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Wenn Sie, lieber Hamann, beym um vergebung Bitten anfangen, wobey
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muß ich anfangen? Laßt nur alles das
vorübergehen,
und sonst fünf Minuten
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mit einander etwas gutes oder freundschaftliches reden. Auch ich kann das Ende
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oder den Ausgang meiner Bearbeitungen schlechterdings nicht absehen. Daher
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üb ich mich immer mehr, mich auf den gegenwärtigsten Moment zu fixieren, und
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den so gut wie möglich zu prägen, und damit alles gut seyn zu laßen.
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Sehr wünscht ich für Geld und gute Worte zu haben Hamans, des
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Esrahiten unterweisung von der
Schwachheit der Elenden
. Ohne Zweifel ist’s
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auch ein Spiegel meiner eigenen Armensünderey.
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In diesen Tagen des tausendgestaltigen, millionenköpfigen und völlig
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herzlosen Unglaubens mach ich mir’s zur zehnfachen Pflicht, alle die öffentlich für
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Brüder
zu erklären, die sich des gekreuzigten Herrn der Herrlichkeit nicht
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schämen, und mit weisheit die Thorheit seines Evangeliums vertheidigen. Izt
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heißt’s‥ Wer nicht für uns ist, der ist wieder uns.
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Gott Lob‥ der
III.
Theil des
Pilatus
ist zu Ende. Und ich darf sagen: ich
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freue mich mit Zittern. Sonderbares Schiksal, daß ich diese Schrift immer
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gerade zuerst denen in sechsfache Censorhände geben muß, die am tiefsten dadurch
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verwundet werden. Dieß macht mich gleich vorsichtig und stark. Auch ist eine
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Herzenserleichterung
von mir unter der Preße, die Ihnen, lieber Hamann,
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für mich, wohl und wehe, weh und wohl machen wird.
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Es ist eine harte Zeit für die Kinder der Wahrheit – so ohne Gott für Gott
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zustehen – und sich unaufhörlich rufen zu laßen: Wo ist Euer Gott?
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Für alle brüderliche Nachrichten, die Sie mir geben sag ich Ihnen herzlichen
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Dank. Es regt sich dabey immer was gutes im
Herzen,
und wie können wir Gott
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spühren, als wenn sich
etwas
Gutes in uns regt?
Pfenninger
(der wieder
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gesunde, in seinen 7 blühenden Kindern und Gott vergnügte) soll an der
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Fortsetzung der
Samlungen
zum christlichen Magazin erinnert werden.
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Lieber Hamann, eine Bitte,
womöglich,
für meine immer schwächern Augen
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etwas leserlicher zu schreiben. Ich kann manches Hauptwort bis izt nicht
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entziefern.
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Immer wollt’ ich
Kants Kritik der Vernunft
lesen. Aber ich weiß nicht:
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Noch wollt’ es mich nie recht annehmen. Doch muß ich’s lesen, um meines
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Einmahleins
willen.
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In
Moses Jerusalem
hab’ ich vortrefliche Erläuterungen, Beleuchtungen,
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wollt’ ich sagen, gefunden, und die Dißkretion und Schonung bewundert,
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womit er sowohl den Veranlaßer dieses werks, als unsern Herrn behandelt. Daß
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Er die christliche Pfingsten nicht für moralische positife Aufhebung der
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mosaischen
Gesezgebung
(nach der
Regel – „
wenn Lieber kommt, muß Lieb weichen)
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erkennen konnte, ist leicht zu begreifen. Ich muß das Buch nochmahls lesen, um
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es recht, das ist, umständlicher beurtheilen zu können.
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Es ist sonderbar, daß Du unsere
s
Söhne
so liebreich traust und daß jeder
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derselben
einzig
und der
Medezin
sich zu widmen entschloßen ist. Mein Heinrich
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soll in einigen Wochen von
Stolz
aus Offenbach
zurükkommen
, um in meines
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großmüthigen und geschickten Bruders Offizin und unter seiner medizinischen
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Aufsicht, soweit es möglich ist, sich zum Arzte zu bilden. Er macht mir viele
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Hoffnung und Freude – und sein beßerer
Sinn,
so wie seine sonderbare
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Führung – gehört unter die Monumente demüthig erflehter Gottesgnade.
