757
188/6
Kgsberg den 19. Aug. 84.
7
Wolgeborner Herr Kriegsrath,
8
HöchstzuEhrender Freund,
9
Ich habe erst diese Woche das Geld von Prof. Kraus in 6 # ½
Fed. d’or
(den
10
ihm der Oberbibliothekar für einen Ducaten ausgezahlt) u 1 fl. erhalten
11
welches zusammen 21 rth beträgt, und erwarte nunmehr die Bestimmung
12
dieses Geldes, ob ich es neml. (wie ich mich erinnere) an den Dengelschen
13
Buchladen auszahlen soll – der kein
Magazin für Prediger
mitgebracht, endl. die
14
beyden ersten Theile vom Nachbar genommen und schon, wie ich mich zum
15
zweiten mal darnach erkundigte, für Ew. Wolgeboren besorgt.
16
Daguesseau
habe zu seiner Zeit richtig erhalten und lege nunmehr
Herders
17
Ideen
und
Monboddo
bey. Ein gewißer Heinrich Christoph Albrecht hat den
18
Versuch einer critischen engl. Sprachlehre. Vorzügl nach dem Engl. des
19
Londonschen Bischoffs Lowth herausgegeben, die ein gantz herrlich Werk in seiner
20
Art ist und auch einen Leser unterhalten kann, der das Engl. nicht meynt. Sie
21
beträgt 763 Seiten in gr. 8
o
. Ich habe das Vergnügen gehabt des Lowth
22
Original aufzutreiben welches nicht mehr als s 221 in kl 8
o
enthält. Der Verfaßer
23
hat die Grammatik des
Priestley
zugleich ausgezogen; und es macht immer
24
Vergnügen wenn solche Männer wie Lowth und Priestley sich mit der
25
Sprachlehre beschäftigen; ferner was der berühmte Harris im Hermes, den ich selbst
26
habe und Wallis geliefert.
27
Der Herausgeber ist überhaupt ein Mann von vielen Kenntnißen und
28
umfangenden Geschmack. Er vertheidigt sogar in einer Note die engl. Sprache gegen
29
die Lebensläufe aufst. Linie auf eine sehr scharfsinnige und fast zu gründliche Art.
30
Der zweyte Theil von Lienhardt ist beym Buchbinder nebst den meisten
31
meiner übrigen Bücher. Sobald ich selbige erhalten, werde gleichfalls
32
mittheilen. Vermuthlich habe ich den
Babo
als einen Pendant zum Pestalozzi
33
empfohlen; komt dem Saltzmann noch näher, deßen dritten Theil vom
34
Karlsberg ich eben heute mit mehr Vergnügen als ich erwartet gelesen.
S. 189
Der reisende Franzos ist nicht ein Baron von Beroldingen sondern ein
2
Maynzer, Carl Reißberg, von dem nächstens Briefe über die Schweitz auskommen
3
werden. Er hält sich zu Arau auf, wie ich von einem dasigen
Doctor Juris
4
Rothpletz
, der nach einem zieml. langen Aufenthalt in Trutenau vorige
5
Woche zurückgegangen, zuverläßig erfahren habe.
6
Aus des von Großings ergiebiger Feder sind wider zwey neue Schriften
7
erschienen, deren Innhalt und Ton für mich immer intereßant bleibt. Haben Sie
8
schon des alten J. J. Mosers merkwürdiges Leben gelesen? Es ist bereits 77 und
9
zwar die dritte Ausgabe erschienen.
10
Aus Riga habe ein Bändchen sokratischer Denkwürdigkeiten von einem Pr.
11
Mayer
in
zu Wien verschreiben müßen, weil es in keinem unserer Laden zu
12
haben war. Ich habe es zum Heften geschickt, um es gemächlicher lesen zu
13
können – welches es zu verdienen scheint.
14
Von meiner verlornen Schrift weiß gantz und gar nichts; sonst hätte nicht
15
ermangelt Selbst ein
Dedication
sex. zu überbringen.
16
Meine Kinder sind alle in die vierte Woche bereits zu Graventihn und es
17
herrscht in meinem Hause eine Stille und Einsamkeit wie im Reich der Schatten.
18
Unsres seel. Kreutzfelds Abhandl. über den Adel ist endl. erschienen in
19
ziemlich trauriger Gestalt aus geflißentlicher Wahl des Verlegers. Ich möchte sie
20
gern zu Baczko ersten Theil heften laßen, und dann selbige lieber übermachen
21
als roh.
22
Die Erben erhielten ein Schreiben vom Hof Cammerrath Rigel
d. d.
23
Manheim den 5 Jun.
c.
der ihm meldete daß ⅓ des Preises über die Frage vom
24
Kindermord ihm zuerkannt wäre. Sein Urtheil wäre für den Vorzug der
25
Abhandl. ausgefallen welche das Motto gehabt:
Seruare hominem quam
26
gignere malo.
Die alte Mutter hat
einige
über 90 rth ausgezahlt bekommen
27
und die erbetene Erlaubnis des Drucks sehr gern dafür ertheilt.
Boni mores
28
plus valent quam leges
scheint wol
D.
Pfeils und
Incidit in Scyllam qui vult
29
vitare Charybdin
Klippsteins Motto gewesen zu seyn. Man hat vermuthl.
30
auf die Antwort vom seel. Mann gewartet, daß die Nachricht davon erst kürzl.
31
öffentl. geworden.
32
Unsers Pr.
Kants
Prod
r
omus oder – – – – zur Metaphysik der Sitten
33
wird nächstens nach Halle zum Druck abgehen und zu Michaelis erscheinen.
34
Für den Beytrag zu meiner Qveckencur danke ergebenst, sie hat aber nicht
35
lange gewährt. Den Brief vom May aus Weimar habe erst vorige Woche
36
beantworten können – vorgeschriebener maaßen habe seit dem 1
Julii p.
desto
37
fleißiger und freundschaftlicher nach
Sp.
gedacht. Wünsche ein reiches und
S. 190
fröhliches Erndtefest der Frau Kriegsräthin, und daß Diana Ihnen so günstig
2
seyn mag, wie die Minerva und Göttin Fortuna.
3
Ihrem
4
ewig ergebensten
Johann Georg Hamann.
5
Bitte um baldige Antwort, weil ich Geld nicht hüten mag.
6
Adresse mit Siegelrest:
7
An / HErrn Kriegsrath Scheffner, / Erbherrn von und / zu /
Sprintlacken
.
8
Nebst 2 Büchern
Provenienz
Druck ZH vmtl. nach einer nicht mehr überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas oder einem Typoskript Walther Ziesemers. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Preußisches Staatsarchiv Königsberg, Nachlass Johann George Scheffner.
Bisherige Drucke
Arthur Warda (Hg.): Briefe an und von Johann George Scheffner. München u.a. 1918. Bd. 1: A–K, 235–237.
ZH V 188–190, Nr. 757.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
189/37 |
Sp. ]
|
ZH: Sz. ; vmtl. Druckfehler oder falsche Lesung; korrigiert nach Arthur Warda (Hg.): Briefe an und von Johann George Scheffner. München u.a. 1918. Bd. 1: A–K, 237. Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1965): statt Sz. lies Sp. (= Sprintlaken) |