367
469/26
Ew. Kgl.
Maj.
haben mir allergnädigst zu befehlen geruhet, daß ich auf

27
den abermaligen Bericht des
Magistrats
vom 19
Sept.
mich deutlich und

28
hinlängl. erklären soll. Ohngeachtet die Hauptfrage von der
Curatel
meines

29
Bruders noch nicht entschieden worden so sehe ich mit Befremden einen

30
neuen Umstand meinem gerechtlichen Gesuch im Wege gelegt, wiewol dieser

31
neue Umstand blos dasjenige bekräftigt, was ich in meiner letzten

32
unterthänigsten
Supplique
als den wahren Grund meine
s
r bisher mir angethanen

33
Kränkungen bereits angegeben und es erhellet gegenwärtig

34
Sonnenklar
noch deutlicher, daß es dem Altstädtschen Bader nicht nur gelungen

S. 470
s
die
Caution
des Oberbürger Meisters Hindersinn sondern auch
dadurch

2
zugleich das partheyliche Vertrauen des gesammten Magistrats auf Kosten

3
der Wahrheit, Gerechtigkeit und Billigkeit sich zu erwerben.

4
Es ist zwar andem, daß
Nuppenau
nicht nur
unserer
naher Blutsfreund

5
ist
leiblichen Mutter Bruders Sohn,
und da er seiner leibl. Schwester

6
Tochter sich zu heyrathen nöthig gesehen, also auch und auch von seiner Frauen

7
Seite, wiewohl nicht so nahe, als er selbst uns verwandt ist, indem er wie

8
bekannt sich genöthigt gesehen sr leibl. Schwester Tochter zu heyrathen.
und

9
daß er
vielleicht
einige Liebe und Erkenntlichkeit unserm seel. Vater und

10
seinen Erben schuldig ist,
der
weil ersterer ihn noch bey Lebzeiten die

11
Altstädtsche Badstube abgetreten, und seine gantze Familie von Kindheit auf

12
zum Theil reichlich unterstüzt und unterhalten sondern auch selbige durch

13
einen mündl. sowol als auf einer steinernen Tafel mit eigener Hand

14
geschriebnen
Befehl
und zwar an mich seinen ältesten Sohn gerichteten Befehl noch

15
mit 900 fl. auf seinem Sterbebette bedachte, die ihm, seiner Frau und ihrer

16
Schwester
laut
in
beyl.
Original
Qvittungen
so wol aus
bloßem

17
kindlichem Gehorsam gegen den letzten Willen unsers seel. Vaters,
und aus

18
bloßem milden guten Herzen
als aus gutherziger Mildthätigkeit von

19
unserer Seiten richtig sind ausgezahlt worden, mit der ausdrückl. Bedingung

20
aber, daß er von seine
r
m
Seiten uns mit einer gleichmäßigen Ehrlichkeit

21
Theil dasjenige was uns
theils
noch
vo
an
Meublen
theils
und an

22
Capital
von unsers seel. Vaters Nachlaß
noch
von Gott und Rechtswegen

23
zukäme, mit eben der Ehrlichkeit
und so weit
und Genauigkeit uns

24
extradiren
als
und gehörig berichtigen
würde
möchte. An statt deßen
aber

25
nun haben wir uns nicht nur willig und ohne Wiederrede einen Abzug
von

26
mehr als 400 fl.
müßen gefallen laßen, weil obschon die Abtretung der

27
Altstädtschen Badstube eben in dem Jahr der Münz
reduction
geschehen war,

28
ohngeachtet wiewol
ihm dennoch das meiste Hausgeräth für einen noch

29
billigern Preiß überlaßen worden, als bey einer Theilung eines liebreichen

30
Vaters mit seinen leibl. Kindern Statt finden kann; sondern, was noch

31
härter ist, wir haben uns kaum unterstehen dürfen uns nach vielen

32
zurückgelaßenen
Meublen
zu erkundigen, weil unsere bloße Anfrage darnach bald

33
mit einer groben Hitze bald mit dem kahlen Vorwand, daß unser seel. Vater

34
alles verschenkt hätte,
müßen
abgewiesen
laßen
worden. Aus diesem

35
seinem
bisherigen
Betragen
sowohl als
und aus den gegenwärtigen

36
Kränkungen, wodurch er sich gegen die Bezahlung der uns noch schuldigen 1000 fl.

37
und ihrer
Interessen
durch Mittel zu decken sucht, die einem so nahen

S. 471
Blutsfreunde ebensowenig als einem rechtschaffenen Bürger anständig sind, läßt

2
sich eben
nicht absehen daß in
keine zuverläßige noch vortheilhafte

3
Versorgung meines Bruders so wenig für
ihn selbst
letzteren als für mich

4
seinen allernächsten Blutsfreund absehen.

5
Durch welchen Weg es 3 Jahr nach unsers seel. Vaters Tod jetzt erst

6
verlautbart
, als wenn selbiger auf seinem Sterbebette ausdrücklich verlangt

7
hätte, daß
der
mein blödsinnige
Hamann
Bruder bey
Nuppenau
zur

8
Aufsicht gelaßen werden sollte, ist mir schlechterdings ein Geheimnis, von

9
dem ich mich niemals entsinnen kann biß auf diese Stunde die geringste Sylbe

10
in meinem Leben gehört zu haben. Das dieses in von meinem seel. Vater

11
bereits 1759.
gemachten
Testament,
davon
Copia
beylege, kann

12
davon
ohnehin nicht
s
enthalten, beweiset die davon beygelegte
Copia
und

13
in dem
in originali
beyl.
Protocoll
vom 16 Oct. 1767 ist auch von diesem

14
vorgegebenen ausdrückl. Verlangen meines seel. Vaters weder
von

15
Bürgermeister
durch Kr.rath Hindersinn noch durch Kirchenrath Buchholtz, die

16
gegenwärtig
jetzt aus Ursachen, welche dem Höchsten Richter alles Fleisches

17
anheimstelle,
gegenwärtig
mit Bader
Nuppenau
gegen uns gemeinschaftl.

18
Sache machen, damals das allergeringste verlautbart worden.
Ich bezeuge

19
hiemit nochmals vor Gott und dem Thron Ihrer Kgl.
Maj.
daß mir von

20
diesem vorgegebenen letzten Willen nichts wißend ist und
will
mag mich

21
übrigens
um
bey d
ie
er Zuverläßigkeit solcher Leute die dergl.

22
Unwahrheiten verlautbaren können nicht weiter
bekümmern
aufhalten, da dieser neue

23
Umstand der aus der Finsternis hervorgezogen wird, nicht einmal eigentl. zur

24
Sache gehört, noch zu einer Zeit vorgefallen, wo ich abwesend in der Fremde

25
gewesen und unser mein Vater weder die Heimkunfft seines ältesten Sohnes

26
so wenig als
noch seine
Versorgung im Väterl.
ihm in seinem Vaterl.

27
bisher so schwer gemachte Versorgung vor der Hand absehen konnte.

28
Nachdem mein Bruder
leider!
bey seiner jetzigen Gemüthsverfaßung gar

29
keines vernünftigen noch moralischen Vertrauens leider! fähig mehr ist, so

30
kann ich dasjenige was ihm so wohl im BurgerMeisterl. Amt nach

31
obangeführtem
Protocol
gegen Kirchenrath Buchholtz als in dem abermal.

