist mir gewißermaßen um meine Abhandlungen nichts zu thun.
4
Quod scripsi, scripsi.
Was ich geschrieben hab, das decke zu, was ich
5
noch schreiben soll, regiere Du. So sehr ich auch für die
Dauer
meiner
6
Schriften arbeiten würde, wenn ich Lust hätte Autor zu werden; so
7
schwe
ll
bt mir doch das
Memento mori
bei allen Ahndungen der
8
Unsterblichkeit vor Augen.
9
Ich werde mir jetzt die Zeit damit vertreiben, und Ihnen keinen
10
Misfallen thun, wenn ich Ihre Kritick Zeile vor Zeile zergliedere.
11
Daß Sie mich nach
Ihren Empfindungen
richten, wie Sie sich
12
ausdrücken,
das sehe ich,
und ist mir theils lieb, theils nicht lieb. Unsere
13
Empfindungen verdunkeln
aber
öfters den Eindruck äußerlicher
14
Gegenstände, und entziehen uns einen großen Theil der
15
Aufmerksamkeit, die wir den Worten des andern schuldig sind, und geben zu
16
Misverstand Anlaß
pp
. Zweytens, wer nach
seinen Empfindungen
jene
17
andrer richten will, hat nöthig selbige vorher einer
größeren
18
Prüfung
zu unterwerfen, und traut sich eine größere Stärke zu, als
19
zu den spitzfindigsten grammatischen oder metaphysischen Fragen
20
nöthig ist.
21
„
Das innerliche der Abhandl. hat seinen Werth
, Würde und
22
Schönheit“. Sie sagen vielleicht zu viel oder nichts. Sollten sie nach
23
ihren Worten gerichtet werden: so müsten die Früchte auch gut seyn,
24
weil sie eine gute Wurzel annehmen. Die Wortfügung in der
25
französischen Sprache ist gewiß nicht das Augenmerk oder d
as
ie
26
Hauptsache der ersten Abhandlung, sondern nichts als ein Fahrzeug, ein
27
vehiculum,
um über die jetzige herrschende Mosersche Denkungsart
28
mit desto mehr Pomp einen Triumph anzustellen. Alles was über die
29
franz. Sprache geschrieben, mag so seicht seyn wie es will, daran wäre
30
Inuersionen
nichts gelegen.
31
Rechnen
Sie
die Fragen zu den
Inuersionen
? Ihnen zu Gefallen
32
will ich sie mit rechnen, sonst unterscheide ich noch eine
inuersion
von
33
einem
tropo
. Und wenn ich
die Frage
mit dazu hatte rechnen wollen,
34
so würden mehr herausgekommen seyn, als mir lieb waren. Die
35
Frage geschieht wohl in unsern Sprachen immer durch eine
Inuersion
;
36
warum ich sie aber nicht
unfüglich
selbst zu einer
inuersion
gemacht,
S. 489
werden Sie beßer wie ich, aus der
Logic
und
Rhetoric
sich selbst zu
2
meiner Rechtfertigung beantworten können.
3
„Sie hätten
etwas genauer noch bestimmen
können, daß die
4
fr. Sprache auch einiger
Inuersion
en fähig sey.“ Ich hätte noch vieles
5
und mehr als das thun können, wenn ich
Lust dazu
gehabt hätte,
6
wenn es
nöthig
, zu
meinen Schranken
und
elementis
gehört hätte.
7
Daß die fr. Sp. der
Inuersion
en fähig sey, ist eine bekannte Sache
8
und wird niemanden einfallen streitig oder zweifelhaft zu machen.
9
„Die Nothwendigkeit der Stelle des
Accus.
in dem aus dem
Pluche
10
angeführten Exempel kömmt wohl nicht so wohl von
innerer
11
Abhängigkeit
, sondern von der Ähnlichkeit des
Nominat.
und
12
Accusatiui
des Artikels
le
her“. Ich schreibe hier ihre eigene Worte ab, kann
13
mich aber nicht entbrechen zu fragen:
Wie
liesest du
? und was
14
daraus folgt: Wie schreibest Du? wie urtheilst Du über das, was Du
15
liesest? Sie bürden mir etwas auf, was mir nicht eingefallen ist, noch
16
einem vernünftigen Menschen einfallen wird. Wo hab ich an eine
17
innere Abhängigkeit
gedacht. Ich sage, man kann die (äußere)
18
Abhängigkeit nicht
gewahr werden
, man kann nicht sehen: ob es vom
19
verbo
regiert oder nicht regiert, ob es in dem
casu
steht, der
20
Nominatiuus
oder
Accus.
