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Königsberg den 5
X
ber

7
Ew HochwohlEhrwürden können sich meine Verlegenheit kaum vorstellen,

8
mit der ich
mich
in Betracht Ihrer mich
betrachte
qväle. Das gantze

9
Gewebe von Misverständnißen hängt mit so vielen unendl. kleinen

10
Zufälligkeiten zusammen, daß ich fast befürchten muß Ihnen durch meine Zuschrift

11
noch unerträglicher zu werden;
demohngeachtet mu
gleichwol muß ich doch

12
etwas zu diesem Behuf sagen und da
ß
s übrige Ihrer Leutseeligkeit

13
überlaßen.

14
Mein alter Verleger, Freund und Gevatter kam den 11
Nov.
hier an.

15
Meiner Gewohnheit und Grundsätzen entgegen trieb mir theils die Neugierde,

16
theils veranlaßten mich meine Verbindungen mit seinem Miethsmann
s

17
meinem jüngeren Freunde
Philippi
ihn
ersteren diesmal noch denselben

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Abend mitten in der Gährung sr. Heimkunfft zu umarmen. Ich hatte mich

19
darüber gewundert keine Zeile von ihm erhalten zu haben und er schien

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etwas
gleichfalls über mein Stillschweigen in meinen eigenen

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Angelegenheiten, die er übernommen hatte, gleichfalls verdrüßlich zu seyn. – Ich hatte

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nicht schreiben können, weil ich ihn gar nicht mehr in Berlin vermuthen

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konnte, indem er nicht nur gewiß versprochen sondern es auch für unumgängl.

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ausgegeben hatte der hiesigen letzten Lotterieziehung selbst beyzuwohnen und

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weil mich verlogene Gerüchte von seinem Aufenthalt in Danzig gantz irre

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gemacht hatten – Wir kamen sogl. auf unsere Sache und er versicherte mich

27
ziemlich
peremto
risch daß es auf nichts als zwey förmliche
Suppliquen

28
ankäme, die schlechterdings mit der ersten Post abgehn müsten –
Alle
zu

29
Ausflüchten und Zweifeln
hätten uns nicht Zeit gelaßen
war nicht Zeit, wenn

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die Post nicht versäumt werden wollte und ich entschloß mir daher zu einem

31
blinden
Gehorsam
obsequio
und Vertrauen.
wozu ich besonders
Ich

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wurde hiezu desto mehr aufgemuntert
wurde
, da
ß
er mir eine

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Mittelsperson an Ew HochwolEhrwürden vorschlug, denen ich die Ehre hätte ohne

34
mein Wißen weder gantz unbekannt noch gleichgiltig zu seyn.
Die
Weil ich

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am äußersten Ende der Stadt wohne, so
bat
nahm ich
unser
mein

S. 26
Nachtlager bey HE
Philippi
aus und überstand die erschreckliche Arbeit zwoer

2
Suppliquen,
von deren
Styl
noch
Curialien
v
Formalien
ich niemals einen

3
Begriff habe erwerben können, und einen Brief zu schreiben. Ich eilte in aller

4
Früh
aus dem Hause und erfuhr mit der Nachricht nach meinem
Bureau

5
zu
und erfuhr beym Fortgehen daß mein Patchen eben verschieden war und

6
überlies meinem von der Reise und Geschäften ermüdeten Gevatter alle

7
meine Papiere mit der bereits
abgemachten
genommenen Abrede, selbige

8
Ew. HochwolEhrwürden zu
insinui
ren u das
Porto
für mich auszulegen.

9
Dies

10
Den 18
Nov.
kam die Nachricht an daß die von mir gesuchte Stelle bereits

11
den 9
ej.
vergeben worden und ich erfuhr mit eben so viel Zuverläßigkeit daß

12
d
as
er zweite
Punct
eine längst abgemachte Sache wäre. So
sehr es

13
angenehm es mir auch
viel Zufriedenheit ich auch darinn empfunden meinen

14
Willen nicht erhalten zu haben, der niemals unser Glück macht: so war doch

15
den 18
Nov.
ein so trüber Tag und heilloser Abend für mich, daß ich weder

16
Kopf noch Hand zu rühren im Stande war um Ew. HochwolEhrw
theilt

17
wenigstens um Vergebung zu bitten – Weil aber geschehene Dinge nicht zu

18
ändern sind: so freute ich mich wenigstens die beruhigende Nachricht zu

19
erhalten, daß Ihnen meine mühseelige Thorheiten nichts mehr als einige

20
lächelnde Augenblicke würden gekostet haben, ohne daß Sie irgend einigen

21
weitern Gebrauch von meinen unzeitigen Zwillingen hätten machen dürfen –

22
Unterdeßen mahnte HE
K.
,
so oft ihn zu sehen bekam
,
mir das ausgelegte

23
Porto
zu sagen um diese Kleinigkeiten berichtigen zu können. Er versprach mir

24
immer sich bey sn Leuten darnach zu erkundigen, bis mir endl. ein Argwohn

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anwandelte und die Gedult ausriß. Ich bat daher meinen Freund
Philippi

26
der einen Landsmann auf der Post hat, sich daselbst zu erkundigen, bis Ich

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habe
gestern die verdrüsliche Nachricht erhalten daß mein im gar zu eigentl.

