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er sie neugierig darnach gemacht, v für deßen Mittheilung die Frau B. befugt 
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gewesen wäre mit Maulschellen zu bedanken. Sie können sich von dem 
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Hofmeister, den Sie haben, einen Begrif machen, unter deßen Aufsicht ein solches 
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Stück verfertigt worden. Dem Maler, der auch meinen jungen Herrn jetzt im 
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Zeichnen unterrichtet, habe ich es gleichfalls vorgehalten, v. ihn höflich 
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gebeten für meinen jungen Herrn Stücke von beßeren Geschmack auszusuchen; 
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er zuckte die Schultern dazu, als wenn das erste nicht an ihn läge. Ich bin 
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versichert, daß diese Sache von der Frau Baronin sehr übel aufgenommen 
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 Ein Adelsgeschlecht von Bayer gehörte wie die Budbergs zur livländischen Ritterschaft. 
werden würde, v. denen Herrn von Beyer gewiß das Haus höflich verboten 
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werden möchte, wenn ich den Brief an Sie hätte gelangen laßen; ihr Hofmeister 
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möchte selbst nicht mit Ehren bestehen. Ich habe ihn gestern bey HErrn Belger 
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näher kennen gelernt v gefunden, daß er seine Untergebenen nach seinem 
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Geschmak bildet. Ohne vielleicht viel von der Sittenlehre zu wißen v. einen 
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klugen Satz gehörig schreiben zu können, sind sie schon in der Baukunst, in 
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Sonnen Uhrmachen pp. erschrecklich bewandert v. voller Eigendünkel. Das 
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kluges Volk
 Spartaner im Umgang mit den Heloten; s. 
Plut. 
vit.
, Demetrius 1,4; auch in 
Hamann, 
Beylage zu Dangeuil
 wird darauf angespielt (N IV S. 228/9, ED S. 364). 
war ein kluges Volk, das seine Sclaven in Gegenwart der Kinder voll v. toll 
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saufen lies und
sie
 ihnen dies Laster zu vereckeln; v. dasjenige Wesen ist 
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weise, das so viel menschl. Ungeheuer auf der Welt geboren werden v. leben 
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läst, damit diejenigen, die ihre Vernunft v. Gewißen liebhaben, die Bosheiten 
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v. Thorheiten, die sie an andern anspeyen, an sich selbst nicht ertragen lernen. 
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Ich habe bey dieser moralischen Betrachtung aufgehört, v. weil es 7 Uhr v. 
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mein Herr Baron in Gesellschaft war, bin ich ein wenig bey Herrn Belger 
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 Ein Adelsgeschlecht von Dolgorukow gehörte wie die Budbergs zur livländischen Ritterschaft. 
gegangen. Die Herren von Bayer v die Printzen von Dolgorucki haben ihn mehr 
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als 6 mal überschickt hinzukommen, v er hat mir von beiderseits kleine Briefe 
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geschrieben
 gewiesen, mit denen sie ihn eingeladet haben, v ihm drohen 
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böse zu werden. Seine Hartnäckigkeit nicht hinzugehen hat diejenigen 
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befremdet, die von der genauen Freundschafft wißen, in der er sonst mit ihnen gelebt 
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hat. Wir haben unsere Abendandacht gehalten und er ist schlafen gegangen. 
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Ich weiß jetzt nichts mehr, was ich Ihnen zu berichten hätte, v. was ich 
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noch weis, muß ich zu den nächsten Briefen laßen, die ich über die Post zu 
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schreiben gedenke. Mein lieber Baron besucht wohl ziemlich fleißig 
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Gesellschaften; ich sehe es aber nicht ungern, weil ihn solche so nöthig als die Schule 
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sind, v. weil seinen v. meinen Arbeiten eben nicht einen merklichen Eintrag 
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thun. Es geschieht in der Gesellschafft seiner gnädigen Mama, v. er besitzt noch 
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viel Blödigkeit v. steifes Wesen, das nach einer LandErziehung aussieht. 
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Grüßen Sie doch, liebste Eltern, alle gute Freunde, insbesondere das 
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Rentzensche, 
Zöpfel
sche pp Haus, den Herrn Karstens Frau Lieut. v. Jgfr. 
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Degnerinn pp. von mir. Ich empfehle Sie dem lieben Gott v mich Ihrer Liebe v 
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Zärtlichkeit. Leben Sie so gesund, vergnügt v zufrieden als ich, v. erkennen Sie 
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mich jederzeit für Dero gehorsamsten Sohn. 
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Johann George Hamann.
Provenienz
 Unvollständig überliefert. Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 1 (10). 
Bisherige Drucke
 ZH I 32 f., Nr. 12. 
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
                geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
                vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
                vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
                Quellen verifiziert werden konnten.
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                                     saufen lies und ]
                                
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                                  Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1955):  lies  um  statt  und  Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): saufen lies um  conj.  |