739
S. 148
Königsberg den 3 May 84.

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Liebster Freund Hartknoch, schelten Sie nicht über das dicke Pack. Wären Sie

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ein paar Tage hier geblieben nach meiner Rechnung; so hätte ich alles

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eingehändigt. Den
Brief nach Weimar bitte sogl. auf die Post zu schicken
.

5
Den nach Wien u Schweitz werden Ihre Collegen mitnehmen. Ich schrieb den

6
Tag nach Ihrer Abreise an
D.
Lindner, und gestern komt Hofrath Knapp an

7
und bringt uns Nachrichten u
Neujahrswünsche
mit.

8
Gott gebe, daß Sie gesund und wohl behalten das Ziel erreichen, und eine

9
gute Meße machen, und auf den Miswachs des vorigen Jahres ein desto

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reicheres folgen möge. Hiebey das
Mst.
So gern wie ich es mit Ihnen gedruckt

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sehen möchte; so bitte ich Sie doch auf Ihre
Sicherheit
zu sehen und im

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Nothfall es in der
Schweitz
zu besorgen, wohin ich meine Zuflucht genommen haben

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würde, wenn ich, wie ich besorgte, Sie nicht hier gesehen hätte. Die
Fooi
gelder

14
haben wie natürl. meinem
Pegasum
manchen Sporn gegeben.
Sapienti sat.

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Erinnerungen für den Setzer stehen auf der letzten Seite; in Ansehung der

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Interpunction,
besonders der
Allegations
Häckchen, deren Anfang u Ende

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genau beobachtet werden muß, um den Verstand und die Figuren meiner

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Schreibart zu erleichtern und den Uebergang der Wendungen zu
unterscheiden

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Ich habe der Mildthätigkeit meiner gelehrten Freunde soviel zu danken und

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Ihre Fortdauer so nöthig, daß ich mir eine gute Anzahl von Exempl. schon

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ausbedungen, und will eine Liste hinzufügen. Nach Weimar 1. an
Herder
ob auch

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an
Wieland
weiß ich nicht?

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Nach der Schweitz 1. an
Lavater
,
Pfenninger
,
Häfeli
, Joh Ge.
Müller

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in Schafhausen.

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Nach
Hamburg
u
Altona
an
Claudius
u
Klopstock
. Nach
Düßeldorf

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an
Geh. R. Jacobi
; hätte auch gern an meinen Vorläufer den alten

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Superintendenten
Jacobi
, der mich mit begeistert. An des HE
von Moser Excell
. von

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deßen u meinem Verleger
Garbe
ich gern seinen
D.
Leidemit u s.w. erbeuten

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möchte. Nach Osnabrück an den guten
Kleuker
dem ich zur Vollendung seiner

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Zendavesta
Glück wünschen werde wie ich selbige ganz durchgelesen habe.

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Nach
Neu Saltza
an Gevatter
D.
Kaufmann
.
Nach Berl. an unsern

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Reichardt
,
u
D.
Biester
. Nach
Wien
an
D.
Lindner
.
Ohe iam satis est.
Eins nach

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Göttingen an unsern Landsmann
D.
Leß überlaß ich Ihnen.
Facit
= 4 × 4.

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Auf allen Fall, wenn ich
hier selbige vertheilen
sollte, würde ich auch

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1 Dutzend nöthig haben. Wo mögl. auf
Schreibpapier

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Herders Sachen, das Ende der
Zendavesta,
die Uebersetzung des engl. Buchs

S. 149
über die Ewigkeit der Welt erwarte ich ohne Bitte von Ihnen; denn Sie sind das

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einzige
Vehiculum
meiner Meßfreuden; welches ich aber gantz verleugnet hatte

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bey der Unruhe meiner Erwartung, und nur für Ihre Gesundheit und Leben

4
hier besorgt war. Da Sie Gott gesund hergebracht und wie ich hoffe u wünsche

5
gesund wider zurückführen wird, erwacht auch die Begierde, Ihrer zu genießen,

6
ohngeachtet aller Entsagung und Ansprüche darauf. Der Abbt
Gagliani,
deßen

7
Gespräche eins meiner liebsten Bücher ist hat ein Werk in 4
o
zu
Napoli
82

8
herausgegeben
De doveri de Principi Neutrali
– das auch eine

9
Uebersetzung verdiente. Ich habe nach seinem Buch
della Moneta
mehr wie einmal

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umsonst nach Italien schreiben laßen. Hellwich kündigte eine Uebersetzung

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deßelben an, aus der leider nichts geworden. Er hat
Commentaires sur Horace

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und
Dissertation sur les Saints Christophes Gothiques
geschrieben.