28
Verstande
impertinent
es
Brief
Gepäck nicht einmal zehnfältiger Abrede

29
ungeachtet
franqui
rt worden. Ich bitte so sehr als ich hoffe

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HochwolEhrwürdiger Herr daß Sie diese letzte Grobheit weder mir noch meinem Freunde zur

31
Last legen werden, der durch die Leiche ss Kindes und
die durch se

32
Zurückkunft
hundert andere Ursachen verhindert worden dieses Versehen seiner

33
Leute
nicht hat gehörig
vorzubauen
können
Wir machen uns beyde

34
anheischig gehörig dafür zu büßen und unterwerfen uns Ihrem Bann bis zu

35
Ihrer gefälligen Lossprechung.

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und wie ein Spielball Federball von jedem Umstande bestimmt
wie ein

37
Ball seiner selbst nicht mächtig. Sie werden vermuthl. ehstens unsern

S. 27
Director
selbst Gelegenheit habe
n
kennen zu lernen. Ich habe ihm redlich

2
geschaarwerkt und bin mit gewißen Achtsamkeiten dafür belohnt worden. Die

3
Unlauterkeit von Handlungen ist aber so wesentl. u unumgängl. für gewiße

4
Rollen des menschl. Lebens als die Zweydeutigkeit des Ausdrucks bey

5
gewißen Materien.

6
Ew. HochwolEhrwürden erlauben mir noch als einem
Candidat
en Ihrer

7
künftigen Freundschaft eine kleine Vertraulichkeit über einen Zufall, der mich

8
nur vorige Woche betroffen, und zu dem unsere gelehrte Zeitung Anlaß

9
gegeben, hier anzubringen. Es ist vor einigen Wochen in Abwesenheit des HE

10
Dir. K.
ein historisches Werk des Roußet darinn
recensi
rt und bey der

11
Gelegenheit gegen die französische Politick u Nation loßgezogen worden. Dies

12
Stück hat hier zu einem großen Geplauder Anlaß gegeben, ohne daß ich mich

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weder um die Recension noch das Buch bekümmert habe.
Man erzählt sogar

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daß man allerhand Gerüchte aus in Dantzig daß dies Stück viel Aufsehens

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gemacht haben sollte.
Vorige Woche hat HE M. mit vieler Neugierde sich

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nach dem Zeitungs Stück erkundigt u sich selbiges so wörtlich als mögl.

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übersetzen laßen auch sich verlauten laßen, daß er mit mir deshalb sprechen wollte

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welches aber nicht geschehen. Zu meinem guten Glück habe dieses gantze Jahr

19
durch weder die Zeitungen selbst gehalten, wie ich mich überhaupt fast um gar

20
keine bekümmere, noch die Feder daran angesetzt bis auf
den heutigen Tag

21
gegenwärtigen Beschluß dieses Jahres, wie ich Ew. HochwolEhrwürden auf

22
meine Ehre u Gewißen
gab
Bürge seyn kann.
Ein Mann der argwohnisch

23
ist u es vielleicht nothig hat zu seyn, der Dinge in denen er unkundig ist seine

24
Unwißenheit durch ein glücklichen Instinkt u theils Zuverläßigkeit Vertrauen

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wo nicht zu ersetzen geschickt ist doch aber zu bemänteln gnug weiß, der das

26
Glück als ein
monopol
ansieht von dem er andere soviel mögl. auszuschließen

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sucht muß, der ein bloßer
parvenu
im doppelten Verstande Sinn ist, kann

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die blinde Partheilichkeit für die Ehre seiner Nation u ihre Politick sehr leicht

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bis zum Aberglauben treiben.

30
Ich bitte um Vergebung für mein au
Vergeben Sie HochwolEhrw. HE.

31
mein
ausschweifendes
unerschöpfliches Geschwatz und würdigen Sie mich

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einer kleinen Antwort zu meiner Aufrichtung. Ich werde diese Güte

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Zeitlebens erkennen mit den aufrichtigsten Gesinnungen der vollkommensten

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Ergebenheit u Dankbarkeit, womit ich die Ehre habe mich zu

35
unter
schreiben
zeichnen

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 88.

Bisherige Drucke

ZH III 25–27, Nr. 381.