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Mein lieber Bruder,
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Gott schenke Dir Gesundheit und Kräfte zu Deinem Beruf. Sey in
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Ansehung meiner in keiner Verlegenheit. Gott wird es wohl machen. Ich
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wünschte, Dein ganzes Vertrauen zu haben, sey nicht zurückhaltend noch
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scheu gegen mich. Alles was Dich angeht, wird zugl. meine Freude und Sorge
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seyn. Ich bin Gott Lob! leidlich gesund, den jungen Berens habe zu meinem
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großen Vergnügen gestern bey uns gehabt. Ich wünschte, daß er den ganzen
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Sommer hier bleiben könnte; und habe noch viel Hofnung von ihm. Unser
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alte Vater befindt sich Gott Lob! erträgl. Zöpfel aber sehr krank, und in
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Gefahr. Gott helf ihn! Ich habe gestern Abend ein neu Trauerspiel:
Philotas
S. 314
gelesen und heute schon Wagner gebeten es für den HE
Rector
beyzulegen.
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Ein wunderschön Ding! Er wird es Dir und meinem Freunde B. mittheilen.
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An Hauskreutz fehlt es unserm lieben Alten nicht; deswegen freue ich mich,
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daß ich hie bin und bitte Gott um Klugheit und Gedult für Ihn so wohl als
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mich. Gestern waren uns. beyde Leute als beseßen – heute wieder außerordentl.
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manierl. Was für ein ungl. und wetterwendisch Geschöpf ist der Mensch –
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ich und Du – der kluge wie tum, und der tumme wie gescheid. Die beyden
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Seiten von einer Tapete können nicht so ungl. einander wegsehen als die
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Leidenschaften unsers Herzens und ihr Gewebe in unsern Handlungen. Jeder
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von unsern Entschlüßen kommt auf eine wunderbarere Art zur Welt als die
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Erzeugung v Geburt des Menschen ist – auch von jenem heist es: im
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verborgenen, in der Erde gebildet – Wir wollten diese Woche unsere Andacht
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halten. Gott gebe uns
diese
nächste Woche Glück und Seegen dazu. Ich trug
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jetzt eben einem Bettler sein Gebühr entgegen, der mir dafür das Evangelium
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von der wunderbaren Speisung vorlas. Der Schluß davon heist: er entwich
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beyseit alleine.
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Melde mir doch, wenn Du etwas vom HE.
Doctor
in Mitau und s. Bruder
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in Grünhof erfährst; und schreibe uns bald. Ich umarme Dich aufs herzlichste,
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und bitte Deinen lieben Wirth nebst Seinem ganzen Hause aufs zärtlichste zu
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grüßen. Verschweige mir Deine beyläufige Gedanken über vorfallende
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geschrieben
nicht überliefert
Umstände nicht. Ich habe an HE Karl geschrieben, und werde bey ein wenig mehr
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Freund
Johann Christoph Berens
Muße an meinen Freund kurz oder lang, lustig oder ernsthaft, heulend oder
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pfeifend antworten. Lebe wohl, vergiß mich nicht, habe im Gedächtnis Jesum
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Christum den gekreutzigten – Bruder, Vater, Freund, Weiberliebe alles flüßet
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in Ihm zusammen – Kramers Paßionsreden sind bisweilen unser Abendbuch
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– Etwas zu viel vom Schulredner und Schulgelehrten. Die übrigen Abende
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Thun …
aus der 3. Str. des Liedes „Nun Gott Lob, es ist vollbracht“ von Hartmann Schenck (1634–1681).
ersetzen jetzt die Zeitungen die Karten. Du übersetzst – Dein
Thun
und
Laßen
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seegne Gott! Ich ersterbe Dein treuer Bruder und Freund.
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Adresse mit Rest von rotem Lacksiegel:
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à Monsieur / Monsieur Hamann / mon Frere / à
Riga
. / par
faveur
.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 1 (55).
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, I 367 f.
ZH I 313 f., Nr. 142.