331
377/24
Herder an Hamann

25
u. nicht mehr

26
Yorik an Tobias Shandy
Rollenspiel um
Sterne,
Tristram Shandy
, vgl.
HKB 326 ( II 369/29 )
Yorik an Tobias Shandy.


27
Pansa …
In
Cervantes,
Don Quijote
, II, S. 601–610, 53. Kapitel „Die Statthalterschaft des Sancho Panßa nimmt ein Ende“ gibt Sancho Panza seine Statthalterschaft der Insel Barataria nach einem gewalttätigen Streich in einem jähen Entschluss auf;
Don Quijote
war eines der Lieblingsbücher von
Laurence Sterne
.
Ich bin jetzt in einer Lage, da ich so wenig Yorik spielen kann, als Pansa

28
den
Stadthalter:
Kopfschmerzen, wüstes Gehirn macht mich jetzt, da meine

29
Tagesarbeit zu Ende ist zu einem siechen Menschen, der so zu einem Briefe

30
August …
Gemeint ist Vespasian; die Anekdote, dass dieser auf dem Klo seine Göttlichkeit erkennt (Sueton,
Caesar
8,23,4), verwendete auch Hamann in den
Sokratischen Denkwürdigkeiten
(SD 8/5–8, N II,60). Auch im
Tristram Shandy
kommt sie vor, Buch 5, Kapitel 3, S. 28: „Aus dieser Ursache, fuhr mein Vater fort, ist es werth, auf die geringste Veränderung Acht zu geben, welche die Annäherung des Todes in großen Männern hervorgebracht hat. – Vespasian starb im Scherz auf seinem Nachtstuhl – Galba mit einer Sentenz – Septimius Severus in der Ausfertigung einer Depesche, Tiberius in Verstellung und Cäsar Augustus in einem Compliment. – Ich vermuthe, daß dasselbe sehr ernsthaft gewesen, – sagte mein Oncle Tobias. – Es war an seine Frau, – sagte mein Vater.“
läuft, als August, oder wer es war, auf den Nachtstul, um sich dadurch zu

31
erholen, daß
man
er Unrath ausschüttete. Nur daß es dabei etwas stinkt:

32
Mitausche Schwärmnacht
Herder war vmtl. Mitte August aus Riga in
Mitau
bei Hamann zu Besuch und spätestens am 25. August 1766 wieder zurück in Riga; vgl. auch
HKB 332 ( II 380/3 )
.
und so geht es mir auch mit meinem Andenken an die Mitausche

33
Schwärmnacht: aus der ich eine volle Brust zurückbehalten – nichts mehr u. nichts

34
8. Partes orat …
Der Merk-Hexameter „Vae tibi ridenti (lascivo), quia mox post gaudia flebis“ – dt. Weh dir, der du lachst (Lüstling), weil du bald nach den Freuden weinen wirst – enthält sämtliche Redeteile bzw. Wortarten: Substantiv, Verb, Adjektiv, Adverb, Pronomen, Präposition, Konjunktion, Interjektion.
weniger. So
gar
wie
die 8.
Partes orat.
in dem Schulvers enthalten sind:
vaeh

S. 378
tibi ridenti! quia
p so hat er auch beinahe die Theile des Menschlichen Lebens.

2
Esther
vmtl. Anspielung auf
Est 4,17a-i
„Statt der kostbaren Salben tat sie Asche und Staub auf ihr Haupt, vernachlässigte ihren Körper, und wo sie sonst ihren prunkvollen Schmuck trug, hingen jetzt ihre Haare in Strähnen herab.“
An den Orten wo Esther frölich gewesen war: raufte sie sich die Haar aus.

3
Ich erinnere mich hiebei an die komisch-ernsthafte Auslegung des hochwürdigen

4
HErn Leßers
vmtl.
Friedrich Christian Lesser
; Stelle nicht ermittelt
Weibl. F …
Fotze, Fut oder dergleichen
HErn
Leßers
, der hier Orte des Leibes versteht, und der Weibl. F…. eine neue

5
Art von Buße damit erdacht hat.

6
Eine Yoriksche Laune aufs neue! – So
wißen
Sie denn, daß der
Sterne

7
Gesch. des Yoriks
Pastor Yorick ist das alter ego von
Laurence Sterne
. Unklar, ob sich „Gesch. des Yoriks“ auf
Tristram Shandy
oder
Sentimental Journey
bezieht (die Übersetzung erschien erst 1768, wurde aber mglw. schon angekündigt).
auch die
Gesch. des Yoriks
in 2 Th. geschrieben, wie ich eben nicht längst

8
Uebers.
Übersetzer des
Tristram Shandy
in der Ausgabe Berlin 1763 war der Arzt Johann Friedrich Zückert;
Yoricks empfindsame Reise durch Frankreich und Italien
wurde von
Johann Joachim Christoph Bode
übersetzt (Hamburg, Bremen 1768).
Gött. Zeit.
Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen
; genauer Bezug unklar. In den Jahrgängen 1759–1766 werden von
Sterne
lediglich die
Sermons of Mr Yorick
(5. Aufl., London 1764) angezeigt (vgl.
Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen
, Jg. 1764, S. 1112).
aus den Gött. Zeit. ersehe; möchte der Uebers. mit seinem Tristram auch an

9
Kastanienwerfer
In
Sterne,
Tristram Shandy
, 4. Buch, Kap. 27 fällt dem Kirchenrechtler Phutatorius eine heiße Kastanie in den offenen Hosenschlitz.
den ehrlichen Kastanienwerfer denken.

