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233/2
Auf der Reise nach London (über Amsterdam) war Hamann am 14. Oktober in Berlin angekommen; vgl. zur Reise
Hamann,
Gedanken über meinen Lebenslauf
, LS S. 333ff. Er begegnete dort u.a.
Moses Mendelssohn
,
Johann Georg Sulzer
und
André-Pierre Le Guay de Prémontval
.
Mein lieber Bruder,
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memoire raisonné
nicht ermittelt
Ich habe Dir schon neul. Posttag schreiben und das
memoire raisonné
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mitschicken wollen, es hat nicht angehen können. Und das letztere werdet ihr
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schon wenigstens deutsch haben. Ich bin Gott Lob recht gesund und schwärme
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zu Hause
vll. bei Erhard Ursinus, Geheimer Oberfinanzrat in Berlin
den Tag zieml. herum. Vormittags zu Hause oder bey HE. Grafen Fink.
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Nachmittags aber sehe mich um; biß gegen Abend die ich mehrentheils für
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vmtl. Ernst Gottlieb Baron, Lautenist an der Hofkapelle
mich zubringe. Ein
Concert
hat mich HE. Baro und die größten Hofmusikos
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Johann Gottlieb Janitsch, Komponist an der Hofkapelle
kennen gelernt. Es wird Freytags bey HE. Janitzsch gehalten. HE. Baro ist
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auf 8 Tage mein Lehrmeister auf der Laute geworden. Mehr denke nicht daran
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zu wenden. Dieser alte Mann der dem Tausche zieml. ähnlich ist im Eigensinn
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übertrift er ihn, scheint mir zieml. gewogen worden zu seyn, und ich glaube von
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seinen Sachen vielleicht mehr aufweisen zu können als sich andere bisher
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vmtl. Johann Matthias Schuster
rühmen können. HE. Schuster ist Professor bey der Maler Akademie geworden
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und logirt in eben dem Hause mit ihm. Er giebt jetzt ein Werk von Kupferstichen
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in der schwartzen Kunst aus worinn die größten Künstler unserer Zeit nebst
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ihrem Lebenslauf kommen sollen. Er hat mir das erste Probeblatt durch HE.
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Dubuisson
Kgl. Blumenmahler geschenkt und Benda ist auch jetzt fertig; den
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ich auch noch von ihm zu erhalten hoffe. Er hat mich heute besucht; und sich durch
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Silvius Leopold Weiss (1686–1750)
das
Tombeau
des Weiß sehr einnehmen laßen. HE Kammermusikus Baro ist
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drollichten
ein Lautinist in Königsberg, der ebenfalls Weiss heißt und Lehrer von
Finck von Finckenstein
war; parodiert in
Lauson,
Die Laute
(in ‚Zweeter Versuch…‘, S. 144)
auf unsern drollichten sehr übel zu sprechen v hat sich deswegen mit dem Gr. F.
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verzürnt der nicht leiden kann daß man seinen Lehrmeister verachtet. Die Stücke
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die ich aufgewiesen haben mir und den Meinigen desto mehr Aufmerksamkeit
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zugezogen; der Neid selbst hat sie billigen müßen wieder Willen. HErrn
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Johann Reichardt
, Hamanns Lautenlehrer in Königsberg
Reichard thue die Versicherung daß ich mein Wort in Ansehung derselben halten
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werde sie nicht gemein zu machen. Ich habe eine Hauptstimme von dem
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Francesco Durante
Durantschen
Concert
die Flöte wo ich nicht irre aber vergeßen und bitte Dich also
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mit erster Post sie mir zu überschicken. Ich denke noch immer daß ich
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Gelegenheit haben werde mich vielleicht öffentl. damit hören zu laßen. Vergiß es daher
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nicht mein lieber Bruder. Wenn Du noch etwas beylegen könntest. Das große
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zum Exempel was ich zu Hause gelaßen oder das Schwartzsche nach HE.
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Reichards Verbeßerung; oder den
Melancholicum
den er auf der Laute absetzen
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wollen: so wäre es mir um so viel lieber. Ich denke noch 14 Tage wenigstens
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hier zu bleiben. Gedruckte Sachen kosten
hier
weniger auf der Post und die
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Music blüht hier unter allen schönen Künsten. Versag mir das Vergnügen
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und das Hilfsmittel mich ein wenig zu zeigen nicht, wenn es Dir mögl. ist.
