316
358/30
Mein liebster Freund,

31
Endlich breche ich mir einige Augenblicke ab, mich in Ihre Armen

32
zurückzuzaubern. Wie stehts, mein guter Hypochondrist mit Ihnen; mir war im

S. 359
Anfange
die Einsamkeit
nach ihnen so bange, als wenn ein Gatte sein

2
liebes Weib bei Tisch u. Bett mißt. Nachher hab ich gearbeitet, den ersten

3
Theil …
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 1. und 2. Sammlung
Theil ganz umgeschmolzen, u. bin im zweiten
Theil halb;
dieser soll von unsrer

4
Orient.
Orientalen, vgl.
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 2. Sammlung, S. 277–295
Poet. Litterat. handeln
:
;
so fern wir die Orient. nachgeahmt hier von

5
Klopstock, Michaelis, Cramer u. Breitenbauch; so fern wir die Griechen
studirt
,

6
übersezzt
, hier von Steinbrüchel,
Bitaube,
p u. nachgebildet: von Geßner,

7
Willamov, dem Schweizer. Theatergeschmack p; wiefern wir
Originalzüge

8
die Römer, von Ramler Lange p Originale sind: Gleim p Frzos. u. Engländer

9
Imprimatur mit 3
für die 3. Sammlung von
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
; Imprimatur im Sinne von placet, vgl.
HKB 315 ( II 358/20 )
copi
rt. – Sie sollen Ihr
Imprimatur
mit 3!!! geben.

10
Sch.
Johann George Scheffner
, zu dieser Zeit Redakteur der
KGPZ
Von den Kön. Zeit. habe mich getrennt. Sch., der einen elenden Roman

11
Recens. schon eingerückt
Scheffners Rezension von „Scherzhafte Erzählungen kleiner Satyren“ in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 8. St. vom 27.1.1766
nett genannt, u. seine Recens. schon eingerückt, fand sich durch meine ihm

12
wiedersprechende Critik
wohl eine Rezension desselben Werkes, die Herder einschickte, und zurückgewiesen wurde; Manuskript nicht überliefert (ebenso wenig Scheffners Zettel an Kanter im Hofmeisterton)
wiedersprechende Critik die unwißend ankam, aufgebracht, u. beantwortete sie

13
an K. mit einem groben Hofmeisterton. K. schickte sie
bei
an mich u. ich

14
antwortete noch gröber. Den folgenden Posttag schickte ich an Kant. die

15
Kantische Recension, u. trat sehr höflich ab. Von L. bekam ich durch Sie einen

16
lärmende Ode
Karl Gottlieb Bocks Ode
Auf den Geburtstag des Königs, bey Wiedereröffnung der Königl. deutschen Gesellschaft,
in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 13. und 14. St. vom 14. und 17.2.1766
Brief, der uns zu vereinigen suchte, u. schrieb. Da Sch. eine lärmende Ode

17
Zeit. lächerlich gemacht
Johann George Scheffner
, „Parodie einer Ode“, in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 13. u. 14. St. vom 14. u. 17.2.1766
Osterode
Herders „Ostergesang“, in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 24. St. vom 23.4.1764
Schand- u. Liebespfal
in
KGPZ
, 42. St. vom 25.6.1764 ergriff der Verleger
Kanter
selbst das Wort: „nachdem er wahrgenommen hat, daß verschiedne der bisherigen [gelehrten Ausarbeitungen] dem Wunsche der Leser nicht völlig genug zu thun geschienen“, habe er als neue Feder einen auswärtigen Gelehrten engagiert. – „Um aber die Freunde des bisherigen gelehrten Verfassers [also Hamanns] nicht zu sehr zu erschrecken, meldet man ihnen zugleich, daß derselbe nicht gänzlich ausgeschlossen bleibt; sondern noch zuweilen, so viel ihm seine Geschäfte erlauben, Beyträge einsenden, und dadurch ihrem Geschmacke Gnuge leisten wird“.
in den Zeit. lächerl. gemacht: so hätte er meine Osterode, zu ihrer Zeit

18
geliefert, compromittiren wollen: Dies bewegte mich zum sanften Abschied;

19
u. es scheint, ich werde so einen Schand- u. Liebespfal
gesezt
bekommen, als

20
Sie bei Ihrem Abzuge von den Zeit. – Ich erwarte, weil Sch. nicht
das Maul

21
hält
schweigen wird, vielleicht eine noch unhöflichere Antwort; alsdenn

22
fertige ich ihn erhaben ab u. – – Ein artiges Vorspiel meiner Autorschaft.

