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Kgsberg den 16 Februar 65.

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Herzlich geliebtester Freund,

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fl.
Gulden, Goldmünze, hier aber vmtl. 1 polnischer Gulden, eine Silbermünze, entsprach 30 Groschen oder weniger.
Gestern habe 100
fl.
an HE
Zeise
bezahlt, deren richtigen Empfang er auf

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Ihrer
Assignation
bescheinigt hat, wie er Ihnen selbst mit nächster Post

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5 #
wohl Kreuzer
melden wird. Die 5 # müßen aufgeschoben werden, da nach der Fracht des

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Coffres
wenig übrig bleiben wird. So bald dieser ankommt, werde Nachricht

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geben. Mama will von keiner Sänfte wißen. Sie werden durch Ihre baldige

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und glückl. Ueberkunft alles gut machen. Jetzt ist es hohe Zeit mit der

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HE Chollevius
Andreas Cholevius, Bürger im Kneiphof
Wohnung ein Ende zu machen, und ich bin gestern bey HE
Chollevius
im

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Rogallschen Hause
Haus von Barbara Regina Rogall
Rogallschen Hause gewesen um es zu besehen. Es sind 8 Stuben darinn; aber nicht

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mehr als 2 zu vermiethen, neben einander, die eine mit, die andere ohne Ofen,

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daher sie für eine geraume Cammer
passi
ren kann, im ersten Stockwerk.

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Richt über ist des Wirths Schlafzimmer, das ich gern dazu gehabt hätte.

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Unten behält er zwey, ein tägl. Wohn- und eine
Besuchstube
. Oben ist eine

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Materialienstube, und die übrigen zwey sind für eine Anverwandtin, die im

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Hause lebt und die Gesellen. Sie nehmen auf 3 Wochen eine Familie aus

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Thlr
Taler, meist ist der 24 Silbergroschen entsprechende Reichstaler gemeint, eine im ganzen dt-sprachigen Raum übliche Silbermünze.
Thorn auf, die nichts mehr als Ihre beyde Stuben bekommt, und 20 Thlr

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bezahlt für diese kurze Zeit. Unter 200
fl.
werden Sie jährlich selbige nicht

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Michaelis
29. September
vermiethen. Ich werde nicht
länger als bis Michaelis
sie abmiethen, und

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Sie werden sich nicht lange bedenken 100
fl.
dafür zu geben. Behelfen müßen

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Sie sich, liebster Freund, und da es den Sommer über ist, so wird er leicht

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vergehen. Da Sie keine Wirthschaft sogleich anfangen können; so glaube,

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daß ein
Bursch zu Ihrer Aufwartung hinlänglich
seyn wird,
der eine

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Treppe höher im Vorderhause liegen kann
. Die übrige Aufwartung thut

S. 312
Ihnen eine Magd im Hause. Für 100
fl.
Miethe ein halb Jahr müßen Sie

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HE Zöpfel
Zöpfel
nicht erschrecken. HE
Zöpfel
hat bisher für einige 40 Thlr ein gantzes Haus

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gehabt, und jetzt giebt ein junger Kaufmann für ein paar elende,

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unbrauchbare Stuben 55 Thlr, die ihm bisher 25 Thlr getragen haben. Der Geheimte

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Rath v Ziegenhorn
Christoph Georg Ziegenhorn (1714–1783), Justizrat in Königsberg
Rath
v Ziegenhorn
behalf sich einige Wochen lang mit einigen Stuben bey

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einem Klempner ein paar Häuser vom Rogallschen, biß er sich ein schönes

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Haus aufbauen können. Da die Leute gefällig und von dienstfertigen

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Umgange sind: so hoffe, daß Sie vielleicht die
Besuchstube
zu Ihrem Gebrauch

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den Sommer über Ihnen überlaßen würden, wenigstens würde ein

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Publicum
die Vorlesung
freundschaftlicher Vergleich darüber eben nicht
schwer werden. Ihr
Publicum

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könnten Sie auch im
Auditorio
laßen. Was Ihnen an der Miethe zu hoch

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kommen würde, ließe sich durch übrige Umstände ersetzen, wenn Sie

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vielleicht, wenigstens den Abendtisch, zu Hause
accordi
ren könnten. Ihre

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Meubles
Möbel
Meubles
könnten solange bey uns und andern guten Freunden angebracht

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werden, biß Sie Raum v. Gelegenheit bekämen sich nach Gefallen zu
etabli
ren.

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Wenn Sie sich dies gefallen laßen, so melden Sie mit erster Post. Ein

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Umstand auch, der bey ordentl. Fällen nicht immer gewährt ist, betrift die

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halbjährige Miethe, die man sich gern gefallen läßt, weil man nicht sehr verlegen

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ist. Daß die Mama die Gelegenheit vorher besehen kann, habe auch schon

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abgemacht. Die Stuben an sich sind geraum und helle und sonst nichts daran

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auszusetzen; auch der Character der Leute ein Hauptumstand, der Ihrem

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Geschmack Genüge thun wird. Ich erwarte so bald wie mögl. Ihre Erklärung

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darüber, und wenn Sie sich einen Rath gefallen laßen, auch einige Vorschrift,

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wieviel ich auf die Hand geben soll und was weiter zu erinnern. Eben komt

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ein Besucher her, der meldt, daß
Ihr
Coffre
angekommen
.
Gottlob!
er

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1 Thlr gl. Polangschen Zoll
Thlr: Taler, meist ist der 24 Silbergroschen entsprechende Reichstaler gemeint, eine im ganzen dt-sprachigen Raum übliche Silbermünze; gl.: Groschen (Silbermünze [ca. 24. Teil eines Talers] oder Kupfermünze [ca. 90. Teil eines Talers]; in Königsberg war der Kupfergroschen üblich; für 8 Groschen gab es ca. zwei Pfund Schweinefleisch). Polangen: Grenzort, nördlich von Memel.
ist hier. Mein Vater hat die Fracht ausgezahlt aber 1 Thlr gl.

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Polangschen Zoll geben müßen, weil man bey gegenwärtiger Veränderung nicht

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so leicht abkommt. Ich umarme Sie nach herzl. Gruß vom Vater und an

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Herder Ihr

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Hamann.


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Adresse mit Mundlackrest:

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à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie, Professeur

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Ordi- / naire de la Poesie et Senateur de L’Academie de Königsberg,

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Regent / du College Cathedral de et / à /
Riga
.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (126).

Bisherige Drucke

ZH II 311 f., Nr. 292.