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351/20
Warschau den
14
Octobr.
65.
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Mein lieber Herder,
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Daß ich seit dem
17
ten
Sept.
hier bin, werden Sie vielleicht schon wißen,
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wenigstens was Horatz sagt vom schwarzen Verdruß, dem man so wenig als
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seinem eignen Schatten entlaufen kann. Desto vergnügter leben Sie, und
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ich habe mir fest vorgenommen gleich bey meiner Zurückkunft ein Zeuge
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davon zu seyn; indem mein erstes seyn soll Riga und Sie zu besuchen. Falls
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es Ihnen einfallen sollte, bald an mich zu schreiben: so lebt ihr
homme de
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beatae memoriae
dt. seligen Andenkens
Mr. Denoyers
nicht ermittelt
lettres beatae memoriae
bey
Mr.
Denoyers
,
in der Johannesstraße
. Ich
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Zaluskischen Bibl.
Jozef Andrzej Zaluski (1701–1774); erste öffentliche Bibliothek Polens, gehörte damals zu den größten Bibliotheken weltweit.
HE. Janotzki
Johann Daniel Andreas Janotzky (1720–1786), Aufseher der Zaluskischen Bibliothek in Warschau.
bin hier einmal auf der
Zalus
kischen Bibl. gewesen und kenne den HE.
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Janotzki
als den gefälligsten Mann, versprach ihm bald wieder zu kommen;
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Nicolaischen Buchladen
Vmtl. ist der Buchhandel von Michael Gröll (1722–1798) gemeint.
habe aber wenig Lust dazu. Den
Nicolai
schen Buchladen besuche hier am
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Berlinschen
Friedrich Nicolai
fleißigsten. Kein Anverwandter des Berlinschen. Zum Andenken meines
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Paauw Ausgabe vom Aeschylus
Aischylos,
Tragoediae superstites
hiesigen Aufenthaltes habe mir des
Paauw
Ausgabe vom
Aeschylus
in
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Dublon
Dublone, Goldmünze
2
Quartanten
gekauft für einen
Dublon.
S. 352
Vieillard de la Montagne
Rousseau,
Les Lettres écrits de la montagne
Den
Vieillard de la Montagne,
ich meine des
Rousseaus
Briefe, von denen
2
uns beide nur der erste Theil
interessi
ren kann, und den
neveu
des
und sein
Fragment
über die
Philosophie de l’histoire,
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werden Sie bereits kennen, und mit mehr Anwendung gelesen haben, als
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ich davon machen kann. Eine Flasche Ungarsch Wein schmeckt mir beßer als
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Anakreon
Anakreon von Teos
ein Buch, und Freundschaft ist wie nichts gegen Mädchenliebe. Anakreon
7
Sokrates
Sokrates
verdiente glücklicher als Sokrates zu
seyn
weil er weiser war. So viel zum
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Andenken Ihres
9
gebundnen
Prometheus.
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Adresse:
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à Monsieur / Monsieur Herder / Candidat du St. Ministere; Biblio- /
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thecaire du Magistrat et Collegue / vicaire du College Cathedral
13
de et / à /
Riga
.
Provenienz
Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 21–22.
Bisherige Drucke
Johann Gottfried von Herder’s Lebensbild. Sein chronologisch geordneter Briefwechsel, […]. Hg. von seinem Sohne Dr. Emil Gottfried von Herder. Ersten Bandes zweite Abtheilung. Erlangen 1846, 110 f.
Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, I 426.
ZH II 351 f., Nr. 310.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
351/22 |
17 ten |
Geändert nach der Handschrift; ZH: 17 |
352/7 |
seyn ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: seyn, |