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Kgsberg den 4
Aug.
84.

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Herzlich geliebtester Freund,

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Ich muß schon wider schreiben, weil mir das Ausbleiben des Abdrucks meiner

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wenigen Bogen zu viel Unruhe macht, und ich durch diese vereitelte Erwartung

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von Posttag zu Posttag in manche hypochondrische Launen versetzt werde, die

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mich zu allen Geschäften und Besuchen untüchtig machen. Wollen Sie mir

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erlauben, daß ich deshalb selbst schreiben kann, und mich eine Erklärung darüber

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ausbitten. Hieß der Mann nicht
Unger
, und ist er Buchdrucker oder auch

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Verleger. Ich erwarte hierüber Ihre Antwort, ob Sie
lieber selbst schreiben

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oder mir
die Erlaubnis
dazu geben wollen
. An H. nach W. bin nicht im

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stande zu schreiben; so sehr ich mir auch deshalb Vorwürfe machen und soviel

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Vergnügen ich auch seinen Ideen zu verdanken habe. Melden Sie mir doch

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auch, liebster H. was ich nach der Schweitz wegen des
Lenzischen Nachlaßes

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melden soll. Ich war vorigen Sonnabend mit Friedrich zu Fuß nach Trutenau

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gegangen um einen
D. Juris
Rothpletz
aus Arau kennen zu lernen. Zu meinem

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Leidwesen war er wider seine Gewohnheit in der Stadt geblieben. Eine meiner

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Hauptabsichten war diesen Mann kennen zu lernen – der die weite Reise mit

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Extra
Post blos wegen der Preßpappen gethan und sich schon ein paar Monathe

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bey
Kanter
aufhält, mit dem ich Sontags des Abends wider zu Fuß nach der

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Stadt gieng. Heute vor 8 Tagen sind alle meine 3 Mädchen zum Besuch nach

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Graventihn bey ihrem Bruder gefahren, denken nicht nach Hause in der

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Einbildung daß ich sie abholen werde. Kommt mein Büchlein an, so bekäm ich

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vielleicht einen kleinen Stoß dies und jenes zu thun – Sehen Sie doch das Ding

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von Mayer nach, ob
es vielleicht ein Abdruck meiner
sokr
.
Denkw
. ist.

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Kreutzf. Katalog ist mir diese Woche zugeschickt worden u die
Auction
den 12 d.

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angesetzt. Daß er noch nach sm Tode ⅓ = 92 rth der zu Manheim ausgesetzten

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Preißfrage über den Kindermord davongetragen, hab ich Ihnen vielleicht schon

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gemeldet. Nach langem Bitten läßt Hartung endl. die wenige Bogen über den

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Preuß. Adel
drucken, und zwar hier. Kraus wird vielleicht se hinterlaßene

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Bruchstücke der Preuß Geschichte ausgeben. Nicht der Baron u Domprobst von

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Beroldingen, sondern ein Schweitzer Namens Reisbeck, den jener
D.
genau

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kennt und der auch Briefe über s. Vaterland geschrieben, deren erster Theil aber

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mit der Ostermeße nicht fertig geworden, ist der reisende Franzos. Der arme

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Baczko hat seinen
Amanuensis,
einen artigen Jüngling der
Otto
hieß verloren,

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er ist im
Schloß
Oberteiche beym Baden ertrunken. Der erste Theil sr

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Geschichte ist in beyden Buchladen; aber der unglückl. Autor hat noch kein einziges

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Exempl. für seine wenige
Subscribent
en; und das Werk scheint doch sehr

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brauchbar
und
nüzlich
zu
seyn und auch für Ihre Gegenden
interessant.
Wie

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sehr wünschte ich, daß ich mein
Golgatha
höchstens
zu
in unserm

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Geburtsmonath
erhalten möchte! Beruhigen Sie mich doch so bald Sie können über

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die widerholte Fragpuncte, und melden Sie mir doch Ihre Entschließung in der

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H… Sache; ich hoffe, daß Sie meine Motiven gut aufgenommen haben. Nicht

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einen Heller zu verlieren, aber sich mit dem mäßigsten Gewinn zu begnügen

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gegen einen Freund, deßen Verlegenheit größer seyn mag, als wir uns selbige

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vorstellen können und deßen Muth zu schreiben mit aller mögl. Freundschaft

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verdient gepflegt und genährt zu werden. Gott seegne Sie und die lieben Ihrigen

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in der Nähe und Ferne! Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter
Hamann.


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Adresse mit Mundlackrest:

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Des / HErrn Buchhändlers Hartknoch / Wolgeboren / zu /
Riga
.


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Vermerk von Hartknoch:

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Empf.
d.
11
Aug
1784

Provenienz

Druck ZH nach der überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.

Bisherige Drucke

ZH V 171 f., Nr. 751.

Zusätze fremder Hand

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Johann Friedrich Hartknoch

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
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zu
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Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
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