159
402/31
Königsberg, den
31.
Aug.
1759.
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Herzlich geliebtester Freund,
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Auf die Woche wird Ihre GeEhrte
Mama
Ihnen überschicken einige Sachen,
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wo die Fragmente der erzählenden Dichtkunst, Damons Bürgschaft und
S. 403
Reichels Jesaias mitkommen werden. Ich werde mit dem letzten aufhören,
2
weil ich glaube, daß ich bald die mir angesetzte Summe werde erfüllt haben.
3
Was den Jesaias anbetrift, so hat mir der Anfang davon so gefallen, daß ich
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aus Zufriedenheit, die ich darüber geschöpft, Sie gern habe wollen daran
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Antheil nehmen lassen. Sollte es wieder Vermuthen Ihnen unnütze seyn, so denke
6
letzt erhaltenen
der Herr Bruder in Grünhof würde es brauchen können. Wegen des letzt
7
erhaltenen habe noch zu erinnern, daß die epischen lyrisch pp Gedichte nebst der
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Klopfstockinn meinem Bruder zugedacht sind. Von Logau und dem übrigen
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weiß nicht ein Wort, dies ist also ein Einfall meines Nachbarn, das
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Vaterunser in 100 Sprachen gleichfalls und was Sie noch sonst mögen erhalten
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haben. Von alle dem, was ich schicke, thue in meinen Briefen Erwähnung.
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Wornach Sie sich ins künftige zu richten haben. Ich werde Ihnen vor der
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Hand nichts mehr schicken, als was ich Ihnen vorher ankündigen werde; es
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müste denn etwa eine Kleinigkeit und etwas seyn, davon ich wüste, Sie
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könnten solche nicht haben. Daß mein Bruder Logau behalten, ist mir lieb.
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Von Forstmann hätte Ihnen weit lieber die Nachrichten für die Sünder
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zugedacht, als das stärkere Werk. Jene sind aber nicht mehr zu haben, und aus
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Neigung gegen diesen evangelischen Mann habe die Unkosten der 3 Theile
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gewagt. Ich hoffe, sie werden Ihnen nicht leyd thun. Einige
Personali
en müßen
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in Ansehung ihres Innhalts nach der Liebe ausgelegt werden. Ich lese jetzo
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noch den ersten Theil und habe den 3ten noch garnicht gesehen. In seinen
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Zueignungsschriften findt sich ein neuer und freymüthiger Schwung, der mir
23
sehr
b
gefällt.
24
Haben Sie die
Arzeneyen;
es herrscht ein beißender Witz in denselben, der
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aber nicht immer rein und die besten Gegenstände seines Spottes wählt.
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Theils Empfindung, theils Nachahmung. Qvacksalbereyen wäre noch ein
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beßerer Titel; unterdeßen sind sie zur Noth zu lesen. Weiter habe nichts auf
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dieser Meße gefunden. Kennen Sie ein Schauspiel die
Lisbonner
? Ich habe
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bloß eingegukt. Wielands seine Johanna Gray werden Sie schon haben. Ich
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habe sie gelesen, ohne daß ich weiß was ich davon sagen soll.
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Ich bin jetzt mit einem Werk beschäftigt, das in ihre Bibliothek gehört. Des
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Presidenten von
Goguet de l’origine des loix, des Arts et des Sciences.
Es
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ist ein Zwilling von Rollins alter Geschichte. Gelehrsamkeit, ein gesunder
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Gebrauch davon; und das Alte ist durch den gegenwärtigen Zustand der
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wilden Völker immer erklärt. Weder in Betrachtungen noch Einfällen
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Cornu copiae
Füllhorn
ausschweifend
. Kurz, recht sehr brauchbar, und ein
Cornu copiae
für einen
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Philosophen so wohl als Leser von Geschmack.
S. 404
Cornette von Dreyling
nicht ermittelt
Der
Sergeant
ist gestern in Gesellschaft des HE.
