331
377/24
Herder an Hamann

25
u. nicht mehr

26
Yorik an Tobias Shandy.


27
Ich bin jetzt in einer Lage, da ich so wenig Yorik spielen kann, als Pansa

28
den
Stadthalter:
Kopfschmerzen, wüstes Gehirn macht mich jetzt, da meine

29
Tagesarbeit zu Ende ist zu einem siechen Menschen, der so zu einem Briefe

30
läuft, als August, oder wer es war, auf den Nachtstul, um sich dadurch zu

31
erholen, daß
man
er Unrath ausschüttete. Nur daß es dabei etwas stinkt:

32
und so geht es mir auch mit meinem Andenken an die Mitausche

33
Schwärmnacht: aus der ich eine volle Brust zurückbehalten – nichts mehr u. nichts

34
weniger. So
gar
wie
die 8.
Partes orat.
in dem Schulvers enthalten sind:
vaeh

S. 378
tibi ridenti! quia
p so hat er auch beinahe die Theile des Menschlichen Lebens.

2
An den Orten wo Esther frölich gewesen war: raufte sie sich die Haar aus.

3
Ich erinnere mich hiebei an die komisch-ernsthafte Auslegung des hochwürdigen

4
HErn
Leßers
, der hier Orte des Leibes versteht, und der Weibl. F…. eine neue

5
Art von Buße damit erdacht hat.

6
Eine Yoriksche Laune aufs neue! – So
wißen
Sie denn, daß der
Sterne

7
auch die
Gesch. des Yoriks
in 2 Th. geschrieben, wie ich eben nicht längst

8
aus den Gött. Zeit. ersehe; möchte der Uebers. mit seinem Tristram auch an

9
den ehrlichen Kastanienwerfer denken.

10
Ich habe ehegestern geschlafen: gestern das Leben der
Χ
stina u. heut lauter

11
Gel. Zeit. gelesen; 3. Arb. die für mich jetzt sehr identisch gewesen sind. Von

12
Boulanger wird ein Werk v. Pr. Dähnert angekündigt, daß auf Ostern 767.

13
gegen 4. Alph. stark bei
Röse
in Greifswald 4. erscheinen soll, u. Pränum.

14
verlangt
wird
:
das durch s. Gebräuche
au
fgedeckte
Alterthum
, oder

15
Crit. Unters. der vornemsten Meinungen Cerem. u. Einricht. der

16
verschied. Völk. des Erdbodens in Religions u. bürgerl. Sachen. Mich wundert, daß ich

17
dies Werk im Frz. bisher auch nicht dem Titel nach gekannt. Die
Einleit
.
f.

18
2. Bogen kommt bei dem Titelblatte:
sie
ist gedehnt; und
un
ge
heur
im Plane;

19
alles will sie, halb christl. halb heidnisch, aus der
Sündfluth
, u. von einer

20
allgemeinen
Furcht herleiten, die sich über die Erde
verbreitet;
hieraus die

21
Regier. der Götter u. goldne Zeit pp alles aus Traditionen u. Philosophie,

22
wie es einem Franzosen, einem Boulanger geziemt. Hören sie s. 6 Bücher:

23
1) die Anordnungen der versch. Völker des Erdbodens zur Erneur. des

24
Andenkens der Sündfluth 2) alle Feste u. Ausschweif. der Alten haben

25
Merkmale v. klägl. Dingen an sich gehabt 3)
Geheimniße
der A. Völker 4) warum

26
die Völker mit allen Abwechselungen der
Jahrhund
er
te
u. Perioden besondre

27
Idees verbunden 5) Natur der Feste, Ceremonien, u. Gebr., die bei Gelegenh.

28
der Jahre, Mon. u. Tage üblich geworden 6) Abriß der phys. u. moral. Wirk.

29
der Sündfluth. – Auf das 1. 2. u. 3. St. bin ich sehr begier. das 4. verstehe ich

30
nicht: das 5te geht mich nicht an: das 6. läßt nicht viel von Boulanger

31
erwarten. Kennen Sie schon dies Werk: so geben Sie mir doch davon Nachricht:

32
es ist sehr für mich.

33
Ihren Fabriz brauche tapfer u. will bald
remitti
ren, wogegen ich mir – aber

34
nicht eher, als bis ich Zeit habe zu lesen den
Muratori
ausbitten will, zu

35
durchlaufen. Das Buch
de pereuntibus litteris
bin ich begierig zu lesen; man

36
hat aber 2.
Maturini Simonii
u.
Octav. Ferrarii prolusionem;
jenes ist
beßer

37
u. hat mich dem Auszuge nach sehr begierig gemacht.

