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Mein Herzenslieber Bruder,
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aus dem Lied
Schütz,
Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut
Mit Mutter Händen leitet er die Seinen stetig hin und her. Gebt unserm
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Gott die Ehre. Gott erzeigt Dir viel Gnade, und ein größer Glück wird Dir
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angebothen, als du hattest erwarten können. Danke ihn von Herzen und
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nimm es nicht an, als biß Du Dich seinem Willen ganz gewiedmet hast und
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Dir Seinen Beystand von oben dazu versprechen kannst. Wenn es sein Wille
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ist, und Dein Ernst Dich demselben zu ergeben, so wird Dir alles gewährt
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werden, ja selbst das was uns entgeht, dient denn zu unserm Besten. Wir
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müßen als Sünder Gott bitten, als unwürdige und dürftige; nicht als
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Geschöpfe, sondern als Erlöste. Gott will uns nicht anders hören, annehmen,
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und erkennen als in seinem Sohn. Ohne den ist unser Gebeth ein Abscheu,
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und alles Gute, das wir thun und ihm vorsetzen nicht beßer als das Brodt,
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Ezechiel
Hes 4,13
das er den Propheten Ezechiel zu eßen befahl; Speise mit unserm Unflath
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gebacken. Ich schreibe Dir nicht als ein Schwärmer, nicht als ein Pharisäer,
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sondern als ein Bruder, der Dich nicht eher hat lieben können, solange er
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Gott nicht erkannte und liebte; der Dich aber jetzt von ganzen Herzen wohl
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will, und seit dem er beten gelernt hat, nicht vergeßen auch für Dich zu bitten.
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Alle Zärtlichkeiten des Bluts, der Natur sind leere Schaalen, die denen nichts
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helfen, die wir lieben. Wir können unserm Nächsten nicht anders als Schaden
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thun und sind wißende und unwißende Feinde deßelben. Durch Gott allein
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liebt unser Herz die Brüder, durch ihn allein sind wir reich gegen sie. Ohne
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Jesum zu kennen, sind wir nicht weiter gekommen, als die Heyden. In dem
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Jakobus
Jak 2,7
würdigen Namen, nach dem wir Christen heißen, wie der Apostel Jakobus
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sagt, vereinigen sich alle Wunder, Geheimniße und Werke des Glaubens und
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der wahren Religion. Dieser würdige Name, nach dem wir genannt sind, ist
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der einzige Schlüßel der Erkenntnis, der Himmel und Hölle, die Höhen und
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Abgründe des Menschlichen Herzens eröfnet. Ließ das herrliche Lied:
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Beschränkt Ihr Weisen dieser Welt p mit wiederkäuen, und laß Dir den Ton
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Kalmäuser
Grübler oder Stubengelehrter
meiner Briefe nicht anstößig seyn. Du wirst mich als keinen Kalmäuser
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antreffen, wenn ich die Freude haben sollte Dich zu sehen. Ich lebe jetzt mit Lust
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und leichten Herzen auf der Welt und weiß daß die Gottseeligkeit die
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Verheißung dieses und des zukünfftigen Lebens hat und zu allen Dingen nützlich ist.
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Wein
Pred 9,7
Seit dem ich Gottes Wort als die Artzeney, als den Wein, der allein unser
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Oel
Lk 10,34
Herz fröhlich machen kann und unser Gesicht glänzend von Oel, als das
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Brodt
Joh 6,31–58
Brodt, das das Herz des Menschen stärkt kennen gelernt habe, bin ich weder
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ein Menschenfeind, noch hypochondrisch, noch ein Ankläger meiner Brüder,
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Ismael
1 Mo 16,11
noch ein Ismael der Göttlichen Regierung mehr. Das Böse auf der Welt,
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das mir sonst ein Aergernis war, ist jetzt in meinen Augen ein Meisterstück der
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Befehl
Mt 5,39
Göttl. Weisheit; und der Befehl des Erlösers: Wiedersteht dem Bösen nicht,
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ein Kleinod der Göttl. und Christlichen Sittenlehre. – – Mit Deiner Antwort,
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Magistrat
in Riga, wo Hamann seit dem 16. Juli sich aufhielt
welche die Ehre gehabt dem hiesigen Magistrat zu gefallen, bin
daher
auch
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zufrieden biß auf die kritischen Züge, die Dir darinn entfahren. Unterdrücke
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Läusesucht
„… bey welcher durch die verdorbenen Säfte eine Menge Läuse ausgebrütet werden … entstehet gemeiniglich aus großer Unreinigkeit“ (Adelung Bd. 2, Sp. 1945, s.v.
