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Königsberg den
9 May 64.

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Herzlich geliebtester Freund,

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Conditor Nuppenaus
Heinrich Liborius Nuppenau
Ich bin gestern auf des
Conditor Nuppenau
s Hochzeit gewesen, wieder

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HE M. Siebert
Martin Friedrich Siebert
meinen Vorsatz; und gestern besuchte mich HE M.
Siebert,
der Ihren Brief

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erhalten, nichts zu versäumen verspricht, so bald er das geringste erfahren

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wird. Er bittet Sie auch, ruhig zu seyn. Sie reden von Feinden, und machen

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Orden
Freimaurer
sich vielleicht dadurch welche. Gesetzt, daß der Orden auch wirklich Ihnen so

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entgegen wäre, als Ihre hypothetische Einbildungskraft Sie überredt: so

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schickt es sich weder
für Sie, sich dies merken zu laßen, noch
gewinnen Sie

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das geringste
dadurch. Sehen Sie also Ihre eigene
Indiscretion
für den

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einzigen Feind an, der Ihrer Sache schaden kann. Sie haben weder bey den

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Leuten angehalten, von denen Sie reden, noch haben es nöthig Ihre Stimmen zu

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werben. In Ihrer Stelle würde ich es nicht der Mühe werth halten an dergl.

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Welt Feindschaft
vgl.
Jak 4,4
Dinge zu denken und mich dabey aufzuhalten. Der Welt Feindschaft ist Gottes

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Freundschaft. Wer sich an letzterer begnügt, bekümmert sich um jene nicht, die

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ohnedem Aprilwetter ist, und uns mehr Calendermachen
als Handeln lehrt
.

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Mein Vater hat diese Woche den Anfang gemacht die Badstube dem Vetter

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Nuppenau
Johann Peter Nuppenau (1732–1785), Bader, Gehilfe von Hamanns Vater, übernahm 1764 die Badestube
Nuppenau
zu übergeben; und ich bin reisefertig, je eher, je lieber! – HE.

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Kanter
habe dies gestern auch gemeldet; und ich hoffe, unser Freund
Lauson

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wird das Werk bis Kanters Ankunft übernehmen und fortsetzen. Morgen

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arabische Grammatik
Lindners Rezension von
Holdermann,
Grammaire turque
erschien in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 29. St. vom 11.5.1764.
kommt Ihre arabische Grammatik; ich habe sie etwas verkürzt aber nicht mit

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Schenksfeld
er vergleichen können, wie meine Absicht war. Hätte mehr Zeit

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gehabt: so würde es noch kürzer geworden seyn und ich würde Cantemirs

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ottomannische Geschichte zu Hülfe genommen haben. Sie haben weder die

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Anzahl der Bogen noch Seiten bestimmt, daß man die Größe des Werks

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Abreise
über Lübeck, Frankfurt a.d. Oder, Leipzig nach Berlin; siehe die folgenden Briefe.
nicht bestimmen kann. Meine Abreise möchte wol zu Schiff geschehen und

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lieber nach Stettin als Dantzig. Wie weit? und wie lange? und wozu? weiß der

S. 255
liebe Gott. Gewinne ich nichts mehr, als die Wiederherstellung oder Erhaltung

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meiner Gesundheit: so erhält man doch auch mit der Erfahrung, reifere

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Einsichten wenigstens von sich selbst und dem Wechsel menschl. Dinge. – Nach

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traurigen Schätzen ein rühmlicher Geitz! – Man spricht hier wiederum viel

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des Landesvaters Ankunft
Nach dem Frieden von Hubertusburg (15. Februar 1763) wurde der Besuch von
Friedrich II. v. Preußen
in Königsberg erwartet. Er kam aber nie, wohl weil die Stadt der russischen Kaiserin gehuldigt hatte.
von des Landesvaters Ankunft, an der man gantz verzweifeln wollte. Ich

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werde selbige wohl kaum hier erleben. Wenigstens noch ein Lebewohl vor

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meiner Abreise. Sie können leicht erachten, wie wenig Zeit mir übrig bleibt, und

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wie viel Ursache ich zu eilen habe. Leben Sie wohl und vergeßen Sie nicht

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Ihren Freund.
H.

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Mein Vater empfiehlt sich Ihnen.
Schäffner
ist unterwegs, und ich

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vermache Ihnen hier einen Freund an Herder.
 a Dio.



S. 500
Handschriftliche Anmerkung von Johann Gotthelf Lindner am Rand zu HKB 265 (II 255/11):

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Helmstedtschen Brief.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (108).

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 225 f.

ZH II 254 f., Nr. 265.

Zusätze fremder Hand

500/27
Johann Gotthelf Lindner

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
500/26
–27
Handschriftliche […] Brief.]
In ZH im Apparat.