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158/7
Hamburg, den 14ten
Febr.
1775.

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HEn
.
Hamann
.

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Um meinen, durch Glück und viele saure Arbeit erworbenen
Titre
nicht zu

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verlieren, schreibe ich erst heute! Nicht wahr? so denken Sie! Aber der

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nordische
Magus
kann sich irren. – Diese Jahrzeit ist überhaupt für einen armen

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Teufel in Hamburg der Rechnungsgeschäfte hat, die Geschaftvollste, und

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dazu ist noch eine Krankheit gekommen – verstimmte Schornsteine im ganzen

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Hause, daß ich die meiste Zeit nur die Wahl unterm Erfrieren oder

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Todtschmauchen gehabt – Kurz – ich schreibe erst heute! Und melde Ihnen:

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daß
Kanter
durch zwey Briefe von mir 40
Tristrams
nebst andern Sachen

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gefodert hat. Er spricht von Subscribenten, die ihn darum quälen, ob er mir

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gleich keinen, weder für sich noch für Sie angezeigt hat. So ungerne ich nun

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dem Herrn
Kanter
in die Hände gerathen wäre, so hätte ich doch, aus andern

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Betrachtungen, sein Begehren längst erfüllt: allein ich wollte doch gerne erst

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Nachricht haben, daß die 45 zu Waßer angelandet wären. Endlich hab’ich

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doch, um ihn nicht zum Unwillen, und vielleicht zu etwas Schlimmern gegen

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mich zu reitzen, mit der heutigen fahrenden Post 21 Stck. geschickt, und ihn auf

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die übrigen 19 Stck. an S
ie
verwiesen. Ich hoffe, daß der Schiffer doch

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wenigstens gegen die Zeit, da das Paket auf der Post anlangt, auch angekommen

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seyn soll, und Sie also (eine große Ursach meines Säumens) eben so

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geschwind Ihre Subscribenten befriedigen können.

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In dem Packet zu Lande habe ich für S
ie
beygeschloßen
12 Mancherley

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und 24
Prol.
wie auch ein Exempl. von Schmidlins
Chatolicon,
welches S
ie

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alles schon vorher bey Herrn
Kanter
in Beschlag nehmen mögen. Herr

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Schmidlin will, ich soll Ih
nen
allerley Gutes von ihm sagen, damit S
ie
ihm ja nicht

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böse seyn oder bleiben möchten. Da ich aber von Ih
nen
weiß, daß S
ie
keinem

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Menschen eigentlich böse seyn können (das fürcht ich, als rüstiger Uebersetzer

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und langsamer Correspondent nicht einmal) und sich von Schmidlin mit

S. 159
Wahrheit wirklich viel Gutes sagen ließe: so will ichs nicht thun, und Sie

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werden doch thun, was er wünscht.

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Was S
ie
in Ihrem letzten Briefe von noch 45
Tristrams
sagen, muß ich,

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meinem eingefrornen Kopfe zur Schande, bekennen, verstehe ich nicht.

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brauchten Sie aber mehr Exemplare, so stehen so viele zu Dienste als Sie fodern

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werden.

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Was sagen Sie zu dem Einfalle, den jemand gehabt hat, ich soll mich an

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den Launevater
Rabelais
wagen? Wenn Sie einmal eine müßige ¼ Stunde

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haben, so sagen Sie mir es doch. Aber, was sagen Sie dazu, daß man Sie im

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D. Merkur zum
Chef
einer Litterarischen Sekte gemacht, und mich, mich

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unphilosophischen und unwitzigen Scribler hinter Ihnen, wie der Bauer hinter

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dem Pabste, im Todtentanze, anwackeln läßt?

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Wenn Sie wirklich der Mann wären, der, um ein Kind zu beniemsen nach

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der Gegend reisen möchte: so sollte mich Abrahams Beyspiel reitzen, um zu

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versuchen, diese Ehre für mein eignes Haus zu erbitten, weil es doch mit

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Claudius
und der
Claudilla
etwas langsam zu gehen scheint.

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Andere Namen auf der Schreibtafel erinnern mich an die Kürze der

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flüchtigen Zeit, an einem Posttage. Also einen herzlichen deutschen Händedruck und

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Adche! laßen Sie bald Nachricht wißen, daß Sie gesund und wohl sind, und

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daß das Schiff angelangt sey Ihren

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J J C Bode


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Adresse mit rotem Lacksiegel:
a Monsieur / Monsieur Hammann /

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Homme de lettres / à / Königsberg / franco /

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 29.

Bisherige Drucke

ZH III 158–159, Nr. 435.