306
342/2
Mein liebster H.

3
Ich bin heiter nach Hause gefahren, doch nicht nach Hause; sondern bis

4
Vegesackshof
heute Fēgezaka muiža
Werst
russisches Längenmaß (= 1,067 km)
4. Werst v. Riga an
Vegesackshof
; da ward ich aufgefangen, lies den Wagen

5
einfahren, u. selbst kam ich des Abends spät nach. – Jetzt habe ich bis 9.

6
geschlafen, u. versuche es zu schreiben, weil ich Hartkn. noch zu finden glaube.

7
Unsere Zusammenkunft war, wie unsere Erwartungen von einander, aus

8
gar zu großer
Muße thätig, u. aus Thätigkeit müßig. Nächst erwarte ich

9
einen
vollen schweren
Brief von Ihnen; denn Sie sind mir mehr schuldig

10
geblieben, als ich Ihnen:

11
Ein Lied, was ich den Weg über Poetisirt habe:

12
(Zum Nutzen wird, was erst Vergnügen war!)

13
Damon u. Doris: ein Gespräch

14
Da.
Sieh dieses Heu gethürmet; jüngst wars ein Teppich Gras

15
Jetzt
Spät kühlet uns sein Schatten; wo man früh Blumen las.

16
Dor.
Heut prangten diese
n
Rosen, als stolze Gartengötter

17
jezt,
sind
um uns bald zu salben, sind sie ein Haufen Blätter:

18
Dam.
Sieh dieses Haus von Garben, heut wars ein Ährenheer;

19
bald ists, um uns zu nähren, ein goldnes Körnermeer.

20
Dor.
Einst lockt’ ich dich, als Traube, jetzt muß ich Trauben geben

21
bald, wenn die Blätter welken, werd’ ich ein Zaun von Reben.

22
Dam.
Jung stieg ich wie die Lerche, drauf sang die Nachtigall

23
Jezt schlag ich wie die Wachtel, –
u. werde
bald bin ich – Wiederhall.

24
Lesen Sie das Stück Kantern vor, dem Sie einen Kuß von mir geben müßen:

25
damit er glücklich kehre zu seiner Heimath, u. seinem Weibchen, u. Ungebohrnen.

26
Ich bin zwar nicht erschöpft, muß aber schließen, bis auf glücklich

27
Wiedersehen, – in der Gegenwart des Briefes –

28
HErn Hofrath, die Fr. Räthin, u. Fr. Pastorin
Christoph Anton Tottien
,
Sophia Giesberta Tottien
, Anna Maria Ruprecht, geb. Schüttler (gest. 1770)
An HErn Hofrath, die Fr. Räthin, u. Fr. Pastorin, machen Sie mein

29
ergebenstes Kompliment: in einem etwas kleinern Grade machen Sie’s an

30
Schwander
Sigismund Georg Schwander (1727–1784), Hofgerichtsadvokat, Hofrat in Mitau
HErn D. Lindner, u. seine Fr.,
u.
im
Positivo
haben Sie an Schwander, u.

31
Tetsch zu grüßen; als woran geschieht unser allerfreundschaftlichste

32
Kollaborator Wille; Gegeben Riga zu Kloster

33
Montag früh
Herder


34
Mitau
heute Jelgava, Lettland [56° 39′ N, 23° 43′ O] (40 km südwestlich von Riga)
Adresse:
à Monsieur / Monsieur
Hamann
/ homme de lettres / à
Mitau
/

35
bey HE. Hofrath Tottin in seinem Gartenhause:


36
Hartknoch
Johann Friedrich Hartknoch
, der im Begriff war, einen Verlag in Riga zu etablieren
Vermerk von Hamann:
Erhalten den 6. Aug. 65. durch HE Hartknoch.

37
geantw. den
16
t
ej.

Provenienz

Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 15–16.

Bisherige Drucke

Herders Briefe an Joh. Georg Hamann. Im Originaltext hg. von Otto Hoffmann. Berlin 1889, 18 f.

ZH II 342, Nr. 306.

HBGA I 47f., Nr. 16.

Zusätze fremder Hand

342/36
–37
Johann Georg Hamann
342/37
Johann Georg Hamann

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
342/30
u.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
u
342/30
Positivo
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Positiv
342/34
Hamann
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Hamann