212
103/8
Königsberg. den
25.
Aug.
1761.

9
Geliebtester Freund,

10
Brief
nicht ermittelt
Ihren Brief, Lachs v. alles richtig erhalten. Mein Vater und ich danken

11
herzlich – Herr Ageluth habe nicht Gelegenheit gehabt kennen zu lernen,

12
ungeachtet ich solches gewünscht. Ich erfuhr es zu spät, und hatte keine Neigung

13
ihn aufzusuchen. Lauson erzählte mir, daß er hier wäre – Jener ist 14 Tage

14
aufs Land gereist, daß ich also biß auf
Einen
ganz allein bin, der mich alle

15
Tage besucht. Da dieser Sommer eine
Quarantaine
für mich gewesen, so freue

16
mich auf den Winter, wie der Landmann auf die Erndte oder der Winzer

17
auf die Weinlese. Heute den Alkoran zu Ende gebracht, und vorige Woche habe

18
Aristoteles
Aristoteles
27. h.
Hamanns Geburtstag am 27. August
meinen
Aristoteles
auch schon verwahren können. Sie sehen also, wie ruhig,

19
Bis hieher …
1 Sam 7,12
wie vergnügt und dankbar ich den 27.
h.
werde feyren können. Bis hieher hat

20
der HErr geholfen! –

21
Es thut mir nicht leyd, daß ich mir eine kleine Fasten in Ansehung der

22
SommerErgötzlichkeiten aufgelegt; ich habe vielleicht dadurch mehr

23
gewonnen, als ich selbst übersehen und berechnen kann. Ein paar Tage verschleudert,

24
so wäre das Ebenmaas verloren gegangen, worüber ich mich jetzt bey dem

25
Abschnitte, den ich diese Woche machen werde, erfreuen kann. Diese Erfahrung

26
muntert mich zu desto mehr Treue in Gebrauch derjenigen Zeit auf, die mir

27
noch jetzt gegeben wird. Ich habe meinen Entwurf zum Winter schon gemacht,

28
deßen Unterschrift ich einer höheren Hand überlaße
n
und unterwerfe. Wenn

29
ich selbigen ausführen soll, so werden mir
Zeit
und
Kräfte
so genau

30
opera ad extra
Äußere Werke, die auf ein von Gott Verschiedenes gerichtet sind
beschnitten seyn, daß ich alle
opera ad extra
aufgeben muß. Das
einheimische

31
ist schon darnach eingerichtet. Mein Bruder steht in einer solchen Entfernung,

32
die mich in Ansehung seiner ganz gleichgültig läßt. Dies ist nöthig für mich

33
selbst, und
nützlich
für ihn. Scheitere ich, so ist es
noto
risch, daß er an nichts

34
Antheil genommen, und mein
en
Fall wird seinem guten Urtheil Ehre

35
in saluo
in Sicherheit
machen, läßt seine Umstände ganz
in saluo.
Schlägt mir mehr ein als ich will:

S. 104
so ist auch nichts daran gelegen. Die Stellung, worinn ich mit ihm stehe, ist

2
folglich nöthig und für ihn sicher und vortheilhaft: für mich aber eben so gut,

3
die Kelter allein zu treten
Jes 63,3
die Kelter
allein
zu treten.

4
Sie werden sich daher garnicht wundern, liebster Freund! wenn Sie in

5
langer Zeit schwerlich einen Brief von mir erhalten werden; weil ich vielleicht

6
occasio calua
lat. Sprichwort: „Fronte capillata est, post est occasio calva“ – „Vorn hat die Gelegenheit den Schopf, kahl ist sie hinten.“
nur auf diesen Winter Rechnung machen kann, und
occasio calua
ist. Wenn

7
sich unterdeßen Fälle finden sollten wo niemand als ich Ihnen hier dienen

8
könnte: so werden dies Ausnahmen seyn; und den
Gesetzen der

9
im Geist und nicht im Buchstaben
2 Kor 3,6
.
Freundschaft
soll kein Abbruch geschehen, solchen nämlich, die im Geist und nicht im

