253
225/15
Allerdurchlauchtigster
vgl.
HKB 252 ( II 224/11 )
Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König,

16
Allergnädigster Herr!

17
Ew.
Königliche Majestät
vergeben es huldreichst dem geringsten Ihrer

18
Unterthanen, der sich heute erkühnt die Bedürfniße seiner niedrigen, aber

19
ehrlichen Dunkelheit ans Licht vor Ew.
Königlichen Majestät
Antlitz zu stellen.

20
Ich beschließe Gott lob! mit diesem
August
monath das 33ste Jahr meines

21
Alters, und habe nach einer ziemlich willkührlichen Abwartung des

22
Hofmeistern in Lief- und Kurland
1752–56
akademischen Laufes, mit Hofmeistern in Lief- und Kurland, hierauf mit einer

23
Reise nach Holland und England
1757/58
Reise nach Holland und England unter dem Mantel fremder Angelegenheiten,

24
die letzten fünf
gemeint ist der Siebenjährige Krieg und die Besetzung Ostpreußens durch russische Truppen
mir meine übrige Zeit vertrieben, endlich die letzten fünf (für das Vaterland

25
trübe) Jahre in meines Vaters Hause theils zur Pflege seiner grauen Schläfe,

26
theils in einer gelehrten Muße nach Herzenswunsch gelebt.

27
Da eine schwere Zunge und Unvermögenheit der Aussprache, nebst einer

28
eben so empfindlichen Gemüthsart als Leibesbeschaffenheit zwar mich zu den

29
meisten öffentlichen Bedienungen untüchtig machen; ich aber zugleich Gefahr

30
laufen muß das Theil meiner Gaben oder Güter bey einem längeren

31
Umgange der Musen zu verschlingen, und dann wie der
verlorne
Sohn im

32
Hunger zu verderben: so bleibt die Landesväterliche Weisheit und Vorsorge Ew.

33
Königlichen Majestät
für die Erhaltung und Anwendung eines unnützen

34
Knechts sein Trost.

35
Weil ich blos für die lange Weile und zu meiner eigenen Demüthigung

S. 226
studiert: so muß ich allen Aemtern entsagen, zu welchen die
Qualitaet
eines

2
Litterati
sonst erfordert wird, und kann mich weder auf irgend einige

3
Verdienste beruffen, noch auf andere Bedingungen einlaßen, als daß ich zur Noth

4
leserlich schreiben und ein wenig rechnen kann.

5
Um gleichwol zu Geschäften mich einiger maßen vorzubereiten, habe ich seit

6
einigen Wochen bey der Canzelley E. hiesigen Magistrats zu arbeiten den

7
Anfang gemacht und bin durch diesen Versuch erweckt worden
Ew. Königliche

8
Majestät
um die gnädige Erlaubnis gegenwärtig anzuflehen, bey
Dero

9
Invalide des Apolls
vgl.
HKB 152 ( I 368/13 )
Kriegs- und Domainen-Cammer
Kriegs- und Domänenkammer in Königsberg
Hochverordneten Kriegs- und
Domainen
-Cammer
eine gleichmäßige

10
Probe meiner freywilligen Dienste ablegen zu dürfen in unterthänigster

11
Hofnung, daß es mir durch diesen Weg gelingen könnte als ein
Invalide
des

12
Apoll
s mit einer Zöllnerstelle zu seiner Zeit begnadigt zu werden.

13
Gott Selbst
wolle mich mit dem redlichen Eyfer und klugen Gehorsam

14
ausrüsten, womit auch die kleinsten Befehle und Winke
Ew. Königlichen

15
Majestät
verdienen nachgelebt und erfüllt zu werden von allen treuen

16
Unterthanen und Bedienten des Glorwürdigsten
Monarchen
, zu denen sich für

17
den kleinsten und letzten bekennt und auf das Bekenntnis mit pflichtschuldiger

18
Devotion
ersterben wird
Ew. Königlichen Majestät
allerunterthänigster

19
Knecht!

20
Königsberg den 29
Julii
1763.
Johann Georg Hamann.


21
Johann Georg Hamanns
/ allerunterthänigste Bittschrift /

22
bey /
E. Königlichen Hochverordneten / Kriegs- und
Domainen
-

23
Cammer
/
engagir
t zu werden / mit der Erwartung einer künfti / gen

24
Licent-Accise- oder Zoll-Wesen
Steuer- und Zollamt
Versorgung beym hiesigen /
Licent-Accise-
oder Zoll-Wesen.



S. 498
Auf der Höhe von HKB 253 (II 226/24) folgender Bescheid der Behörde am Rand:

3
Supplicant
hat sich bey der Kriegs- und
Domainen
Kammer

4
Cantzeley zu melden, um daselbst als
extraordinairer
Cantzeley-

5
Verwandter in Eydes-Pflicht genommen zu werden, bis zu seiner

6
weiteren Versorgung sich etwa Gelegenheit findet.