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Sollte von allen Werken dieses außerordentl. Mannes nicht ein Exemplar

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aufzutreiben seyn – und in unsern Gegenden abzusetzen? Wenn sie den Gesprächen

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über den Kornhandel an Gehalt gleich sind, borgte ich das Geld dazu, so arm

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ich bin, und dächte es nicht zu verlieren. Da Sie
sich
auch um Engl.

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bekümmern: so wünsche ich schon Jahre lang
Harris
(deßen
Hermes
oder philos.

18
Sprachlehre ich besitze)
Philosophical Arrangements Lond.
75 und deß.

19
Philological Inquiries Lond
780. in 3 Theilen. Erstere hat mir Mendelssohn

20
hier empfohlen. Doch die
Speculationes
eines Verlegers und Autors sind

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verschieden, und ich schreibe dieses alles so verloren hin; denn der metaphysische

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Geschmack der engl. Schriften möchte kaum unsers
Publici
seyn.
Harris
ist ein

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erklärter Feind ihres
Monboddo,
der auch ein Werk über der
Alten

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Metaphysik
ausgegeben. Doch nichts mehr von Metaphysik.

25
Haben Sie HE
Laval
mit dem jungen Motherby unterwegens begegnet; sie

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werden diese Woche zur großen Freude der Mutter, wie Sie leicht erachten

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können, erwartet.
Me Courtan
hat wegen der Bücher an Ihre Gattin

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geschrieben, zweifelt aber an einer Beförderung in Ihrer Abwesenheit. Eine
alte

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Gräfin
, deren
Commission
en sie besorgt, hat ihr den Auftrag gegeben. Sie

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werden den Zedel wohl aufgehoben haben, um sich derselben erinnern zu

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können, und was geschehen kann, dazu beytragen. Die Verbindung mit dieser

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alten Dame, ist ein Familien Erbstück und eine Angelegenheit des Herzens für

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sie, weil sie ihr die Antwort gegeben durch Ihre Vermittelung das Verlangte zu

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verschaffen.

35
Vielleicht hat HE Steiner den Auftrag von Pfenninger die Saml. zum

36
Magazin zu
completi
ren von denen ich nur den ersten Band und das erste Stück des

37
2
ten
Bandes erhalten. Mir fehlt
also
vom 2
ten
Stück des 2
ten
Bandes =

S. 150
gerade die Hälfte des ganzen Werks, wo ich nicht irre. Zum
dritten Theil
von

2
Pilatus habe auch Hoffnung.

3
Stahlbaum hat unserm Pr Kraus den ersten Theil der Moral für Jedermann

4
geschickt, und dieser mir geschenkt. Die übrigen Theile hat er hier angemeldt,

5
aber die Buchläden haben nichts abgeliefert; und Kraus meynt wer den ersten

6
Theil hat, mag für die übrigen sorgen. Ob die Unordnung an Stahlbaum oder

7
unsern Leuten liegt. Der erste ist mir noch Gnugthuung schuldig mir die

8
Maintenon
so schändl. abgeschwatzt zu haben – um deren Ersetzung ich Jahre

9
lang gemahnt und endl.
liquidi
ren
müßen

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Halten Sie mich nicht für so unverschämt dies als Aufträge anzusehen,

11
sondern blos als
Winke auf allen Fall
– wenn Anlaß dazu sich ereignen sollte,

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in diesem oder jenem Stück Ihre
willfährige Freundschaft
auf irgend eine

13
Art ausüben zu können.

14
Hintz wird diesen Monath hier erwartet und man sagt gar, daß Sie ihm den

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Laden abgenommen; woran ich sehr zweifele, weil Sie vermuthlich daran

16
würden gedacht haben. An einen Besuch in W. oder Z. ist wol nicht dies Jahr zu

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denken. Ist das Pack zurück und das Porto dafür zu gros; so will mein Theil

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gern tragen.

19
Schon mehr geschrieben als Sie Zeit übrig haben werden mein Geschmier zu

20
lesen. Gott gebe Ihnen Gesundheit und Glück zu Ihren Geschäften. Mein Haus

21
empfiehlt sich. An Hänschen habe Ihre Durchreise noch nicht melden können.

22
Auf ein fröhlich Widersehen.   
Ihr alter  Johann Georg H.


23
Vermerk von Hartknoch:

24
2
Synonymes fr. Mad Courtan

Provenienz

Druck ZH nach der überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VII 134 f.

ZH V 148–150, Nr. 739.

Zusätze fremder Hand

150/24
Johann Friedrich Hartknoch

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
148/18
unterscheiden
]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
unterscheiden.
148/31
Kaufmann
.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Kaufmann.
148/35
Schreibpapier
]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
Schreibpapier.
150/9
müßen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
müßen.