292
            
        311/12
Kgsberg den 16 Februar 65.
13
Herzlich geliebtester Freund, 
14
fl.
 Gulden, Goldmünze, hier aber vmtl. 1 polnischer Gulden, eine Silbermünze, entsprach 30 Groschen oder weniger. 
HE Zeise
Johann Daniel Zeise
 Gestern habe 100 
fl.
 an HE 
Zeise
 bezahlt, deren richtigen Empfang er auf 
15
Ihrer 
Assignation
 bescheinigt hat, wie er Ihnen selbst mit nächster Post 
16
5 #
 wohl Kreuzer 
melden wird. Die 5 # müßen aufgeschoben werden, da nach der Fracht des 
17
Coffres
 wenig übrig bleiben wird. So bald dieser ankommt, werde Nachricht 
18
geben. Mama will von keiner Sänfte wißen. Sie werden durch Ihre baldige 
19
und glückl. Ueberkunft alles gut machen. Jetzt ist es hohe Zeit mit der 
20
HE Chollevius
 Andreas Cholevius, Bürger im Kneiphof 
Wohnung ein Ende zu machen, und ich bin gestern bey HE 
Chollevius
 im 
21
Rogallschen Hause
 Haus von Barbara Regina Rogall 
Rogallschen Hause gewesen um es zu besehen. Es sind 8 Stuben darinn; aber nicht 
22
mehr als 2 zu vermiethen, neben einander, die eine mit, die andere ohne Ofen, 
23
daher sie für eine geraume Cammer 
passi
ren kann, im ersten Stockwerk. 
24
Richt über ist des Wirths Schlafzimmer, das ich gern dazu gehabt hätte. 
25
Unten behält er zwey, ein tägl. Wohn- und eine 
Besuchstube
. Oben ist eine 
26
Materialienstube, und die übrigen zwey sind für eine Anverwandtin, die im 
27
Hause lebt und die Gesellen. Sie nehmen auf 3 Wochen eine Familie aus 
28
Thlr
 Taler, meist ist der 24 Silbergroschen entsprechende Reichstaler gemeint, eine im ganzen dt-sprachigen Raum übliche Silbermünze. 
Thorn auf, die nichts mehr als Ihre beyde Stuben bekommt, und 20 Thlr 
29
bezahlt für diese kurze Zeit. Unter 200 
fl.
 werden Sie jährlich selbige nicht 
30
Michaelis
 29. September 
vermiethen. Ich werde nicht 
länger als bis Michaelis
 sie abmiethen, und 
31
Sie werden sich nicht lange bedenken 100 
fl.
 dafür zu geben. Behelfen müßen 
32
Sie sich, liebster Freund, und da es den Sommer über ist, so wird er leicht 
33
vergehen. Da Sie keine Wirthschaft sogleich anfangen können; so glaube, 
34
daß ein 
Bursch zu Ihrer Aufwartung hinlänglich
 seyn wird, 
der eine 
35
Treppe höher im Vorderhause liegen kann
. Die übrige Aufwartung thut 
S. 312
Ihnen eine Magd im Hause. Für 100 
fl.
 Miethe ein halb Jahr müßen Sie 
2
HE Zöpfel
Zöpfel
 nicht erschrecken. HE 
Zöpfel
 hat bisher für einige 40 Thlr ein gantzes Haus 
3
gehabt, und jetzt giebt ein junger Kaufmann für ein paar elende, 
4
unbrauchbare Stuben 55 Thlr, die ihm bisher 25 Thlr getragen haben. Der Geheimte 
5
Rath v Ziegenhorn
Christoph Georg von Ziegenhorn
 Rath 
v Ziegenhorn
 behalf sich einige Wochen lang mit einigen Stuben bey 
6
einem Klempner ein paar Häuser vom Rogallschen, biß er sich ein schönes 
7
Haus aufbauen können. Da die Leute gefällig und von dienstfertigen 
8
Umgange sind: so hoffe, daß Sie vielleicht die 
Besuchstube
 zu Ihrem Gebrauch 
9
den Sommer über Ihnen überlaßen würden, wenigstens würde ein 
10
Publicum
 die Vorlesung 
freundschaftlicher Vergleich darüber eben nicht
 schwer werden. Ihr 
Publicum
11
könnten Sie auch im 
Auditorio
 laßen. Was Ihnen an der Miethe zu hoch 
12
kommen würde, ließe sich durch übrige Umstände ersetzen, wenn Sie 
13
vielleicht, wenigstens den Abendtisch, zu Hause 
accordi
ren könnten. Ihre 
14
Meubles
 Möbel 
Meubles
 könnten solange bey uns und andern guten Freunden angebracht 
15
werden, biß Sie Raum v. Gelegenheit bekämen sich nach Gefallen zu 
etabli
ren. 
16
Wenn Sie sich dies gefallen laßen, so melden Sie mit erster Post. Ein 
17
Umstand auch, der bey ordentl. Fällen nicht immer gewährt ist, betrift die 
18
halbjährige Miethe, die man sich gern gefallen läßt, weil man nicht sehr verlegen 
19
ist. Daß die Mama die Gelegenheit vorher besehen kann, habe auch schon 
20
abgemacht. Die Stuben an sich sind geraum und helle und sonst nichts daran 
21
auszusetzen; auch der Character der Leute ein Hauptumstand, der Ihrem 
22
Geschmack Genüge thun wird. Ich erwarte so bald wie mögl. Ihre Erklärung 
23
darüber, und wenn Sie sich einen Rath gefallen laßen, auch einige Vorschrift, 
24
wieviel ich auf die Hand geben soll und was weiter zu erinnern. Eben komt 
25
ein Besucher her, der meldt, daß 
Ihr 
Coffre
 angekommen
. 
Gottlob!
 er 
26
1 Thlr gl. Polangschen Zoll
 Thlr: Taler, meist ist der 24 Silbergroschen entsprechende Reichstaler gemeint, eine im ganzen dt-sprachigen Raum übliche Silbermünze; gl.: Groschen (Silbermünze [ca. 24. Teil eines Talers] oder Kupfermünze [ca. 90. Teil eines Talers]; in Königsberg war der Kupfergroschen üblich; für 8 Groschen gab es ca. zwei Pfund Schweinefleisch). Polangen: Grenzort, nördlich von 
Memel
 . 
ist hier. Mein Vater hat die Fracht ausgezahlt aber 1 Thlr gl. 
27
Polangschen Zoll geben müßen, weil man bey gegenwärtiger Veränderung nicht 
28
so leicht abkommt. Ich umarme Sie nach herzl. Gruß vom Vater und an 
29
Herder
Johann Gottfried Herder
 Herder Ihr 
30
Hamann.
31
Adresse mit Mundlackrest:
32
à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie, Professeur 
33
Ordi- / naire de la Poesie et Senateur de L’Academie de Königsberg, 
34
Regent / du College Cathedral de et / à / 
Riga
.
Provenienz
 Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (126). 
Bisherige Drucke
 ZH II 311 f., Nr. 292. 