32
Bericht
in den Sinn und
gegen Bader
Nuppenau
in Mund und Sinn gelegt

33
worden, wol blos der Freygebigkeit des
Concipient
en zuschreiben;
und aufs

34
leidlichste davon zu reden für eine bloße
Fiction
oder Lieblingsformul
seiner

35
Schreibart halten
deßelben
ansehen
erklären. Damit man aber dies

36
vorgegebene Vertrauen ms Bruders nicht etwa als ein ihm übriggebliebenes

37
Vorurtheil seiner Erziehung ansehen möchte: so muß zur Beysteuer der

S. 472
Wahrheit versichern, daß unsere seel. Mutter als eine sehr ämsige, gewißenhafte,

2
eingezogene, stille und für sich und die Ihrigen blos lebende Hausmutter

3
immer am meisten mit dieser gantzen
branche
Linie ihres Geschlechts

4
unzufrieden gewesen; so wie ich im Stande wäre
schriftl.
vertrauliche Briefe

5
meines seel. Vaters an mich aufzufinden,
die
woraus deutlich zu ersehen,

6
daß die Mildthätigkeit unsrer beyderseitigen Eltern gegen d
iese
as

7
Nuppenau
sche Haus sich
nicht eben so wenig auf die Verdienste nicht
weniger

8
auf die Gleichförmigkeit der Neigungen und Gesinnungen die sonst unter

9
Blutsfreunden natürlich ist
noch
oder auf eine persönliche Würdigkeit

10
sondern lediglich auf die Pflichten der Nächstenliebe, des Mitleidens und die

11
Wohltätigkeit bezogen haben.

12
Was die freundschaftl. Unterredung des
Nuppenau
und der Seinigen

13
betrift
anlangt, so bin ich lange gnug selbst davon ein Zeuge gewesen und

14
habe mit Betrübnis empfinden müßen, daß selbige nur gar zu oft in

15
entgegengesetzte unzeitige Aufwallungen oder auch in leichtsinnige Geckereyen

16
ausarten, womit man sich und seine Gesellschafter mehr als einen

17
melancholischen und zum Theil durch böse Gewohnheiten und Eigensinn

18
verdorbenen Menschen aufheitern oder noch öfterer vielmehr
am öft
beßern muß.

19
Ich habe übrigens viele Gründe daran zu zweifeln, daß bey meinem Bruder

20
das Andenken der altstädtschen Badstube so lebhaft ist als es vielleicht mir

21
selbst und einigen andern noch größeren Männern bisweilen vorkommen mag,

22
die sich der vergnügten Abende noch erinnern mögen, welche sie in ihrer

23
Jugend daselbst zugebracht haben, oder der thätl. Dienste und Denkmale, die

24
ihnen jährlich daraus zugefloßen. Vielleicht möchten aber jetzt die alten

25
bürgerl. Sitten, deren Geschmack ich eher nachzuahmen als zu verleugnen mich

26
bestrebe, gegenwärtig in der Altstädtschen Badstube ziemlich ausgestorben

27
seyn. Alle diejenige, welche den Mann gekannt haben, in deßen Platz

28
Nuppenau
gekommen, und ich darf mich
hierauf
in diesem Fall auf Väter der

29
Stadt selbst beruffen, die rechtschaffene Bürger zu unterscheiden im stande

30
sind
, und
niemanden keinen als
solchen gut gesinnten Glieder des

31
Gemeinen Wesens aus Neigung
zugethan
und zu
guten Werken

32
rechtmäßigen Absichten unterstützen, werden ersteren nicht nachsagen können, daß er

33
außer seinem Beruf sich jemals in fremde Dinge gemischt oder daß Fleischer

34
und Becker und am allerwenigsten Gesinde und Hausgenoßen auf ihren

35
verdienten Lohn irgend jemals bey unserm seel. Vater haben Wochen geschweige

36
Jahre lang warten müßen;
wie
Magistrat
leichtlich im Stande
ist
seyn

37
wird auszumitteln, wenn sich selbige so genau um die Wirthschaft eines unter

S. 473
ihnen stehenden Bürgers als um die meinige bekümmern will, so wenig auch

2
letztere einen Hiesigen
Magistrat
angehn,
als wie
den ich nicht wenig kenne,

3
als daß ich einen Monatlang bey seiner Canzeley umsonst und
gedient

4
freywillig gedient
. Wenn die Altstädtsche Badstube als ein Haus, in dem mein

5
Bruder von Jugend an erzogen worden, den geringsten Einfluß in seine

6
traurige und melancholische Gemüthsverfaßung haben könnte, so hätte sich

7
selbige bereits
dieser für mich so erwünschte Erfolg längst gnug äußern müßen,

8
weil
er
sich mein Bruder zum offenbaren Nachtheil seiner Gemüthsumstände

9
nur gar zu lange daselbst aufgehalten. Es könnte vielleicht seyn, daß

10
mein Bruder
selbiger zu einer etwas strengern Diät angehalten werden

11
könnte, aber nach seinem jetzigen Geschmack würde dadurch sein Zustand nur

12
trauriger und melancholischer werden. Ohngeachtet ich es für meine

13
Schuldigkeit hielt
zur damaligen
nach der Hochzeit des Bader
Nuppenau
das

14
schwerste Stück Silberzeug, welches noch von dem zerstreuten
Nachlaß
und

15
zum Theil
größtentheils zum geistl. Behuf angewandten Seegen und

16
Nachlaß uns. seel. Vaters übrig geblieben war, durch den Kirchenrath Buchholtz

17
der davon
die
wenn er will die nächsten Nachrichten ertheilen kann zum

18
gemeinschaftl. Andenken von uns beiden aussondern zu laßen, so ließ man

19
sich doch gelüsten meinen armen Bruder, der
etwas
von Natur niemals

20
zur Freygebigkeit geneigt gewesen, durch freundschaftl. Unterredungen zu

21
einem Geschenk einer silbernen Schmantkanne aufzuheitern.
Ohngeachtet

22
Wiewol ich gegen diese Handlung von Seiten meines Bruders nichts

23
einzuwenden hatte so befremdete mich selbige desto mehr, da er 1759 vor Abreise

24
nach Riga den SchwiegerEltern des
Nuppenau
welche sich darüber gegen

25
mich mehr als einmal beklagt,
halb
des seel. Vaters Haus
beynahe halb

26
so zu sagen verboten
hatte
mit der Erinnerung sich an den Wohlthaten die

27
sie bisher genoßen zu begnügen und einen unvermögenden Mann wenigstens

28
auf Kosten
seiner
ihrer MitErben nicht völlig auszusaugen. Da diese

29
Besorgnis in dem natürl. Character meines unglückl. Bruders liegt und auch

30
diese Leidenschaft zu seiner Krankheit vermuthl. beygetragen, so läßt sich nur

