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Ew. Kgl.
Maj.
Allergnädigstem Befehl zu Folge vom 9
Sept. a. c.

4
überreiche nicht nur eine wahrhafte Nachweisung von dem Vermögen meines

5
Bruders sondern auch von dem meinigen um den boßhaften und

6
verläumderischen Verdacht, als wenn ich von ersterem das Geringste veruntreuet,

7
desto gründlicher wiederlegen zu können. Aus de
m
r Beyl.
Factum
werden

8
Ew. Kgl.
Maj.
den wahren Grund meines mir bisher geschehenen Unrechts

9
und der daraus entstandenen Verwickelungen und Verlegenheiten, in denen

10
mich noch biß jetzt befinde, zu ersehen geruhen.

11
Was die Vorwürfe wegen der Aufsicht meines Bruders betrift, so ist es

12
wahr, daß d
ie
erselbe den 17
Aug.
vorigen Jahrs, da man eben mit

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Einrichtung meiner gegenwärtigen Wohnung, die ich damals bezog, beschäftigt

14
gewesen, zu einem höchst verwegenen Ausbruch geschritten. Ich kann es aber

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durch die glaubwürdigsten Zeugniße beweisen, daß ich es weder an Aertzten,

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Hülfsmitteln noch einem besondern Hüter habe ermangeln laßen, biß er

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von diesem außerordentl. und gantz unvermuthetem
Paroxysmo
hergestellt

18
worden, und seit den 11
Sept. a. p.
habe eine ausdrückliche Wärterin blos für

19
ihn gehalten, daß man also diesen einzigen Vorfall ausgenommen, der selbst

20
in locis publicis
nicht eben selten und durch alle menschl. Vorsicht nicht immer

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vermieden werden kann, nicht von dem geringsten abermaligen Ausbruch

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ein einziges Beyspiel anzuführen im Stande seyn wird. Alle die Umstände,

23
welche
Magistratus
von seiner Verschließung, die in gewißen Fällen wohl

24
nicht verargt werden kann, und von einem Zwange zur Einsamkeit einfließen

25
läßt, sind offenbare Unrichtigkeiten, die sich auf nichts als
sinistre

26
Insinuationes
gründen, aber mich desto mehr befremden, da ich mich selbst des

27
damaligen Vorfalls wegen bey dem Kriegsrath Hindersinn Raths erholt und ihm

28
die Erklärung that, daß ich im Fall der nicht erfolgten Wiederherstellung

29
meines Bruders
auf
zu einer öffentlichen Versorgung für ihn würde

30
schreiten müßen, wovon man mich damals gleichwol abrieth, weil würklich seine

31
Krankheit mehr in einer Art von
Stupor
besteht, der nur durch Veränderungen

32
seiner gewöhnlichen Lage
n
und eigensinnigen Unthätigkeit, auch oft am

33
leichtesten durch einen „vernünftigen Umgang“
irriti
rt und erbittert wird.

34
Außer der natürlichen Liebe die ich für meinen leiblichen Bruder hege und

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der zu Gefallen ich mehr als einmal mein beßeres Glück theils wirklich

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aufgeopfert theils dazu willig und bereit gewesen, werden Ew. Kgl.
Maj.
nach

S. 468
Höchstdero Ihnen beywohnenden Weisheit und Gerechtigkeit mir eine

2
gründlichere und tiefere Kenntnis eines über 10 Jahr lang eingewurzelten Uebels,

3
deßen Ursprung und Wachstum in der Nähe und Ferne beobachtet, leichter

4
einräumen können als dem vom
Magistrat ex abrupto
und blos zu meiner

5
Kränkung
constitui
rten
aufgedrungenen
Curator Advocat Gunthel,
der

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vermuthlich selbst so bescheiden seyn wird weder sich oder einem andern