10
Buchstaben bestehen die Empfindungen des Herzens und nicht Satzungen des

11
Gebrauchs sind.

12
Ich habe mich einige Wochen ganz müde gelesen. Die neue Heloise hat den

13
Philosophen im Reifrock
Anspielung auf
Lennox,
Don Quixote im Reifrocke
Anfang gemacht, und ich habe diesen
Philosophen im Reifrock
mit so viel

14
Gedult und Zufriedenheit ausgehalten, daß ich nicht eher müde wurde als bey

15
dem letzten Bogen. Der erste Theil machte mich ganz unzufrieden, weil der

16
italienische Witz niemals nach meinem Geschmack gewesen; ich habe aber

17
jetzt einsehen lernen, wie
unumgänglich
die Bekanntschaft dieser

18
Schriftsteller ist, wenn man Gegenstände behandeln will, die zwar in der Natur aber

19
nicht unter unserm Horizont sind. Die
Schwärmerey
der
Sinnen
, die

20
Spitzfindigkeit
der
Leidenschaften
, ein so sonderbar
amalgama
des Witzes,

21
Korinthischen Ertz
begehrte Mischung aus Gold, Silber u. Kupfer
worinn die Römische Größe zerschmoltzen ist gleich dem
Korinthischen
Erzt
, sind

22
vielleicht
charakteristische
Schönheiten eines Romans und ihre Nachahmung

23
kann nirgends so gut als bey den Welschen geschöpft werden. Sollte sich

24
Plan eines Romans
Vgl.
Mendelssohns
Bedauern über das Fehlen jeglicher dramatischer „Situation“ – in seiner Rezension (
Briefe die neueste Litteratur betreffend
, Brief 167, 9. Tl., 1761, S. 266).
endlich
nicht
der Plan eines Romans nicht wesentl. von der Fabel eines bürgerl.

25
Trauerspiels oder einer Komödie unterscheiden. Der gemeine Mann unter den

26
Lesern ist freylich so wenig im stande die allgemeine Ähnligkeiten der Dinge

27
zu sehen als ihre
differentias specificas
zu unterscheiden: aber von

28
Kunstrichtern und Lehrern des Geschmacks kann man dies fordern. Weiter ist es

29
Kunst, oder Dürftigkeit und Un
verstand,
wißenheit, wenn ein Autor die

30
Geschlechter so verwechselt
Vll. bezogen auf Julies sokratische Standhaftigkeit vor ihrem Tod, die
Mendelssohn
kritisiert (
Briefe die neueste Litteratur betreffend
, Brief 170, 9. Tl., 1761, S. 294).
Geschlechter so verwechselt. Daß
Rousseau
in der Moral weiter gekommen als

31
Richardson
Samuel Richardson
; den Vergleich hatte
Mendelssohn
eröffnet, wobei er den Realismus Richardsons über Rousseaus philosophierende Literatur stellt (ebd., S. 258).
Richardson
fällt eben so sehr in die Augen, als daß er die Regeln zu dichten

32
tiefer einsieht, glücklicher und geschickter anzuwenden weiß. Ob aber die

33
Heloise oder Clariße mehr Leser und Liebhaber finden wird, und welche die

34
zuverläßigsten
seyn werden: das ist eine Kleinigkeit
en
, die keine Folgen für

35
mein Urtheil hat und mich nichts angeht. Jedem mag gefallen, was ihm gut

36
deucht;
ich gönne jedem seinen und folge meinem Geschmack, nur insoweit,

37
als ich ihn übersehen kann. An Richardson würde auch ein gemeiner
Criticus

S. 105
leicht Ehre einlegen;
Rousseau
hat seine Fechterstreiche schon gezeigt, und zeigt

2
in seinem Dialog
Das zweite, längere Vorwort zu
Rousseau,
Julie ou La nouvelle Héloise
, abgedruckt im Anhang des sechsten Teils: ein Gespräch zwischen Rousseau und seinem Verleger, in dem letzterer beständig Einwände formuliert gegen die sich der Autor verteidigt.
Sallust
Sall.,
hist. frg.
II,20: „Cum alacribus saltu, cum velocibus cursu, cum validis vecte certabat.“ – „Er maß sich beim Springen mit den Schnellen, im Rennen mit den Geschwinden, im Gewichtheben mit den Starken.“
sich wie ein
Pompeius
in seinem
Dialog,
von dem
Sallust
sagt:
cum alacribus

