244
            
        197/26
Königsberg den 
5 März 1763.
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Herzlich geliebtester Freund, 
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Brief
 nicht ermittelt 
Gestern Ihren Brief erhalten und kurz darauf ein Päckchen aus Berlin, 
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welches ich aber alles offen und ohne Umschlag erhielt, weil jetzt die schärfste 
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Untersuchung
 wegen der instabilen politischen Lage 
Untersuchung auf der Post für nöthig gefunden wird. Aus dem Ihrigen ersehe, 
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daß Sie ganz mistrauisch geworden sind durch den letzten Stoß von Büchern 
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mir eine Fortsetzung in meinem bisherigen Mäklergeschäfte anzuvertrauen. 
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Ihren Schaden verlange nicht; und den können Sie leicht vermeiden. Aber 
34
Nebenbuler meines Verlegers
 nicht ermittelt  
gegen die 
Nebenbuler
 meines Verlegers laßen Sie mich ein wenig 
S. 198
eyfersüchtig seyn. Die mögen so viel leiden als 
S
 sie wollen; besonders der 
2
Kanter
Johann Jakob Kanter
 Hamburger. Schicken Sie HE. Kanter zurück, was Sie schlechterdings müßen, und 
3
anderen beyden
 nicht ermittelt  
die andern beyden nicht mehr zurück
 nehmen können. Ich ersehe, daß Sie 
4
meine letzten Nachrichten hierüber nicht aufmerksam genug angesehen haben; 
5
Petreade
Mainvilliers, 
 La Pétréade
– ich versprach Ihnen schon Sie eine Weile lang ausruhen zu laßen. 
Petreade
6
habe für Sie ablegen laßen, und alles künftige unter der 
ausdrückl. 
7
Bedingung
 es Ihnen nicht eher zu überschicken, als ich Sie darum würde 
8
befragen. Dies Heldengedicht mag so schlecht seyn als es will; so gehört es in 
9
Ihre Bibliothek. Ich hoffe daher und bitte es mir aus, daß wenn sie es haben 
10
wollen, das für Sie bestimmte Exemplar nicht verschmähen. Da Kanter auf 
11
dem Wege ist ihr Nachbar zu werden und das 
Priuilegium
 in Kurl. zu suchen: 
12
Teller
Wilhelm Abraham Teller
 Zeisi-schen Buchladen
Johann Daniel Zeise
 so verdient er mehr Achtsamkeit als der Hamburger. 
Teller
 habe im 
Zeisi
-schen 
13
Buchladen absagen laßen. 
14
Ihr Herr Bruder ist gestern Abend noch nicht aus Litthauen 
15
zurückgekommen gewesen, ohngeachtet er schon vorgestern erwartet worden der Abrede 
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gemäß. Ich habe mich herzl. über se. unvermuthete Ankunft erfreut; er sieht 
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gesunder und munterer aus, als jenes mal, und versichert mir auch von den 
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guten Wirkungen auf Ihre Leibes
constitution
 von Ihrer letzten Reise. 
19
Morunger
Sebastian Friedrich Trescho
  Der Morunger schreibt jetzt öfterer an mich in einem so 
interessant
en Ton, 
20
Mst. von der Censur
, 
HKB 242 ( II 194/5 ), 
HKB 243 ( II 196/4 ), 
HKB 245 ( II 201/6 ), 
HKB 246 ( II 204/25 )  den ich beantworten muß. Ich habe ihm neulich das 
Mst.
 von der 
Censur
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angeboten, wenn er es ausarbeiten will, und ich bin willens es ihm mit Erlaubnis 
22
des Verf. zu überschicken, weil ich am fremden Joch nicht ziehen kann. Für 
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gütige Erinnerung an eine kleine 
Piece
 von der Bücher
censur
 danke. Ich habe 
24
Reichsfiscal
 Beamter, der die Rechte des Kaisers am Reichsgericht vertritt, besonders die finanziellen 
selbige holen laßen v betrift den Reichsfiscal, ist vom 
Esqu. Well
 und aus 
25
dem Engl. übersetzt. Nichts darinn was hieher gehört. 
