196
S. 47
Königsb: den
5 Nov. 1760.
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Herzlich geliebter Freund,
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Ich habe eben den Posttag nach Kurland
expedi
rt, den so lange
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aufschieben müßen, und bin recht sehr zufrieden diese Arbeit abgelegt zu haben. Mein
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Vater will noch an Sie schreiben mit seiner Hand, was mein Bruder
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entworfen. So wenig ich also Zeit übrig habe, so will doch diese Gelegenheit nicht
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vorbeygehen laßen in mögl. Eil was beyzulegen.
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Was
Heyrault
betrift, so gehört er HE Berens;
und
ich mache auf keine
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fremde Bücher Anspruch ist auch niemals ein Ernst gewesen mir etwas von
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Antimachiavell
Friedrich II.,
Antimachiavell
den seinigen zuzueignen.
Antimachiavell
ist gl. falls durch Versehen
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mitgekommen, sonst möchte kaum etwas von den seinigen darunter seyn. Was ich
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secundum hominem
dem Menschlichen gemäß
damals geschrieben, ist
secundum hominem
zu verstehen, und nicht
per se.
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Alle diese Bücher hängen mit meinen jetzigen Arbeiten nicht zusammen, ich
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könnte also sehr gleichgiltig gegen alles seyn.
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Wolsons Lieder mögen Sie so lange behalten, als Sie
solche nöthig
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haben
. Ihr Verfaßer ist mir ohnedem ganz fremde geworden.
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Abhandlung
Die Druckerlaubnis ließ auf sich warten,
HKB 194 ( II 45/17 );
Hamann,
Wortfügung
erschien am 6., 13., 20. Dezember 1760 in
Wochentliche Königsbergische Frag- und Anzeigungsnachrichten
.
Für meine Abhandlung über die Wortfügung in der franz. Sprache bin
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jetzt sehr besorgt; muß abwarten und mir Umstände gefallen laßen. Meine
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übrigen Arbeiten haben Gott Lob! einen erwünschten Fortgang, der mir alle
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kleine
Collisionen
versüßet.
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Gott helfe mir den Winter gut überstehen, und erhalte mich an Leib und
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Gemüthe gesund. Schreiben Sie mir doch bisweilen nach Maasgebung Ihrer
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Zeit und Umstände, ich werde mich gleichfalls darnach richten, und durch
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schriftlichen Umgang den Mangel des mündl. ersetzen müßen.
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Mein Bruder wird schlecht fortkommen, wenn er sich nicht ändert, und nicht
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die guten Tage in seines Vaters Hause finden, die er bey Ihnen gehabt, weil
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er hier immer vor Augen seyn muß und scharfe Augen und freche Zungen zu
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Aufsehern hat. Ich habe Sie von einem Hauskreutz entledigt und meinem
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alten Vater und mir eine Ruthe aufgebunden. Mein Vater hat mir eben
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seinen eigenen Brief
den des Bruders
seinen eigenen Brief vorgelegt; er hat selbst geschrieben, so gut es ihm sein
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Kopf und Herz
dicti
rt; muß also nicht mit dem Zuschnitt zufrieden gewesen
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seyn.
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Weil er das wuste; so ließ er sich bitten, sein Amt niederzulegen. Gesunder
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ist er wie ich, Appetit und Schlaf nach. Auch Munterkeit genung in seiner
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Unthätigkeit; aber so bald es zur Arbeit kommt, schwer und müde.
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Ein junger Mensch, der nicht Lust hat auf sich
selbst
Achtung zu geben,
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und die Schule des Umganges meidet, muß viele Unanständigkeiten sich
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angewöhnen, und in seinen Gewohnheiten hartnäckig werden.
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Ich muß rauh, hart und grob gegen ihn seyn, um mir im Anfange nichts
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zu vergeben, und habe eben so viel Ueberlegung nöthig, empfindlich zu thun
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als gleichgiltig zu seyn.
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Außer mir, giebt es in unserm Hause noch mehr Steine des Anstoßes, an
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denen ein harter Kopf sich üben kann, wenn er Lust hat weich oder blutig zu
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werden.
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Bey allen diesen Umständen können Sie leicht erachten, Liebster Freund,
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wie viel Trost ich in meinem Studieren schöpfen muß, und daß ich diesen
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Hafen zum Aus- und Ein-laufen, das erste bey gutem Wetter und Wind, das
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letzte im Sturm und zum Ueberwintern, sehr beqvem finde.
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So viel ich noch übersehe, ist es die höchste Zeit für meinen Bruder gewesen
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aus seiner Lage zu kommen – und je länger es gewährt, wäre für Sie
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gleichfalls nachtheiliger geworden.
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Wir können also alle zufrieden mit der Göttlichen Schickung seyn, die sich
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zu rechter Zeit über alles dasjenige
legitimi
ren wird, was uns noch jetzt
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ungleich
vorkomt. Meinem Bruder ist angerathen worden hier Runde zu gehen
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sich den Hohenpriestern zu zeigen
d.i. den Geistlichen, Lehrern und Professoren
und sich den Hohenpriestern zu zeigen. Ob es geschehen wird, weiß nicht, er
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scheint sehr willig dazu zu seyn. Zeit wird mehr lehren. Seine Rigische
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Candidatur
wird ihn hier wenig helfen, anderer Folgen zu geschweigen.
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So weit sind wir jetzt. Ich bin bey alle dem gutes Muths und kehre mich
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Wenn der Himmel fällt
lat. fractus illabatur orbis, / impavidum ferient ruinae (
Hor.
carm.
3,3,7); in der letzten Strophe des Gedichts „Die Tugend“ von
Albrecht v. Haller
: „Fällt der Himmel, er kann Weise decken / Aber nicht schrecken.“
an nichts. Wenn der Himmel fällt, so wird er uns zwar decken, aber nicht
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schrecken. Hiemit schliest mein dichterischer Kiel, und hängt noch eine
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Umarmung für Sie, und Ihre liebe Frau an. Gott seegne Ihr ganzes Haus. Ich
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ersterbe Ihr treuer Freund und Diener.
Hamann.
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Baßa
George Bassa
Grüßen Sie den Grillenfänger Baßa. Ich will ihm schreiben, so bald ich
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einen Rausch haben werde, und kurz seyn muß, weil ich mein Waßer nicht
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werde halten können.
S. 486
Johann Gotthelf Lindner notiert auf Hamanns Brief zu HKB 196 (II 48/28):
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Den Vater dort oben den wollen wir loben. Ich wünsche Ges. u.
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Kraft daß sie sich damit sättigen. Er lasse alles wohlgelingen. Ich
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sollte sie bey Wort. Mein Umgang
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Es wird Bruder mehr
daß er Sie stets um sich hat. Gott
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Fürsprecher.
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Athen.
bey mir
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Schuckford.
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D. ging mit unüberwindl. Trieb f. mit Handvoll
wird gehalten.
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Des Witzes Gott liebt manche Seelen kahl an Leibe
.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (59).
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 37 f.
ZH II 47 f., Nr. 196.
Zusätze fremder Hand
486/15 –23
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Johann Gotthelf Lindner |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
47/8 |
und ]
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Druckbogen 1940: nnd ; Druckfehler. |
486/14 –23
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Johann […] .] |
In ZH im Apparat. |