3
saltu, cum velocibus cursu, cum
validis vecte
certabat.
Glücklich ist

4
Wenn ich schwach bin …
2 Kor 12,10
derjenige Autor, der von sich sagen kann: Wenn ich schwach bin, so bin ich stark.

5
Es ist gar nicht Rede, ob ein Meisterstück Fehler hat: sondern wo die Fehler

6
liegen und
wie
sie angebracht sind. Jeder vernünftige Autor weiß seine Fehler

7
zum voraus, er weiß ihnen aber die
rechte Stelle
zu geben, wo sie wie der

8
Schatten im Gemälde sich verlieren und abstechen, und daß ein philosophisch

9
Auge den
optimismum
mit mathematischer Gewisheit herausbringen kann.

10
Der zweyte Theil hat alle Stärke des französischen
Urtheils
mit aller

11
Feinheit des französischen Wohlstandes; wie niedrig, wie ungeschliffen, wie

12
Muralt
Rousseaus literarische Figur vertritt die Kritik des Schweizers
Beat Ludwig von Muralt
an der französischen Hegemonie.
kurzsichtig verliert sich
Muralt,
der in seinen Briefen über die Engl. v. Franz.

13
einen Schweitzer im eigentl. verstande vorstellt. Der dritte Theil erhebt sich

14
zum englischen Ton; man muß sich wundern, mit was für Geschicklichkeit

15
sich jeden Geschmack eigen zu machen, zu heben, zu mildern, zu verbeßern

16
weiß; wie er alle seine kleine Ketzereyen sinnreich in das Gewebe seines

17
Citoyen …
Rousseau,
Julie ou La nouvelle Héloise
, „Préface, S. 24, dort aber „voyons votre pouls“; als Motto in der 3. Fassung von
Hamann,
Chimärische Einfälle
, N II S. 175, ED S. 77
Roman
s eingeflochten –
Citoyen, tatons votre pouls!
ich habe einige Tage lachen

18
müßen, so oft mir das
bon mot
eingefallen, und die Artigkeit nicht genung

19
bewundern können, womit er seine Schlafmütze abnimmt, und seine
graue

20
Haare
darauf antworten läßt. Ein Mann, der so viel Feuer in seine

21
Schriften ausgüßen will,
kann
hat freylich nicht viel in unnützen Gesellschaften zu

22
verlieren, und muß als ein Menschenfeind leben, wenn er die Menschen

23
dienen
will, mit
der Kenntnis
, die er
aus seinen und anderer

24
Ausschweifungen sich erworben hat
. Sie werden liebster Freund! ganz brauchbare

25
Betrachtungen über die Erziehung, über das
Studium
der Historie und hundert

26
cette morale …
Rousseau,
Julie ou La nouvelle Héloise
, Tl. 4, S. 171
andere Dinge finden – auch hast er
cette morale
criminelle
et
servile
, cette

27
mutuelle
tolerance
aux depens d’un maitre qu’un mechant valet ne

28
manque
points
jamais de precher aux bons sous l’air d’une maxime de

29
Abelard
Peter Abaelard
, dessen Liebesaffäre mit seiner Schülerin Heloisa war das Muster für
Rousseau,
Julie ou La nouvelle Héloise
.
charité,
wovon ein
verjüngter Abelard
auch
s
einen Roman schreiben

30
könnte. Ist je der Lebenslauf oder die Geschichte einer Leidenschaft romanhaft

31
geschrieben worden: so ist es diese. Das Ende der Heloise ist einer Komedie

32
zieml. ähnlich und von gleichem Faden mit dem Anfange.

33
vom Tod erweckten Protestanten
Engelbrecht,
Der vom Tode erweckte Protestant
Auch thut es mir nicht leid den
vom Tod erweckten Protestanten
oder des

34
einfältigen Bußpredigers
Hans Engelbrechts
von Braunschweig Schriften

35
gelesen zu haben, die in diesem Jahr auf Kosten einiger Freunde (von

36
mystischen Schriften wie man sehen kann) neu gesammlet und ausgegeben worden.