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Montfauconschen Alterthümer
Griechische und Römische Alterthümer
 Eben jetzt lese einen Auszug der 
Montfaucon
schen Alterthümer von 
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Semmlers
Johann Salomo Semler
  Schatzen herausgegeben mit Semmlers Vorrede, besteht aus 150 Kupfertafeln, 
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welche wol das Beste sind. Es ist als ein Schulbuch anzusehen. Könnten Sie 
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es auf Ihre oder die Schulbibliothek anbringen, so melden Sie sich bei Kanter, 
30
oder 
besprechen
 sie es wenigstens bey ihm nach Gelegenheit zu nehmen. 
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Römische, griechische, ägyptische, morgenländische v mitternächtl. Alterthümer. 
32
Fortsetzung
 nicht erschienen  
Jüdische v christl
. werden als eine Fortsetzung versprochen, von der ich aber 
33
nichts weiß. 
34
Theilung
 Aufteilung des mütterlichen Erbes 
Nächste Woche wills Gott! geht die Theilung vor sich, die mich in den stand 
35
Schulden
 vll. Schulden bei der Familie Berens 
setzen wird, 
wenigstens
 den Anfang zu Tilgung meiner Schulden zu machen, 
36
um Ihres Orts zur Richtigkeit zu kommen. Der Herr hats gegeben, der Herr 
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sagte Hiob
Hi 1,21
 hats genommen
, sagte Hiob, und er bekam ein zwiefältiges aus eben der 
S. 199
Hand des HErrn, an den er glaubte, ohne sich an den Satan zu kehren, der 
2
ihn durch Araber, Chaldäer und einen großen Wind von der Wüsten bloß von 
3
Rindern, Kameelen und Kindern gemacht hatte. War nicht der Satan an 
4
seinem Unglück schuld? Wie konnte Hiob mit gutem Gewißen sagen: Der HErr 
5
hats genommen. Wer bey 
Mittelursachen
 stehen bleibt, seegnet Gott und 
6
stirbt. Welche Ihn ansehen und anlaufen, wie Sein Knecht Hiob, der 
7
Angesicht wird nicht zu Schanden. Sein 
Zorn
 hingegen war 
ergrimmt
 über 
8
denn ihr …
Hi 42,7
 Eliphas von Thema und über die Theodiceen seiner zween Freunde; 
denn ihr 
9
habt nicht recht von mir geredt
 – 
10
Herr N.
Friedrich Nicolai
 Herr N. hat mir das kürzl. fertig gewordene neue Bändchen der Briefe 
11
beygelegt, mit der höflichen Anrede: „Was wird der 
Philologe
 zu der dreisten 
12
B
e
urtheilung seiner 
Kreuzzüge
 sagen? Die Verf. der Briefe brauchen gegen 
13
ihre Freunde am wenigsten Nachsicht, und haben immer ein gemeines aber 
14
Amicus …Veritas
 dt.: „Platon ist mir lieb, Aristoteles auch, aber die Wahrheit ist mir immer noch lieber.“ Das Sprichwort ist keinem bestimmten Autor zuzuordnen.  
wahres Sprichwort im Munde: 
Amicus Plato! amicus Aristoteles; sed 
15
magis amica Veritas!
 Betrachtet man ihr Urtheil aus diesem Gesichtspuncte; 
16
so wird ihre ungeheuchelte Freymüthigkeit nicht misfallen – wenigstens 
17
erfahren die recensierten Schriftsteller die Empfindungen der Verfaßer ohne 
18
allen Zusatz pp.“ 
19
Dieser ganze Theil ist zieml. 
interessant
 für mich, weil so gar der 
20
Castratehen
 Wohl eine Fehllesung in ZH; eigentlich: »Lustralehen«. Vgl. den 249. der 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 (Tl.15, 1763), S.115: „Von den Ehen auf 5 Jahren oder wenn sie so wollen, Lustral-Ehen läßt sich ein gleiches [sittliches] Urtheil fällen. Durch Gesetze sie einzuführen, wäre rasend. Ausnahmen finden sich ofte: aber sie überwiegen die Allgemeinheit nicht.“ Das Wort „lustral“ ist abgeleitet von „lustrum“ für einen Fünfjahreszyklus in der antiken römischen Politik. Die Rezension bezieht sich hier auf 
Süßmilch, 
Die göttliche Ordnung
, Bd. 2, § 364, S. 159f., worin gegen Erwägungen, eine Liberalisierung der Ehegesetze könne sinnvoll ein Bevölkerungswachstum befördern, die Position verfochten wird, dass solche Liberalisierungen der sittlichen Ordnung zuwider seien und dass vielmehr Vermeidung von Krieg und Luxusökonomie sowie Förderung der Landwirtschaft der Vermehrung dienen. Die Idee einer Ehe auf Zeit hatte Moritz von Sachsen in 
Les Rêveries ou Mémoires sur l’art de la guerre
 publik gemacht auf der Basis der mit Montesquieu geteilten Vermutung, dass die christliche Moral ein Hindernis für das Bevölkerungswachstum sei. 
