321
364/9
Mitau den
24 März 66.
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Herzlich geliebtester Freund,
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Hartknoch
Johann Friedrich Hartknoch
Mste
wohl von Hamann redigierte Manuskripte von
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 1. und 2. Sammlung, vgl.
HKB 320 ( II 363/23 ) Eben komme aus dem Buchladen, wo ich dem HE Hartknoch Ihre
Mst
e
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Spence… Depot
Hamann hatte
Spence,
Polymetis
zuvor nicht an Herder übergeben wollen, da ihm der Band nicht gehörte und offenbar von einigem Wert war, vgl.
HKB 317 ( II 361/13 ); die Rückgabe wird sich noch lange hinzögern, vgl. etwa
HKB 340 ( II 390/31 ).
abgelegt und den
Spence
für Sie – Sorgen Sie für letztern als für ein
Depot,
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und bringen Sie so Gott will, höchstens auf Ostern selbst mit. Ich sehe eben
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Staatsfeste …
Herders Verpflichtungen als Hilfs-Domprediger in Riga über Ostern
mit Verdruß, daß alle Ihre Staatsfeste auf die stille Woche eintreffen. Ist
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unentbehrlich
Gemeint sind wohl Herders Verpflichtungen als Domprediger in Riga während der Karwoche, die eine Reise erschweren könnten.
Ihre Gegenwart dazu unentbehrlich? Richten Sie nach aller Möglichkeit so
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ein, daß wir einige Tage zusammen seyn können; denn auf Stunden lohnt
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es nicht; und es ist mir recht lieb, daß Sie diesmal nicht mitgekommen sind,
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Gefahr
Herder hatte zuvor eine Reise nach
Mitau
wegen der jahreszeitbedingt gefährlichen Wege verschoben, vgl.
HKB 320 ( II 363/15 ).
wo nicht der Gefahr doch der Furcht wegen.
Vives
ist nicht hier; erkundigen
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Steidel
August Wilhelm Steidel
Sie sich doch bey Zeiten darnach. Ob es an Ihrem Steidel oder Hartknoch
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selbst liegt. Vermuthl. ist er dort geblieben. Sie haben mir einen sehr
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vergnügten Abend und Nachmittag gestern gemacht – aber die Zeit ist zu kurz
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gewesen. Ohne einen sorgfältigen und gelehrten
Corrector
wird es um den
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Druck schlecht aussehen. Gegen das Ende, wo ich nicht irre in der Mitte des
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letzten Abschnitts scheint mir ein Wort zu fehlen. Ist meine Vermuthung
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richtig, so sorgen Sie dafür, daß es durch Hartknoch eingesetzt wird. „Ueberall
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ein hohes Ideal, nach welchem man die Materie wählt sie über ihre Natur
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dadurch erhöht, daß man die Fehler wegnimmt, die diesem Endzweck entgegen
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Fehlern pp.
Das Zitat wurde nicht in
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
übernommen; mglw. stammt es aus dem Abschnitt „über das Ideal der Griechen in jeder Dichtart“, das Herder bei einer Redaktion aus der Sammlung entfernte, aber dennoch erwähnt (
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, S. 312).
wären, und die von diesen Fehlern
pp.
“
Mit der Ordnung, dem
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Reichthum, der Schönheit des Entwurfs sowol als der Ausführung bin im Gantzen
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zufrieden und freue mich über den Schatz der Einsichten und Einfälle, der
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Καλος καγαθος
vgl.
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 2. Sammlung, S. 314 und
HKB 316 ( II 360/13 ) Keime, Blüten und Früchte. In dem
Καλος καγαθος
scheinen Sie mir mehr
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Emphasin
zu finden, oder ihn wenigstens nicht immer recht anzuwenden. Das
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Wort selbst
καλαγαθια
habe alles Nachsuchens ohngeachtet noch nicht finden
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Aelian
Claudius Aelianus
können. Im
Aelian
wird das Wort, (das
adjectivum
) vom
Phocion
gebraucht,
S. 365
summa …
dt. Inbegriff alles Lobenswerten, vgl.
Kretzschmar,
Aeliani variam historiam
, Index Vocum s.v. Καλὸς
und
Kretschmar
in seinem
Lexico
über diesen Autor sagt davon:
summa
2
omnis laudationis
.
Das
καλον
scheint mir dem französischen
galanthomme
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vollkommen
synonym
zu seyn, welches in dieser Sprache gleichfalls den
4
Sujet
nicht ermittelt
honnete homme
übertrifft. Wißen Sie noch, wie es mit dem
Sujet
Ihnen
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gegangen.
6
Dithyramben
Bezieht sich wohl auf das Kapitel „Pindar und der Dithyrambensänger“ in
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 2. Sammlung, S. 323–345.