37
Dieser Tuchmacher verdient einige Aufmerksamkeit und ich wünsche mir

S. 106
Glück, daß der erste Mystiker, den ich in meinem Leben gelesen, Hans

2
Lazarus
In London war 1707 eine so betitelte Ausgabe herausgekommen:
The German Lazarus; Being […] to John Engelbrecht of Brunswick […] All Written by Himself.
Engelbrecht seyn sollte, der in Engell. unter dem Namen des
Deutschen Lazarus

3
bekannt ist.
Poiret
hat von diesem Schwärmer viel gehalten, und jeder

4
Philosoph der sich um die Historie des menschlichen Verstandes, auch um die Natur

5
der
menschlichen Schreibart
bekümmert, kann hier was zu lachen, und was

6
zu lernen, auch wenn er Lust hat, was zu grübeln finden. Das seltenste, was

7
Umstand
Engelbrecht,
Der vom Tode erweckte Protestant
, S. 8 (Ausg. 1773).
dieser Mann erlebt hat, ist dieser kleine Umstand: daß er 12 Stunden von

8
unten auf sterbend erkannt, und in 12 Stunden von oben an wieder zu sich

9
selbst gekommen. Er erzählt dies, als eine Sache, die er an seinem eigenen

10
Leibe erlebt, und wovon ihm Beichtvater und die ganze Stadt Zeugnis geben

11
kann durch den Weg des Gerüchts, ist aber so billig keinem Leser zuzumuthen,

12
daß er es schlechterdings glauben soll. Wenn man sich ja darüber wundern

13
will, so möge man bedenken, daß bey Gott nichts unmögl. – und daß er sich

14
auch verbunden erachte ihm für erdichtete Wohlthaten sich dankbar zu erzeigen.

15
Mitten in der thörichsten Einkleidung abgeschmackter Erzählungen geräth

16
man auf Stellen, worinn ein
Pathos
herrscht, deßen nur Heldenleidenschafften

17
fähig sind, und ein so erhabener Schwung der Urtheilskraft, die kein

18
Sophist durch den feinsten
mechanismum
der
Analytic
und
Synthetic
so

19
leicht erreichen wird. Es gehört aber eben so viel Gedult und kalt Blut dergl.

20
Zeug zu lesen, als jungen Schülern Perioden machen zu lehren, oder eben so

21
Democrit
Demokrit von Abdera
wirkte in Abdera. Seine Atomtheorie basiert auf der Annahme, dass alles in der Welt aus unteilbaren Einheiten, den Atomen, zusammengesetzt sei. Hippokrates berichtet von den Vermutungen der Abderiten (
Hippokr.,
ep.
10–17).
viel Geschmack als
Democrit
zu todten Körpern hatte und ihrer Zergliederung,

22
der nach dem Urtheil der Abderiten über diese Arbeit seine Gesundheit und

23
seinen Verstand verlor.

24
In
St. Foix
Geschichte der Stadt
Paris
habe viel artige
anecdot
en gefunden,

25
ein
Commentarius
über die Kartenbilder und hundert artige Kleinigkeiten,

26
die auch einen gleichgiltigen Leser unterhalten, und einen ernsthaften

27
interessiren können. Es verdient neben
Herault abregé chronologique
zu stehen;

28
wie der Stallmeister hinter seinem Ritter.

29
Beherzigungen
Moser,
Beherzigungen
Ich verlange recht darnach die
Beherzigungen
des HE. von Mosers

30
recensi
rt zu sehen. Die Zeitungsschreiber, wie es scheint, fürchten sich dafür.

31
Wer das Buch und die Vorrede versteht, dem wird der Titel nicht dunkel seyn,

32
sondern dem Inhalt sowohl als dem Verfaßer sehr angemeßen. Es ist noch

33
einmal so stark als der Herr und Diener. In dieser Vorrede dacht er ein

34
sechzigjähriger zu werden; dort klingt der Vorbericht ganz anders, daß man seine

35
Beherzigungen fast für sein politisch Testament ansehen sollte. Solchen

36
mit Pope
Pope,
Essay on criticism
, V. 215–218: „A little Learning is a dang’rous thing/ Drink deep, or taste not the Pierian spring:/ There shallow draughts intoxicate the brain,/ And drinking largely sobers us again.“ In Duschs Übersetzung der
Werke
steht „Schöpfet tief“ (S. 122).
Patienten muß man mit Pope zuruffen:
Trinckt tiefer
, daß euch der Schwindel

37
vergeht.