S. 234
eine Filiale der Buchhandlung des Halleschen Waisenhauses (1702–1821 in Berlin)
Die Buchladen habe hier alle biß auf des Waysenhauses ihren besucht. Mit den
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Jean Jasperds Buchhandlung an den Werderschen Mühlen
Franzosen ist nicht auszuhalten.
Jasperd
ist der verdrüslichste unverschämteste
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Jean Neaulmes Buchhandlung in der Grimmschen Gasse
Kerl auf der Welt.
Neaulme
hat ein altes holländisches Weib hier, die ich
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Etienne de Bourdeaux
gestern schön bezogen.
Bourdeaux
ist noch der einzige mit dem zu handeln.
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Klüter hat einen Haufen Kinder, und scheint in schlechten Umständen zu seyn.
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Ein Mann der ganz Europa v die Levante mit zum Theil durchstrichen hat.
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Ich fand ihn an dem
Memoire rais.
arbeiten aus Lust und für die lange
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übersetzte einen Bogen in der Geschwindigkeit. Gestern komme von ungefehr zu
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ihm er will eben taufen laßen und bittet mich mit zum Schmauß. Ich habe
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den Abend mit viel Zufriedenheit hingebracht und hatte ein Theil der Nacht
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mit angesetzt. Anstatt die Sechswöchnerin im Bett zu finden, saß sie im vollen
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Putz und gieng frischer im Hause als die gesundeste Frau herum.
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Billet
nicht überliefert
HE. Sahme hat mir heute ein freundschaftl. Billet geschrieben. Ich
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habe ihn nicht seit den 2 Abenden gesehen die ich bey meiner Ankunft
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Rath
vll. bei Erhard Ursinus (1706–1785), Geheimer Oberfinanzrat in Berlin, vgl.
Hamann,
Gedanken über meinen Lebenslauf
, LS S. 333/25
mit ihm zugebracht. Der geheimte Rath ist zu Hause und er mit Arbeiten
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überhäuft.
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Louis v. Beausobre
war als Geheimrat seit August 1755 mit der Zensur der Zeitungen für die preußische Regierung in Berlin beauftragt.
Gr. F.
Finck von Finckenstein
Den jungen HE. von
Beausobre
habe bey Gr. F. gesehen. Er hat die
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Correctur
der Zeitungen; und außer der Ehre ein
Eleve du Roi
zu heißen
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der ihn hat auf seine Unkosten reisen laßen ist er der Autor der
Songes
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vmtl. Krockow
d’Epicure;
die du in Königsb. gesehen. Den ältesten von Krokau habe eben
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M. Mountel
nicht ermittelt
daselbst gestern gesprochen auch mit einem engl. Sprachmeister
M. Mountel
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Bekanntschaft gemacht.
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Zu den weiteren Daten und Reisestationen nach London vgl.
Hamann,
Gedanken über meinen Lebenslauf
, LS S. 333ff.: 1. Oktober 1756 Abreise aus Kurland nach Danzig, 14. Oktober Ankunft in Berlin, 23. November Reise nach Hamburg, 28. November Reise nach Lübeck, 24. Januar 1757 nach Hamburg, 5. Februar nach Bremen, 9. bis 17. Februar nach Amsterdam, dann nach Rotterdam, 16. April Überfahrt nach Harwich, 18. April 1757 Ankunft in London, 8. Juli 1758 Abreise von Gravesande, 16. Juli Ankunft in Riga bei
Carl Berens
.
den 30 Octobr.
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Ich bin heute übereilt worden. Werde alles bestellen. Mache
Couverts
um
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diese Briefe und erwarte nächstens mehr. Grüße 1000 mal meinen alten lieben
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Vater ich bin mit Deinem Schreiben an HE. B. sehr zufrieden gewesen den
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Umstand mit Funk verstehe nicht. Du must Dich selbst hierüber eine Erklärung
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ausbitten.
à M. H. H. homme de lettres.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 1 (32).
Bisherige Drucke
Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, I 111.
ZH I 233 f., Nr. 106.