10
Ich habe ehegestern geschlafen: gestern das Leben der
Χ
stina u. heut lauter

11
Gel. Zeit.
vmtl.
Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen
, Rezensionen nicht ermittelt
Gel. Zeit. gelesen; 3. Arb. die für mich jetzt sehr identisch gewesen sind. Von

12
Boulanger wird ein Werk v. Pr. Dähnert angekündigt, daß auf Ostern 767.

13
Alph.…Pränum.
Alphabete ist eine Längenbezeichnung bei Büchern (die gedruckten Bögen wurden alphabetisch nummeriert); Pränumeration ein Vorabbezahlungsmodel im Buchhandel.
gegen 4. Alph. stark bei
Röse
in Greifswald 4. erscheinen soll, u. Pränum.

14
verlangt
wird
:
das durch s. Gebräuche
au
fgedeckte
Alterthum
, oder

15
Crit. Unters. der vornemsten Meinungen Cerem. u. Einricht. der

16
verschied. Völk. des Erdbodens in Religions u. bürgerl. Sachen. Mich wundert, daß ich

17
dies Werk im Frz. bisher auch nicht dem Titel nach gekannt. Die
Einleit
.
f.

18
2. Bogen kommt bei dem Titelblatte:
sie
ist gedehnt; und
un
ge
heur
im Plane;

19
alles will sie, halb christl. halb heidnisch, aus der
Sündfluth
, u. von einer

20
allgemeinen
Furcht herleiten, die sich über die Erde
verbreitet;
hieraus die

21
Regier. der Götter u. goldne Zeit pp alles aus Traditionen u. Philosophie,

22
wie es einem Franzosen, einem Boulanger geziemt. Hören sie s. 6 Bücher:

23
1) die Anordnungen der versch. Völker des Erdbodens zur Erneur. des

24
Andenkens der Sündfluth 2) alle Feste u. Ausschweif. der Alten haben

25
Merkmale v. klägl. Dingen an sich gehabt 3)
Geheimniße
der A. Völker 4) warum

26
die Völker mit allen Abwechselungen der
Jahrhund
er
te
u. Perioden besondre

27
Idees verbunden 5) Natur der Feste, Ceremonien, u. Gebr., die bei Gelegenh.

28
der Jahre, Mon. u. Tage üblich geworden 6) Abriß der phys. u. moral. Wirk.

29
der Sündfluth. – Auf das 1. 2. u. 3. St. bin ich sehr begier. das 4. verstehe ich

30
nicht: das 5te geht mich nicht an: das 6. läßt nicht viel von Boulanger

31
erwarten. Kennen Sie schon dies Werk: so geben Sie mir doch davon Nachricht:

32
es ist sehr für mich.

33
Ihren Fabriz brauche tapfer u. will bald
remitti
ren, wogegen ich mir – aber

34
nicht eher, als bis ich Zeit habe zu lesen den
Muratori
ausbitten will, zu

35
durchlaufen. Das Buch
de pereuntibus litteris
bin ich begierig zu lesen; man

36
Octav. Ferrarrii prolusionem
Ferrari,
Prolusiones
hat aber 2.
Maturini Simonii
u.
Octav. Ferrarii prolusionem;
jenes ist
beßer

37
u. hat mich dem Auszuge nach sehr begierig gemacht.

S. 379
Trauerspiel
vmtl.
Mendoza und Alvare
(unveröffentlicht, vgl. SWS XXVIII, S. xi)
Ich gehe mit Geburtswehen zu einem Trauerspiel; aber alles ist so sehr

2
gedrängt von Planen bei mir, daß nichts, oder wenig wird. – Bald werde ich

3
Ostermeße
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 3./4. Sammlung wurde im
Messkatalog für Ostern 1766
, S. 726 angekündigt. Ebd., S. 672 sind Herders
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 1./2. Sammlung als fertig genannt; sie erschienen aber erst nach dreimaliger Umarbeitung im Spätherbst 1766.
mich auch wieder zur Arbeit begeben, um der
Ostermeße
ein
Gnüge
zu thun;

4
Plato
Platon
aber liebster Freund! zu alle dem ist mir ein gr. Plato unentbehrlich;

5
Historienschr. kann man nach einer Uebersezzung citiren, aber einen Plato; halb

6
Dichter u. halb
Philosoph; ich habe sie schon um ihn einmal gebeten, ich muß

7
mich aber schämen, ihnen so viel Mühe zu machen. Noch eins! wenn ich

8
poet. Gr. et Lat.
Mglw.
Vossius,
De artis poeticae
; Hamann fand das Buch jedenfalls nicht in der Bibliothek von
Christoph Anton Tottien
, vgl.
HKB 332 ( II 380/19 )
.
Fabric.
zurückschicke, kann ich nicht
G. J. Voss. de
histor
poet. Gr. et
Lat.

