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Königsberg. den
7 Februar 1761.
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Par Dieu! point de permission, s’il Vous plait, Monsieur!
die kleine
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Exemplar
vll. geht es um die Drucke der
Wortfügung
und des
Klaggedichts
(das an Catharina Berens weitergereicht werden sollte);
HKB 200 ( II 58/15 ).
Dedications
-Zeile abzuschneiden und das verbannte Exemplar einem andern
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anzubinden. Wißen Sie nicht, Liebster Freund, daß man nicht seines Nächsten
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Gut begehren soll? Ich umarme Sie für Ihre gütige Nachricht, und verharre,
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des Reims wegen, wie ein Narre, bey meinen
Sentimens: Je prefere le depit
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à l’oubli.
Meynen Sie, daß meine Muse ein siebenjährig Kind ist, die nichts
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sie versteht
Apg 8,30
als lesen gelernt hat, sondern
d
sie versteht auch, was sie liest. Verzeyhen
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Sie es mir, daß ich diesen blinden Streich durch Sie habe ausführen müßen.
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Ich ersuche sie um nichts mehr als die einzige Freundschaft das Exemplar aufs
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beste zu ihrer
Niederlage
zu machen, für die Sie mi
ch
r
gut stehen
müßen.
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Und diese Kleinigkeit ist mir so wichtig, daß ich ausdrücklich deswegen heute
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an Sie schreibe, woran ich sonst in Monaths Frist nicht würde haben denken
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können.
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Ihrem Herren Bruder gönne ich es nicht sich mit
s
meinen Papieren
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lustig zu machen; er hat edlern Zeitvertreib als an mich zu denken. Dem
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meinigen
Johann Christoph Hamann (Bruder)
meinigen habe Ihre Nachrichten zweymal vorgelesen; ob er sie behalten wird,
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weiß nicht. Er hat gestern 2 Aderlaßlöcher im Arm bekommen, aber wollte
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kein Blut heraus. Heute soll er den Fuß hergeben. Feine Gefäße, die der
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coagulirt
geronnen
hypochondrische Krampf noch enger macht, in denen die Säfte
coag
ulirt wo nicht
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petri
ficirt sind. So beurtheile ich seinen Körper. Zum Saufen und zum Laufen
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ist er nicht zu bringen. Süßer Thee mit Schmant dient nicht zur Verdünnung
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und ist sein liebstes Getränk. Danken Sie Gott
Ihrer selbst
und
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seinetwegen
, daß ich die Bande zerhauen.
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Er fängt jetzt an zu arbeiten, im
Geschmack
seiner
Kindheit
, woraus ich
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einige Hofnung schöpfe. Er bemahlt seine hebräische Bibel und fängt bey den
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Psalmen an; wie er die Buchstaben nachzog und Bücher verdarb, als er in
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der Schreibschule gieng und sein
Praeceptor
klagte, daß er nichts lernte. Weil
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ich
Beständigkeit
und
Treue
in dieser Arbeit sehe; so gefällt sie mir. Sonst
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ist sie nichts werth und der stockende Fleiß zu seinem Schaden. Er sitzt wie
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ein Galeerengefangener dabey.
Gedult
ist die einzige Artzeney; und die giebt
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mir Gott so
reichlich
als Eyfer. Die Liebe brennt, die Klugheit ist kalt. Man
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muß ein Genie seyn, um den Krieg der Elemente in der kleinen Welt zu ihrer
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Der Glaube
2 Thess 3,2
Erhaltung regieren zu können. Der Glaube ist aber nicht jedermanns Ding.
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Noch eine große Bitte habe ich an Sie Liebster Freund, die Sie mir nicht
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Pechkügelchen
nicht ermittelt
abschlagen werden, weil ich Recht dazu habe. Um das kleine
Pechkügelchen
,
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davon sie mir den
Typum
geschickt haben. Wenn es auch noch schwärzer
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aussehen sollte, als es Ihnen vorzukommen scheint. Nun Sie werden mir auch
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diese
Bitte nicht abschlagen. Ich habe es zu meinen Zauberkünsten
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unumgängl. nöthig; und will einen
Talisman
daraus machen.
