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Riga den
16 Junius. 1754.

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Herzlichgeliebteste Eltern,

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Brief
nicht überliefert
Der Brief meines lieben Vaters hat mich unendlich erfreut. Gott sey Dank,

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der Ihnen so weit geholfen hat. Er wird auch das übrige thun. Die zwey

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Briefe
nicht überliefert
Mietau
heute Jelgava, Lettland [56° 39′ N, 23° 43′ O] (40 km südwestlich von Riga)
Briefe von Mietau habe noch nicht erhalten ohngeachtet ich deswegen an HE

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D.
Lindner geschrieben, der mir nicht hat antworten können v den ich wegen

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seiner Geschäfte entschuldigen muß. Wir werden den 22
h.
(ich schreibe alles

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N. Styl
gregorianischer Kalender
nach dem N. Styl.) wiederabreisen v heute um 8 Tage also in Mietau seyn.

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Ich sehne mich recht aus Riga v kann mich hier wenig Vergnügens erfreuen.

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Den 7
h.
habe einen Anfall Nachmittags vom Fieber bekommen. Sonntags

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war wieder mein schlimmer Tag, ich war an demselben bey dem Regierungs R.

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v.
Campenhausen
Mittags mit meinen jungen Herrn zu Gaste. Sie können

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leicht denken wie mir zu Muthe gewesen. Die Kälte war leicht überstanden;

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die Hitze kam mit gewaltigen Kopfschmerzen dergl. ich noch nicht gefühlt nach

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der Tafel. Der Hofmeister ist ein Sachse, ein liebenswürdiger Mann vom

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Umgange der sich für einen Vetter im weitläuftigen Verstande von Gellert

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ausgiebt; dieser suchte mich auf alle mögl. Art durch Spiritus v dergl. Mittel

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zu Hülfe zu kommen. Seine Gesellschafft war mir so angenehm daß ich das

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Fieber nur halb gehabt habe. Dienstags kam es förmlich wieder; Donnerstags

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gleichfals v gestern ist es auch glückl. überstanden. Ein Husten v ein Schmerz

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in der linken Seite, der beym Othemholen v besonders beym Husten zu

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Stichen wird, sind mit demselben begleitet. Der Magen hat keinen
Appetit,

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verabscheuet alles v das geringste was er genüst wird ihm zur Last. Ich habe mich

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bisher bloß Gott und meiner Natur überlaßen v. nicht das geringste gebraucht

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außer ein paar öhmischen Balsamtropfen auf Zucker die mir heute im Munde

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gesteckt worden. Es hat mich ziemlich schon angegriffen. Ich denke noch biß zu

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uns. Abreise auszuhalten da ich mich denn in Mietau dem HE.
D. Lindner

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anvertrauen werde; weil ich merke, daß ich eine ganze Cur nöthig habe v die

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Hypochondrie bey mir zunimmt. Ihrem Rath liebster Papa! würde ich mich

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am liebsten unterwerfen. Suchen Sie mir doch wenigstens ihre Meynung

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über mein Fieber v die HülfsMittel dawieder mitzutheilen. Vielleicht wird es

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meine Natur auf einen beßern Fuß setzen, wenn ich es werde mit Gottes Hülfe

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voriger Wirth
vll.
Philipp Belger
überstanden haben. Mein voriger Wirth befindt sich mit seiner Frau

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gleichfalls unpäßlich ppp. Des HE. Generalen
Excell.
besuchten mich selbst gestern

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v man qvält mich mit Eßen v Artzeneyen. Die hiesige Lufft v Witterung ist

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ungesunder wie in Grünhoff. Wir werden uns wenigstens 8 Tage in Mietau

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auf dem Höfchen aufhalten. Ich werde gleich mit meiner Ankunfft schreiben.

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Ist mein Bruder schon zu Hause gekommen; auf dem Lande wird er Zeit

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gehabt haben Gedanken für mich zu sammlen, die ich mir bald schriftl. zu sehen

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verspreche. Meiner lieben Mutter kann berichten daß mein erstes Hemde fertig

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ist; ich wollte es aber nicht gern anziehen als biß ich gesund würde.

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Orth
Name der polnisch-preussischen 18-Groschen-Münze, deren Edelmetallgehalt unter Nominalwert lag, also als schlechtes Zahlungsmittel galt. Wurde teilweise in Königsberg geprägt.
Macherlohn nach unserm Gelde für das Stück 2 Orth. Ein paar Schuh 5. v ein p.

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Alb. Thrl.
Albertsreichsthaler, 1616 in den Niederlanden eingeführt, im 18. Jhd. zeitweise auch in Preußen und Dänemark geprägt; wichtiges internationales Zahlungsmittel im Ostseeraum.
Stiefel 5 biß 6 Alb. Thrl. Die Preise sind von den unsr. sehr ungl. Einen

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Haarbeutel habe mir auch hier angeschafft. Meine Weste soll biß zu künfftigen

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Sommer wills Gott! aufgehoben seyn. Herr Karstens bezeigt sich hier gegen

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mich sehr freundschaftl. v. gefällig. Ich untersage mir fast allen Umgang v.

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alle Bekanntschaft, weil hier selbige nachtheilig v. kostbar; ich auch wenig

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geschickt dazu bin. Darf ich lieber Papa wohl wegen der Laute Anfrage thun?

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In Ansehung der Barbier Meßer, die Sie mir gütigst anbieten, bedanke ich

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mir schon im voraus; weil ich selbige höchst nöthig habe. So gut wie mögl.,

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wenns Engl. seyn konnten. Einen guten Stein wünschte auch dabey zu sehen.

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Ich empfehle mich Dero Väterl.
v Mütterl.
Gebet v küße Ihnen beyderseits

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voll kindl. Ehrfurcht die Hände als Dero gehorsamster Sohn. Meinen Bruder

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umarme. Jfr Degner., v übrige Hausgenoßen nebst allen guten Freunden

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bitte herzl. zu grüßen. Dem HE.
M.
v seiner Frau Liebste meine Antwort

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ehstens zu versprechen die ich durch durch des HE. Bruders Schuld ein wenig

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spät erhalten habe. Leben Sie wohl v. lieben Sie mich.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 1 (19).

Bisherige Drucke

Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, I 56 f.

ZH I 72–74, Nr. 27.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
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v Mütterl.
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
v. Mütterl.