9
bekommen; den
De histor. Gr.
hab ich und eben der erregt in mir Begierde

10
Trakt:
Traktat
nach dem andern
Trakt:

11
Ich werde beinahe mürrisch gnug, mich auf 14. Tage völlig einzuschließen,

12
Bibl.
Bibliothek (diejenige von
Christoph Anton Tottien
, auf die Herder durch Hamann Zugriff hätte)
oder in Mitau zu kampiren um die Bibl. zu nutzen: sollte ich noch einmal

13
Shandysche Mönchenspiele
Wohl eine Anspielung auf das Trinkgelage und das Spiel um
Tristram Shandy
bei Herders letztem Besuch.
kommen: so sollen alle Visiten
eingestellet
, alle Shandysche Mönchenspiele

14
aus
in den Kohlgärten bei Mitau
verbannet
seyn, und die Muse und mein

15
Trim
Corporal Trim ist der Diener von Tobias Shandy in
Sterne,
Tristram Shandy
; vmtl. ist
Christian Gottlieb Patz
gemeint.
Freund soll sich in meine Zeit theilen. Grüßen Sie Trim; wenn ich gegen

16
keinen der beleidigenden Karakter Yoriks,
leider
oder leider! das Schicksal,

17
wider
zu
Willen zu beleidigen
,
habe
, so ists doch gegen ihn und Hartkn:

18
Yoriks Hüpfen
„Hüpfen und Springen“ sind nach
Tristram Shandy
, 1. Buch, 12. Kapitel, S. 39 Yoricks Reaktion auf Ermahnungen, von seiner Spottlust abzulassen.
daher soll lieber eine schriftl. Abbitte, als Yoriks Hüpfen, mir meine Fehler

19
vergeßend
machen.

20
Hartkn. bekommt heute:
Philippi
vaterursache
Vaterunser
; ich habe

21
nur einige Blicke drinn gethan, ich will mich aber zwingen, es zu lesen, weil

22
Schlegels Banier
Banier,
Explication
es sein Verlag ist. – Schlegels Banier ist mit dem 5ten Band geschlossen;

23
ich wollte, daß mir jemand damit ein Präsent machte. Kennen Sie die

24
Uebers. des Taßoischen Amyntas
Tasso,
Aminta
gebundene Uebers. des
Taßoischen
Amyntas, da sie das
Exemplar
Original

25
haben. – Von Thom. Abbt, sehe ich den Auszug einer Akad. Einlad. schr.
de

26
P. d Phil. u. Math.
Professor der Philosophie und Mathematik
als
er noch in Rinteln P. d Phil. u. Math. war
de difficillimo progressu in

27
dimetendis animae viribus;
ich freue mich theils der gut. Gedanken wegen,

28
Baumgartenianer
Schüler von
Alexander Gottlieb Baumgarten
Mathesis intensiva
Mathematik intensiver Größen, vgl. SWS IV, S. 103
theils daß ein so großer Baumgartenianer die
Mathesis intensiva
schwer u.

29
unerreichbar findet,
womit
die sein Lehrer doch beinahe überall zu seiner

30
Methode gemacht hat. – – Doch wo schwärme ich herum, fast eine Stunde

31
geschrieben.

32
Gehabt euch wohl! 
Mittwoch den
27
/
16
Aug.
Herder


33
Adresse mit Mundlackrest:

34
Herrn / Herrn
Hamann
/ in /
Mietau
/ beym HEn Hofr. /
Tottien

Provenienz

Krakau, Jagiellonenbibliothek, Slg. Autographa der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin (ehemalige Berliner Signatur: Acc. ms. 1886. 53, Nr. 4).

Bisherige Drucke

Herders Briefe an Joh. Georg Hamann. Im Originaltext hg. von Otto Hoffmann. Berlin 1889, 27–30.

ZH II 377–379, Nr. 331.

HBGA I 59–61, Nr. 331.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
377/28
Stadthalter:
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Stadthalter.
377/34
gar
wie
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
wie
378/4
Leßers
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Lessers
378/6
wißen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
wissen
378/13
Röse
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Röß
378/14
au
fgedeckte
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
aufgedeckte
378/17
f.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
auf
378/18
sie
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
sie
378/18
un
ge
heur
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
ungeheur
378/20
verbreitet;
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
verbreitet,
378/25
Geheimniße
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Geheimnisse
378/26
Jahrhund
er
te
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Jahrhunderte
378/36
beßer
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
besser
379/3
Gnüge
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Genüge
379/3
Ostermeße
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Ostermesse
379/6
Dichter u. halb
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Dichter halb
379/8
Lat.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
lat.
379/10
Trakt:
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Trakt.
379/13
eingestellet
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
eingestellt
379/14
verbannet
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
verbannt
379/17
,
habe
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
habe
379/19
vergeßend
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
vergessend
379/24
Taßoischen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Tassoischen
379/24
Original
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Original
379/26
als
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
als