In Ansehung des
Dithyramben
kann ich die Richtigkeit Ihrer Nachrichten
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nicht beurtheilen. Ich fieng eben den Herodot an zu lesen, wie ihn mein
8
Clio
Die neun Bücher des
Herodot
werden nach den neun Musen benannt, Clio ist entsprechend das erste Buch.
Freund Lindner einpackte; und blieb bey folgender Stelle in der
Clio
oder
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Αριονα…
Herodot
, 1.23.1, dt.: „Es handelte sich um Arion von Methymna, der von einem Delphin über das Meer nach Tainaron getragen wurde. Arion war damals der berühmteste Sänger und Zitherspieler, der als erster von den uns bekannten Menschen einen Dithyrambus dichtete, ihn benannte und in Korinth zur Aufführung brachte.“
seinem ersten Buch stehen:
Αριονα
τον Μηθυμναιον
επι δελφινος εξενειχθεντα
10
επι Ταιναρον, εοντα κιθαρῳδον των
ποτε
εοντων ουδενος δευτερον και
11
διθυραμβον,
πρωτον
ανθρωπον
των ημεις ιδμεν, πoιησαντα τε και
12
ονομασαντα και διδαξαντα εν
Κορινθῳ
.
Sie müßen hiebey wißen, liebster Freund,
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Fabelschreiber
Herder übernimmt diese Einschätzung in einer Fußnote zu Arion und den Delphinen in
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 2. Sammlung, S. 327: „Wie Herodot anführt, den ich für mehr, als Fabelschreiber halte.“
daß ich den Herodot für keinen Fabelschreiber, für keinen Happel mehr halte.
14
In Ihren Handschriften habe nichts geändert, als etwa ein zweymal
15
HE Prof Lindner
Johann Gotthelf Lindner
geschriebenes Wort ausgestrichen. HE
Prof Lindner
schreibt, daß meine Engl. schon
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hier seyn müßen; noch habe aber nichts erhalten.
17
Widerlegung des St.
Herder,
Nachricht von einem neuen Erläuterer der H. Dreieinigkeit
, richtete sich gegen
Stender,
Erläuterung der Dreyfaltigkeit.
; das Manuskript lag
HKB 320
bei.
Ihre
Wiederlegung
des St. habe am flüchtigsten durchlaufen müßen; bin
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aber auch damit zufrieden.
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Fescenninischen Poesie
antike derb-witzige Spottverse, die v.a. auf Hochzeiten vorgetragen wurden, etwa in
Hor.
epist.
II,1,139–155 beschrieben; Stelle in
Spence,
Polymetis
nicht ermittelt
Mehr weiß ich Ihnen heute nicht zu schreiben. Von der
Fescennini
schen
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Poesie werden Sie auch etwas im
Spence
finden.
21
Bleiben Sie mein Freund und unterlaßen Sie nicht das glimmende Tocht
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animula vagula
dt. wanderndes Seelchen (Anfang eines Gedichts des sterbenden Hadrian in der
Historia Augusta
, einer spätantiken Sammlung von Lebensbeschreibungen römischer Kaiser)
meiner
animula vagula
und zerstreuten Sinns anzufachen und zu unterhalten.
23
Ich umarme Sie und ersterbe, mein lieber Herder, Ihr aufrichtig und
24
herzlich ergebener
25
Hamann.
26
Warum haben Sie nicht meine Auszüge aus
Swedenborg
mir wieder
27
zurück geschickt?
28
Adresse mit Siegelrest (Wappen):
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Pour mon
Ami
/ Mr Herder. /
Nebst
Mr. Spence / Polymetis.
Provenienz
Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 33–34.
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 352.
Johann Gottfried von Herder’s Lebensbild. Sein chronologisch geordneter Briefwechsel, […]. Hg. von seinem Sohne Dr. Emil Gottfried von Herder. Ersten Bandes zweite Abtheilung. Erlangen 1846, 128–131.
ZH II 364 f., Nr. 321.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
364/28 |
pp. “ |
Geändert nach der Handschrift; ZH: pp.“ |
365/2 |
galanthomme |
Geändert nach der Handschrift; ZH: galant homme |
365/9 |
επι […] εξενειχθεντα] |
Geändert nach der Handschrift und Druckbogen (1940); ZH: επιδελφινος εξενει χθεντα Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): επι δελφινος εξενειχθεντα |
365/10 |
ποτε ]
|
Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): τοτε |
365/11 |
ανθρωπον |
Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): ανθρωπων |
365/17 |
Wiederlegung ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: Widerlegung |
365/29 |
Ami |
Geändert nach der Handschrift; ZH: ami |