337
387/11
Ich wollte Ihren Brief unbeantwortet laßen, da er nichts merkwürdiges

12
enthält, was nicht durch Steidel von mir mündlich könnte beantwortet

13
werden; allein weil ich einer melancholischen Laune bin, wo mir die ganze Welt

14
dunkel vorkommt, so kann ich doch nichts beßers thun, als einen Brief

15
schreiben, wie ohngefähr der Ihrige ist.

16
nichts geschrieben
vgl.
HKB 336 ( II 386/17 )
Daß Sie über die Fragmente mir gar nichts geschrieben, ist unverzeilich. –

17
Brief
Friedrich Nicolai
an Herder, 19.11.1766; vgl.
Hoffmann: Herder’s Briefwechsel mit Nicolai
, S. 1f.
Ich habe einen sehr höflichen Brief von Nikolai bekommen, in welchem er

18
mich zum Mitarb. der Allg. D. Bibl. einladet, Schmeicheleyen und

19
Hamannischen Cant
Engl. für Jargon, Geheimsprache; Nicolai ärgerte sich in seinem Brief, dass Herder, „der so gut schreiben kann, sich zu Hamannischen Cant und spitzfindigen Anspielungen herablasse“ (vgl.
Hoffmann: Herder’s Briefwechsel mit Nicolai
, S. 1f.).
Entschuldigungen schreibt u. mir
Hamannischen Cant
vorwirft. Den Brief

20
wenn Sie herkommen
Hamann kündigte an (
HKB 336 ( II 386/24 )
, Herder auf seiner Reise nach Königsberg zu besuchen, führte das allerdings nicht aus (
HKB 338 ( II 388/34 )
).
können Sie selbst sehen, wenn Sie herkommen.

21
Ex. auf Schreibpap …
Hamann bat zuvor um
Freiexemplare
von
Herders
Fragmenten
für sich und
Christoph Anton Tottien
, dessen Bibliothek Herder mehrfach benutzte, der ihm aber unsympathisch war. Der Druck auf Schreibpapier war teurer als auf gewöhnlichem Papier.
Ihr Ex. auf Schreibpap. bekommen Sie; für Tottin nehmen Sie ein andres

22
aus Mit. ich habe keine mehr. Auch hier machen sie, die lieben F., mehr

23
Aufsehen, da ein ungütiger Zufall, die Nachricht hieher gebracht, daß ich der Verf.

24
sey: welches ich aber ganz leugne. Der Ueberbringer dieser Nachricht hat
S

25
Kön.
Königsberg
sie aus Kön. u. ich möchte, allen d
ie
en müßigen Marklosen Schwäzzern,

26
Lindn. Scheffn. Hipp.
Johann Gotthelf Lindner
,
Johann George Scheffner
(diesen hatte Herder explizit um Diskretion gebeten, vgl.
HBGA
, Bd. 1, S. 56),
Theodor Gottlieb Hippel
Kantern
Johann Jakob Kanter
war bekannt für seine Schwatzhaftigkeit; noch in einem späteren Brief an Kant beschwerte sich Herder über Kanters „übelsten Streich“, seine Autorschaft als erster publik gemacht zu haben, vgl.
HBGA
, Bd. 1, S. 118.
Lindn. Scheffn. Hipp. ppp
alle
insonderheit Kantern ein großes Kellerschloß

27
an den Mund wünschen.

28
Bei solcher Lage entgeht mir der Muth zu schreiben, da mir Verborgenheit

29
Ostern …
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 3. Sammlung, vgl.
HKB 336 ( II 387/2 )
; mehr Fragmente von Herder erschienen nicht
u. Freiheit fehlt: auf Ostern kommt blos das 3te Fragm. heraus, u. wer weiß

30
schreibe ich das 4. 5. u. 6. je. Im 3ten sind meine vornehmsten Stücke:

31
1) unsre …
vgl. ebd., 3. Sammlung, 1. Teil
1) unsre Erziehung u. Gelehrs. hat zu viel lateinischen Geist:

32
2) Kritik …
vgl. ebd., 3. Sammlung, 3. Teil, 1. Kapitel
2) Kritik über unsre Horaze,
Raml
.
Klopst., Uz u. Lange

33
3) vom Lukrez …
vgl. ebd., 3. Sammlung, 3. Teil, 2. Kapitel
3) vom Lukrez. Lehrgedicht: Plan zu einem Gedicht über die Seele (zu dem

34
ich lange Versuche gemacht)

35
4) von der horazischen …
vgl. ebd., 3. Sammlung, 3. Teil, 4. Kapitel
4) von der horazischen Satyre: Fragen über eine gegebne Theor. d Litt. Br.

