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80/6
den 6 April 1774.

7
Der Forscher der ältesten Urkunde
hatte die berühmte Hermesfigur ⨂

8
welche die Verkürzung der in Punkten vorgestellten Figur der regelmäßigen

9
Sechseks seyn soll

10
·

11
·    ·

12
·

13
·    ·

14
·

15
(deren siebenter Punkt der Mittelpunkt ist) mit der Mystik der Zahl sieben im

16
Alterthume endlich auch mit denen sieben Tagen der Schopfungsgeschichte

17
verglichen und da
Hermes
nicht eine Persohn sondern der erste Grundris

18
aller menschlichen Wissenschaft zu seyn scheint so stellete sich ihm die

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Eintheilung der gantzen Schopfung zusammt dem Andenken des der sie gemacht

20
hat auch in einer solchen Figur dar.


21
1

22
Licht

23
2       3

24
Himmel    Erde

25
4

26
Lichter

27
(Sonne, Mond, Sterne)

28
5           6

29
Himmels- (Luft u Wasser-)     Erdgeschöpfe

30
7

31
Sabbath.


S. 81
Jetzt sahe er dieses
Ca
pitel nicht wie eine Geschichte der Welterschaffung

2
sondern als einen Abris der ersten
Unterweisung
des Menschlichen Geschlechts

3
an mithin als eine Art von
methodo tabellari
deren sich Gott bedienet hat

4
die Begriffe des Menschlichen Geschlechts vermittelst einer solchen Eintheilung

5
der
aller Gegenstände der Natur zu bilden daß die Erinnerung eine
s
r

6
jeden Classe derselben
vornemlich ihrer
an einen besondern Tag geheftet

7
wurde worunter der siebente welcher den Abschnitt machte das Gantze zu

8
befassen dienen konte. Hie habe nun Gott die Figur den oben vorgestellten

9
allbedeutenden Schriftzug, keine
aegypti
sche sondern unmittelbar göttliche

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Erfindung mit der Sprache verbunden und Schrift so wohl als Sprache hätten

11
sich in diesem ersten göttlichen Unterricht vereinigt woraus nachher alle

12
menschliche Erkentnis abgestammet sey. Die
älteste Urkunde
ist seinem

13
Urtheile nach nicht das erste
Cap
itel der Bücher Mose selbst
sondern
denn

14
dieses ist nur die richtigste Vorstellung der göttlichen Lehrmethode sondern es

15
enthält die
tradition
von der Art wie alle Völker der Erde ihren ersten,

16
Unterricht bekommen haben und welche mehrere Völker ein jedes nach seiner

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Geschlechtslinie aufbehalten hatten. Indessen wenn Moses uns den Sinn besser

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aufbehalten hat so hat man den
Aegyp
tern allein die Aufbewahrung der

19
Figur
zu verdanken welche als der Anfang aller Schrift unmittelbar aus der

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Hand Gottes gekommen ist. der Nutze der Wochabtheilungen wird hiebey

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vornemlich an der Einführung des Sabbaths gewiesen eigentlich nur in so

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fern sie dazu dienen solte alle die mitgetheilte Elemente der Erkentnis

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aufzubehalten und zu erinnern zugleich aber auch um ein Zeitmaas zu seyn

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imgleichen die einfältigste Vorübung in Zahlbegriffen. die Figur diente das

25
Feld der Meßkunst zu eröfnen
pp.

26
Diese Figur die mystische Zahl Sieben die tage der Woche
pp
sind nun als das

27
allgemeine Denkmal des ersten Unterrichts welchen
G
Ot
t
selbst den Menschen

28
gab von verschiedenen Völker
n
nach jedes seinem Geschmack in allerley

29
symbola
eingehüllet worden Moses kleidete das Denkmal in die
allegorie
der

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Schöpfungsgeschichte. Die Griechen in die Lautbuchstaben

31
α

32
ε
    
η

33
ι

34
ο
    
υ

35
ω

36
Die Leyer mit den sieben Tönen. die Theogonien der
Phoenic
ier u
Ae
g
ypter,

37
selbst die Figur der Pyramiden u
Obelisqv
en war nur eine etwas veränderte

S. 82
abbildung von jenem heiligen
Monogramm
⨂ dem Schriftzuge Gottes und

2
dem
a b c
Brette der Menschen.

3
Wie sich die Wissenschaften z. E.
Astronomie
vergrößerten so
disponi
rte

4
man unter andern die vermeintliche 7 Planeten nach dem uralten
Modell
e.

5
Alle
Autoren
welche davor hielten jenes große Symbol wäre von diesen

6
7 Planeten von den 7 Thönen innerhalb einer
octav pp
entlehnt irreten

7
gröblich. die Geschicklichkeit sieben u weiter zu zählen imgleichen alle andre

8
Erkentnis und Wissenschaft ging
vielmehr von demselben aus
, u.s.w.

9
Wenn Sie werther Freund meinen Begrif, von der Hauptabsicht des

10
Verfassers, worinn zu verbessern finden so bitte mir Ihre Meinung in einigen

11
Zeilen aus; aber wo möglich in der Sprache der Menschen. Denn ich armer

12
Erdensohn bin
auf die
zu der Göttersprache de
s
r
Anschauenden

13
Vernunft
garnicht
organisi
rt. Was man mir aus den gemeinen Begriffen nach

14
logischer Regel vorbuchstabiren kan das erreiche ich noch wohl. Auch verlange

15
ich nichts weiter als das
thema
des Verfassers zu verstehen denn es in seiner

16
gantzen Würde
und
mit Evidentz zu erkennen ist nicht eine Sache worauf

17
ich Anspruch mache.

18
Kant.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 26.

Ebenfalls vorhanden: Eine zeitgenössische Abschrift von fremder Hand mit zahlreichen v.a. orthographischen Abweichungen: Universitätsbibliothek Kiel, Cod. Ms. K. B. 92.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VIIIa 234–237.

Kant, Werke [Akademieausgabe] X 153–156, vgl. XIII 64.

ZH III 80–82, Nr. 403.

Immanuel Kant: Briefwechsel. Auswahl und Anmerkungen von Otto Schöndörffer. Mit einer Einleitung von Rudolf Malter und Joachim Kopper und einem Nachtrag (Hamburg 1972), 118–120.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
80/21
1
]
In der Kieler Abschrift ist die Figur HKB 403 (III 80/21–31) zusätzlich eingerahmt und mit demselben Zeichen ⨂ versehen wie 80/7 und 82/1.