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387/11
Brief
Ich wollte Ihren Brief unbeantwortet laßen, da er nichts merkwürdiges
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Steidel
August Wilhelm Steidel
enthält, was nicht durch Steidel von mir mündlich könnte beantwortet
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werden; allein weil ich einer melancholischen Laune bin, wo mir die ganze Welt
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dunkel vorkommt, so kann ich doch nichts beßers thun, als einen Brief
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schreiben, wie ohngefähr der Ihrige ist.
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Daß Sie über die Fragmente mir gar nichts geschrieben, ist unverzeilich. –
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Brief
Friedrich Nicolai
an Herder, 19.11.1766; vgl.
Hoffmann: Herder’s Briefwechsel mit Nicolai
, S. 1f.
Ich habe einen sehr höflichen Brief von Nikolai bekommen, in welchem er
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Allg. D. Bibl.
Allgemeine deutsche Bibliothek
mich zum Mitarb. der Allg. D. Bibl. einladet, Schmeicheleyen und
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Hamannischen Cant
Engl. für Jargon, Geheimsprache; Nicolai ärgerte sich in seinem Brief, dass Herder, „der so gut schreiben kann, sich zu Hamannischen Cant und spitzfindigen Anspielungen herablasse“ (vgl.
Hoffmann: Herder’s Briefwechsel mit Nicolai
, S. 1f.).
Entschuldigungen schreibt u. mir
Hamannischen Cant
vorwirft. Den Brief
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wenn Sie herkommen
Hamann kündigte an (
HKB 336 ( II 386/24 ), Herder auf seiner Reise nach Königsberg zu besuchen, führte das allerdings nicht aus (
HKB 338 ( II 388/34 )).
können Sie selbst sehen, wenn Sie herkommen.
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Ex. auf Schreibpap …
Hamann bat zuvor um
Freiexemplare
von
Herders
Fragmenten
für sich und
Christoph Anton Tottien
, dessen Bibliothek Herder mehrfach benutzte, der ihm aber unsympathisch war. Der Druck auf Schreibpapier war teurer als auf gewöhnlichem Papier.
Ihr Ex. auf Schreibpap. bekommen Sie; für Tottin nehmen Sie ein andres
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aus Mit. ich habe keine mehr. Auch hier machen sie, die lieben F., mehr
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Aufsehen, da ein ungütiger Zufall, die Nachricht hieher gebracht, daß ich der Verf.
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sey: welches ich aber ganz leugne. Der Ueberbringer dieser Nachricht hat
S
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Kön.
Königsberg
sie aus Kön. u. ich möchte, allen d
ie
en müßigen Marklosen Schwäzzern,
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Lindn. Scheffn. Hipp.
Johann Gotthelf Lindner
,
Johann George Scheffner
(diesen hatte Herder explizit um Diskretion gebeten, vgl.
HBGA
, Bd. 1, S. 56),
Theodor Gottlieb Hippel
Kantern
Johann Jakob Kanter
war bekannt für seine Schwatzhaftigkeit; noch in einem späteren Brief an Kant beschwerte sich Herder über Kanters „übelsten Streich“, seine Autorschaft als erster publik gemacht zu haben, vgl.
HBGA
, Bd. 1, S. 118.
Lindn. Scheffn. Hipp. ppp
alle
insonderheit Kantern ein großes Kellerschloß
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an den Mund wünschen.
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Bei solcher Lage entgeht mir der Muth zu schreiben, da mir Verborgenheit
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Ostern …
Herder,
Fragmente über die neuere Deutsche Literatur
, 3. Sammlung, vgl.
HKB 336 ( II 387/2 ); mehr Fragmente von Herder erschienen nicht
u. Freiheit fehlt: auf Ostern kommt blos das 3te Fragm. heraus, u. wer weiß
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schreibe ich das 4. 5. u. 6. je. Im 3ten sind meine vornehmsten Stücke:
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1) unsre …
vgl. ebd., 3. Sammlung, 1. Teil
1) unsre Erziehung u. Gelehrs. hat zu viel lateinischen Geist:
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2) Kritik …
vgl. ebd., 3. Sammlung, 3. Teil, 1. Kapitel
2) Kritik über unsre Horaze,
Raml
.
Klopst., Uz u. Lange
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3) vom Lukrez …
vgl. ebd., 3. Sammlung, 3. Teil, 2. Kapitel
3) vom Lukrez. Lehrgedicht: Plan zu einem Gedicht über die Seele (zu dem
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ich lange Versuche gemacht)
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4) von der horazischen …
vgl. ebd., 3. Sammlung, 3. Teil, 4. Kapitel
4) von der horazischen Satyre: Fragen über eine gegebne Theor. d Litt. Br.