23
In Ihren Kommißionen bin genauer gewesen, als Sie mir zutrauen. Die

24
Hüner sind überschickt; das Engl. Bier, das ich an einen Ort noch

25
G. Berens
Georg Berens
dienstbare Geister
Hebr 1,14
aufgetrieben, ist ganz sauer, ich u. G. Berens sind
deßwegen
dienstbare Geister gewesen.

26
Glauben Sie sicherlich
.

27
Daß Sie so aufmerksam auf meine Kommißionen sind, erfreuet mich; das

28
H.
Hamann selbst; die Attribute vmtl. parodistisch auf
Kants Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen
gemäß Hamanns Rezension in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 26. St. vom 30.4.1764 (N IV,289–292).
mein lieber H. ist
schön
,
galant
,
vollk
.
artig
, u. den
guten Sitten
gemäß.

29
Bleiben Sie in dieser guten
Lage
, bis ich Sie umarme, u. Ihnen davor danke.

30
Pr.
Preußen; Herders Mutter lebte in
Mohrungen
Fast entschloßen, mit Htknoch nach Pr. zu reisen, um meine ehrl. Mutter

31
zu besuchen, die ich seit 62. nicht gesehen; aber auch fast wiederruffen, wenn

32
ich meine wenige Zeit hieselbst zugebracht, mein weniges Geld hieselbst

33
gesamlet, u. meine wenige Verdienste um diesen Ort rechnet.

34
Trescho
Sebastian Friedrich Trescho
, Brief nicht ermittelt
Raillerie
Spott
Trescho hat an mich einen bis zur Raillerie oder Ekel höflichen Brief

35
geschrieben; in jeder Zeile spöttisch
u.
oder
lächerlich.

36
Eine Stunde jetzt, da die Tage wachsen, mehr in der Schule, v. 8–5. zu

37
arbeiten, wenn ich nicht eccentrisch bin; außerdem ganz Autor – denken Sie

S. 360
meine Geschäftigkeit, die jetzt ganz von
I
ihrer Schwärmerei sich entwöhnt;

2
A. Berens
Arend Berens
in 3. Wochen 2. mal bei A. Berens, sonst nirgends gewesen.

3
Von dieser guten Frauen, einen Gruß: je mehr ich
S
sie kennen lerne,

4
nil admirari
vgl.
Hor.
epist.
I,1,6f.
je mehr ist Sie auch bei Ihren Fehlern für mich liebenswürdig –
nil admirari

5
eo plus amare!
dt. um so mehr lieben!
bei Namenspersonen; aber bei Frauenzimmern
eo plus amare!
ist das nicht

6
curieuse
Dt. merkwürdig, seltsam; scheint mündlich ein Lieblingsausdruck Hamanns gewesen zu sein, vgl.
HKB 326 ( II 369/33 )
.
curieuse.

7
C. Berens
Carl Berens
Hyp Hyp.
Hypochondrie
C. Berens ist an seiner Hyp Hyp. gefährlich krank gewesen; wenn anders

8
eine Krankheit gefährlich seyn
kann
, die Jahreszeit, und Ordnung hält, u.

9
also nicht nach
I
ihrem Bruder, dem Tode schlachtet.

10
Philolog
Hamann, nach
Hamann,
Kreuzzüge des Philologen
Noch mehr solche Briefe voll Auszüge, u. Bemerkungen, wo der Philolog

11
gelesen, gedacht, beobachtet, u. treulich angeführt
Herder benutzte diese Termini als charakterisierende Überschriften in der Passage über Hamann in den
Fragmenten
, 1. Sammlung, 18. Fragment, S. 248f., davor bereits in der Apostille der
Dithyrambischen Rhapsodie
, S. 38f.
gelesen, gedacht, beobachtet, u. treulich angeführt hat, – alles beßer als Ihr

12
Freund H.

13
καλους, κ’ αγαθους
dt. gute hübsche Leute, vgl.
HKB 321 ( II 364/31 )
P.S.
Einen Brief über die
καλους, κ’ αγαθους,
u. die Bekanntschaft

14
Homers
zu
Homer
und καλους καγαθους vgl.
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 2. Sammlung, S. 314
Homers, aus Ihres Freundes Bibliothek wünsche mir. Grüßen Sie das ganze

15
Haus. Ihre Gedanken u. Einfälle, u. Zugaben u. Ratschläge über das Buch,

16
das ich jetzt gebäre.
H.


17
Adresse mit Siegelrest:

18
à Monsieur / Monsieur
Hamann
/ homme de lettres / à /
Mitow
/ Franco /

19
bei
HE.
Hofrath Tottin
/ abzugeben.