737
141/17
Königsberg
den 2 May
Dom.
Jubilate
84.

18
Herzenslieber Lavater, so kauderwelsch red ich: so kauderwelsch schreib ich.

19
Ihrem Freunde in Schafhausen kann ich nicht eher antworten, als bis auf HE

20
Hartknochs Zurückkunft von der Meße, den ich auf seiner Hinreise, die im Fluge

21
vor sich gieng, kaum eine halbe Stunde habe sprechen können. Habe dies etwas

22
umständlicher in der Einlage an meinen dortigen jungen Freund gemeldet, dem

23
ich Antwort auf 2 Briefe schuldig bin.

24
Von unserm
Pfenninger
habe den
3
Dec. pr.
Seine
Silhouette,
die ich alle

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Morgen beym Erwachen begrüße und den ersten Band der
jüdischen Briefe

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erhalten, auch die Ankündigung des Repertoriums in unsern Buchläden, wohin

27
ich fast gar nicht und in den
andern
einen so wenig als möglich komme, besorgt.

28
Siehe
Ψ
LXXXVIII.
Ueber das neue Jerusalem werden Sie vielleicht ein paar

29
leserliche Bogen, (bis auf die Schreibfehler)
wenn
und so bald der Copist fertig

30
wird, unter dem Titel:
Golgotha und Schiblemini
!
Luthers vermeinter
Spiritus familiaris,

31
von dem
Hilscher
ein klein Buch geschrieben Dresden 730. nach damaligem Geschmack.

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erhalten. Ich bitte aber, den Verfaßer nicht zu verrathen, dem Ihre und Ihrer Freunde

S. 142
Erinnerungen
willkommen seyn werden. Vielleicht erfolgt auch eine
Metakritik

2
über den
Purismum der Vernunft
; doch zum guten Ding gehört Weile.

3
Ich hoffe, daß mit dem
III.
Theil zugleich der ganze
Pilatus
zu Ende seyn

4
wird.
Est modus in rebus
– Ich freue mich auf Ihre
Herzenserleichterung
,

5
als einen Schlüßel einiger Stellen in Ihrem Briefe, die ich nicht recht verstehe,

6
und mich daher in keine Beantwortung einlaßen kann. Freylich ist es eine
harte

7
Zeit
; aber unsere Pflicht, sich darein zu schicken, und Sein
Tiefschweigen

8
nachzuahmen, weil unser Vielreden Ihn nicht zum Wort kommen läßt. Der HErr

9
wird für uns streiten; aber wir müßen still seyn – und uns nicht einbilden, Gras

10
wachsen zu hören. Ueber des lieben
Häfeli
nähere Verpflanzung freue ich mich,

11
und habe schon die erste Nachricht davon durch
Reichardt
erhalten.

12
Seit diesem Monath 77 ist
Hahns
Postill mein Hausbuch; die Kürze und

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Herzlichkeit dieses Mannes macht mir seine Eigenheiten und Vorurtheile

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erträglich. Haben Sie selbst eine schon geschrieben, oder sollten Sie eine

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herausgeben: so würde ich die zu meinem Haus- und Leibbuche machen; denn Ihre

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Kanzelvorträge haben Licht und Wärme für mich und die meisten, mit denen ich

17
darüber gesprochen. Ihre
Meßiade
hab ich kaum zu sehen bekommen; mehr

18
Zufall als Wahl lenkt meine
Lectur.
Eben so lese ich jetzt zum erstenmal des

19
Sextus Empiricus
Werke

20
Gott laße uns Freude an unsern Söhnen erleben – und
die
Seegen ihrer

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Väter stärker über sie gehen als die Seegen unserer Voreltern! Mein Michael

22
wurde vor Ostern zum Studenten eingeschrieben, ist aber
wider
auf das Land

23
zurück gegangen
bis zur Versorgung des bisherigen Hofmeisters,
Scheller
.

24
Habe Müller in Sch. gebeten um ein Verzeichnis der anonymen in Ihrer

25
Physiognomik für einen Freund, an deßen
Tafel
ich wenigstens die Woche

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Einmal eße. Ich glaube, daß er zu diesem Schaarwerk noch die meiste Zeit übrig

27
haben wird; kein Misbrauch ist davon zu besorgen – und allenfalls thun wir

28
Verzicht auf alles, was
in petto
bleiben soll. Vielleicht nächstens
mehr
und

29
beßer
. Sein freudiger Geist enthalte Sie und die Genoßen Ihres Lebens
u.

30
Muths. Grüßen Sie herzlich die Ihrigen und Unsrigen – vornemlich Pf. und

31
Häf. deßen Ausgang und Eingang Gott seegnen wolle. Ich umarme Sie mit

32
brüderl. Herzen und ersterbe Ihr alter
verpflichteter
Joh. Georg Hamann.


33
Adresse mit Siegelrest:

34
HErrn / Johann Caspar Lavater, / pp / zu /
Zürch
.

Provenienz

Zürich, Zentralbibliothek, Signatur: FA Lav Ms 510.276.

Bisherige Drucke

Heinrich Funck: Briefwechsel zwischen Hamann und Lavater. In: Altpreußische Monatsschrift 31 (1894), 123–125.

ZH V 141 f., Nr. 737.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
141/17
Königsberg
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Königsberg,
141/17
Dom.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Dom
141/24
3
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
3.
141/30
–31
Luthers […] Geschmack.]
Einfügung mit Sternchen am Ende des Absatzes.
142/17
Meßiade
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Meßiade
142/18
Lectur.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Lectüre.
142/19
Werke
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Werke.
142/20
die
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
den
142/22
wider
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
wieder
142/23
zurück gegangen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
zurückgegangen
142/29
u.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
u