S. 388
5) haben
vgl. ebd., 3. Sammlung, 3. Teil, 5. Kapitel
5) haben wir Cicerone:
sollen
wir
sie
auf der Kanzel haben (dies St. werde
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ich auslaßen müßen).
3
6) von der Gallikomanie …
Herder,
Haben wir eine Französische Bühne?
6) von der Gallikomanie in den
Comödien
(
:
werden wir je eine komische
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Bühne
bekommen
5
7) vom brittischen …
Herder,
Vom Brittischen Geschmack in Schauspielen
7) vom brittischen Geschmack in Trauerspielen
6
8) vom Lehrgedichte …
Dies wurde nicht in die
Fragmente
, 3. Sammlung aufgenommen; zu Lehrgedichten und Pope vgl.
Herder,
Adreastea
, 3. St., S. 241–247.
8) vom Lehrgedichte des Youngs u. Pope unter uns (dies ist noch nicht
fertig
7
Im 4ten sollte
ein
die Aesthetik 5) Philos. 6.) Geschichte seyn: das sind
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aber noch böhmische Dorfer in der Ferne.
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Kennen Sie den dreusten, kühnen Marcell nicht, den der langsame Fabius
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nicht bändigen konnte der stolze Triumpfirer in Rom, der Belagerer
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u. Erober. zu Archimedes Zeiten, den keiner als Hannibal überwinden konnte. Syrakus.
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Moser
Vgl.
Moser,
Treuherziges Schreiben eines Layenbruders
, S. 69: „Ich erkannte Sie an Gang und Miene, ohngeachtet ich weder ein Marcel, noch ein Freymäurer bin“; Moser meinte aber Monsieur Marcel, Tanzmeister in Paris, vgl.
HKB 336 ( II 386/21 ).
Moser hat an ihn gedacht, blos von einer Nebenseite seines Karakters, daß er sehr
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nomina u. omina
Namen und Vorzeichen
Plutarch …
Plut.
vit.
vergleicht tatsächlich
Marcus Claudius Marcellus
mit dem thebanischen Feldherrn Pelopidas (410–364 v. Chr.).
aufmerksam auf Zeichen u. Wunder, auf
nomina
u.
omina
gewesen. Plutarch
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hat sein Leben geschrieben, u. wo ich nicht irre, ihn mit Pelopidas verglichen.
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Kommen Sie nach Riga, ich erwarte Sie mit offnen Armen, ich bin jetzt
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häuslicher, als vor dem Jahr, u. also mit Ihnen
compatibl
er. Aber wenn
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Sie nach Preußen zurückflüchten: so lassen Sie mir doch
die
einige
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Engländer noch hier …
Vgl.
HKB 338 ( II 388/30 ); Bücher von
Shaftesbury
oder
William Shakespeare
erhielt Herder wohl nicht.
Engländer noch hier z. E. Shaftesburi, Shakesp. pp ich will Ihnen alsdenn ein
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Verzeichn.
Verzeichnis der bei Herder befindlichen Bücher aus dem Besitz Hamanns und einiger seiner Bekannter; diente wohl auch als eine Art Quittung; vgl.
HKB 338 ( II 389/1 ).
ordentl. Verzeichn. u. Handschrift geben daß ich sie habe, die ich schon hier
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Brownisches Selbstgespr.
aus
Moses Browne,
The Works and Rest of the Creation
(eine Übersetzung von Hamann erschien 1770:
Selbstgespräch aus dem Englischen übersetzt
)
habe, mitbegriffen. – Ich
erinnre
mich daß Sie ein Brownisches Selbstgespr.
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Brownes Bemerk.
John Brown,
Essays on the characteristics of Shaftesbury
übersezt haben, lassen Sie mich doch dies nutzen. Haben Sie Brownes Bemerk.
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Characteristiks
Shaftesbury,
Characteristicks of Men
über die
Characteristiks
so geschieht mir ein Hoher Gefalle, weil Browne
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seinen Grundsaz vom Lächerl. beleuchtet hat. –
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Wenn Berens kommen wird, weiß ich nicht; zurückgeruffen ist er vor
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3. Wochen. Sie werden Ihn nicht treffen, wie es scheint, u. ich habe wenig
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Muth zu ihm. Wünschen Sie Paz in meinem Namen von Herzen
Glück
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Herder