31
desto weniger ein Vorurtheil des Vertrauens bey ihm gegen die Familie des

32
Nuppenau
zum voraus setzen, die ohnedem durch meine
Curatel
und durch

33
unsere eigene gemeinschaftl. Bedürfniße diejenige Vortheile nicht mehr

34
erwarten kann, wodurch sich der Hamannsche Name noch in einiger Liebe bey

35
ihnen erhalten, wie der
Magistrat
in seinem abermaligen Bericht aber
blos

36
auf sein bloßes Wort versichern will. Ich habe nicht soviel Zuversicht
als

37
Kirchenrath Buchholtz und Bader
Nuppenau
mir ein
besonders
vorzügl.

S. 474
Vertrauen meines Bruders zuzueignen,
unter
dergl. sich Kirchenrath

2
Buchholtz v Bader
Nuppenau
haben zu
Protocoll
schreiben laßen; unterdeßen

3
weiß ich, daß letzterer in diesem Jahr
just um die Verfallzeit des Wechsels

4
meinen Bruder zu einer Zeit, da ich wie
notor
isch meinen Beruf abwarten

5
muß, hat besuchen wollen um sich wahrscheinl. Weise mit meinem

6
blödsinnigen Bruder in Unterhandlungen wegen des Wechsels der eben damals

7
verfallen war einzulaßen woran er aber durch die Gegenwart eines Fremdlingen

8
den ich eben damals einige Tage bey mir aufgenommen, verhindert worden,

9
bey welcher Gelegenheit weder mein Bruder die Höflichkeit gehabt
Nuppenau

10
recht anzusehen geschweige ihm das geringste zu antworten. Gleichwol kann

11
ich auf meine Ehre und Gewißen meinem unglückl. Bruder das Zeugnis

12
geben, daß er mir noch immer von jeher die gröste Liebe und Furcht geäußert,

13
dergl. sich kein anderer weder Freund noch Fremder sich jemals mit Grund

14
der Wahrheit wird rühmen können und daß er die zwey Jahre, die er mit mir

15
zusammen gelebt, gegen meine Person niemals dergl. Ausbrüche des Haßes

16
und der Verachtung hat merken laßen, womit sein leiblicher Vater öfters

17
betrübt worden, da er nicht nur in der Altstädtschen Badstube sondern sogar

18
in officio publico
war
stand und daß selbst sein gegenwärtiger Zustand

19
ungl. erträglicher und ruhiger ist, wenigstens garnicht so traurig und

20
melancholisch als der
Magistrat
denselben willkührlicher Weise ohne Grund,

21
Kenntnis noch Beweiß in seinem abermaligen Bericht erdichtet.

22
Ew. Kgl.
Maj.
sehe mich noch genöthigt in tiefster Unterthänigkeit

23
vorzustellen, daß dieser zwar
plausible
aber höchst unrecht angewandte Grundsatz

24
meinen Bruder aufzuheitern, ihn eben in sein gegenwärtiges Uebel so tief

25
eingestürzt und versenkt hat, weil man ohne Ueberlegung und innere Kenntnis

26
seine
s
r
Uebels
wahren Gemüthskrankheit bey der ich nach meinem besten

27
Gewißen einen sehr tief eingewurzelten Eigensinn und eben so große

28
Verstellung, da keiner so leicht ohne die allergenaueste Bekanntschaft seines

29
Characters und seiner gantzen Lebensgeschichte ergründen kann, immer

30
wahrgenommen, ihn behandelt, und dadurch sein Verderben wirkl. befördert und

31
wenigstens nach dem Urtheil der Aertzte unheilbar gemacht. Ohngeachtet es

32
notor
isch war daß er aus einer ihm selbst so wol als andern unerklärl.

33
Melancho
Verdruß und schwermüthigen Unlust einen sehr einträgl. und

34
gemächl. Schuldienst in
Riga
niederlegen müßen
stieß
drang man selbigen

35
zum Hofmeister
in
einem angesehenen Hause auf, unter der näml. eiteln

36
Erwartung ihn durch
Conversation
und Welt aufzuheitern.

37
Nachdem dieser Versuch sehr übel ausschlug, begieng man die zwote

S. 475
Schwachheit ihn trotz seiner zunehmenden Grillen und Krankheit durch die

2
Zerstreuungen und Arbeiten eines kümmerl. Schulbrodts, wie man sich

3
einbildete, aufzuheitern. Ew. Kgl.
Maj.
können sich den Gram und Kummer

4
nicht vorstellen, mit dem ich Jahre lang habe müßen dem Leiden meines

5
Bruders zusehen, das nothwendiger weise durch eine so unvernünfftige und

6
unmenschl.
verkehrte Behandlung eines viell. im Grunde moralischen und durch

7
Zeit und Umstände erst
mein
physisch ausgearteten Unordnung hat eher zu

8
als abnehmen müßen. Aus dem gegenwärtigen Tück meiner Feinde ist zu

9
ersehen,
wie
mit welcher Vorsicht und Furcht ich bisher meinen Bruder habe

10
halten müßen, und daß ein Meisterstück ihrer Bosheit gewesen mich von der

11
keinem einzigen Unterthan des Königs jemals versagten aber mir vom

12
Kriegsrath Hindersin mehr
Dictator
als
Consul
mäßig jederzeit rund abgeschlagenen

13
Gesuch, das gleichwol
nichts
niemals anders als
die meine brüderl.

14
diejenige Liebe und
Pietät
welche ich glaube meinem Bruder schuldig zu seyn,

15
und die gehörige Sicherheit gegen eingennützige und unverschamte
Captatores

16
bonorum alienorum
zum Grunde gehabt, auszuschlüßen, weil meine Feinde

17
niemals ermangelt haben würden sich die Schwäche meines Bruders zu Nutze

18
zu machen oder meine etwanige Bemühungen zu seiner Wiederherstellung

19
die vielleicht ihren Einsichten und Vorurtheilen
entgegen
wiedersprochen

20
und
wiederlegt
selbige beschämt hätten zu verlästern, verdächtig zu machen

21
und gäntzl. zu vereiteln. Der
Magistrat
hat mich zum Theil
de facto
und

22
ex abrupto
eben so unmündig als meinen Bruder selbst
gemacht
zu machen

23
gesucht; ich müste aber in der That einem unlöbl. Beyspiel folgen wenn ich

24
Gewißen und Vernunfft an den Nagel hängen und mit kaltem Blut in einen

25
dritten vermuthlich zwischen Kriegsrath Hindersinn Kirchenrath Buchholtz

26
und Bader
Nuppenau
verabredeten
concerti
rten
Versuch
Plan
willigen

27
sollte
meinem Bruder
anstatt zu erhalten
deßen Erhaltung ich als meine

28
selbst eigene suche völlig aufzuopfern, und seine Person so wohl als sein

29
Vermögen einem
debitori moroso
und
ingrato
anvertrauen sollte. Wie wenig

30
zuverläßig und vortheilhaft die Bedingungen des Altstädtschen Baders seyn

31
können, und wie wenig selbiger sein Wort zu halten im stande ist, läßt sich

32
aus der Unordnung ersehen womit er seit den letzten 2 Jahren die
Interessen

33
abgetragen, die er im vorigen Jahre anstatt des 14
Junii
erstl. den 5
Sept.

34
und dies Jahr noch gar nicht bezahlt auch sich eben so wenig als Kirchenrath

35
Buchholtz darum bekümmert, der sich gleichwol gegen
unsern Freund

36
Advocat
en geäußert
dahin erklärt
daß er
einen meiner besten Freunde für die

37
Interessen
stünde
gut gesagt, weil er vermuthl. mit dem Altstädtschen

S. 476
Bader in Rechnung steht wegen
der
Bedienung im
Ader
Barbiren

2
Aderlaßen und
häufigen
anderer Handreichung
wegen
bey seinen bekannten

3
schwindlichen Umständen und kränkl. Familie
steht
. Ja ohngeachtet

4
Kirchenrath Buchholtz von freyen Stücken mich den 23
May a. c.
besuchte und

5
ich weiß nicht warum darauf drang daß ich die bey ihm in
deposito
liegende

6
Obligationes
ihm abnehmen möchte; so hat es doch nachher gar zu sehr den

7
Anschein gehabt daß diese Anerbietung nicht aus einer evangelischen

8
Lauterkeit gefloßen, weil er alle damals ausgefertigt gewesene
Obligationes
noch

9
biß diese Stunde in
deposito
hat, neml.

