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109/15
Den
26.
Aug.
1761.

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Geliebtester Freund,

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Die Fr.
Consistor.
R. schickte heute Einlage an HE
D.
mit der Bitte, daß

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er doch gleich solche erhalten möchte durch ihr
Couvert.
Darf ich bitten den

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andern an HE
Past. Ruprecht
mit einzuschließen. Er hat mir eine kleine

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Commission
aufgetragen, die ich besorgt und einige Kleinigkeiten aus meiner

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Wahl mit beygelegt, Bengels Zeitrechnung von Böhmer, M Schreibers

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Erklärung
Jes. L
VII
III.
Bürklin vom Abendmal, historische Abhandl. von

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Ehgesetzen, Jacobi ursprüngl. Offenbarung. pp. Zu Simon dem Zauberer

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Versuch
Vll.
Erörterung zwoer wichtiger Schrifftstellen von denen merckwürdigen göttlichen Zorn-Gerichten über Sodom und Gomorra, wie auch Loths Weib, welche 1. Mos. XIX. beschrieben worden
von Just Heinrich Jenisch (Hamburg 1760)
hätte gern den Versuch
über die Verstörung Sodoms und Gomorrha
,
an

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dem Sie neulich
denken, weil ich die Gelegenheit gern mitnehmen wollte

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ihn zu lesen. Man kann ihn aber bey Woltersdorf nicht finden. Meine

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eigennützige List ist mir also fehlgeschlagen. Er muß nicht dies Jahr ausgekommen

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seyn oder einen andern Titel haben. Weil nächste Woche Ihr Student

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abgehen soll: so möchten wohl des HE.
Pastoris
Sachen mit zu Ihren gepackt

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werden. Sie können auf die Hälfte die Unkosten theilen oder nach Verhältnis.

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Die Zahlung kann auch durch Sie am besten
remitti
rt werden. – Die
Defect

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Bogen hat er noch nicht; er kann darauf dringen, daß Sie sein Geld so lange

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deponi
rt behalten, bis er jene empfängt. Dies mögen Sie abmachen, unter

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sich. –

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Weil ich diesen halben Bogen schon angefangen: so muß er voll werden.

S. 110
Ich habe überdem Muße; und Sie mögen, liebster Freund, so viel
lesen
als Sie

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Lamberts Kosmologische Briefe
Lambert,
Cosmologische Briefe
wollen.
Lamberts Kosmologische Briefe
habe nicht aushalten können,

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ob es der Mühe lohnt seine neue Entdeckungen zu verstehen, zweifele aus dem

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mit fremdem Kalbe
Ri 14,18
wenigen was ich davon beurtheilen kann. Er scheint mit fremdem Kalbe

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stark gepflügt zu haben, in die Einkleidung des Briefstyls weiß er sich gewiß

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nicht zu schicken.
Auserlesene Poesien aus den engl.
Dichtern sind für mich

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Erläuterungen der Psalmen Davids
Verfasser unbekannt,
Erläuterungen der Psalmen Davids, aus ihren Eintheilungen in fünf Bücher und ihren Ueberschriften
(17 Bde., Frankfurt/Leipzig 1755–1766)
aufgewärmte kalte Küche. Von den
Erläuterungen der Psalmen Davids

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habe 6 Theile gelesen und hie und da was gefunden, das verdient gemerkt zu

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werden. Man muß wie ein Hahn nach einem Korn ein Haufen Unrath weg

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scharren. Einige
Dissertation
en von
Dommerich
haben mir viel Neugierde

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erweckt mehr von diesem Mann zu lesen. In der einen liefert er die verschiednen

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Lesearten aus dem Fragment eines horazischen
Codicis;
und in der andern

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handelt er von dem Anfang der
Satyre X. lib. I.
der in den meisten Ausgaben

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als unächt fehlt. In
Gesners
muß es stehen und
vindici
rt es dem alten

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Dichter. M.
Christlieb
hat sich vorgenommen einen ewigen
Commentarium
über

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einige Gedanken des Bengels zu schreiben. Er ist noch unter dem patriotischen

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patriotischen Ortmann
Ortmann,
Patriotische Briefe
Ortmann. Zum Autor gehört noch etwas mehr als eine gute Meinung.

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Bengels Offenbarung würde diesem Mann züchtiger klingen als Johannis

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Namen zu diesem Buch. Er thut sich viel darauf zu gut
Fehren
auf seine

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Seite gebracht zu haben. Ich bin daher neugierig diesen Mann zu sehen, zu

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dem
Crusius
eine Vorrede gemacht. Noch habe keine Gelegenheit gefunden

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seine Anleitung kennen zu lernen; die ich auf eine andere Zeit aufschieben muß.

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Modestreiche
Verfasser unbekannt,
Modestreiche eines Kavaliers: nebst angenehmen Vorstellungen
(1761)
Modestreiche eines Kavaliers
sind Gedichte, die aber wie Prosa in einem

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Fabelchen
Ebd.: „Der lose Fuchs“, S. 67–69. Darin wird ein Fuchs, der in einen Hof einbrechen will, von einem Hund gestellt und dann totgeschlagen.
Stück gedruckt sind. Das Fabelchen vom Fuchs hat mir die angenehmste

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Vorstellung gemacht.
Ringeltaubens Briefe an die Christen
in der Welt sind

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den Gespenstern gleich, die mehr poltern als sehen laßen. Fünf philosophische

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Formeln, die auf und nieder gehen in einem großen Dunst von Worten.

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Schabbalies wandernde
Seele, die vierte Auflage. So viel Auflagen, dacht

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ich, von einem Buch deßen Titel so eine ebentheuerliche Idee giebt. Ich habe

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den Anfang gelesen und mit mehr Zufriedenheit als ich mir versprach. Der

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gemeine Mann fordert auch seine Schriftsteller, und zwar solche, die sich

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seinen Vorurtheilen beqvemen. Ich habe einige recht malerische Züge gefunden.

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Ein ganzer Kopf aber gehörte dazu dies unedle Metall in Gold zu verwandeln.

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Ich stellte mir dabey solche Leser vor, wie der
alte
Putz
war, den Sie gekannt

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haben, neugierige und nachdenkende Leute giebt es unter den Bauren und

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Handwerkern genug. Eine praktische Weltgeschichte für solche Leute zu

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schreiben, ihre Einbildungskraft durch die Maschine ihres Standes und ihrer

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Erziehung zu unterhalten, und ihrem Verstand dadurch zu Hülf zu kommen, für

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solche wär ein Schabbalie ein schätzbar Buch.

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Ich muß hier abbrechen. Verzeyhen Sie mein Geschmier. Leben Sie wohl

4
und lieben Sie Ihren alten Freund.

5
Hamann.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (73).

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 102 f.

ZH II 109–111, Nr. 213.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
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Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
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