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407/16
Kgsberg den
7
April
1768

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Mein Ehrwürdiger Freund Herder

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Unser Hartknoch hat mich heute
sedentem in telonio
überrascht, nachdem

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ich alle 3 heil. Feyertage über umsonst auf ihn gewartet und nach ihm

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geschmachtet um einige Zeilen einmal zu erhalten. Endlich kommt er und bringt

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mir nichts als einen verlognen Gruß den er Zeit genug gehabt sich unter

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Weges zu besinnen. Ich war dadurch so stupid gemacht, daß ich gar nicht

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wußte, warum er hieher gekommen war und sich die Mühe gab mich auf dem

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Directorio
aufzusuchen, und mich nicht einmal um seine junge Frau

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erkundigte. – Ungeachtet des wenigen Antheils den Sie an meinen vorigen

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Bitten und Wünschen genommen, wag ich ein Neues Anliegen und schmeichle

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mich mit einer baldigen Antwort und Erfüllung. Man hat mir gesagt, daß

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einer meiner dortigen Freunde das
Project
des neuen
Codicis
aus dem

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Rußischen übersetzt und einige Handschriften davon ausgestreut seyn sollen.

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Der Brief des gekrönten Philosophen von
S. S.
hat mich nach diesem Plan

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etwas neugierig gemacht. Ist es mögl. mir eine Abschrift davon zu verschaffen;

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so werd ich mit Vergnügen die Kosten dazu Ihnen ersetzen. Schicken Sie mit

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der ersten Gelegenheit die
Copie
davon an HE Steidel den ich selbst ersuchen

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werde es mit der ersten Post mir zu übermachen. Ich werde mich durch ein

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Meisterstück von Kritik an Ihren Fragmenten dafür wieder um Sie und das

S. 408
Publicum
so verdient machen, daß es Ihnen nicht gereuen soll mir den letzten

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Platz unter den deutschen claßischen originalscribenten mitgetheilt zu

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haben – – – –

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Nun, mein junger ehrwürdiger Freund! ist es wahr, daß man nicht mehr

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als
Homilien pro futuro
von Ihnen erwarten darf. Ich vermuthe noch

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immer daß Sie
en masque
diese Meße erscheinen und nicht unerkannt bleiben

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werden. Haben Sie Hausen gelesen, den Prätendenten zur Geschichte der

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Reformation,
der in der Vorrede sich auf den Verf. der Fragmente, am Ende

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derselben sich auf Montesquieu beruffen und am Ende des elendsten

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magersten Werks ein
Corollarium
des Verfaßers vom Verdienst nachahmen darf.

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Für den
Article
Corvée
in der
Encyclopedie
sorgen Sie bey Gelegenheit;

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was aber die
Copie
des
Projects
zum neuen Gesetzbuch betrifft bitte ich mir

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sogl. eine Rechnung des Abschreibers aus, die ich
sogl.
in
continente

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bezahlen werde; denn Gottlob! gegenwärtig habe ich 20 rthl
pro
Monath und

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genieße viel Zufriedenheit bey meiner Armuth und sauren Arbeit.

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Ich erwarte Antwort mit erster Post und erlaube Ihnen keine Frist unter

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einer andern Bedingung als derjenigen die Sie nöthig haben um durch

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Ueberlieferung der gewünschten Handschrift mir zu antworten der ich bin und

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ersterbe   Ihr
alter ergebener Freund

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Hamann

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Grüßen Sie HE.
Secr. B.
und entschuldigen Sie mich bey
Mad.

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Hartknoch,
daß ich vor Verdruß nicht eine Sylbe von Ihnen erhalten zu haben an

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kein Frauenzimmer hatte denken können.
a Dieu.
Sehen wir uns künftig

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Vale.
Das
Project
zum
Codex
und baldige
Resolution
in Ungedult.

Provenienz

Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 62.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 379 f.

Johann Gottfried von Herder’s Lebensbild. Sein chronologisch geordneter Briefwechsel, […]. Hg. von seinem Sohne Dr. Emil Gottfried von Herder. Ersten Bandes zweite Abtheilung. Erlangen 1846, 315–317.

ZH II 407 f., Nr. 348.