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Königsberg den 9
Xbr.
84.

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Der Stritzel ist bestellt – und weil wir Ihre baldige Ankunft erwarten; so

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habe nichts beyzulegen, ohngeachtet ich Ihnen, HöchstzuEhrender Freund, den

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ersten Theil einer Reisebeschreibung zugedacht hatte von Guiana, den ich aber

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noch nicht zu Hause erhalten, ohne ihn selbst angesehen zu haben. Vielleicht

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wird sich etwas beßeres finden, das Sie Selbst mitnehmen können.

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Ich bin hier verlegen des Spinoza Leben von Joh.
Colero
aufzutreiben. Wenn

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Sie selbiges besitzen, würden Sie die Gewogenheit haben es mir mitzutheilen.

S. 277
Eben so geht es mir mit deßelben
Principiis Philosophiae Cartesianae

2
Amst.
663. 4
o
an denen mir noch mehr gelegen ist, und die nicht einmal auf

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der Schloßbibl. sind; ohngeachtet mir an letzterm Buch beynahe mehr als an

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seinem Leben gelegen wäre. Sollte es nicht in der Bibl. des HE. von Creutz seyn,

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aus der ich schon durch Dero Vermittelung einmal den Rabelais erhalten? – –

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Ich werde aber noch einmal auf der akademischen Bibl. Nachfrage thun, weil

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das erste mal der Katalog fehlte.

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Sie haben an Vetter B. Tod Antheil genommen; dafür melde heute, daß der

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Capellmeister Reichardt mit einer jungen Tochter den 23
pr.
erfreut worden.

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An
D.
Biester habe geschrieben – aber mit dem Blasen hat es nicht gehen

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wollen – dafür in sehr demüthiger Stellung um den zweiten Jahrgang gebeten

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und auf alle übrige Verzicht gethan. Muste leider!
nolens volens
schreiben, um

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mich wegen 2 Puncte zu legitimieren: sonst wäre sehr gern dieser Mühe

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überhoben gewesen, eine Seite in 4
o
mit leeren Worten anzufüllen.

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Ich weiß, daß es 2 Döderleins und 2 Teller giebt; aber mein gutes Glück

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hat mich mit der Bekanntschaft der beyden Orthodoxen verschont. Doch Yoriks

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Meinung hält weder bei Acken noch bey Eberhardt Stich. Des letzteren

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vermischte Schriften
, davon der erste Band herausgekommen, haben mir einen

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sehr vergnügten Abend gemacht, der alle widrige Eindrücke seiner Apologie ppp

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ausgelöscht und mich mit dem liebenswürdigen Verf. der
vermischten

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Schriften
völlig ausgesöhnt. Ackens Predigten habe vor der Ablieferung zum zweiten

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mal durchgelesen, aber eben den unerklärlichen Abfall oder Contrast mit seiner

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Theorie gefunden, wo der Pomp seiner Kanzelberedsamkeit gantz verleugnet ist.

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Der zweyte Theil von Büschings Lebensbeschreibungen giebt dem ersten

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nichts nach. Er enthält den Lebenslauf eines Grafen Reuß
XXIV
und das

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Reisejournal seines Oberhofmeisters, eines Hofrath von Geusau.

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Büsching soll schon Kants kosmopolitischen Chiliasmum in der Berlinschen

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Monathsschrift recensirt haben, mit ein wenig Saltz. Der vorige Monath kam

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hier außerordentl. spät an, weil man eine zweite Auflage deßelben hat

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veranstalten müßen.

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Von Mendelssohn habe durch einen seiner Landsleute einen Gruß

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bekommen, auf deßen Richtigkeit ich eben nicht bauen kann. Ueber 14 Tagen erwarte

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einen andern Juden von dort, mit dem ich in näherer Verbindung stehe, und

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durch den ich auch etwas von
D.
Biester vermuthe.

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Die
Memoires
des Voltaire sind in Berlin nachgedruckt worden. Einige

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Exempl. hier
à
1 rth. unter der Hand verkauft worden. Ich habe die

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Uebersetzung verglichen, wo nur eine Stelle
fehlt
ausgelaßen ist von wenigen

S. 278
Zeilen, kaum mit Absicht, sondern aus Flüchtigkeit und Nachläßigkeit, daran es

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nicht fehlt.

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Uebersetzungen zu vergleichen ist eine meiner liebsten Nebenarbeiten. Wenn

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Schaftesbury Ihnen gehört, wünsche ich diesen Gebrauch auch davon machen

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zu können, besonders da das engl. Original gegenwärtig auf meinem Tisch

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liegt, und mir Mendelssohn diesen Auftrag einmal gethan, den Sie in

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Ansehung des Baco äußerten, deßen physische Schriften wol kaum mehr unserm

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Zeitalter Gnüge thun würden.

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Ludwig Mayer war ein vertrauter Anhänger des Spinoza und Herausgeber

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seiner Schriften. Von ihm ist
Philosophia Scripturae interpres
,
wovon

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ich eine holländische Uebersetzung im
Mst
besitze; welche vor einigen wenigen

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Jahren im Deutschen erschienen seyn soll. Jemand will eine Ankündigung

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derselben
einer deutschen Uebersetzung in der Allg. deutschen Bibl.
davon
gelesen

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haben. Ich weiß nichts davon. Ist Ihnen Etwas bekannt?

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Es ist zur ungewöhnl. Abendzeit daß ich schreibe. Ich muß also schließen, und

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wünsche guten Winterweg zu Ihrer baldigen Ankunft. Empfehlen Sie mich der

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Frau Gemalin und lesen Sie mit Yorikscher Sympathie den Vor- und

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Taufnamen

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Ihres

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synonymisch ergebensten


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Johann Georg H.


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Adresse mit Siegelrest:

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Des HErrn Kriegsrath Scheffner / Wolgeboren / zu /
Sprintlacken
/
bei

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Tapiau
/ 224

Provenienz

Druck ZH vmtl. nach einer nicht mehr überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas oder einem Typoskript Walther Ziesemers. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Preußisches Staatsarchiv Königsberg, Nachlass Johann George Scheffner.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VII 183 f.

ZH V 276–278, Nr. 785.