Läusekrankheit
)
dergl. Einfälle so viel möglich. Du weist wie sehr ich an der Läusesucht des
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satyrischen Witzes siech gelegen.
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Wenn es Gottes Wille ist Dich hier zu haben, so beschleunige Deine Abreise
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so viel wie möglich. Sende alle Deine Bücher lieber mit einem Schiffer ab,
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um so leicht als möglich zu Lande zu gehen. Bringe meine 2 Lauten mit, ich
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Lübeck
vmtl. bei der Verwandtschaft mütterlicherseits, wo u.a. die Bücher Hamanns nach der Verschickung von London aus zunächst lagerten.
hoffe, daß aus Lübeck die zerbrochene mit meinen Büchern angekommen; wo
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nicht, würdest Du mich verbinden um selbige zu schreiben. Ich denke es
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gleichfalls zu thun. Die Postküßen die ich dort gelaßen um selbige überzuschicken,
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gehören HErrn Hennings, deßen Bruder oder Freunden Du selbige einliefern
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kannst. Bringe Dir Eßigs Historie, mein lieber Bruder durchschoßen und
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Marshall,
The gospel mystery of sanctification
, erschien erst 1765 in Übers.
unbeschnitten mit. Erkundige Dich, ob Marschalls Evangelisches Geheimnis der
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Heiligung ins Deutsche übersetzt, und schaffe Dir dies Buch an. Es ist schon
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im vorigen Jahrhundert im Engl. ausgekommen. Siehe Herveys Urtheil
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Hervey,
Meditations and contemplations
(Hamann kannte die dt. Ausg.)
im 2 oder 3. Theil des Aspasio um Dich zur Lesung deßelben aufzumuntern.
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Falls es nicht übersetzt,
will so
ich mit Gottes Hülfe diese Arbeit thun oder
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Dir überlaßen. Bringe von Schrifften und Musikalien so viel mit als Du
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kannst. Wenn Dir unser liebe Vater Luthers Schrifften überlaßen will, so
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laße diesen Schatz nicht zurück. Zu Schiff wird die Fracht wenig kosten.
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Gott lenke alles nach Seinem Gnädigen Willen. HE. Pastor Gericke der
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Vater freut sich sehr über Deine Wahl, und ich – – ich – – ich, mein lieber
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Bruder, ich denke von Dir beßer als mir Selbst und zweifele nicht, daß Gott
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viel Gutes, recht sehr viel Gutes zum Besten Seines Hauses und seiner
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Heerden, sie mögen in Cammern oder Schaffen bestehen, im Sinn hat durch
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Deine Hand auszurichten und selbige dazu stärken wird. Wie froh bin ich über
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die Gnade gewesen, die mir Gott durch Dein Glück und Gegenwart so
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unvermuthet bereitet hat. Ich erschrock als ich von Deiner Ueberkunfft hörte,
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weil ich glaubte, daß ein gleicher Sinn mit dem meinigen Dich hiezu antriebe
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– – und ich unsern alten lieben Vater nicht gern verlaßen wißen wollte. Als
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ich aber die Umstände erfuhr, war ich desto angenehmer entzückt. Ich umarme
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Dich herzlich und empfehle Dich der Gnädigen Obhut unsers himmlischen
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Vaters und unsers liebreichen Erlösers, der Seinen guten Geist reichlich über
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Dich ausgüßen und Dich mit allen Tugenden deßelben salben wolle. Amen.
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Ich ersterbe Dein treuer Bruder.
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Johann George.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 1 (44).
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, I 288–290.
Paul Konschel: Der junge Hamann. Königsberg 1915, 86–88.
ZH I 242–244, Nr. 110.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
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will so ]
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Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1955): lies so will |