Cornette
von
Dreyling
2
zur Armee abgegangen und besuchte uns noch um einen zieml. wehmüthigen
3
Abschied zu nehmen. Ich begleitete ihn nach Ort und Stelle wo ich seinen
4
Bruder fand, den ich mich herzlich freute wiederzusehen. Machte mich auf
5
seine Gesellschaft den Nachmittag Staat; es fiel ihm aber ein in die Kanzeley
6
anzusprechen. Künftige Woche denke ihn zu besuchen; weil ich mit meiner
7
Arbeit fertig, und bloß
noch
die Abschrift davon noch einmal unternehmen
8
möchte. Meinem Nachbar habe heute selbige gebracht, der sehr geneigt schien
9
Hamann,
Sokratische Denkwürdigkeiten
, Titelblatt
Per.
saturae
I 1
sie zu übernehmen. Weil ich den Anfang des
Persius O curas hominum &
10
Quis leget haec aut
duo
aut
nemo
so habe
ich zwey Zuschriften an
Niemand
11
mimisch
,
Hamann,
Sokratische Denkwürdigkeiten
, SD S. 11/21, N II S. 61/17, ED S. 14
und
Zween
dazu gemacht. Das ganze Werk ist mimisch und besteht in einer
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Einleitung, 3 Abschnitten und einer Schlußrede. Ich habe die vornehmsten
13
Umstände aus Sokrates Leben mitgenommen, und mich bey einigen
14
besonders aufgehalten, die ich von so viel Seiten als möglich untersuchen wollen,
15
und zugl. eine Probe von einer lebendigeren Art die Philos. Geschichte zu
16
studieren
versuchen
geben wollen. Es wird mir aber wie den
Poeten
gehen,
17
Variation von
Hor.
ars.
333 „aut prodesse volunt aut delectare poetae“ / „Entweder nützen oder erfreuen wollen die Dichter“.
welche durch das Vergnügen, was sie ihren Lesern zu geben suchen, den
18
Unterricht derselben verlieren. Sind die Poeten schuld daran? War Ezechiel
19
einer, daß Gott zu ihm sagen muste: Du bist für Dein Volk der Liebesgesang
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eines Menschen der eine gute Stimme hat, und wohl auf ein Instrument
21
spielen kann; denn sie hören Deine Worte, und wollen sie nicht thun. Wenn
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es aber geschehen wird (siehe es wird geschehen!) denn werden sie wißen, daß
23
ein Prophet unter ihnen gewesen
Cap.
33. Eine Stelle in Ihrer letzten
24
Zuschrift giebt mir zu dieser Anführung Anlaß. Ich danke Ihnen herzlich für
25
die Gedult, die Sie bisher mit mir gehabt, und werde selbige nicht länger
26
misbrauchen. Sie werden mir erlauben, Geliebtester Freund, mit einer
27
nochmaligen Wiederholung und Erklärung über einige Puncten zu beschließen.
28
Sie irren
vielleicht
in einigen Dingen; und weil diese Irrthümer, wo nicht
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Ihnen, doch mir nachtheilig seyn können: so wünschte ich, daß Sie meiner
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Zweifelsucht ein wenig nachahmten. Sie setzen in meinem bisherigen
31
Unterstreichungen vll. Zitate aus Lindners letztem Brief (nicht überliefert)
Betragen
lautere
Absichten und die
Nothwendigkeit der klügsten
und
32
weisesten
Mittel zum voraus; oder fordern dies wenigstens von ihrem Freunde.
33
Diese
Voraussetzung
ist grundfalsch und daher kein Wunder, daß sie
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allenthalben
facta
finden, die mit ihrer
Hypothese
von meinem guten Herzen und
35
Klugheit zu handeln streiten. Eine
Forderung
davon zu machen aber ist
36
ungerecht, weil sie der menschlichen Natur ihre Kräfte übersteigt. Alles anstößige
37
was Sie daher an mir finden, trift mich nicht, und kann mich auch nicht
S. 405
treffen, weil es nichts als Folgen unrechter Grundsätze sind, die sie
2
hintergehen. Wenn ich mich noch so
vernünftig
und
gewißenhaft
in allem
3
Thorheit
1 Kor 1,17ff.
verfahren und handeln könnte: so könnte meine Vernunft Thorheit und mein
4
Gewißen Schande und Blindheit seyn. Sobald
Paulus ein Geist
wurde,
5
hielte er alle seine Unsträflichkeit und Strenge, alle seine Klugheit und Eyfer,
6
Schaden und Koth
Phil 3,7
für Schaden und Koth. Christum lieb haben, war seine Weisheit und
7
erlöset …
Gal 3,13
Sittenlehre. Diese erlöset uns von dem Fluch des göttl. Gesetzes; geschweige daß
8
wir nicht von Menschensatzungen
frey
seyn sollten. Wenn ein Christ sich
9
denselben unterwirft, so geschieht es auch nur um Gottes willen.