7
Fremden die Sorgfalt und unendliche Aufmerksamkeit zuzutrauen, womit

8
ich mein eigen Wohl mit meines Bruders seinem Hand in Hand zu verknüpfen

9
und in einer so viel möglich brüderlichen Harmonie, Einigkeit und

10
Hausfrieden bisher zu erhalten gesucht, den gewißenhafte Obrigkeiten sich eben so sehr

11
entblöden sollten zu unserm gemeinschaftl. offenbaren Schaden muthwillig

12
zu beeinträchtigen als vor Ew. Kgl.
Maj.
Stuhl an statt in wahren
factis

13
und in den Gesetzen gegründeter Berichte mit kahlen Ausflüchten und

14
Winkelzügen zu erscheinen, wie aus dem beyl.
Facto
mit mehrerem erhellet.

15
Wenn man mir die Treue, womit ich nicht nur meinen gegenwärtigen

16
Beruf abzuwarten suche, sondern selbst einen Monat bey der Cantzelley des

17
Magistrat
und ein halbes Jahr bey der Kriegs- und
Domainen
Cammer

18
Canzeley freywillige Dienste zwar umsonst aber vielleicht nicht gantz umsonst

19
gethan, gleichsam ins Gesicht wirft; so kann ich wenigstens auch meiner Seits

20
pflichtmäßig
versichern
anzeigen, daß ich die Morgen- Mittags- und

21
Abendstunden gewöhnlich in Gesellschaft meines Bruders zubringe, sehr selten außer

22
Hauses speise und so wenig öffentl. Häuser besuche als irgend einige

23
Familienbekanntschaften unterhalte noch suche, meine wenige Freunde hingegen weder

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meinen Bruder von ihrer Achtsamkeit noch Umgange ausschlüßen. Uebrigens

25
muß ich wundern, daß
Magistratus
gegenwärtig meinen Bruder als einen

26
jungen Menschen begegnet, der durch die Vormundschaft des
Advocat

27
Gunthel
und
seine
deßen Vorschläge zum vernünftigen und geselligen Umgange

28
vielleicht noch einmal erzogen und zu Recht gebracht werden könnte, da

29
Magistratus
diesen jungen Menschen bereits selbst zur Erziehung der Jugend

30
brauchen wollen, weil unser seel. Vater sich durch ein „mislungenes“

31
Vertrauen überreden ließ diesen nicht mehr so gar jungen Menschen, der aus eben

32
dem Grunde seiner gegenwärtigen Krankheit bereits
Ao
1760 einen sehr

33
einträgl. und beqvemen Schuldienst in
Riga
hatte niederlegen müßen, durch eine

34
mühsehlige Versorgung bey der Löbenichtschen Schule anstatt

35
auf
ge
zumunter
t
n noch tiefer in sein gegenwärtiges Elend ein
ge
zustürtz
t
en,

36
nöthig fand
ohne daß E. Hochweiser
Magistrat
nöthig fand die damaligen

37
notori
schen und wegen seines
Officii
das
Publicum
ungl. mehr
interessiren
den

S. 469
Ausbrüche seiner öffentl. Störung und gäntzl. Unfähigkeit zu einem

2
Schulamt, nicht eher, als biß es aufs ärgste gekommen war,
nöthig fand
in

3
Betracht zu ziehen, wie man mir gegenwärtig zur höchsten Ungebühr einen

4
einzigen bereits
vor
über Jahr und Tag
verfloß
vorgefallenen gantz

5
unvermutheten
Paroxysmum
zur Last legen will.

6
Allen diesen in Wahrheit, Recht und Billigkeit gegründeten Umständen zur

7
Folge werden Ew. Kgl.
Maj.
in Gnaden geruhen den aus bloßen
privat

8
Absichten mir bisher zugefügten Beeinträchtungen und Eingriffen E. Hiesigen

9
Magistrats
und besonders BurgerMeisterl.
Pupillen-
Amts Einhalt zu thun,

10
mich in der von Gott und Rechts wegen zukommenden
Curatel
meines

11
Bruders kräftigst zu bestätigen, anbey huldreichst zu befehlen daß ich die bisher

12
zerstreut gewesene
Documenta
von den
Capitalien
meines Bruders gehörig

13
einzuziehen und einem dazu von Ew. Kgl.
Maj.
Hochverordneten
Pupillen

14
Collegio
selbst zu bestimmenden
Foro competenti, produ
ciren und zur

15
völligen Sicherheit meines Bruders so wol als meiner eigenen
depo
niren darf,

16
damit alles in gehöriger Ordnung und
legalen
Richtigkeit gebracht werden

17
und ich nicht nur vor allen ferneren meiner edeln Zeit, Gemüthsruhe und

18
selbst ehrl. Namen nachtheiligen Weitläuftigkeiten und
Chicanen
erschlichener

19
Depositarien
und aufgedrungener
Curatoren
geborgen seyn, sondern auch

20
unsern gemeinschaftl. Haushalter als ein treuer Verwalter von den Zinsen

21
meines Bruders zu seiner bestmögl. Pflege, Wartung, und Erhaltung, mit

22
dem Gewißen und Muth eines rechtschaffenen Mannes ungestört fortsetzen

23
kann, für welche Landesväterliche Gnade Huld und
Protection
pp.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 86.

Bisherige Drucke

ZH II 467–469, Nr. 366.