381
25/6
Königsberg den 5
X
ber
7
Ew HochwohlEhrwürden können sich meine Verlegenheit kaum vorstellen,
8
mit der ich
mich
in Betracht Ihrer mich
betrachte
qväle. Das gantze
9
Gewebe von Misverständnißen hängt mit so vielen unendl. kleinen
10
Zufälligkeiten zusammen, daß ich fast befürchten muß Ihnen durch meine Zuschrift
11
noch unerträglicher zu werden;
demohngeachtet mu
gleichwol muß ich doch
12
etwas zu diesem Behuf sagen und da
ß
s übrige Ihrer Leutseeligkeit
13
überlaßen.
14
Mein alter Verleger, Freund und Gevatter kam den 11
Nov.
hier an.
15
Meiner Gewohnheit und Grundsätzen entgegen trieb mir theils die Neugierde,
16
theils veranlaßten mich meine Verbindungen mit seinem Miethsmann
s
17
meinem jüngeren Freunde
Philippi
ihn
ersteren diesmal noch denselben
18
Abend mitten in der Gährung sr. Heimkunfft zu umarmen. Ich hatte mich
19
darüber gewundert keine Zeile von ihm erhalten zu haben und er schien
20
etwas
gleichfalls über mein Stillschweigen in meinen eigenen
21
Angelegenheiten, die er übernommen hatte, gleichfalls verdrüßlich zu seyn. – Ich hatte
22
nicht schreiben können, weil ich ihn gar nicht mehr in Berlin vermuthen
23
konnte, indem er nicht nur gewiß versprochen sondern es auch für unumgängl.
24
ausgegeben hatte der hiesigen letzten Lotterieziehung selbst beyzuwohnen und
25
weil mich verlogene Gerüchte von seinem Aufenthalt in Danzig gantz irre
26
gemacht hatten – Wir kamen sogl. auf unsere Sache und er versicherte mich
27
ziemlich
peremto
risch daß es auf nichts als zwey förmliche
Suppliquen
28
ankäme, die schlechterdings mit der ersten Post abgehn müsten –
Alle
zu
29
Ausflüchten und Zweifeln
hätten uns nicht Zeit gelaßen
war nicht Zeit, wenn
30
die Post nicht versäumt werden wollte und ich entschloß mir daher zu einem
31
blinden
Gehorsam
obsequio
und Vertrauen.
wozu ich besonders
Ich
32
wurde hiezu desto mehr aufgemuntert
wurde
, da
ß
er mir eine
33
Mittelsperson an Ew HochwolEhrwürden vorschlug, denen ich die Ehre hätte ohne
34
mein Wißen weder gantz unbekannt noch gleichgiltig zu seyn.
Die
Weil ich
35
am äußersten Ende der Stadt wohne, so
bat
nahm ich
unser
mein
S. 26
Nachtlager bey HE
Philippi
aus und überstand die erschreckliche Arbeit zwoer
2
Suppliquen,
von deren
Styl
noch
Curialien
v
Formalien
ich niemals einen
3
Begriff habe erwerben können, und einen Brief zu schreiben. Ich eilte in aller
4
Früh
aus dem Hause und erfuhr mit der Nachricht nach meinem
Bureau
5
zu
und erfuhr beym Fortgehen daß mein Patchen eben verschieden war und
6
überlies meinem von der Reise und Geschäften ermüdeten Gevatter alle
7
meine Papiere mit der bereits
abgemachten
genommenen Abrede, selbige
8
Ew. HochwolEhrwürden zu
insinui
ren u das
Porto
für mich auszulegen.
9
Dies
10
Den 18
Nov.
kam die Nachricht an daß die von mir gesuchte Stelle bereits
11
den 9
ej.
vergeben worden und ich erfuhr mit eben so viel Zuverläßigkeit daß
12
d
as
er zweite
Punct
eine längst abgemachte Sache wäre. So
sehr es
13
angenehm es mir auch
viel Zufriedenheit ich auch darinn empfunden meinen
14
Willen nicht erhalten zu haben, der niemals unser Glück macht: so war doch
15
den 18
Nov.
ein so trüber Tag und heilloser Abend für mich, daß ich weder
16
Kopf noch Hand zu rühren im Stande war um Ew. HochwolEhrw
theilt
17
wenigstens um Vergebung zu bitten – Weil aber geschehene Dinge nicht zu
18
ändern sind: so freute ich mich wenigstens die beruhigende Nachricht zu
19
erhalten, daß Ihnen meine mühseelige Thorheiten nichts mehr als einige
20
lächelnde Augenblicke würden gekostet haben, ohne daß Sie irgend einigen
21
weitern Gebrauch von meinen unzeitigen Zwillingen hätten machen dürfen –
22
Unterdeßen mahnte HE
K.