10
Die Freundschaft soll geradezu sprechen, wenn sie lehren will. Ist ihre
11
Methode; die ich wünschte, daß sie immer von Ihnen getrieben würde, und
12
für die ich Ihnen vor allen ihren Freunden Dank wißen wollte. Ich will Ihnen
13
meine Gedanken über diesen Lehrsatz mittheilen. Wir sind Freunden unter
14
allen übrigen die meisten Achtsamkeiten schuldig; daher müßen wir unsern
15
Unterricht gegen sie mit mehr Achtsamkeit treiben als gegen andere.
16
Freundschaft beruht auf
Gleichheit
; Unterricht hebt dieselbe auf. Hier ist also kein
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geradezu gehen möglich, ohne einem und dem andern den Rücken zuzukehren,
18
oder beyde aus dem Gesicht zu verlieren. Freundschaft legt uns Hinderniße
19
im Wege, die ich bey fremden und Feinden nicht habe; und hiezu gehören
20
neue
Regeln; wodurch ihre Methode ziemlich verdächtig gemacht wird, oder
21
es ist eine Methode, die Sie selbst so wenig gebraucht haben, daß sie ihre Natur
22
nicht kennen.
23
Was hat aber die Freundschaft mit
lehren
,
unterrichten
,
umkehren
und
24
bekehren
zu schaffen? Ich sage:
nichts
. Was hätte ich ihren Bruder lehren
25
können, was er nicht selbst gewußt hätte; was kann ich meinen lehren, daß
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er nicht eben so gut wißen mag als ich? Ich glaube, daß keiner den
27
Catechismus so schlecht weiß wie ich, und daß wenn es aufs Wißen ankäme, ich die
28
aufgeblähet
1 Kor 8,1
wenigste Ursache hätte aufgeblähet zu seyn. Ein Lügner weiß beßer als ich es
29
ihn überführen kann, daß er lügt; er weiß eben so gut als ich, daß er nicht
30
lügen soll. Ist hier also die Rede von Lehren und Unterrichten. Guter Freund,
31
sey so gut und lüg nicht, und schneid nicht auf, und thu dies und jenes nicht,
32
was du nicht laßen kannst – – Sieh, sieh die Folgen davon haarklein – – hör,
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was der und jener davon urtheilt, was Vernunft, Gewißen, Welt pp davon
34
sagt. Red Folianten mit deinem Freunde, unterricht ihn, wiederleg ihn; du
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zeigst daß du ein gelehrter, vernünftiger, witziger Mann bist, aber was hat
36
die Freundschaft an allen diesen Handlungen für Antheil. Eine Empfindung
37
seines Gewißens predigt überzeugender als ein ganz System. Ist lehren also
S. 406
nicht das Augenmerk der Freundschaft, was denn? Lieben, empfinden,
2
leiden – Was wird Liebe, Empfindung, Leidenschaft aber eingeben und
3
einen Freund lehren? Gesichter, Minen, Verzückungen, Figuren,
4
redende Handlungen,
Stratag
ems, Fineßen – – Schwärmerey, Eyfersucht,
5
Wuth –
6
Aus eben dem methodischen Herzen Ihrer Freundschaft flüßt Ihr guter
7
Rath geschiedne Leute zu werden, wenn ich nicht in einem Joch mit ihm ziehen
8
will. So klug bin ich alle Tage; und es ist kein Freund dazu nöthig. Der Weg
9
ist eben so leicht. Ich würde aber der niederträchtigste und undankbarste Mensch
10
seyn, wenn ich mich durch seine Kaltsinnigkeit, durch sein Misverständnis, ja
11
selbst durch seine offenbare Feindschaft so bald sollte abschrecken laßen sein
12
Freund zu bleiben. Unter allen diesen Umständen ist es desto mehr meine Pflicht
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Stand zu halten; und darauf zu warten, biß es ihm gefallen wird, mir sein
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voriges Vertrauen wiederzuschenken. Es fehlt an nichts als hieran, daß wir
15
uns einander so gut und beßer als jemals verstehen. Als galante Leute müßen
16
wir uns wechselsweise manche Grobheiten zu gute halten; als Freunde wird
17
es aber niemals so weit kommen. Zur Schande der Galanterie muß ich Ihnen
18
noch sagen, daß sie ihre Artigkeiten bisweilen nicht so gut aufzusagen weiß
19
als die altvätersche Philosophie.
