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Mitau den
15
May
66.

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Herzlich geliebtester Vater,

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Ich vermuthe, daß Herr Hofrath mit seiner Gemalin bereits in Königsberg

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eingetroffen seyn wird, weil ich
den
vom 7″
h.
die Nachricht erhalten am

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vorigen Montage, daß sie den im Begriff ständen Warschau zu verlaßen,

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welches auch anderweitigen Berichten gemäs den 10″ geschehen. Sein Herr

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Bruder ist schon seinem Verlangen zuvorgekommen, und die Zimmer sind

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vor 14 Tagen zu ihrem Empfang geweißt worden; und ich freue mich unter

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andern darauf meine angenehme Sommer und Garten Herberge wieder

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beziehen zu können.

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Nun was machen Sie, mein alter Herzenslieber Vater! Gott sey Ihre

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allersüßeste Freude auch dieses Fest über, und laß es herrlicher seyn als alle übrige

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Ihres Lebens. Er wird mir auch Ruhe schenken nach dieser mühseeligen

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Wallfahrt durch dies Jammerthal. Ich freue mich auf meinen alten Freund, den

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HE Prof. Lindner, und wünschte, daß ich entweder ihn begleiten oder bald

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nachfolgen könnte. Der Herr
Doctor
freut sich auch seine Hälfte wieder zu

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umarmen, und hat gestern 5 Meilen von hier verreisen müßen. Er hat bereits

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viele Wochen lang gestöhnt und geklagt, aber wenig Zeit dem Uebel

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zuvorzukommen. Da ich ordentlich Mittags bey ihm speise, und meine Habercur

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bereits geschloßen ist; so erinnern wir uns auch Ihrer und wünschen

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gemeinschaftlich Ihnen alles mögliche Gute.

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Ich weiß gar nicht, wie es mit meinen überschickten Büchern geht, von denen

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nichts erfahren kann, weder ob? noch wenn sie abgegangen?

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Melden Sie mir doch, liebster Vater, wenn Herr Hofrath dort angekommen,

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und zugleich den Tag seiner Abreise aus Königsberg. Gott begleite ihn mit

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seinen guten Engeln, und bringe ihn mit Seiner Reisegefährtin glücklich

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heim! Er laße es ihm und den Seinigen für seine Freundschaft gegen mich

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wohl gehen zeitlich und ewig; wiewol es nach meinem Leibpsalm heist: Alles

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Ding hat seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

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Was werden Sie, Liebster Vater! mit meinem Bruder anfangen? Wenn

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sich Herr Belger mit ihm abgeben und ihm Lust zur Landwirthschaft

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beybringen könnte; so möchte seiner Gesundheit und seinen Umständen

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vielleicht geholfen werden. Auf einem kleinen Städtchen oder auf dem Lande

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würde er überdem wohlfeiler leben können, da er doch keinen Genuß von

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Königsberg hat, und Sie eben so wenig von ihm.

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Was macht Herr Vetter
Nuppenau
und Jungfer Muhmchen nebst ihren

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Eltern und Geschwister? Ich kann nichts mehr thun als mich Ihrem

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Andenken empfehlen.

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Hält sich noch unsere Anne Regine gut? – Nun Gott seegne unser altes

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Haus, und kehre mit dem Geist seiner Gnade in daßelbige ein. Ich umarme

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Sie mit kindlichster Innbrunst, und küße Ihnen mit zärtlichster Ehrfurcht

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die Hände als Ihr gehorsamst ergebenster
Johann Georg Hamann


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Wenn Sie so gütig seyn wollten mir eine lettische oder kursche Bibel aus

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dem Zeiseschen Buchladen in schwartz Leder mit goldnen Schnitt eingebunden

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aber ohne
Claus
uren zu besorgen; so würde es mir zur Erlernung dieser

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Sprache, in der ich einen langsamen Anfang gemacht, vielleicht behülflich

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seyn. Sind selbige in gedachtem Bande fertig zu haben, so möchte HE

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Hofrath wol selbige mitnehmen, falls selbige aber nicht fertig sind, so ist HE.

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Hartknoch wohl so gut. Diese Uebersetzung der Bibel wird wenigstens so

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gelobt, daß, wenn ich auch niemals mehr als einigen Vortheil hierinn von

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meinem Einfall habe, ich damit zufrieden seyn kann. Was dafür kommt,

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bitte mir zu melden.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 1 (87).

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 355 f.

ZH II 368 f., Nr. 325.