S. 107
In Schwaben ist eine Gesellschaft von
beaux esprits,
die sich nicht

2
geschämt gemeinschaftlich ihre Versuche in Poesie und Prosa herauszugeben

3
unter dem vielversprechenden Titel: Müßige Stunden zu Tübingen,

4
Stuttgard und auf dem Lande. Sie sind dem Huber
dedici
rt, empfehlen sich durch

5
eine Urkunde von einer Vorrede und was das ärgste ist vier Bogen

6
O tempora! o mores!
Cic.
Catil
. 1,1: „O was für Zeiten, o was für Sitten!“
ausmachen. Mit 3
wären
dem Leser noch mehr gedient gewesen.
O tempora!

7
o mores!
werden die Herrn Schildbürger in M – – – sagen.

8
Verfaßer des Ulysses
Bodmer,
Ulysses, Telemachs Sohn
Sie haben ganz recht, der Verfaßer des
Ulysses
sollte Übersetzer geblieben

9
seyn. In der Anlage herrscht eine sclavische Nachahmung, und die Erfindung

10
besteht darinn, daß man rechts links und links recht
s
macht. Aber dieser Vogel

11
hat einige Federn, wer die ausrupft und aufzustutzen weiß, kann so viel dabey

12
verdienen, als ein Dutzend Käfichtsänger und gebratener Tauben

13
Verteidigung seines Sophokles
Bringt Hamann hier Autorschaften durcheinander?
Johann Jakob Steinbrüchel
ist der Übersetzer der in Einzelausgaben erschienenen Stücke von Sophokles, u.a.
Soph.
El.
. Die Rezension in der
Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste
(6. Bd, 1760, 1. St., S. 16–51 und 2. St., S. 231–279) ist von
Immanuel Johann Gerhard Scheller
.
zusammengerechnet werth sind. Ich habe die Vertheidigung seines Sophokles gelesen,

14
die in der Bibliothek angefochten worden. Letztere habe nicht gelesen. Nach den

15
Brocken sollte bald schließen daß
M. Fischer
just der Mann ist, der vom

16
Sophokles so viel versteht, er mag griechisch oder deutsch schreiben, als das
Echo

17
eines Waldes, das zwar an der
Stimme
aber nicht an den Empfindungen

18
eines Liebhabers Antheil nimmt.

19
Die Staatsschulfüchserey nach ihren ersten Gründen beherzigt von

20
Achenwall habe zieml. flüchtig aus Mangel der Zeit durchlaufen müßen. Die

21
Vorrede ist ziemlich beträchtlich und ein jesuitisch Meisterstück eines Schullehrers.

22
Es lohnt Vorlesungen über dies Buch zu halten. Der politische Aberglaube

23
ist eben so sehr darinn gehuldigt, als der patriotische Unglaube. Der Fürst

24
Freyheit
Ebd., S. 39 (3. Hauptst., § 1)
lebt in einer
vollständigen natürl. Freyheit
, wieviel Stunden laßen sich

25
über diesen dunklen Satz
weglesen
! und besitzt eine
persönliche Majestät
.

26
Das erklär mir jemand aus unserm Recht der Natur. Unterdeßen findet man

27
wenigstens einige neue Staatsformeln darinn, deren Richtigkeit noch vom

28
Krieges
der Siebenjährige Krieg (1756–1763)
Glück dieses Krieges abhängt.

29
Griselini Denkw.
Griselini,
Memorie anedote
über
Paolo Sarpi
Griselini Denkw. des berühmten
Fra-Paolo Sarpi
gehören in ihre

30
deutsche Uebersetzer
Johann Friedrich Le Bret
Bibliothek. Der deutsche Uebersetzer hat den Autor selbst gekannt und verspricht noch