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Wegen der Bestellung ihrer Briefe bin allemal so genau, als es mögl. und
S. 61
es beruhte auf ihr
Vertrauen
, daß Sie niemanden mit einer Einlage oder
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sich selbst vielmehr damit beschweren dürfen. Die beyden letzten haben aber
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lange auf Gelegenheit wegen schlimmen Weges warten müßen. Ich wünsche
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Ihrer Sache eine glückliche Entscheidung und bedaure herzl. Ihre liebe Mama.
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Des Pelzes wegen halten Sie sich
nicht
nur an den HE
Doctor.
HE
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Fiscal
nicht ermittelt
P. Ruprecht
Johann Christoph Ruprecht
Fiscal
und
P. Ruprecht
haben mir geschrieben, aber nicht daran gedacht. Daß
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er angekommen ist, hoffe ich wohl, aber wie? muß uns schon allen gefallen.
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Dies ist nur eine Gelegentl. Nachricht.
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Chladenius
Johann Martin Chladenius
Sie erhalten mit Fuhrmann Reiß, wo ich nicht irre, ein
Paquet.
Chladenius
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Einfälle und Begebenheit
Hommel,
Einfälle und Begebenheiten
ist theuer aber des Geldes werth. Einfälle und Begebenheit sehr zeitvertreibend
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und angenehm hin und wieder. Das übrige habe auf gut Glück genommen.
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Werde jetzt eine Zeit lang wieder
anhalten
.
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Ich hatte eine weitläuftige Beantwortung ihrer Kritik angefangen, sie ist
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Arbeit
nicht ermittelt
aber mitten im Lauf unterbrochen worden durch eine Arbeit, die mir jetzt im
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Wege liegt. Schreiben Sie mir liebster Freund! so oft wie Sie können. Biß
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Ostern bitte mir aber eine Nachsicht in Antworten aus, als auf den höchsten
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Nothfall
.
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Anpreisung
Mendelssohns
Rezension der
Sokratischen Denkwürdigkeiten
in
Briefe die neueste Litteratur betreffend
, Brief 113 vom 19. Juni 1760
Die Anpreisung der Sokr. Denk. habe in den Briefen der N. L. gelesen. Die
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Winkelmannschen
Johann Joachim Winckelmann
Vergleichung der Winkelmannschen Schreibart ist der schmeichelhafteste Zug
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für mich. Die seichte Kritik einiger Stellen macht die Zuverläßigkeit der
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Antidot
Gegengift. Ziegras Rezension in den
Hamburgischen Nachrichten
, 57. Stück (29. Juli 1760), S. 452–454
Anpreisung sehr verdächtig. Als ein Antidot preise Ihnen das
LVII.
Stück der
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Hamburgischen Nachrichten aus dem Reich der Gelehrsamkeit an vom vorigen
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Jahr. Können Sie es nicht in Riga bekommen, so werde die Copie davon mit
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beqvemer Gelegenheit überschicken.
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dieser Jubilate Meße
Vmtl. ist gemeint, dass auf der Ostermesse in Leipzig die
Wolken
angeboten werden, die wohl im Februar gedruckt wurden, vgl.
HKB 202 ( II 62/3 ); im
Messkatalog für Ostern 1761
, 145 sind sie dann aufgeführt
Ich habe Hofnung dieser Jubilate Meße gleichfalls beyzuwohnen, aber
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incognito.
Die Anstalten zur Reise sollen so heiml. als mögl. gehalten werden.
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Exemplar
Heben Sie ja das Exemplar mit der kleinen
Dedication
szeile gut auf. Ich
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liebe Hälfte
Marianne Lindner
verlaße mich hierinn auf Ihre Freundschaft und umarme Sie und Ihre liebe
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Hälfte, nach herzl. Grüßen von meinem Alten Vater pp an Ihr ganzes Haus
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verbleibe Ihr ergebenster Freund und Diener
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Hamann.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (63).
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 48–51.
ZH II 59–61, Nr. 201.