Vertheidigung gegen Reimarus
 Im 130. und 131. der 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 (Tl.8, 1761) wurden 
Reimarus’
 Betrachtungen über die Triebe der Thiere
 besprochen; im 88. Stück (Juni 1761) des 
Hamburgischen Correspondenten
, direkt im Anschluss an den Verriss von Hamanns 
Wolken
, wurde behauptet, die Rezension in Berlin gehe an der Absicht des Autors vorbei; in „Vertheidigung wider die lieblose Gesinnungen die Hr. Reimarus dem Recensenten seiner Betrachtungen über die Tiere schuldgegeben hat“, reagiert wiederum 
Thomas Abbt
 im 242. der 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 (Tl.15, 1763) darauf.   
Castrat
ehen darinn gedacht wird. Eine Vertheidigung gegen 
Reimarus
 macht den 
21
Wolken
Hamann, 
 Wolken
Anfang, mit dem der Hamb. 
Correspond
ent die 
Recens.
 der Wolken verbunden 
22
allgemeine Vertheidigung
Vertheidigung der Briefe die neueste Litteratur betreffend wider verschiedene ungegründete Anschuldigungen
, von 
Friedrich Nicolai
, 243. der 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 (Tl.15, 1763). 
hatte. Hierauf eine allgemeine Vertheidigung gegen verschiedene 
23
Betrachtungen über das Genie
Einige allgemeine Anmerkungen über das Genie der Deutschen und den Zustand der deutschen Litteratur
, von 
Thomas Abbt
, 244. der 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 (Tl.15, 1763) 
Beschuldigungen. Der dritte enthält allgemeine Betrachtungen über das 
Genie
 der 
24
Deutschen v den Zustand der Deutschen Litteratur. Hierauf kommen 6 über 
25
Süßmilchs göttl.[iche] Ordnung
 245.–250. der 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 (Tl.15, 1763), über 
Süßmilch, 
 Die göttliche Ordnung
Anpreisung
Valentin, 
Patriotische Vorstellungen
, durch 
Thomas Abbt
, 252. der 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 (Tl.15, 1763) 
Süßmilchs göttl. Ordnung, hernach 
Anpreisung
 der patriotischen 
26
Beurtheilung des Sonderlings
Beurtheilung der Schrift: Der Sonderling
, durch 
Thomas Abbt
, 253. der 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 (Tl.15, 1763), über 
Lynar, 
 Der Sonderling
Vorstellungen des Schweitzers. Nach der Beurtheilung des 
Sonderlings
, schliest 
27
Kreuzzüge
Hamann, 
Kreuzzüge des Philologen
, rezensiert im 254. der 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 (Tl.15, 1763) 
der 254 Brief mit der 
Beur
theilung der Kreuzzüge des Philologen, die mit 
28
vielem 
Nachdrucke
 und Fleiß und 
Kunst
 aufgesetzt ist, daß ich vollkommen 
29
mit dem 
Recensent
en zufrieden seyn kann. Ein langes 
Exordium
 über die 
30
vornehmsten Tugenden eines Prosascribenten. Wozu 
Dunkelheit
 wenn man 
31
nichts als 
Einfälle
 hat, über die Alpen reisen muß um ein Feuerwerk zu sehen. 
32
Hierauf vom 
Genie
 und den Unbequemlichkeiten deßelben. Ein edles Pferd 
33
führt weiter vom Wege ab als ein gemeines Zugpferd. Die Eitelkeit ein 
34
original
 zu seyn ist ein 
Symtom
 der Vollblütigkeit, der Gesundheit und Stärke, 
35
womit schwächl. 