20
Sie machen mir noch ein theologisch Compliment, daß ich immer mit
21
meinen Freunden streiten möge; aber mich hüten soll in die Welt einzulaßen.
22
Ja, ich kämpfe und stäube mit meinen Freunden, wie Jakob – und bitte für
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diejenigen, die mir Gott gegeben hat und nicht für die Welt. Wenn es auf
24
einige ankäme, so würden sie bald zur Welt übertreten, und die erste die beste
25
Gefälligkeit, mit mehr Dank als meine Fürbitte erkennen. Die Welt würde
26
eben das mit mir thun, was sich alle Zeugen der Wahrheit haben müßen
27
gefallen laßen, leiden an ihrem guten Namen pp. So lange ich in der Wüsten
28
lebe, fehlt es mir auch an neugierigen Zuhörern nicht, die ich nicht immer durch
29
Schmeicheleyen für ihren Besuch danke. Sollte ich wieder mein Vermuthen
30
ein Hofredner werden; so würde ich gefällig genung seyn der Geschicklichkeit
31
Tänzerinn
Salome
einer liebenswürdigen Tänzerinn ihren Preiß nicht zu versagen.
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Ich nehme mir noch die Freyheit Ihnen eine Frage vorzulegen, die nichts
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als ein Zweifel ist: Sollte es nicht möglich seyn, daß es mit meinem Stoltz
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so gut Betrug wäre, als mit meiner Brüder Demuth? Und so viel Wind in
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meiner Heftigkeit als in anderer Sanftmuth? Ich will wie ein großer Kayser,
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mit der Ehre eines Acteurs mich gern begnügen, und mich freuen, daß ich
37
meine Rolle so gut gespielt, daß mich meine nächsten Freunde unter der Maske
S. 407
mehr als einmal verkannt haben. Auf die Art wäre ich ein beßerer Hofmann als
2
Freund
Johann Christoph Berens
Ihr Freund, und ein beßerer Weltmann, wie Sie.
3
Wenn es meine Absicht gewesen den HE. B. zu bekehren; so schäme ich
4
mich, daß ich mein Geschäfte bisher so saumselig getrieben. Da ich wieder mein
5
Vermuthen gezwungen werde Ihnen mehr als meinem eigenen Bewußtseyn
6
zu glauben: so ist Ihre Ueberzeugung davon mein Beruf. Um dazu geschickt zu
7
werden, wird Gott den seinigen an mir Selbst täglich vollführen, daß ich
8
nicht andern predige und selbst verwerflich seyn möge. Ich habe so viel
9
Ich vermag alles …
Phil 4,13
Vertrauen zu Gottes Gnade als Paulus, und sage ihm nach: Ich vermag
alles
10
durch den, der mich mächtig macht – Er kann durch seine Zeichen an mir so
11
ehernen Schlange
4 Mo 21,9
viel thun als durch das
Bild
einer ehernen
Schlange
. So geschehe Sein
12
Wille! Amen.
13
So wenig sich ein zärtlicher Ehemann ein Gewißen daraus macht seine
14
so werden
vmtl.: so wenig werden
Frau mit einem verzogenen Gesicht zu erinnern; so werden meine
15
hämische Mienen auch der Freundschaft Abbruch thun. Daß meine Einfälle
16
Saltz haben, ist ihnen mit den Thränen gemein, die man deswegen nicht
17
David … Michal
2 Sam 6,14–23
verdammt. David wurde es von Gott nicht zugerechnet, daß er vor der
18
Bundeslade wie ein loser Mann taumelte, und seine Blöße dabey nicht
19
achtete. Michal redte wie eine gesittete Frau, und wurde dafür von ihrem
20
Mann geflucht – –
21
Wir würden freylich von unzählichen Dingen anders urtheilen, wenn wir
22
nicht beym Ansehen stehen blieben. Unterdeßen ist es uns nicht verbothen
23
Leuthen in die Augen zu sehen.