S. 388
5) haben
vgl. ebd., 3. Sammlung, 3. Teil, 5. Kapitel
5) haben wir Cicerone:
sollen
wir
sie
auf der Kanzel haben (dies St. werde

2
ich auslaßen müßen).

3
6) von der Gallikomanie …
Herder,
Haben wir eine Französische Bühne?
6) von der Gallikomanie in den
Comödien
(
:
werden wir je eine komische

4
Bühne
bekommen

5
7) vom brittischen Geschmack in Trauerspielen

6
8) vom Lehrgedichte …
Dies wurde nicht in die
Fragmente
, 3. Sammlung aufgenommen; zu Lehrgedichten und Pope vgl.
Herder,
Adreastea
, 3. St., S. 241–247.
8) vom Lehrgedichte des Youngs u. Pope unter uns (dies ist noch nicht
fertig

7
Im 4ten …
in der projektierten 4. Sammlung von
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
Im 4ten sollte
ein
die Aesthetik 5) Philos. 6.) Geschichte seyn: das sind

8
aber noch böhmische Dorfer in der Ferne.

9
Kennen Sie den dreusten, kühnen Marcell nicht, den der langsame Fabius

10
nicht bändigen konnte der stolze Triumpfirer in Rom, der Belagerer

11
u. Erober. zu Archimedes Zeiten, den keiner als Hannibal überwinden konnte. Syrakus.

12
Moser
Vgl.
Moser,
Treuherziges Schreiben eines Layenbruders
, S. 69: „Ich erkannte Sie an Gang und Miene, ohngeachtet ich weder ein Marcel, noch ein Freymäurer bin“; Moser meinte aber Monsieur Marcel, Tanzmeister in Paris, vgl.
HKB 336 ( II 386/21 )
.
Moser hat an ihn gedacht, blos von einer Nebenseite seines Karakters, daß er sehr

13
nomina u. omina
Namen und Vorzeichen
Plutarch …
Plut.
vit.
vergleicht tatsächlich
Marcus Claudius Marcellus
mit dem thebanischen Feldherrn Pelopidas (410–364 v. Chr.).
aufmerksam auf Zeichen u. Wunder, auf
nomina
u.
omina
gewesen. Plutarch

14
hat sein Leben geschrieben, u. wo ich nicht irre, ihn mit Pelopidas verglichen.

15
Kommen Sie nach Riga, ich erwarte Sie mit offnen Armen, ich bin jetzt

16
häuslicher, als vor dem Jahr, u. also mit Ihnen
compatibl
er. Aber wenn

17
Preußen
nach Königsberg; vgl.
HKB 336 ( II 386/23 )
Sie nach Preußen zurückflüchten: so lassen Sie mir doch
die
einige

18
Engländer noch hier …
Vgl.
HKB 338 ( II 388/30 )
; Bücher von
Shaftesbury
oder
William Shakespeare
erhielt Herder wohl nicht.
Engländer noch hier z. E. Shaftesburi, Shakesp. pp ich will Ihnen alsdenn ein

19
Verzeichn.
Verzeichnis der bei Herder befindlichen Bücher aus dem Besitz Hamanns und einiger seiner Bekannter; diente wohl auch als eine Art Quittung; vgl.
HKB 338 ( II 389/1 )
.
ordentl. Verzeichn. u. Handschrift geben daß ich sie habe, die ich schon hier

20
Brownisches Selbstgespr.
aus
Moses Browne,
The Works and Rest of the Creation
(eine Übersetzung von Hamann erschien 1770:
Selbstgespräch aus dem Englischen übersetzt
)
habe, mitbegriffen. – Ich
erinnre
mich daß Sie ein Brownisches Selbstgespr.

21
übersezt haben, lassen Sie mich doch dies nutzen. Haben Sie Brownes Bemerk.

22
über die
Characteristiks
so geschieht mir ein Hoher Gefalle, weil Browne

23
seinen Grundsaz vom Lächerl. beleuchtet hat. –

24
Wenn Berens kommen wird, weiß ich nicht; zurückgeruffen ist er vor

25
3. Wochen. Sie werden Ihn nicht treffen, wie es scheint, u. ich habe wenig

26
Muth zu ihm. Wünschen Sie Paz in meinem Namen von Herzen
Glück

27
Herder