Tempera
mente verschont sind. Diese Einfälle werden durch 
36
einen Schriftsteller verursacht, der eine feine Beurtheilungskraft besitzt, viel 
37
gelesen und 
verdaut
 hat, Funken vom Genie zeigt und den Kern v Nachdruck 
S. 200
der 
deutschen
 Sprache in sr Gewalt hat, der einer der 
besten
 Schriftsteller 
2
hätte werden können, wenn es ihm nicht gefallen hätte einer der tadelhaftesten 
3
zu seyn. Hierauf komt eine kleine Geschichte meiner Autorschaft, meiner 
4
Gleichgiltigkeit gegen die Erinnerungen und liebreiche Bekehrungsmittel eines 
5
Unbekannten, der das Gesuchte, Allzuspruchreife, gekünstelte und Rätselhafte, 
6
die weit hergeholte Geheimniße, die Menge in einander verschlungener 
7
Anspielungen, die Verschwendung biß zum Überdruß getadelt hätte; ohngeachtet 
8
die 
gesunde
 Beurtheilungskraft dieses Schriftstellers aus sr. Dunkelheit selbst 
9
allenthalben hervorleuchtet. Einmal in seinen abentheuerl. Styl verliebt, hat 
10
er, ich 
weiß nicht was
, das er ich 
weiß nicht warum
 Kreuz. der Phil. nennt, 
11
ich 
weiß nicht wo
, hat zusammen drucken laßen. Hierauf wird alles angeführt, 
12
was die Zeitverwandten des Verfaßers aus sr. Vorrede verstehen können. 
13
Mit dem übrigen dieser Vorrede mag eine 
beßere Nachwelt
 sehen, wie sie 
14
zurecht kommt. Vielleicht findet sie mehr Geschmack an grillenhaften Einfällen 
15
und witzigen Anspielungen, die nicht anders als durch einen weitläuftigen 
16
Commentarium
 verstanden werden können. Ein kleiner Versuch etwas 
17
abzuschreiben was man nicht versteht. Bey der Menge solcher ungereimten 
18
Grillen, die der Leser auf allen Seiten antrift, muß er auf den Verf. nothwendig 
19
den Verdacht werfen, er wolle ihn zum Narren haben, oder träume mit offnen 
20
ein pr. Officier
 Anspielung auf die Fiktion, die 
Briefe die neueste Litteratur betreffend
 seien für einen verwundeten preußischen Offizier geschrieben. 
Augen. Da ein pr. 
Offici
er dieses seltsame Bändchen vielleicht mit Unwillen 
21
wegwerfen und die Gedult nicht haben möchte die würkl. schöne Stellen aus 
22
dem Wuste hervorzusuchen; so reitzt man seine Aufmerksamkeit durch einige 
23
Beyspiele. Wo das Fehlerhafte so sehr in die Augen fällt; da muß der 
24
unpartheyische Kunstrichter, wenn doch wirkl. Schönheiten vorhanden sind, die 
25
ak. Fr.
Hamann, 
 Akademische Frage
Schönheiten aussuchen. Zu dem nicht 
viel bedeutenden
 Aufsatz über die ak. 
26
Wortfüg.
Hamann, 
 Wortfügung
Fr. findet man eine richtige Bemerkung. Der 2. über die Wortfüg. ist voll 
27
feiner Gedanken und sehr guten Anmerkungen, die sich der Leser bey 
28
Erblickung des albernen Holzschnittes, mit welchem ihn der Verf. verunziert hat, 
29
wohl nicht versprechen wird. / Und in diesem Ton werden alle Stücke einzeln 
30
Gedichte
Hamann, 
 Gelegenheitsgedichte
recen
sirt, die deutsche Gedichte für zieml. deutlich aber leider! auch für zieml. 
31
schlecht erklärt. Endlich ein klein 
Recept:
Gedult
 seine Ideen auszubilden, 
32
Sparsamkeit
 im Gebrauche der Redezierrathen v 
Verleugnung
 seiner 
33
Tantum
 dt. so viel 
Lieblingsgrillen. Unten steht der Buchstabe Z. 
Tantum.
 Grüße und Küße von 
34
Ihrem Freunde 
35
Hamann.
S. 496
Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rande 
32
zu HKB 244 (197/28):
33
B. hat taufen laßen.
Provenienz
 Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (92). 
Bisherige Drucke
 Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 185–187.
 ZH II 197–200, Nr. 244. 
Zusätze fremder Hand
| 496/33 | Johann Gotthelf Lindner | 
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
                geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
                vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
                vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
                Quellen verifiziert werden konnten.
            | 496/31 –33 | Handschriftliche […] laßen.] |   In ZH im Apparat.   | 