10
No
1.   meiner Nachweisung von
 500 fl.

11
3     –  –  –  –  von
2000

12
4     –  –  –  –  
3000

13
5500 fl.


14
Ew Kgl.
Maj.
werden daraus einen neuen Beweiß ziehen können daß die

15
willkührl. und
illegalen
Verfügungen wodurch das Burgermeisterl.
Pupillen

16
Colleg
Amt mich von der
Curatel
meines armen Bruders auszuschließen gesucht,

17
mich den grösten Verlegenheiten und Verwirrungen aussetzen können,
weil das

18
Vermögen Geld
und Kirchenrath Buchholtz seines bisherigen Amts

19
depositarius
zu seyn, das ohnedem einem Geistl. nicht anständig und selbst ehmals

20
einem Apostel Christi höchst nachtheilig geworden, von Herzen überdrüßig ist.

21
Was den 2ten Punct der 4000 fl. anbelangt,


22
Nachdem ich nunmehr dem Allergnädigsten Befehl Ew. Kgl.
Maj.
mit

23
tiefster Ehrfurcht eine Genüge geleistet, auch dem abermaligen außerordentl. Bericht

24
des
Magistrats,
der offenbare Unwahrheiten
adoptirt
und meine in Natur und

25
Gesetzen gar zu sehr gegründete Rechte zu schmälern, wie ich hoffe deutlich und

26
hinlängl. beantwortet habe: so unterwinde mich noch Ew. Kgl.
Maj.
zu

27
versichern, daß meine natürliche Blödigkeit, und noch weit mehr die Ehrerbietung

28
für Dero Allerhöchstes Antlitz mir das Stillschweigen über unendl. Kleinigkeiten

29
auflegt, wodurch ich meine Unschuld so wohl als unser bisher in stiller

30
Gedult gelittenes Unrecht in ein noch stärkeres und helleres Licht setzen könnte.

31
Wenn Väter der Stadt und der Kirchen gemeinschaftl. Sache gegen den

32
Samen eines gerechten Mannes machen: so habe ich Ursache meinen Feinden

33
zu vergeben, weil sie nicht wißen, was sie nicht thun. Es ist ihnen eigentl. nicht

34
daran gelegen meinen Bruder, der ohnedem in ihren Augen als ein
civiliter

35
mortuus
wenig in Betrachtung komt, völlig zu Grunde zu richten, worinn es

S. 477
ihnen bisher nur gar zu sehr gelungen durch die Zulaßung einer höheren Hand,

2
sondern hauptsächlich mein kleines bescheidenes Glück in meinem Vaterlande

3
zu zerstören, das ich mit der Wohlfart meines Bruders so innigst zu

4
verflechten gewust, das beide zu gleicher Zeit entweder bestehen oder untergehen

5
müßen. Ungeachtet der grösten Anerbietungen auswärtiger Gönner mich über all

6
mein Verdienst zu versorgen bin ich meinem Vaterland treugeblieben und

7
darüber der Gefahr ausgesetzt gewesen beynahe hier zu verhungern. Ich hätte

8
ohne Ehrgeitz und Eigennutz gern mit der kleinsten Stelle, von der ich als ein

9
ehrl. Mann hatte leben können gern vorlieb genommen, und habe in dieser

10
Absicht bey E. Hiesigen
Magistrat
so wohl als einer Kgl. Kriegs- v
Domainen

11
Cammer nach meinen Umständen lange gnug als
Volontair
Dienste gethan,

12
ohne gleichwol die geringste Beförderung für mich absehen zu können.

13
Endlich
hat
ist es mir nach dem Tode ms seel. Vaters bey meiner letzten

14
Heimkunft aus fremden Landen durch gantz unerwartete Wege, welche die

15
Vorsehung allein in ihrer Hand hat gelungen das Amt es französischen

16
Uebersetzers bey dem Hiesigen
Accise
und Zoll
Directorio
zu erhalten, wo mein

17
Gehalt durch eine besondere Gnade des Königs in Zeit von zwey Jahren von

18
16 rth bis zu 25
pro
Monath erhöhet worden. Durch den kleinen Anfang

19
meines Glücks bekam ich so viel Muth eine eigene Haushaltung blos aus

20
Liebe für meinen Bruder, deßen Verpflegung unumgängl. war, mich am

21
nächsten angieng und die ich mit gutem Gewißen niemanden mit so viel

22
Recht und Fug als mir selbst aufbürden konnte, einzurichten. Da die

23
Wirthschaft niemals weder meine Sache noch Neigung gewesen, so wäre mir eine

24
solche Unternehmung für meine eigene Person um desto weniger eingefallen,

25
wenn die betrübte Umstände meines Bruders nicht der einzige Bewegungs

26
Grund dazu gewesen wären und ich hätte auch meinen Entwurf nicht

27
ausführen können, wofern ich mich nicht wenigstens auf die
Interessen
von den

28
Capitalien
sichere Rechnung gemacht. Gott hat meiner häuslichen Ordnung

29
nach der ich mich zu leben bestrebe, besonders durch die seltene Treue und

30
Redlichkeit meiner Hausgenoßen so gesegnet, daß ich mit der grösten

31
Zufriedenheit und Sicherheit nicht nur meinen Beruf außer Hause abwarten sondern

32
auch nach verrichteter Arbeit alle mögl. Beqvemlichkeit, Ruhe und Pflege zu

33
gleichen Theilen mit meinem Bruder zu Hause genießen kann. Weil hierinn

34
alle meine zeitliche Glückseeligkeit besteht: so würde selbige nicht nur durch

35
die Trennung meines Bruders gänzl. aufhören sondern ich auch genöthigt

36
seyn meine gegenwärtige kleine Haushaltung aufzugeben. In diesem

37
schmerzhaften Fall würde ich von meinem Bruder, oder vielmehr von einem Hiesigen

S. 478
Magistrat
mit mehr Recht, nicht nur meine eigene Schadloshaltung sondern

2
auch selbst meiner beyden jetzigen Hausgenoßen von ihm fordern müßen, für

3
deren Bestes ich mit eben dem herzl. Eifer sorge, als sie sich des unsrigen

4
angelegen seyn laßen, um so viel mehr, da meine Haushälterin eine Magd

5
unsers seel. Vaters ist, welche ihm die letzten Jahre seines siechen Lebens mit

6
einer so kindl. Zuneigung aufgewartet und seinem gantzen Hause

7
vorgestanden, daß er auf seinem Sterbebette ihr ein
Legat
von 40 rth verschrieben, die

8
gegenwärtige Wärterin meines Bruders aber als eine alte würdige Wittwe

9
vom Lande dadurch wieder mein Versprechen gantz außer Brodts gesetzt

10
werden würde. Die bloße Vorstellung dieser Folgen und Verlegenheiten die mir

11
und den Meinigen daraus erwachsen werden, macht mich melancholisch und

12
ich traue Vätern der Stadt und der Kirchen so viel Menschenliebe und Religion

13
zu, als daß sie ihr Ansehen und ihre Zeit, die zu edlern Geschäften gewiedmet

14
ist, dazu verschwenden und misbrauchen sollten, durch leichtsinnige
r
weise

15
Berichte und Verläumdungen eine Haushaltung, die noch dazu mit ihrer

16
Genehmigung gestiftet worden, niederzureißen, den Frieden zwischen Brüdern, die

17
bisher einträchtig bey einander gewohnt, muthwillig zu stören, arme ehrl. Leute

18
außer aller Verfaßung zu setzen und die ganze zeitliche Glückseeligkeit
eines

19
und Ruhe eines Menschen aufs Spiel zu setzen, der bey
dem
einem

20
mühseeligen aus Noth ergriffenen und zum Theil unsichern
Stück
Amt, das seine ohne

21
dem geschwächten Augen und Gesundheit tägl. mehr angreift, bey dem

22
Hauskreutze, dem er sich aus Pflicht mit willigem Herzen unterzogen, und bey seinen

23
übrigen verwickelten Schicksalen mehr Ursache als sein unglücklicher Bruder hat

24
in Schwermuth und Verzweifelung zu versinken, wenn sein festes Vertrauen

25
auf Gottes und Ew. Kgl.
Maj.
gerechtes und gnädiges Mitleiden nicht über alle

26
seine Bekümmerniße Wiederwärtigkeiten und Drangsale den Sieg behielten.

