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252/29
Königsberg den
2 May 64.
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Gedult, liebster Freund! Eile und Weile sind zwey güldne Reime. Ihr
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HE M. Sieb.
Martin Friedrich Siebert
Praesidenten
Johann Friedrich Domhardt
Schwager HE M.
Sieb.
hat neulich beym
Praesident
en gespeist, der bloß auf
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Berl.
Berlin
Nachrichten von Berl. wartet, ehe er Ihren Brief beantworten will. – Das ist
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HE Kanter
Johann Jakob Kanter
ein
Punct.
– An HE
Kant
er habe gestern auch geschrieben und ihm so viel
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Fisc. Meyer
vll. Christian Wilhelm Meyer, Kammersekretär in Mitau
nöthig aufgetragen, an
Fisc. Meyer
gedacht und wo ja kleine Ausgaben zu
S. 253
Ihren Geschäften dort erfordert würden, ihm den Wink zu einem kleinen
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Vorschuß gegeben. – Der Fall ist gantz anders gegenwärtig wie damals. Bey
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andern Umständen dörfen Sie jene Besorgniße nicht hegen. Ich weiß also für
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manum de tabula
dt. „Hand vom Bild!“ (im Sinne von: nicht weiter anrühren, nach
Plin.
nat.
, XXXV,36,80)
Sie nichts beßers als
manum de tabula
und ihr Schicksal ruhig zu erwarten.
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An den
Mecaen
können Sie nach Gelegenheit schreiben, aber
sobree
et caute,
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mehr Galanterien als
Reali
en, keine
facta
sondern
sentimens.
Nach
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Braunschweig habe 2mal geschrieben gestern und am letzten Osterfeyertage, weil
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Exemplaria
nicht ermittelt
noch 2
Exemplaria
haben und gern
liquidi
ren wollte, um mit der Rechnung
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Virgil
Vergil
fertig zu seyn. – Ich lese jetzt zum erstenmal den
Virgil
in meinem Leben und
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5ten B. der Aeneide
Verg.
Aen.
mit vielem Geschmacke. Bin im 5ten B. der Aeneide. Dem Beschluß des
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Michaelis sind Brelocken angehängt
„Berlocken“ ist ein humoristischer Text wohl von Hamann selbst; gedruckt nach seiner Michaelis-Rezension im 25. St. vom 27.4.1764 in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
(N IV,284–289).
Kant dedicirt
Hamanns Rezension von
Kant,
Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen
in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 26. St. vom 30.4.1764 (N IV,289–292).
Michaelis sind
Brelocken
angehängt, die eingeschickt. Den letzten April hab ich Kant
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Comte de Gabalis
Eine Publikation von Lindners Übersetzung von
Montfaucon,
Le Comte de Gabalis
ist nicht bekannt; vgl.
HKB 263 ( II 251/36 ) und
HKB 264 ( II 253/12 ). Aber in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 32. St. vom 21.5.1764, erschien ein Text über Montfaucons Satire.
dedici
rt. Weil ihr
Comte de Gabalis
jetzt schwerl. gedruckt werden wird;
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werd ich Ihre Uebersetzung mir ausbitten um die Vorrede zu plündern, damit
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doch ein Andenken von Ihrer Arbeit erhalten und uns. Zeitungen einverleibt
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religiöse Gespräche des Pr. Wegelins
Hamanns Rezension von
Wegelin,
Religiöse Gespräche der Todten
erschien in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 27. St. vom 4.5.1764 (N IV,293–295).
wird. Uebermorgen kommen die religiöse Gespräche des Pr.
Wegelins
– ein
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Göttingschen Homiletik
Michaelis,
Erklärung des Briefes an die Hebräer
Vorläufer der Göttingschen Homiletik, die ich gern nach Wunsch und mit
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Montague ihre Briefe
Hamanns Rezension von
Montague,
Letters of the Right Honourable Lady Montague
erscheint in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 28. St. vom 7.5.1764 (N IV,296f.).
Nachdruck
recensi
ren möchte. Der Montague ihre Briefe habe auch gelesen
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türkscher Auszug
Lindners Rezension von
Holdermann,
Grammaire turque
erscheint in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 29. St. vom 11.5.1764; vgl.
HKB 265 ( II 254/28 ).
mit Wohlgefallen.
Ihr türkscher Auszug
wird bald daran müßen. Vor dem
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Voltaire
Voltaire
; nicht ermittelt, welches seiner Werke
Johann Gotthelf Lindner
rezensiert hat, die Rezension ist wohl nie gedruckt worden
Voltair
e fürcht ich mich, aus verschiednen Ursachen, weil ihre
Recension
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verglichen und etwas umgearbeitet werden muß. Dazu gehört Zeit und Lust,
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woran es mir fehlt. Sie wißen nicht, wie mir auf der Welt zu Muth ist, und
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wie mich vor allem graut. Mein Vater befindt sich Gottlob leidlich beßer, die
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Sommerlufft und Bewegung machen mir Hofnung zu sr. völligen
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Wiederherstellung, so viel es das Alter und die Jahre erlauben. Mein Bruder gährt
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D Laubmeyer
Johann Christian Laubmeyer
noch immer auf seinen alten Hefen wie ein verdorbner Wein.
D Laubmeyer
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hat schon vor 4 Wochen ein Aderlaßen verordnet. Es wird an nichts gedacht,
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und man hat ein außerordentl. Vertrauen, daß sich alles von selbst geben wird,
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unterdeßen ich immer den Anwachs des Uebels sehe und über die Sicherheit
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von allen Seiten erstaune. Man hat so viel Nachsicht und Gleichgiltigkeit gegen
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se Ausbrüche, daß ich aus nichts klug werden kann. Gott wird selbst den
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Knoten des Spiels auflösen. Wohin meine Entschließungen gehen werden,
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weiß nicht. Vielleicht laß ich alles im Stich, und werde das, wozu ich am
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Periissem, nisi periissem
dt. Wir wären verloren, wenn wir nicht verloren wären; nach Plutarch Ausspruch des Themistokles;
Plut. vit. 4,16
wenigsten gemacht bin, – ein Ebentheurer.
„Periissem, nisi periissem“,
hoff
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HE Fadeville
Fadeville, NN, Kaufmann aus Südfrankreich
ich auch noch einmal sagen zu können. – – HE
Fadeville
besucht mich
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bisweilen, und ich liebe diesen kleinen Gascogner seiner Fähigkeiten und
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Neigungen wegen. Diese Woche habe das Engl. mit ein paar guten Freunden
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HE. Lauson
Johann Friedrich Lauson
als Konkurrent um die Stelle des Prof. poeseos, vgl.
HKB 263 ( II 251/7 ) angefangen. Antworten Sie ja HE. Lauson selbst und behandeln Sie diesen
S. 254
Punct als eine Nebensache. Ich habe zieml. weitläuftig an Ihre Erklärung
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gedacht, weitläuftig heist hier beyläufig, von weitem, unbestimmt. Gratuliren
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Sie sich, daß Sie einen Nebenbuler an einem Freunde finden, und beklagen
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Sie Ihr beyderseitig Schicksal – den glückl. Schäfer am meisten, weil die
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Eroberung keinen Triumph verdienen
wird. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr
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treuer Freund.
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Hinz
Jakob Friedrich Hinz
Klugheit ist die beste Maasregul der Vertraulichkeit. Grüßen Sie Hinz.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (107).
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 223 f.
ZH II 252–254, Nr. 264.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
253/5 |
sobree |
Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): sobrie |
253/11 |
Brelocken ]
|
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH: Berlocken |