Cicero
gab auf
Piso
Achtung, wenn er ihm
24
Cic.
Pis.
VI: „Du antwortest, indem du die eine Braue bis zur Stirn hochziehst und die andere bis zum Kinn senkst, dass dir Grausamkeit nicht gefällt“; vgl.
Hamann,
Fünf Hirtenbriefe das Schuldrama betreffend
N II S. 361/17ff.), vgl.
HKB 219 ( II 128/8 ) antwortete:
Respondes; altero ad frontem sublato, altero ad mentum
25
depresso supercilio, crudelitatem tibi non placere.
Wenn
Piso
ein
26
Augbraun wie das andere gezogen, so würde ihm das vielleicht nicht
27
Grausamkeit geschienen haben, was er so nannte. Wenn wir also urtheilen wollen;
28
so laß unsere Wagschaale nicht so ungleich als
Pisons
Augenbraunen
29
s
eyn
tehen.
30
Was macht Ihre liebe Frau? Denkt sie an mich? Sie grüßen wohl immer;
31
ob es aber bestellt oder untergeschoben ist, weiß nicht. Ich schlüße, und werde
32
künftig meine gelehrte
Corresp.
wieder fortsetzen. Mein Alter ist Gott Lob!
33
leidlich und denkt beym Gläschen Wein an Ihr Haus. Sollte ich einen offenen
34
Zedel an meinen Bruder schreiben; so werden Sie so gütig seyn denselben zu
35
lesen ehe Sie ihn überreichen. Leben Sie wohl und lieben Sie mich trotz aller
36
meiner Fehler. Können Sie das? Warum nicht. Ich bin nicht schlechter, Sie
37
nicht beßer geworden.
S. 467
Handschriftliche Anmerkungen von Johann Gotthelf Lindner:
15
Am Rand zu HKB 159 (I 405/9):
Aus den Worten wirst du
16
gerichtet.
Vgl. HKB 161 (I 416/21).
17
Zu HKB 159 (I 405/22):
Freundsch. will Gleichheit. … Gesichter schneiden
18
Geberden machen ist zweydeutig, warum das?
Vgl. HKB 161 (I 416/33).
19
Zu ZH 159 (I 406/19): Lindner dazu:
Ich widerrathe nicht Stand zu halten
20
wenn man gesucht wird sondern geschieden zu bleiben, wenn man nicht Lust
21
zum erstern hat und das letztere für Sünde hält und den der uns sucht
22
fliehen muß.
Vgl. HKB 161 (I 417/16).
23
Zu HKB 159 (I 406/31):
Recep. de petit lettres.
24
Zu HKB 159 (I 407/2):
Welt sind Menschen überhaupt immer schlimm mit
25
ihnen zu kämpfen.
Vgl. HKB 161 (I 417/30).
26
Zu HKB 161 (I 407/20):
hämische und erinnernde Menschen sind
27
zweyerley.
Vgl. ZH 161 (I 418/29).
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (43).
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, I 471–475.
ZH I 402–407, Nr. 159.
Zusätze fremder Hand
467/15 –16
|
Johann Gotthelf Lindner |
467/17 –18
|
Johann Gotthelf Lindner |
467/19 –22
|
Johann Gotthelf Lindner |
467/23 |
Johann Gotthelf Lindner |
467/24 –25
|
Johann Gotthelf Lindner |
467/26 –27
|
Johann Gotthelf Lindner |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
403/36 |
ausschweifend ]
|
Geändert nach Druckbogen (1940); ZH: auhi|schweifend Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1955): lies ausschweifend Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): ausschweifend |
404/10 |
aut nemo so habe ]
|
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1955): lies etwa aut nemo zum Motto gewählt so habe Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): nemo zum Motto gewählt |
405/4 |
Paulus ein Geist ]
|
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1955): lies wohl Paulus ein Christ Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): Paulus ein Christ |
467/14 –27
|
Handschriftliche […] 418/29).] |
In ZH im Apparat. |