31
mehr von dem was er auf sn Reisen in Welschland eingeerndtet hat. Was für

32
Serviten
Mitglied eines Bettelordens
einen großen Mann werden Sie in diesem
Serviten
finden. Der Gelehrte

33
erscheint vornemlich im ersten Theil, im 2 der Staatsrath, der
Theolog
einer

34
Republik als Venedig damals war. Man muß über die allgemeinen Einsichten

35
dieses Mannes erstaunen in der
Philosophie, Mathematic,
und dem ganzen

36
Monachus curiosissimi supercilii
dt. Mönche mit den neugierigsten Augenbrauen
Umfang der höhern Gelehrsamkeit.
Monachus curiosissimi supercilii.
Aus

37
Cornaro
Luigi Cornaro
, Gedicht in
Griselini,
Memorie anedote
S. 138 in der dt. Ausgabe.
Jacob Hamans
nicht ermittelt
den Briefen des
Cornaro
wird ein lateinisch
extemporal
gedicht eines
Jacob

S. 108
Sanctorius
Santorio Santorio
Hamans
aus Hamburg angeführt auf den
Sanctorius,
als den Erfinder des

2
Sarpius
Paolo Sarpi
Pulsmeßers, davon die
Idée
vielleicht dem
Sarpius
zukommt, der aber sehr

3
uneigennützig mit seinen Entdeckungen und Einfällen umgegangen.
Sarpi

4
Hypolepses
Griselini,
Memorie anedote
, S. 46 (dt. Ausgabe).
nennt die
axiomata Hypolepses,
dies hält ein Italiener für einen

5
Schreibfehler, ich zweifele sehr daran. Der Uebersetzer hat einen dreyfachen Anhang

6
des Kardinal Passionei
Ebd., S. 306–342;
Domenico Silvio Passionei
gemacht. Das erste ist des Kardinal
Passionei,
deßen Tod jetzt angemeldet

7
Bellarmins
Robert Bellarmin
worden,
Votum
über die
Canonisation
des Bellarmins, die er verwirft, das

8
Anmerkungen
Ebd., S. 351–386.
letzte einige Anmerkungen des
Fra-Paolo
über römische Grundsätze, die schon

9
der Mühe lohnen.

10
Heumanns Geist deutscher Gesetze
Heumann,
Geist der Gesetze der Deutschen
Zu Heumanns Geist deutscher Gesetze habe so viel Vertrauen, daß ich es mir

11
anschaffen werde; ohngeachtet ich nur den Anfang davon bloß ein wenig

12
durchblättert habe.

13
Ruprecht
Johann Christoph Ruprecht
, Brief nicht ermittelt
verlornen Briefe
vgl.
HKB 208 ( II 96/27 )
HE.
Pastor Ruprecht
hat mir gestern geschrieben und mir von dem

14
verlornen Briefe Nachricht gegeben, daß er selbigen richtig erhalten; wie aber,

15
davon weiß nichts. Sie müßen auch davon nichts wißen. Er hat die
Defect

16
Bogen aus dem Schauplatz der Natur noch nicht erhalten. Ich schreibe

17
morgen wills Gott! an ihn, und denke am besten wär es, wenn er das Geld an

18
Sie überschickte und
s
Sie es zu ihrer Rechnung beylegten, weil es ohnedem

19
eine kleine Summe betragen wird. Ich habe noch einige Kleinigkeiten für ihn

20
beygelegt, die ihm vielleicht nicht ungelegen seyn werden.

21
Lutherus ante Lutheranismum
von
Jeremia Heraclito Christiano
ist eine

22
Sammlung von besondern Stellen aus Luthers Schriften, besonders den

23
ersten, weil der Autor selbige der spätern vorzieht, und den ältesten Ausgaben.

24
Diese kleine Schrift ist mit einem Anhang dies Jahr wieder aufgelegt worden,

25
und hält einen
Extract
ketzerischer Lehrsätze in sich, die für die Urälteste

26
evangelische Wahrheit angekündigt werden.