Zu dem Brief gehören folgende ärztliche Gutachten von
Heinrich Daniel Gervais
(Provenienz: Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 86):

520/6
Königsberg, 9. Okt. 1769

7
Bescheinige hiemit auf meine Ehre und Gewißen daß
medio

8
Augusti a. pr.
zu dem gewesenen Schul
Collegam
Hamann von seinem

9
Bruder beruffen worden und
bey ersterm
zu Rath gezogen worden,

10
und bey ersterem eine theils von
Vollblütigkeit
Uebertragung des

11
Geblüts theils von einer paartägigen Verstopfung des Leibes

12
entstandenen
paroxysmum Melancholiae
aber ohne die geringste Merkmale

13
einer Wuth noch Raserey wahrgenommen worden. Da seine damalige

14
Gemüthsunruhe zum Theil seinen Grund in der eben

15
vorgenommenen Beziehung eines neuen
Logis
hatte, und sein Uebel mehr ein

16
stummer Eigensinn und durch die Länge der Zeit eingewurzelter
Stupor

17
nebst einer
Atonie
seiner Gemüths- und Leibeskräfte besteht, der

18
durch eine unrecht verstandene Behandlung leicht in nachtheilige

19
Folgen und Ausbrüche ausarten kann: so kommt mir jede leichtsinnige

20
Veränderung der gegenwärtigen Verfaßung mislich vor, umsoviel

21
mehr da man sich bey ihm von d
ie
en bereits gemachten Proben ihn

22
durch
Conversation
und Umgang
nicht
aufzumuntern nicht die

23
gewöhnl. Wirkungen wie bey andern Patienten versprechen kann,

24
weil ein natürl. Hang zur Einsamkeit und Stille seinen Umständen

25
am gemäßesten zu seyn scheint, ich auch übrigens seinem Bruder das

26
gewißenhafte Zeugnis geben kann, daß er bey den damaligen

27
Umständen ihn weder an keinen äußerlichen
und
noch innerlichen

28
Hülfsmitteln, noch einen besondern Wärter und aller mögl. Sorgfalt hat

29
fehlen laßen biß er zu Anfang des Octobers des verfloßnen Jahres

30
sowohl durch meine Besuche als die Beyhülfe eines
Compagnie

31
Chirurgi
von seinen damaligen Zufällen zu seiner
vorigen alten

32
gewohnten gleichgültigen Unempfindlichkeit wieder hergestellt worden.

33
Ich bin an dem heutigen
dato
von neuem ersucht worden von dem

34
Bruder des blödsinnigen Patienten letzteren zu
sondi
ren und in

35
Augenschein zu nehmen, da ich
              

S. 521
ein sehr zurückhaltendes
zu
und zum Theil
affecti
rtes
und

2
langsames Wesen nebst einem großen Hange zur
Indolence
und

3
Trägheit Langsamkeit
und Eigensinn bewiesen. Seit 10 Jahren bereits

4
haben sich Ausbrüche einer
unerklärl.
außerordentl.

5
Unzufriedenheit Entfernung von aller Thätigkeit und gänzl. Unlust zu
den

6
kleinsten Pflichten
allen Geschäften so wol als Zerstreuungen
des
des

7
Menschl. Lebens und der Gesellschaft geäußert, bis man endl. wirkl.

8
Ausbrüche einer Stöhrung und damit verknüpften Blödsinns

9
wahrgenommen, welche Folgen um so viel natürl gewesen, da
    

10
– und allen mögl. Ermunterungen zur Bewegung und einer

11
regelmäßigen Diät und Lebensart zu wiederstehen
         

12
– wozu damals die mit Beziehung eines neuen
Logis
unvermeidl.

13
Unruhe hinzugekommen war, wodurch er in seiner gewöhnl.
Lage

14
assiette
und Gemächlichkeit, die ihm zur zweiten Natur geworden,

15
sich gestört zu seyn glaubte, in einen starken melancholischen

16
Paroxysmum
ausgeschlagen war, welcher gleichwol nicht mit den

17
geringsten Merkmalen von Wuth noch Raserey verbunden gewesen. So wie

18
er damals von diesen Zufällen bald durch den Gebrauch einiger

19
Hülfsmittel hergestellt worden, so
kann
bin ich bey dieser Gelegenheit

20
im St
auch im Stande gesetzt worden, seinem Bruder das

21
wahrhaffte Zeugnis ertheilen zu können daß er es weder an aller mögl.

22
Sorgfalt, noch an einem ausdrückl. Wärter, der ihn Tag und Nacht zur

23
Seiten seyn müßen hat fehlen laßen, biß er zu Anfang des Octobers
   


25
Königsberg, 12.
Oct.
1769

26
Auf Ersuchen des HE.
Secretaire-Traducteur Hammann

27
HochEdelgeboren habe von deßelben HE Bruder dem gewesnen

28
Schul
Collegen J. C. H.
kränkl. Umständen folgendes glaubwürdig

29
attesti
ren sollen: Obbenannter
J. C. H.
36 Jahr alt, vollblütig, und es

30
phlegmatico-melancholi
schen
Temperaments
hat von Jugend auf

31
angeblich ein stilles sehr zurückhaltendes blödes und zum Theil

32
affecti
rtes Wesen gehabt, große Gesellschaften und rauschende

33
Vergnügen niemals geliebt, vielmehr in allen seinen Handl. einen

34
ausnehmenden Hang zur Trägheit und Eigensinn bewiesen. Seit 10

35
Jahren haben sich bereits stärkere Ausbrüche einer außerordentl.

S. 522
Unzufriedenheit und Unlust zu allen Geschäften so wol als Zerstreuungen

2
des Menschl. Lebens und des gesellschaftl. Umganges geäußert, bis

3
man endl. wirkl. Merkmale einer Gemüths Störung und offenbaren

4
Blödsinnigkeit wahrgenommen, welche Folgen um so viel natürlicher

5
gewesen, als er von Jugend auf eine Gewohnheit daraus gemacht

6
sich den Stuhlgang zurückzuhalten und aller mögl. Aufmunterung

7
zur Bewegung und er. regelmäßigen Diät und Lebensart zu

8
wiederstehen.
Medio Aug. a. pr.
wurde über seine Umstände
consuli
ret,

9
besuchte ihn fand seine Zufälle obiger Beschreibung gemäß und

10
hauptsächl. daß der durch die Länge der Zeit, öftere Verstopfung und

11
Verdickung des Bluts eingewurzelte
Stupor
nebst einer Schwächung sr.

12
Gemüths- und LeibesKräfte, wozu damals die mit Beziehung es

13
neuen
Logis
unvermeidl. Unruhe dazu gekommen wodurch er

14
vermuthl. in sr. Gemächlichkeit, die ihm zur andern Natur geworden sich

15
gestört zu seyn glaubte, in einem starken Anfall der
Melancholie

16
ausgeschlagen war welcher gleichwol nicht mit den geringsten Merkmalen

17
der Wuth noch Raserey verbunden gewesen. So wie er damals von

18
diesen Zufällen bald durch den Gebrauch mr. Vorschriften hergestellt

19
worden, so bin ich auch bey dieser Gelegenheit im Stande gesetzt

20
gewesen seinem HE Bruder das wahrhaffte Zeugnis ertheilen zu können

21
daß er es an aller nur mögl. Sorgfalt noch an einem außerordentl.

