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wahrscheinlich
Johann Christoph Berens
Ich habe kürzlich einen sehr weitläuftigen Brief vom HE. B. aus Liebau
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erhalten. Er hat ein großes Gerüste von
Compli
menten v. freundschaftl.
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Vertraulichkeiten aufgeführt um mir eine Bitte anzubringen, die ich ihm weder
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mit guten Herzen gewähren
kann
, noch von der er sich so viel versprechen
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kann als er sich schmäuchelt. Weil er in Berlin wegen seines Gutes etwas zu
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suchen hat, so ersucht er mich ihm den Namen meines dortigen guten Freundes
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zu melden v eine Art von EmpfehlungsSchreiben ihm zuzuschicken, in deßen
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Begleitung er ihm sein Gesuch dort behülflich zu seyn vortragen könnte. Ich
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mag meine Freunde nicht gern mit meinen eignen noch weniger ohne Noth
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mit fremden Angelegenheiten beschweren, insbesondere, einem andern eine
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Carte blanche geben ihnen auf meine Rechnung Ungelegenheit zu machen. Er
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hat mir seinen Brief mit einem Fuhrmann überschickt, der zum Postgeld ein
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Stoff
1 Stof/Quart entspricht 1,145 Litern
Stoff Wein gefordert. Ich will ihm selbst mit erster Gelegenheit antworten im
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fall er sich an Ihnen schlüge werden Sie so gütig seyn ihm den Namen
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meines dortigen Freundes nicht zu melden.
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In Ansehung der Ohrgehänge läugne ich nicht, daß mir ein sehr großer
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Gefalle geschehe selbige durch den ersten Fuhrmann besorgt zu sehen. Ich habe die
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Laute, lieber Papa, nicht unter dem vortheilhaften Kauf verlangt, für den Sie
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mir selbige überschickt haben; also sehen Sie meine Freyheit, mit der ich Ihnen
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gegenwärtig wieder beschweren müßen als keinen Misbrauch Ihrer
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Freygebigkeit an. Ich ersuche Sie herzlich darum mir hierinn keine
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Unverschämtheit beyzumeßen. Es würde mir leyd thun, wenn dieser Verdacht zu einigen
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Klagen in Ihrer letzten Zuschrift Anlaß gegeben hätten. Sollte Ihnen Liebste
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Eltern, ihrer Kinder wegen an Ihrer Einnahme mehr als sonst gelegen seyn;
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sollten Sie, Liebste Eltern, Ihrer Kinder wegen bey Ihren Ausgaben
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ängstlicher geworden seyn, v denen zu Gefallen kümmerlicher v unruhiger den
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Seegen des Himmels ansehen: so habe ich mir in diesem Briefe eine
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unanständige Freyheit genommen Ihnen anstatt aufrichtiger Erklärungen
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unverschämte Lügen zu sagen, so müsten sie uns weniger lieben, als wir es uns
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überreden, so hätten wir niemals Ihre Zärtlichkeit verdient. Ich traue meinem
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Bruder in diesem Stück gleiche Gesinnungen mit mir zu.
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Ich freue mich in Ansehung des arabischen bald die lang erwünschte
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Uebersetzung zu erhalten v. bitte mir die abgenommene Copey zugleich mit aus.
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Nun meinen lieben Magister denke auch mit ehsten zu umarmen. Wie
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entzückend wird es für mich seyn einen so alten redlichen Freund wiederzusehen!
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Ich will ihm noch selbst ein paar Worte schreiben.
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Gott gebe mir bald die angenehme Nachricht, daß Sie mir mit frischen
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Kräften v Herzen wieder schreiben können. Ich schmachte selbige zu lesen v
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empfehle Sie seiner liebreichen Vorsorge, so wie sich Ihrem Gebet und
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väterlichen Liebe auf Zeit Lebens empfiehlt
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Ihr gehorsamster Sohn.
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Herzlich Geliebteste Mutter,
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Ich leide bey dem neuen Kreuze, was Ihnen Gott aufgelegt hat. Er hat es
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uns nicht verschwiegen, wie wir es aufnehmen und womit wir uns trösten
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sollen. Wir wollen uns, liebe Mama, beyde darnach richten. Derjenige Freund,
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der uns seiner in guten und bösen Tagen erinnert, deßen Liebe zu uns
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eifersüchtig ist, laß er seine Freundlichkeit Ihnen auch in dieser Krankheit, mit
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welcher er Sie heimsuchet, fühlen. Ich bitte und ruffe ihn um Ihre
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Gesundheit an; und nenne mich nach einem kindlichen Handkuß mit der zärtlichsten
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Hochachtung
Dero
Ihr gehorsamster Sohn.
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Johann George Hamann.
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Erlauben Sie mir noch auf das eilfertigste zwey Worte an meinen Bruder
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anzuhängen.
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Schreibens
nicht überliefert
Ich danke Dir mein lieber Bruder für den Anfang Deines Schreibens; es
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thut mir leyd daß du durch Kopfschmerzen verhindert worden selbiges zu
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Ende zu bringen. Besorge mir eine baldige Antwort von HE. Magister.
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Künfftig ein mehreres. Vergiß Deine Fortsetzung nicht. Ist des seel. Rappolts
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Auktionskatalog von
Karl Heinrich Rappolts
Bibliothek.
Theodor Christoph Lilienthal
verfasste als Nachruf auf C.H. Rappolt einen Lebenslauf desselben.
HKB 26 ( I 72/23 ) ,
HKB 43 ( I 108/33 ) Catalog
schon fertig. Du böser Mann hast mir sein Leben von
D. Lilienthal
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HE. M.
Johann Gotthelf Lindner
nicht mitgeschickt auch keinen Auszug deßelben. Gieb doch dem HE. M.
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selbiges v HE. Trescho Abhandlung vom
Genie
mit. Lebe wohl. lebe wohl nach
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drey v vier Umarmungen. lebe wohl grüße Deine v. meine Freunde. Jgfr
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Degnerin pppp Ohmchen v Muhmchens
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 1 (bei 16).
Bisherige Drucke
ZH I 83–85, Nr. 32.