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S. 305
Kgsberg den
26 Jänner 65.

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Herzlich geliebter Freund,

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Rehhahn
nicht ermittelt
Gottlob! Fuhrmann Rehhahn ist den 24
h.
richtig angekommen und hat

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die Schlüßel
versiegelt
mitgebracht. Die Mama besuchte uns gestern und

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fand es für unnöthig zu eröfnen und nachzusehen; heute aber ließ sie sagen,

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daß sie auf die Woche vielleicht ansprechen würde. Im Fall etwas naß

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geworden seyn sollte, wär diese Vorsicht vielleicht gut. Wir sagten ihr auch, daß

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wir nach des Fuhrmanns Aussage noch einen Besucher erwarten müßten, der

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sich aber bisher noch nicht gemeldet. Da uns die Schlüßel versiegelt

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eingehändigt worden, alles mit Stricken sonst gut verwahrt ist: so können wir

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die Einlage und alles übrige richtig vermuthen.

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Der Fuhrmann kam gestern in
Mama
Gegenwart um se Fracht abzuholen.

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den Albertsthl zu 4 fl. gerechnet
fl.: Gulden, Goldmünze, hier aber vmtl. 1 polnischer Gulden, eine Silbermünze, entsprach 30 Groschen oder weniger. Der Albertstaler wurde 1616 in den Niederlanden eingeführt, im 18. Jhd. zeitweise auch in Preußen und Dänemark geprägt.
Mein Vater zahlte ihm 40
fl.
den Albertsthl zu 4
fl.
gerechnet. Womit er

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10 gl. pro agio
Groschen (Silbermünze [ca. 24. Teil eines Talers] oder Kupfermünze [ca. 90. Teil eines Talers]; in Königsberg war der Kupfergroschen üblich; für 8 Groschen gab es ca. zwei Pfund Schweinefleisch). pro agio: Differenz zwischen dem Nominalwert der Münze und dem tatsächlichen Kurswert.
aber seines alten
Principals
wegen nicht zufrieden seyn konnte, sondern 10 gl.

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pro agio
verlangte. Er kam auch kurz darauf wieder und zum Glück war

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HE Kade
Melchior Kade
HE Kade bey uns, ein sehr unvermutheter und angenehmer Besuch! der mit

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Thl
Taler, meist ist der 24 Silbergroschen entsprechende Reichstaler gemeint, eine im ganzen dt-sprachigen Raum übliche Silbermünze.
ihm anordnete, daß er sich mit einem runden Thl begnügen muste. Wegen

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Polangen
Grenzort, nördlich von Klaipėda/Memel [55° 42′ N, 21° 8′ O]
des Zolls in Polangen foderte er noch einen Thlr, dazu sich aber mein Vater

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nicht verstehen wollte, und der Fuhrmann oder vielmehr sein Schäfner gab

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vor, sich selbst wegen des Polangschen Zolls bey Ihnen zu melden, weil Sie

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ihm die Erstattung dafür versprochen hätten. Mein Vater hat das übrige zu

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Ihrem eigenen Gelde ausgelegt, welches gegen 18
fl.
ungefehr ausmacht.

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Da er alles genau angeschrieben, so kann dies gegenwärtig wills Gott

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abgerechnet werden. Für das Hertragen 18 gl. Der Kasten übrigens steht bey

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uns an dem sichersten Ort im zweyten Vorhause vor unserer doppelten

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Hausthür.

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Rogallschen Hauses
Haus von Barbara Regina Rogall
In Ansehung des Rogallschen Hauses ist mein Vetter gestern da gewesen

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um die Gelegenheit zu besehen, die aber wieder Erwarten schlecht seyn soll.

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Sie haben nicht mehr als eine Stube und Cammer, die aber gar nicht zur

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Beqvemlichkeit eines Miethmanns sondern vielmehr des Bewohners

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Gröbenschen Hauses
Friedrich Gottfried Groeben (1726–1799), Obermarschall, Etats- und Kriegsminister; Brodbänkenstraße
eingerichtet sind. Mit HE
Lauson
habe wegen des Gröbenschen Hauses auch

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gesprochen, aber er ist auch abräthig. Das Beste also wird seyn, daß Sie sich

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HE Kanters
Johann Jakob Kanter
HE
Kanters
Anerbieten mit beyden Händen gefallen laßen, und dies halbe

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Jahr für lieb nehmen, das ohnedem durch ihre
aca
demische Vorbereitungen

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zu wenig Vorlesungen hinreichen wird. Bringen Sie junge Leute mit, so

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könten eher die Stuben für selbige im gewesnen Rogallschen Hause gebraucht

S. 306
HE Durham
Johannes Durham, Großbürger und Mälzenbräuer in Königsberg
werden, wo Sie in der Nähe wären. HE. Kanters Wirth ist HE
Durham

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ein Mältzenbräuer, der immer die Absicht gehabt sein Haus zu verkaufen,

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aber über 20 000
fl.
gehalten hat auf den Preis. Vielleicht wär dies ein Mittel

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zu weiteren Aussichten. Das Haus ist sehr bequem und gelegen. Wenigstens

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würden HE Kanters Stuben, (wozu er vielleicht noch eine dazu ausmachen

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könnte, die man aber nicht gern abtreten will, weil sie für Fremde vom Lande

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öfters gebraucht wird) zu dem ersten Halben Jahr sehr füglich seyn. Das

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Mulacksche
NN Mulak (Mulac, Mulack)
Michael
29. September
Mulack
sche wird auf Michael ledig und hält 7 Stuben.

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Lauson ... Ode
Das Gedicht ist nicht ermittelt.
Johann Friedrich Lauson
HE.
Lauson
meldt mir, daß das hiesige
Publicum
ihre letzte Ode beßer

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schmecken soll als das erste. – HE Herder hat mich um ein Buch und ein

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Mst.
gebeten, das ich durch HE
Zeise
an Sie
addressi
ren werde, nächste

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Woche. Grüßen Sie ihn herzlich von mir.

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Wir haben gestern hier wieder ein Schrecken von Feuer gehabt am

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Kreutzthor
zwischen Löbenicht und Roßgarten
Kreutzthor, das aber Gottlob! bald gelöscht worden. – HE Bruder wird morgen

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erwartet, und sein kleiner Fritz hat der lieben Grosmama viel Sorge gemacht

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währender Zeit.

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Ich überlaße Ihnen jetzt die Sorge an HE Kanter selbst zu schreiben. Er

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D. Kösling Haus
Christian Köseling, Arzt in Königsberg
denkt auf die Woche gantz gewiß auszugehen und des
D. Kösling
Haus an

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sich zu handeln. Sein
Contract
ist 200
fl.
gewesen, da er aber auf einem

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besonders freundschaftl. Fuß mit seinem Wirth zu stehen scheint: so zweifele

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ich, daß Sie es für eben den Preis gegenwärtig erhalten werden. HE. Herder

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oder HE Hartknoch werden Ihnen nähere Nachricht geben können von der

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Gelegenheit selbst. Ich habe Ihnen nichts weiter als den guten Empfang des

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Kastens melden wollen, und umarme Sie nach herzl. Gruß der Meinigen,

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der ich ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster

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Hamann.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (122).

Bisherige Drucke

ZH II 305 f., Nr. 288.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
305/31
Lauson
]
Druckbogen 1940:
Lanson
; vmtl. Satzfehler: Buchstabenvertauschung.