22
Wärter der ihm Tag und Nacht zur Seite seyn müßen hat fehlen laßen,

23
bis er Anfangs Oct. dergestalt hergestellt gewesen, daß er weiter mr

24
Vorsorge noch einer genauen Aufsicht benöthigt gewesen.

25
Den 9
Oct.
769. bin von seinem HE Bruder wieder beruffen

26
worden um obigen
Patient
en nochmals in Augenschein zu nehmen, da

27
ich ihn denn zwar munterer doch aber noch in sr. vormaligen

28
Blödsinnigkeit und Unvermögenheit sich selber vorzustehen befunden,

29
wiewol er noch im Stande seinem HE Bruder im Schreiben behülfl. zu

30
seyn. Außer den Beqvemlichkeiten seiner Wohnung genüßt er

31
gegenwärtig einer alten braven Wärterin theils sr. Aufwartung, theils

32
der Reinlichkeit wegen. Dieses ist was ich der Wahrheit gemäß und

33
gewißenhaft einzeugen kann. Kgsberg den 12.
Oct.
769.

34
J D Gervais Doct.
und

35
(LS.)
Regiments-
Feldscheer

36
Syburg
schen
Regiments.
Ein weiterer Entwurf. Provenienz: Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 86:

513/10
Ew Kgl.
Maj.
haben mir allergnädigst befohlen auf den

11
abermaligen Bericht des
Magistrats
vom 29
Sept
mich deutl. und

12
hinlängl. zu erklären. Ohngeachtet die Hauptfrage von der
Curatel

13
meines Bruders noch nicht entschieden worden, so sehe ich mit

14
Befremden einen
neuen
Umstand
meinem gerechtl. Gesuch im Wege

15
gelegt; wiewohl dieser neue Umstand blos dasjenige bekräftigt, was

16
ich in meinem letzten unterthänigsten Gesuch als den wahren Grund

17
meines bisherigen mir angethanen Leides und Drucks bereits

18
angegeben, und es erhellt daraus offenbar, daß es dem Altstädtschen

19
Bader gelungen nicht nur die
Caution
des Oberbürgermeisters

20
Hindersinn sondern auch dadurch das Vertrauen des gesammten
Magistrats

21
auf Kosten der Wahrheit, Gerechtigkeit und Billigkeit sich zu

22
erwerben.

23
Es ist zwar andem, daß
Nuppenau
unser naher Freund ist und daß

24
er einige Liebe und Erkenntlichkeit unserm seel. Vater, der ihm noch

25
bey Lebzeiten die Altstädtsche
Badstube
abgetreten,
schuldig ist
und

26
seine ganze Familie nicht nur
unter
zum Theil unterhalten und

27
unterstützt, sondern auch durch ein mündliche
s
n
Legat
Befehl an

28
mich seinen ältesten Sohn von 900 fl. auf seinem
Sterbebette

29
bedacht, die ihm laut beyl. Qvittungen aus bloßem Gehorsam gegen

30
den letzten Willen unsers seel. Vaters richtig ausgezahlt worden, und

31
daß wir uns den Abzug von mehr als 400 fl. willig haben gefallen

32
laßen, weil die Abtretung der Altstädtschen Badstube eben in dem

33
Jahr der Münz
reduction
ohnge
geschehen war, ohngeachtet ihm

34
das meiste Hausgeräth für einen noch billigeren Preis überlaßen

35
worden war, als für den ein Vater mit seinen eignen Kindern theilt, ich

S. 514
sage es ist andem, daß
Nuppenau
dem Andenken unsers Vaters und

2
seinen Erben einige Achtsamkeit schuldig wäre; demohngeachtet

3
haben wir uns kaum unterstehen dürfen uns nach sehr vielen

4
zurückgebliebnen
Meubles,
die er sich theils als Geschenke meines seel.

5
Vaters zugeeignet theils unsere Nachfrage deshalb mit einer groben

6
Hitze abgewiesen daß sich aus seinem bisherigen Betragen so wohl als

7
aus seinen gegenwärtigen Kränkungen, wodurch er sich gegen die

8
Bezahlung der uns
noch
von Gott und Rechts wegen schuldigen

9
1000 fl. und ihrer
Interessen
durch Mittel zu decken suchen, die

10
einem so nahen Blutsfreunde ebensowenig als einem rechtschaffenen

11
Bürger anständig sind.

12
Durch welchen Weg es 3 Jahre nach meines seel. Vaters Tod

13
gegenwärtig verlautbart als wenn unser Vater auf seinem

14
Sterbebette ausdrückl. verlangt, daß der blödsinnige bey
Nuppenau
zur

15
Aufsicht gelaßen werden solle, ist mir schlechterdings ein Geheimnis,

16
von dem ich niemals entsinnen kann die geringste Sylbe gehört zu

17
haben. In dem in
originali
beyl.
Protocoll
vom 16
Oct.
1767. ist auch

18
von diesem ausdrückl. Willen meines seel. Vaters weder vom Kr.

19
Hindersin noch Kirchenrath Buchholtz die aus Ursachen, welche dem

20
Höchsten Richter alles Fleisches allein bekannt sind, gegenwärtig mit

21
Bader
Nu
dem Altstädtschen Bader gegen uns gemeinschaftliche

22
Sache machen, damals das geringste verlautbart worden.

23
Da mein Bruder bey seinen traurigen Umständen gar keines

24
Vertrauens fähig ist so ist dasjenige was ihm so wohl im Bürgermeisterl.

25
Amt gegen Kirchenrath Buchholtz als in dem abermaligen Bericht in

26
den Mund gelegt worden, wol
für nichts anders als
blos der

27
Freygebigkeit des
Concipien
ten zuzuschreiben und aufs leidlichste davon

28
zu reden einer bloßen
Fiction.

29
Was die freundschaftl. Unterredung des
Nuppenaus
und der

30
Seinigen betrift, so bin ich lange selbst davon Zeuge gewesen,
daß

31
selbige
und habe mit Betrübnis
öfters
empfinden müßen, daß selbige

32
nur zu oft in Geckereyen bestehen, womit man sich und seine

33
Gesellschaften als einen
melancholi
schen Menschen aufzuheitern gesucht.

34
Was die gegenwärtige alte Badstube anbetrift, so zweifele ich daß

35
meinem Bruder das Andenken derselben so lebhafft ist als mir und

36
vielleicht andern Männern, die sich einiger vergnügten Abende noch

S. 515
erinnern, welche sie in ihrer Jugend daselbst zugebracht haben. Ich

2
befürchte aber, daß die alte bürgerl. Sitten deren Geschmack v

3
Nachahmung ich niemals zu verleugnen hoffe, gegenwärtig in der

4
Altstädtschen Badstube ziemlich ausgestorben seyn möchten.
wenigstens

5
Alle diejenige welche den Mann gekannt haben in deßen Platz

6
Nuppenau
gekommen, werden ersterem nicht nachsagen können, daß er

7
außer seinem Beruf sich in fremde Dinge gemischt oder daß Fleischer,

8
und Bäcker und am allerwenigsten Gesinde und Hausgenoßen auf

9
ihren verdienten Lohn irgend jemals bey unserm seel. Vater

10
Monathe
Wochen geschweige Jahre lang warten müßen.

11
Wenn die Altstädtsche Badstube als
sein Geburtsort
ein Haus,

12
in dem er von Jugend auf erzogen worden, in seine traurige und

13
melancholi
sche Gemüthsverfaßung einen Einfluß haben können, so hat

14
er sich
Jahre
lange gnug bey diesen Umständen darinn aufhalten

15
können, ohne daß man die geringste Wirkung davon erlebt. Es konnte

16
vielleicht seyn daß
er
mein Bruder durch freundschaftl.