27
Cohausens Hermippus
Cohausen,
Hermippus Redivivus
Cohausens Hermippus rediuiuus
muß im lateinischen nicht unangenehm

28
gew
zu lesen seyn. Der Autor ist
Senior
der Münsterschen Leibärtzte und

29
e. g.
exemplum gratia: dt. Um eines Beispiels willen
serium in fumis
nicht ermittelt
hat mehr Tändeleyen geschrieben
e. g. serium in fumis lusum,
(müßen

30
Sinngedichte bey einer Pfeife Toback seyn)
Neotheam, picam nasi, Clericum

31
deperucatum, Helmontium ecstaticum.
Erstere Schrift erklärt eine
Inscription

32
Reinesio […] L. Clodium Hermippum
Das wird schon auf dem Titelblatt von
Cohausen,
Hermippus Redivivus
angekündigt und S.4f. (in der dt. Ausg.) erläutert.
Thomas Reinesius
hat die Inschrift auf einem römischen Marmor-Denkmal überliefert, dt. (ebd. S.10): „Clodius Hermippus, der 115. Jahr 5. Tage durch das Anhauchen junger Mädchens gelebet hat, worüber sich auch nach seinem Tode die Naturkundiger nicht wenig verwundern. Ihr Nachkommen verlängert euer Leben auf eben diese Art.“
aus
Reinesio
auf einen
L. Clodium Hermippum, qui vixit annos CXV.

33
dies V. puellarum anhelitu, quod etiam post mortem eius non parum

34
mirantur Physici. Iam posteri hic vitam ducite.
Des Autors Belesenheit ist

35
altfränkisch; sein Witz aber recht angenehm und lebhaft. Er vermuthet daß

36
Schulmeister
Ebd. S. 173 u. 201.
dieser Mann ein Vorsteher oder Schulmeister bey einem römischen

37
Propert. Elegiarum III. 15
Sextus Aurelius Propertius
. Ebd. S. 80
Knechte
Ebd., S. 92–100,
1 Mo 50,2
u.
Hld 7
Mädchenwaysenhause gewesen
Propert. Elegiarum III.
15. die
Knechte
welche David

S. 109
die Sulamith aussuchten waren vermuthlich Aertzte
coll. Genes. L.
2. Macht

2
im Scherz wahrscheinl. daß
Herm.
ein
Chymist
gewesen, der den Hauch in

3
arcanum
geheimes Mittel; vgl. ebd., S. 175
Tropfen und Feuchtigkeiten
concent
rirt, und daraus viell. ein
arcanum
zur

4
Baco
Francis Bacon
, nicht ermittelt
Verlängerung des Lebens verfertigt. Baco führt schon den Einfall eines

5
Artztes an, der das hohe Leben der Schulleute den
balsamischen

6
Ausdünstungen
der Kinder zum Theil zugeschrieben; mich wundert, daß diese

7
Ohe! iam satis est – –
Hor.
sat.
1,5,12f.: „Halt da, genug jetzt!“
Anmerkung unserm Autor entwischt.
Ohe! iam satis est
– – Ich nehme jetzt

8
Abschied unter abgemachten Bedingungen. Vielleicht kann mein Bruder die

9
Lücke öfterer ausfüllen, er wohnt ohnedem in der Nachbarschaft
Ihrer

10
GeEhrten Mama. Ich werde selbige
bisweilen besuchen der
motion
zugl.

11
wegen. Mein Vater grüßt Sie und Ihr ganzes GeEhrtes Haus. Ich umarme

12
Hälfte
Marianne Lindner
Sie und Ihre liebe Hälfte und ersterbe mit aufrichtiger Hochachtung

13
ergebenster Freund

14
Hamann
.



S. 492
Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner:

17
Zu HKB 212 (II 103/19):
Melancht. sc. graec. ad Alcor.
1550.

18
Frankfuhrt
ist da, malt wie sie sind
R. etres chimereux
oder

19
deren
Enthous.
doch etwas lächerlich haben.

20
lehrt anders
pp. hist.
von Klopst.

21
Zu HKB 212 (II 109/13):
Ex ungue leonem. v. Plut. c.
26.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (72).

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 94–102.

ZH II 103–109, Nr. 212.

Zusätze fremder Hand

492/17
–20
Johann Gotthelf Lindner
492/21
Johann Gotthelf Lindner

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
103/29
Zeit
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
Zeit
104/21
Erzt
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
Ertz
104/36
deucht;
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
deucht,
107/6
wären
]
Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): wäre
109/14
Hamann
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
Hamann
492/16
–21
Handschriftliche […] 26.]
In ZH im Apparat.