,
so oft ihn zu sehen bekam
,
mir das ausgelegte
23
Porto
zu sagen um diese Kleinigkeiten berichtigen zu können. Er versprach mir
24
immer sich bey sn Leuten darnach zu erkundigen, bis mir endl. ein Argwohn
25
anwandelte und die Gedult ausriß. Ich bat daher meinen Freund
Philippi
26
der einen Landsmann auf der Post hat, sich daselbst zu erkundigen, bis Ich
27
habe
gestern die verdrüsliche Nachricht erhalten daß mein im gar zu eigentl.
28
Verstande
impertinent
es
Brief
Gepäck nicht einmal zehnfältiger Abrede
29
ungeachtet
franqui
rt worden. Ich bitte so sehr als ich hoffe
30
HochwolEhrwürdiger Herr daß Sie diese letzte Grobheit weder mir noch meinem Freunde zur
31
Last legen werden, der durch die Leiche ss Kindes und
die durch se
32
Zurückkunft
hundert andere Ursachen verhindert worden dieses Versehen seiner
33
Leute
nicht hat gehörig
vorzubauen
können
Wir machen uns beyde
34
anheischig gehörig dafür zu büßen und unterwerfen uns Ihrem Bann bis zu
35
Ihrer gefälligen Lossprechung.
36
und wie ein Spielball Federball von jedem Umstande bestimmt
wie ein
37
Ball seiner selbst nicht mächtig. Sie werden vermuthl. ehstens unsern
S. 27
Director
selbst Gelegenheit habe
n
kennen zu lernen. Ich habe ihm redlich
2
geschaarwerkt und bin mit gewißen Achtsamkeiten dafür belohnt worden. Die
3
Unlauterkeit von Handlungen ist aber so wesentl. u unumgängl. für gewiße
4
Rollen des menschl. Lebens als die Zweydeutigkeit des Ausdrucks bey
5
gewißen Materien.
6
Ew. HochwolEhrwürden erlauben mir noch als einem
Candidat
en Ihrer
7
künftigen Freundschaft eine kleine Vertraulichkeit über einen Zufall, der mich
8
nur vorige Woche betroffen, und zu dem unsere gelehrte Zeitung Anlaß
9
gegeben, hier anzubringen. Es ist vor einigen Wochen in Abwesenheit des HE
10
Dir. K.
ein historisches Werk des Roußet darinn
recensi
rt und bey der
11
Gelegenheit gegen die französische Politick u Nation loßgezogen worden. Dies
12
Stück hat hier zu einem großen Geplauder Anlaß gegeben, ohne daß ich mich
13
weder um die Recension noch das Buch bekümmert habe.
Man erzählt sogar
14
daß man allerhand Gerüchte aus in Dantzig daß dies Stück viel Aufsehens
15
gemacht haben sollte.
Vorige Woche hat HE M. mit vieler Neugierde sich
16
nach dem Zeitungs Stück erkundigt u sich selbiges so wörtlich als mögl.
17
übersetzen laßen auch sich verlauten laßen, daß er mit mir deshalb sprechen wollte
18
welches aber nicht geschehen. Zu meinem guten Glück habe dieses gantze Jahr
19
durch weder die Zeitungen selbst gehalten, wie ich mich überhaupt fast um gar
20
keine bekümmere, noch die Feder daran angesetzt bis auf
den heutigen Tag
21
gegenwärtigen Beschluß dieses Jahres, wie ich Ew. HochwolEhrwürden auf
22
meine Ehre u Gewißen
gab
Bürge seyn kann.
Ein Mann der argwohnisch
23
ist u es vielleicht nothig hat zu seyn, der Dinge in denen er unkundig ist seine
24
Unwißenheit durch ein glücklichen Instinkt u theils Zuverläßigkeit Vertrauen
25
wo nicht zu ersetzen geschickt ist doch aber zu bemänteln gnug weiß, der das
26
Glück als ein
monopol
ansieht von dem er andere soviel mögl. auszuschließen
27
sucht muß, der ein bloßer
parvenu
im doppelten Verstande Sinn ist, kann
28
die blinde Partheilichkeit für die Ehre seiner Nation u ihre Politick sehr leicht
29
bis zum Aberglauben treiben.
30
Ich bitte um Vergebung für mein au
Vergeben Sie HochwolEhrw. HE.
31
mein
ausschweifendes
unerschöpfliches Geschwatz und würdigen Sie mich
32
einer kleinen Antwort zu meiner Aufrichtung. Ich werde diese Güte
33
Zeitlebens erkennen mit den aufrichtigsten Gesinnungen der vollkommensten
34
Ergebenheit u Dankbarkeit, womit ich die Ehre habe mich zu
35
unter
schreiben
zeichnen
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 88.
Bisherige Drucke
ZH III 25–27, Nr. 381.