17
Unterredungen
zu ei
zu einer strengen Diät in der Altstädtschen Badstube

18
aufgeheitert werden könnte; aber nach dem jetzigen Geschmack ms

19
Bruders würde hiedurch sein Zustand nur trauriger und

20
melancholischer werden.
Uebrigens
Gleichwol muß ich auf meine Ehre und

21
Gewißen meinem unglückl Bruder das Zeugnis geben, daß er die

22
zwey Jahre da er mit mir zusammengelebt, gegen mich niemals dergl.

23
Ausbrüche geäußert deren er sich selbst gegen seinen leibl. Vater noch

24
in der Altstädtschen Badstube schuldig gemacht,
noch sich gegen das

25
Publicum so vergangen als damals, wie er und
da er noch in
officio

26
publico
stand, und daß überhaupt sein
gegenwärtiger
ietziger

27
Zustand nicht so traurig und melancholisch ist, als der
Magistrat

28
denselben
fingirt
willkührlich ohne den geringsten Beweis in seinem

29
abermaligen zum voraus setzt.

30
Ich habe nicht so viel Hertz mir ein Vertrauen
Ich habe
meines

31
Bruders zuzueignen, das dem Kirchenrath Buchholtz und Bader

32
Nuppenau
angedichtet worden, unterdeßen weiß ich, daß letzterer

33
meinen Bruder zu einer Zeit, da ich wie ihm bekannt
in
meine

34
Geschäfte abwarten muß sich wahrscheinlicher weise in gewiße

35
Unterhandlungen wegen des Wechsels der eben damals verfallen war

36
einlaßen wollen woran er aber durch den Besuch eines Fremdlingen

S. 516
den ich einige Tage in mein Haus aufgenommen verhindert worden,

2
und daß damals mein Bruder
ihm
dem Bader
Nuppenau
weder

3
die Höflichkeit angethan ihn anzusehen geschweige auf alle seine Rede

4
das geringste zu antworten.

5
Ew Kgl.
Maj.
sehe mich noch genöthigt in tiefster Unterthänigkeit

6
vorzustellen, daß eben der
plausible
aber durch eine sehr verkehrte

7
Anwendung gemisbrauchte Grundsatz meinen Bruder
in sein
durch ich

8
weiß nicht was für unnatürl. Zwangmittel
auf seiner
einer sehr

9
unnützen Meynung nach und ohne Kenntnis so Uebels aufzuheitern, ihn

10
in seinen jetzigen traurigen Zustand so tief eingestürzt hat. Denn

11
ohngeachtet es
notori
sch war, daß er aus einer unerklärl.
Melancholie
einen

12
sehr einträgl. v gemächligen Schuldienst in
Riga
niederlegen müßen,

13
man selbigen gleichwol zu einer Hofmeister Stelle in einem angesehenen

14
Hause eindrang mit derselben Erwartung ihn durch
Conversation

15
und Welt aufzuheitern und ohngeachtet dieses sehr mislang, die

16
zweite Schwachheit begieng ihn durch einen kümmerl. Schuldienst

17
trotz seiner melancholischen Verfaßung durch Zerstreuungen v

18
Geschäfte, wie man sich einbildete, aufzuheitern.
Wenn
Falls der

19
Magistrat
mich nicht eben so
ex abrupto
unmündig erklären will; so

20
müste ich in der That
alles
Gewißen und Vernunft an den Nagel

21
hängen, wenn ich mit kaltem Blut in einen
neuen
dritten Versuch

22
willigen wollte durch den man wirklich mehr Willens ist meinen Bruder

23
aufzuopfern als ihn zu erhalten, und
ihn
seine Person so wol als

24
sein Vermögen einem
debitori moroso
und
ingrato
anzuvertrauen.

25
Wie wenig zuverläßig
Nuppenau
und vortheilhaft

26
die Bedingungen seyn können,
für
Nu
und wie wenig
Nuppenau
sein

27
Wort zu erfüllen imstande ist, läßt sich aus der Unordnung ersehen

28
womit er seit den 2 Jahren die
Interessen
abgetragen die er im vorigen

29
Jahr
den 5
Sept.
an stat den 14
Junii
und dies Jahr noch gar nicht

30
abgetragen auch sich eben so wenig bisher darum als Kirchenrath

31
Buchholtz bekümmert der sich gleichwol gegen den
Advocat
en

32
geäußert, daß er die
Interessen
gern vorschießen wollte, die mehr als

33
einmal mit ihm zu 6
pC
% abgemacht worden. Und ohngeachtet

34
Kirchenrath Buchholtz von freyen Stücken mich den 23
May
besuchte und ich

35
weiß nicht warum darauf drang daß ich bey ihm in
deposito
liegende

36
Obligation
en in meine eigene Verwahrung nehmen sollte weil er

S. 517
mit
sn eignen
andern Papieren
theils mit seiner Frauen
Recessen

2
überhäuft
überhäuft wäre; so hat es doch nachher nur gar zu sehr

3
den Anschein gehabt, daß diese Anerbietung nicht aus einer evangelischen

4
Lauterkeit gefloßen, weil er alle damals ausgefertigte

5
Obligation
en noch wirklich bis jetzt
in deposito
hat, neml.


6
No
1. meiner bereits angegebenen Nachweisung von
   500 fl.

7
3
die
                  von
  2000

8
4     –    –    –  
  3000

9
= 5500 fl.


10
Ew. Kgl.
Maj.
werden hieraus zu ersehen geruhen, daß die

11
willkührl. Verfügungen des
ordinarii Pupillaris
nichts anders als
mich

12
offenbaren Verlegenheiten v. Verwirungen aussetzen, und aus

13
gerechtem Mitleiden, denselben durch eine gesetzmäßige Einrichtung

14
abzuhelfen suchen.

15
Nachdem ich also dem
zweifachen Befehl Ewr Kgl.
Maj.
wie ich

16
hoffe
auch diesem Befehl Ew Königl.
Maj.
Genüge geleistet und

17
abermaligen Bericht E Hiesigen
Magistrat
s
so
deutlich und hinlänglich

18
gnug
beantwortet habe so unterwinde mich noch Ew Kgl.
Maj.

19
zu versichern, daß
nicht nur
meine Blödigkeit
sondern unendlich

20
noch
weit
mehr die Ehrerbietung für Dero Allerhöchstes Angesicht

21
mir d
ie
as
Unter
Stillschweigen in Ansehung unendl.

22
Kleinigkeiten auflegt, wodurch ich meine Unschuld sowohl als
das

23
offenbare
unser bisher erlittenes Unrecht,
worunter das wir bishero

24
leiden müßen,
in ein noch stärkeres und helleres Licht setzen könnte.