heist. Die Benennung der
Casuum
hat mir viel
21
contrebande
Schmuggel
Mühe gekostet zu vermeiden, weil ich selbige der französischen
22
Grammatik abspreche und sie für eine
contrebande
der lateinischen
23
Etymologie
ausgeschrien. Die
Abhängigkeit gewahr werden
heist folglich
24
nomina propria
den
Accusatiuum
erkennen und dafür ansehen können.
25
„Noch ist ihnen in dem Satz: alle
nomina propria
sind bloße
26
Beywörter etwas dunkles.“ Muß auch dunkel seyn und dunkel bleiben,
27
nach des Autors eigenen Grundsätzen, der den Begrif eines
28
Beyworts
selbst eine
qualitatem occultam
nennt.
Adjectiuum
und
29
Substantiuum
sagt er ist ein dunkler Begrif. Alle
nomina propria
sind
30
folgl. Merkmale eines dunklen Begrifs. Aber diese Dunkelheit ist es
31
nicht, worüber Sie
m
sich beschweren, sondern die Kürze des
32
Ausdrucks. Es sollte heißen: alle
nomina propria
können als
adiectiua
33
betrachtet werden, deren
genus
durch ein ander Wort bestimmt
34
w
e
ird
en muß
. Dies wird ihnen aber auch noch dunkel seyn.
35
Denken Sie also nach
, und wenn sie einmal Philosophen zu
36
Schulknaben bekommen, die sie fragen: warum alle Manns Fluß Namen
S. 490
mascul.
sind: so antworten sie
pro ratione sufficiente,
weil sie nichts
2
beßers
für
vor der Hand wißen: Meine Herren diese Wörter müßen
3
sie wie
adiectiua
ansehen, die sich nach ihrem
Substantiuo
richten,
4
und dies
Substantiuum
heist
vir, amnis cet. Indiuidua
können sich
5
verhalten zu ihrem
genere
als
praedicata
(
qualitä
ten) zu ihrem
6
Subiecto
.
7
Ich schlüße dies Blatt mit zwo Erinnerungen. Die erste mag
8
Ihnen so
ruhmräthig
vorkommen als sie will; so schäme ich mich
9
der Wahrheit
nicht; und eine Lügen verdient immer Abscheu, wenn
10
sie noch so demüthig, gesittet, und christlich einherschleicht.
I.
Der
11
Verfaßer der vermischten Anmerkungen hat
so viel
Zeit und
nimmt
12
sich so
viel Zeit seine Arbeiten zuzubereiten, auszuführen und
13
nachzupoliren, als Sie nicht verlieren können selbige anzusehen und zu
14
überlaufen. Eigenliebe und Furcht machen ihn so behutsam die
15
schwachen Seiten seiner Stärke zu decken und zu verheelen, als der
16
Affeckt des Neides und der Tadelsucht nur die Augen seiner
17
Auflaurer erleuchten und stärken kann.
II.
Er sieht es mit für seine Pflicht
18
an, alle die Knoten, die er jetzt macht, selbst einmal aufzulösen, und
19
das Werk zu vollenden, das er angefangen hat.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (64).
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 51–53.
ZH II 61–68, Nr. 202.
Zusätze fremder Hand
486/37 |
Johann Gotthelf Lindner |
486/38 –49
|
Johann Gotthelf Lindner |
486/50 –52
|
Johann Gotthelf Lindner |
486/53 –54
|
Johann Gotthelf Lindner |
486/55 |
Johann Gotthelf Lindner |
486/56 –60
|
Johann Gotthelf Lindner |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
62/17 |
nur |
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH: nur |
65/12 |
καταψασις ]
|
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH: καταφασις |
65/14 |
ειλημμηνη ]
|
Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): ειλημενη |
65/17 |
ψαινομενου ]
|
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH: φαινομενου |
486/36 –60
|
Handschriftliche […] Rapsodist.] |
In ZH im Apparat. |