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Freund
Pfenninger
treibt und drängt mich immer zum Herrn. Er belaurt
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und behorcht mich immer ob er keinen Stral von oben, keinen Geruch des Lebens
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zum Leben an mir bemerke? Aber – ach! Ich rieche nichts als den Geruch des
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Todes zum Tode. – Dennoch harr’ ich blicke nach der Höhe, ob Er das äußerste
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seines Fingers regen wolle? Ach! Bruder! Es ist eine harte Zeit, die Zeit
unsers
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Vielredens und
Seines
Still
Tiefschweigens.
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Pfenningers
Jüdische Briefe
müßen einem Kinderherzen, wie das Ihrige
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ist, ich hätte bald gesagt, wie das Deinige, wohl gemacht haben.
Reichhart
war
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mit mir in Teinach, bey mir in Zürich, lieb, edel, und gut. Lezten Herbst war die
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Fürstinn
von –
Deßau
bey uns, die Du aus meiner
Dedikation
des zweyten
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Bandes meiner Meßiade liebgewinnen wirst. Sie höhrte
Häfelin
predigen
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über
Hebr:
1. „Ach daß wir bey uns einen solchen Prediger hätten!“ Der Fürst
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sah ihn, gewann Achtung und Liebe für Ihn; – verreißte, rief Ihn zum
extra
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Hofkaplan, den Er aus
S
seiner
Chatull bezahlen will. Häfelin nimmt den
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ungesuchten Ruf kindlich an. Noch wußt es niemand in Deßau. Die Fürstinn gab
15
den
IV.
Band seiner Predigten
Bernhorsten
, einem natürlichen Sohn des
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alten Deßauers zu lesen. Der kommt mit großem Erstaunen zum Fürsten „ach!
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Gott! Daß wir bey uns einen solchen Prediger hätten!“ – „wir haben ihn!“ –
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„unmöglich!“ – „Ganz gewiß – Ruf und Annahme sind geschehen!“ Sogleich
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liefen beyde zur Fürstinn, um sie an der Freude Theil nehmen zu laßen. Diesen
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Sommer reißt also Häfelin nach
Wörlitz
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Mein Blat u. meine Zeit geht aus. Gott segne Sie für Ihren
Seegen
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Richterschwil d. 25 März 1784
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L.
Provenienz
Eine Abschrift vmtl. von einem Sekretär Johann Caspar Lavaters; aufbewahrt in: Zürich, Zentralbibliothek, Signatur FA Lav Ms 563.60. Original verschollen. Letzter Aufbewahrungsort unbekannt.
Bisherige Drucke
Heinrich Funck: Briefwechsel zwischen Hamann und Lavater. In: Altpreußische Monatsschrift 31 (1894), 120–123.
ZH V 134–136, Nr. 734.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
134/25 |
vorübergehen, ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: vorübergehen |
135/13 |
Herzen, ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Herzen |
135/14 |
etwas ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: was |
135/17 |
womöglich, ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: womöglich |
135/27 |
Gesezgebung ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Gesetzgebung |
135/27 |
Regel – „ ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Regel – : |
135/30 |
s Söhne ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Söhne |
135/31 |
Medezin |
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Medezin |
135/32 |
zurükkommen ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: zurückkommen |
135/35 |
Sinn, ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Sinn |
136/9 |
von – ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: von |
136/11 |
Hebr: ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Hebr. |
136/13 |
S seiner ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: seiner |
136/20 |
Wörlitz ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Wörlitz. |
136/21 |
Seegen ]
|
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Seegen. |
136/22 |
Richterschwil […] 1784] |
Geändert nach der zeitgenössischen Abschrift; ZH: Richterschwil, den 25. März 1784 |