25
Väter der Stadt und der Kirche sollten sich ein Gewißen machen die

26
Nachkommen eines Mannes zu verfolgen, deßen Andenken ihnen

27
nicht gantz gleichgiltig seyn kann, und gesetzt, daß ich
auch
wirklich

28
nicht die gering
ohne alle Verdienste wäre, von denen meine

29
Wiedersacher gleichwol weder Muster noch Kenner sind, hätte ich mehr als

30
einen Grund blos in Rücksicht meines Vaters, der als ein redlicher

31
und nüzlicher Bürger dem
Publico
gedient, nicht so erniedrigend,

32
blindlings, ungehört

33
Väter der Stadt und der Kirchen

34
Wenn Väter der Stadt und der Kirche gemeinschaftliche Sachen

35
gegen den Saamen eines gerechten Mannes machen; so habe ich desto

S. 518
mehr Ursache meinen Feinden zu vergeben,
dem
weil sie nicht wißen

2
nicht
was sie thun. Es ist ihnen weniger dar
um
an
zu thun

3
gelegen meinen Bruder, der bereits als ein
civiliter mortuus
anzusehen,

4
völlig zu Grunde zu richten; sondern hauptsächl: zugl. mein
eigenes

5
kleines Glück
bescheidenes Glück in meinem Vaterlande zu

6
zerstören, das ich mit der Wohlfart meines Bruders so genau zu

7
verflechten gesucht, das beyde zu gleicher Zeit entweder bestehen oder

8
untergehen müßen. Bey
Er
den grösten Anerbietungen

9
auswärtiger Gönner mich über all mein Verdienst zu versorgen, bin ich der

10
Gefahr ausgesezt gewesen in meinem Vaterlande zu verhungern,

11
ohngeachtet ich bey der Canzeley sowohl eines Hiesigen
Magistrat
s

12
als E Kgl. Krieges und
Domainen
Cammer eine zeitlang als

13
Volontair
gedient und mit der kleinsten Stelle, von der ich als ein ehrl.

14
Mann hatte leben können, gerne vorlieb genommen hätte, dem ohne

15
geachtet
gleichwol
habe ich nicht die geringste
Aussicht

16
Beförderung für mich absehen
zu
können. Endlich ist es mir nach dem Tode

17
meines seel Vaters bey meiner letzten Heimkunft aus fremden

18
Landen durch Wege welche die Vorsicht allein in ihrer Hand hat, gantz

19
unvermuthet gelungen das Amt eines französischen Uebersetzers bey

20
dem Hiesigen
Prov.
und Zoll
Directorio
zu erhalten. Dieser kleine

21
Umsta
Anfang meines
Lichts
Glücks gab mir so viel Herz eine

22
eigene Haushaltung aus keiner Absicht als aus Liebe für meinen

23
Bruder, deßen Verpflegung unumgängl. war, mich am nächsten

24
angieng, und die ich mit gutem Gewißen
weder
niemanden mit

25
so viel Recht als mir selbst aufbürden konnte, einzurichten. Da die

26
Wirtschaft niemals
weder
meine Neigung noch meine Sache

27
gewesen so wäre mir diese Unternehmung um desto weniger für meine

28
eigene Person eingefallen, wenn die Umstände meines Bruders nicht

29
der einzige Bewegungsgrund dazu gewesen wären, und ich
hatte

30
wäre auch meinen Entwurf nicht auszuführen
können
im Stande

31
gewesen wenn ich mich nicht wenigstens auf die
Interessen
von den

32
Capitalien
meines Bruders
wenigstens
hatte sichere Rechnung

33
machen können. Gott hat meine häusliche Ordnung nach der ich zu leben

34
bes
ch
trebe, besonders durch die Treue meiner Hausgenoßen so

35
geseegnet, daß ich mit der grösten Zufriedenheit und Sicherheit nicht nur

36
meinen Beruf außer dem Hause abwarten
kann
sondern auch nach

S. 519
verrichteter Arbeit aller mögl. Beqvemlichkeit, Ruhe und Pflege zu

2
gleichen Theilen mit meinem Bruder in meinem Hause genießen

3
kann. Weil hierinn der gröste Theil meiner zeitlichen Glückseeligkeit

4
besteht: so würde selbige nicht nur durch die Trennung meines

5
Bruders gestört werden sondern ich auch genöthigt seyn meine

6
gegenwärtige gantze Haushaltung aufzugeben. In diesem schmerzhaften

7
Fall würde ich von meinem Bruder nicht nur meine eigene

8
Schadloshaltung sondern auch selbst meine beyden jetzigen Hausgenoßen

9
fordern müßen, für deren Bestes ich mit eben dem Eifer sorge als sie

10
sich des unsrigen angelegen seyn laßen;
da überdem
um so viel

11
mehr, da meine Haushälterin eine Magd unsers seel. Vaters ist, die

12
ihm die letzten Jahre seines
krank
siechen Lebens mit einer so

13
seltenen Treue und Zuneigung gedient, daß er auf seinem
St
letzten

14
Sterbebette ihr ein
Legat
von 40 rth ausgemacht, und die

15
gegenwärtige Wärterinn meines Bruders eine arme alte würdige
alte

16
Wittwe vom Lande durch eine solche Veränderung völlig außer

17
Brodtes gesetzt werden würde. Die bloße Vorstellung dieser Folgen

18
und Verlegenheiten
für mich
, die mir daraus erwachsen würde,

19
ist
so
melancholisch für mich, und
die Vorwürfe,
ich traue
die

20
Vätern der Stadt und der Kirchen
sich dadurch aussetzen würde,

21
wenn es ihnen gelingen sollte eine Haushaltung getrennt und gestört

22
zu haben
so viel Menschenliebe und Religion zu, daß sie sich ein

23
Gewißen daraus machen werden leichtsinniger Weise eine Haushaltung

24
die mit ihrer Genehmigung aufgerichtet worden niederzureißen, das

25
Band des Friedens zwischen Brüdern, die einträchtig bis

26
einander gewohnt, muthwillig zu zerreißen, arme ehrl. Leute außer

27
aller Verfaßung zu setzen und die zeitl. Glückseeligkeit und Ruhe eines

28
Menschen zu zerstören, der
seinen Beruf mit Treue abzuwarten und sich

29
dem Dienst des Publici nach seinen Kräften zu wiedmen sucht,

30
außer dem ohngeachtet
bey einem mühseel.
Amt und
aus Noth

31
ergriffnen und zum Theil unsichern Amt, das seine ohnedem

32
geschwächte Augen und Gesundheit tägl. angreift, und
ohngeachtet

33
bey de
s
m Hauskreuze
s
, dem er sich aus Pflicht mit willigem

34
Herzen unterzogen,
eher erleicht unterstü durch herznagende,

35
Zeit- und Geld-kostende seine edle Zeit, seine Gemüthsruhe und selbst den

36
mäßigen
und bey seinen übrigen verwickelten Schicksalen
Stoff

S. 520
genug hatte gla
mehr Ursache als sein Bruder hatte in Schwermuth v

2
Verzweifelung zu versinken, wenn sein Vertrauen auf Gott und auf

3
Ew Kgl.
Maj.
gerechtes v gnädiges Mitleiden nicht über alle
s
se

4
Bekümmerniße und Wiederwärtigkeiten den Sieg behielten.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 86.

Bisherige Drucke

ZH II 469–478, Nr. 367.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
470/4
–5
naher […] Blutsfreund ist]
Geändert nach Druckbogen (1940); ZH:
(naher Blutsfreund | ist〉
471/33
–472/11
und […] haben.]
Streichung bis zum Absatzende emendiert. In ZH bleibt unklar, wann die Streichung endet.
513/14
Umstand
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
Umstand
513/25
Badstube
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
Badestube
513/28
Sterbebette
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
Sterbebett
516/29
Jahr
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
Jahre