S. 379
Ich gehe mit Geburtswehen zu einem Trauerspiel; aber alles ist so sehr

2
gedrängt von Planen bei mir, daß nichts, oder wenig wird. – Bald werde ich

3
mich auch wieder zur Arbeit begeben, um der
Ostermeße
ein
Gnüge
zu thun;

4
aber liebster Freund! zu alle dem ist mir ein gr. Plato unentbehrlich;

5
Historienschr. kann man nach einer Uebersezzung citiren, aber einen Plato; halb

6
Dichter u. halb
Philosoph; ich habe sie schon um ihn einmal gebeten, ich muß

7
mich aber schämen, ihnen so viel Mühe zu machen. Noch eins! wenn ich

8
Fabric.
zurückschicke, kann ich nicht
G. J. Voss. de
histor
poet. Gr. et
Lat.

9
bekommen; den
De histor. Gr.
hab ich und eben der erregt in mir Begierde

10
nach dem andern
Trakt:

11
Ich werde beinahe mürrisch gnug, mich auf 14. Tage völlig einzuschließen,

12
oder in Mitau zu kampiren um die Bibl. zu nutzen: sollte ich noch einmal

13
kommen: so sollen alle Visiten
eingestellet
, alle Shandysche Mönchenspiele

14
aus
in den Kohlgärten bei Mitau
verbannet
seyn, und die Muse und mein

15
Freund soll sich in meine Zeit theilen. Grüßen Sie Trim; wenn ich gegen

16
keinen der beleidigenden Karakter Yoriks,
leider
oder leider! das Schicksal,

17
wider
zu
Willen zu beleidigen
,
habe
, so ists doch gegen ihn und Hartkn:

18
daher soll lieber eine schriftl. Abbitte, als Yoriks Hüpfen, mir meine Fehler

19
vergeßend
machen.

20
Hartkn. bekommt heute:
Philippi
vaterursache
Vaterunser
; ich habe

21
nur einige Blicke drinn gethan, ich will mich aber zwingen, es zu lesen, weil

22
es sein Verlag ist. – Schlegels Banier ist mit dem 5ten Band geschlossen;

23
ich wollte, daß mir jemand damit ein Präsent machte. Kennen Sie die

24
gebundene Uebers. des
Taßoischen
Amyntas, da sie das
Exemplar
Original

25
haben. – Von Thom. Abbt, sehe ich den Auszug einer Akad. Einlad. schr.
de

26
als
er noch in Rinteln P. d Phil. u. Math. war
de difficillimo progressu in

27
dimetendis animae viribus;
ich freue mich theils der gut. Gedanken wegen,

28
theils daß ein so großer Baumgartenianer die
Mathesis intensiva
schwer u.

29
unerreichbar findet,
womit
die sein Lehrer doch beinahe überall zu seiner

30
Methode gemacht hat. – – Doch wo schwärme ich herum, fast eine Stunde

31
geschrieben.

32
Gehabt euch wohl! 
Mittwoch den
27
/
16
Aug.
Herder


33
Adresse mit Mundlackrest:

34
Herrn / Herrn
Hamann
/ in /
Mietau
/ beym HEn Hofr. /
Tottien

Provenienz

Krakau, Jagiellonenbibliothek, Slg. Autographa der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin (ehemalige Berliner Signatur: Acc. ms. 1886. 53, Nr. 4).

Bisherige Drucke

Herders Briefe an Joh. Georg Hamann. Im Originaltext hg. von Otto Hoffmann. Berlin 1889, 27–30.

ZH II 377–379, Nr. 331.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
377/28
Stadthalter:
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Stadthalter.
377/34
gar
wie
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
wie
378/4
Leßers
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Lessers
378/6
wißen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
wissen
378/13
Röse
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Röß
378/14
au
fgedeckte
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
aufgedeckte
378/17
f.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
auf
378/18
sie
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
sie
378/18
un
ge
heur
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
ungeheur
378/20
verbreitet;
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
verbreitet,
378/25
Geheimniße
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Geheimnisse
378/26
Jahrhund
er
te
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Jahrhunderte
378/36
beßer
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
besser
379/3
Gnüge
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Genüge
379/3
Ostermeße
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Ostermesse
379/6
Dichter u. halb
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Dichter halb
379/8
Lat.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
lat.
379/10
Trakt:
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Trakt.
379/13
eingestellet
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
eingestellt
379/14
verbannet
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
verbannt
379/17
,
habe
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
habe
379/19
vergeßend
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
vergessend
379/24
Taßoischen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Tassoischen
379/24
Original
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Original
379/26
als
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
als