7
Signatum
Königsberg den 8t. Aug. 1763.

8
Königliche Preußische Kriegs- und
Domainien
-Cammer

9
v. Wegnern
Otto Salomo Wegner
Poehling
Friedrich Wilhelm Poehling
, Kriegs- und Domänenrat in Königsberg
gez. Domhardt v. Wegnern Cupner Bertram Poehling

Eine Abschrift des Briefes von Hamanns Hand. Provenienz: Negativ der Handschrift in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster, Signatur: Hamann-Nachlass, Kaps. 2, 5. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 20:

498/11
An E. Königl. Kriegs- und
Domainen
Cammer.

12
P. P.

13
Ew. Königl.
Majestät
vergeben es huldreichst dem geringsten Ihrer

14
Unterthanen, der sich heute erkühnt, die Bedürfniße seiner niedrigen,

15
aber ehrlichen Dunkelheit ans Licht vor Ew. Königl. Maj. Antlitz zu

16
stellen.

17
Ich beschließe mit diesem August das 33
ste
Jahr meines Alters,

18
und habe nach einer ziemlich willkürlichen Abwartung des

19
akademischen Laufes, mit Hofmeistern in Lief- und Curland, hierauf mit

20
einer Reise nach Holland und England unter dem Mantel fremder

21
Angelegenheiten, mir meine übrige Zeit vertrieben, endlich die letzten

22
fünf (für das Vaterland trübe) Jahre in meines Vaters Hause, theils

23
zur Pflege seiner grauen Schläfe, theils in einer gelehrten Muße nach

24
Herzenswunsch gelebt.

25
Da das Gebrechen einer schweren Zunge und Aussprache, nebst

26
einer eben so empfindlichen Gemüthsart als Leibesbeschaffenheit mich

27
zu den meisten öffentlichen Bedienungen untüchtig machen; ich aber

28
zugleich Gefahr laufe, das Theil meiner Gaben und Güter bey einem

29
längeren
Umgang
der Musen zu verschlingen, und dann, wie der

30
verlorne Sohn im Hunger zu verderben: so bleibt die Landesväterliche

31
Weisheit und Vorsorge Ew. Königl. Majestät für die Erhaltung

32
und Anwendung eines unnützen Knechts sein Trost.

33
Weil ich blos für die lange Weile und zu meiner eigenen

34
Demüthigung studiert
habe;
so muß ich allen Aemtern entsagen, zu welchen

35
die Qualität eines
Litterati
sonst erfordert wird, und kann mich

36
weder auf irgend einige Verdienste beruffen, noch auf andere

S. 499
Bedingungen einlaßen, als daß ich, zur Noth leserlich, schreiben und ein wenig

2
rechnen kann.

3
Um gleichwol zu Geschäften mich einigermaßen vorzubereiten, habe

4
ich seit einigen Wochen bey der Canzelley eines hiesigen
Magistrats
zu

5
arbeiten den Anfang gemacht, und bin durch diesen Versuch erweckt

6
worden, Ew. Königl. Majestät um die gnädige Erlaubnis

7
gegenwärtig anzuflehen, bey dero Hochverordneten Kriegs- und
Domainen

8
Cammer eine gleichmäßige Probe meiner freywilligen Dienste

9
ablegen zu dürfen in unterthänigster Hoffnung, daß es mir durch diesen

10
Weg gelingen könnte, als ein Invalide des Apolls mit einer

11
Zöllnerstelle zu seiner Zeit begnadigt zu werden.

12
Gott Selbst wolle mich mit dem redlichen Eifer und klugen

13
Gehorsam ausrüsten, womit auch die kleinsten Befehle und Winke

14
Ew. Königl. Majestät verdienen nachgelebt und erfüllt zu werden,

15
von allen treuen Unterthanen und Bedienten des Glorwürdigsten

16
Monarchen, zu denen sich für den kleinsten und letzten bekennt, und

17
auf dies Bekenntnis mit pflichtschuldiger
Devotion
ersterben wird
p.

18
Königsberg den 29
Julii
1763.


19
Cammer
Resolution
auf obige Bittschrift.

20
Supplicant
hat sich bey der Kriegs- und
Domain
en Cammer-

21
Cantzeley zu melden, um daselbst als
extraordinai
rer

22
Canzeleyverwandter
in Eydespflicht genommen zu werden, bis zu seiner

23
weiteren Versorgung sich etwa Gelegenheit findet.
Sig.
Königsberg den 8
Aug.
1763

24
Domhardt v Wegnern
Cupner Poehling Bertram.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 84.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 207 f.

ZH II 225 f., Nr. 253.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
225/31
verlorne
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
verlorene
498/2
–9
Auf […] Poehling]
In ZH im Apparat.
498/13
Majestät
]
Geändert nach dem Negativ der Handschrift in Münster; ZH:
Majestät
498/29
Umgang
]
Geändert nach dem Negativ der Handschrift in Münster; ZH:
Umgang
498/34
habe;
]
Geändert nach dem Negativ der Handschrift in Münster; ZH:
habe:
499/7
Domainen
]
Geändert nach dem Negativ der Handschrift in Münster; ZH:
Domänen
499/19
Resolution
]
Geändert nach dem Negativ der Handschrift in Münster; ZH:
Resolution
499/22
Canzeleyverwandter
]
Geändert nach dem Negativ der Handschrift in Münster; ZH:
Canzleyverwandter