722
98/2
Königsberg den 16 Nov.
Dom. XXII.
83.

3
Herzlich geliebtester Herr Gevatter, Landsmann und Freund

4
Ihr Herr Schwager
D.
brachte mir den 15
pr.
die erste gute Bottschaft Ihrer

5
glücklichen Heimkunft und ebenso unversehrten Andenkens ins Haus. Mein

6
Gruß an Sie durch Lavater in den letzten Tagen des Augusts muß zu spät

7
gekommen seyn. Es freut mich, daß Reise und gute Gesellschaft die Erreichung

8
Ihrer Absichten befördert haben und Sie zum Genuß der häuslichen Ruhe

9
wider
her
gestellt
stellen
haben
werden.

10
Gestern sind 4 Wochen, daß ich nicht aus dem Hause gewesen, und morgen

11
8 Tage, daß ich wider den Anfang gemacht aufzustehen. HE Prof. Becker ist so

12
gütig gewesen 2 mal bey mir anzusprechen, wir haben uns einander fast gar

13
nicht genießen können, ohngeachtet er mir zu einem dritten Besuch Hofnung

14
machte – aber alles was mir Hartknoch zu liefern im stande gewesen, hab ich

15
ihm mitgegeben und für HE
D.
Biester auch die bestellte 2
Disp.
des Pr Kraus,

16
der ein Blutspeyen vor 14 Tagen bekommen, so wie unser liebe Kreutzfeld auch

17
vor 3 Wochen wegen eines ähnlichen Zufalls schon für todt ausgegeben wurde,

18
aber sich Gottlob! beßern soll. Ich habe auf ersteren die ganze Woche gewartet,

19
aber
weder
ihn selbst zu sehen noch das geringste von ihm zu hören bekommen

20
können; weil mir mein kleiner
Scipio
fehlt.

21
Das klügste wird wol seyn, Ihnen die ganze diesjährige Geschichte meiner

22
traurig-lächerlichen Ritterschaft
ab ouis
an mitzutheilen, nach Handleitung

23
meines durchschoßenen Kalenders in
4
o
.
Dem zu folge kam mit dem Ende des

24
Jänners mein alter Freund
D.
Lindner in Gesellschaft seines BruderSohns

25
hier an. Jener zog bey seiner alten kranken Mutter ins Roßgärtsche

26
Wittwenstift, und hat ein wahres Muster kindlicher Liebe und aushaltender Gedult

27
abgelegt, wobey er sich selbst beynahe aufgeopfert und nicht eher als auf

28
freywillige Erlaßung seiner gleichsam von Gott selbst dazu begeisterten Mutter

29
med. Augusti
nach Wien abreiste. Sein später Entschluß die
Medicin
zu

30
studieren
schien einer Buhlschaft einer alten reichen Wittwe ähnlich; aber nein! sie

31
war
ist, wie die letzte so die erste, die einzige und ganze Muse seiner Seele.

32
Dieser rechtschaffene Mann, für de
ine
n meine Freundschaft ebenso wuchs wie

33
seine Neigung zur Arzneykunde, empfahl mir den Gebrauch der
bitter-süßen

34
Stengel oder
Dulcis amara
wegen einiger beschwerlichen Flechten, mit denen

35
ich mich viele Jahre über geqvält, und von denen ich auf einmal durch die

36
Qväcken
, deren mein Gevatter in W. gantz zufällig erwähnte, befreyt blieb. Nunmehro

S. 99
aber schien dies Unkraut meines eigenen Gartens beym zweiten Gebrauch alle

2
seine Kraft beynahe verloren zu haben. Ich bat mir also die Vorschrift der
Je

3
länger
,
je lieber-Cur
beym Abschiede von meinem Freund aus. Der

4
Gebrauch aber verschob sich, bis ich durch einen schlimmeren Ausschlag auf dem

5
Kopf und an dem linken Ohr, dergl. die kleinen Kinder haben, im Gesicht und

6
besonders um die Lenden ungedultig wurde und den 20
pr.
den Gebrauch des

7
Mittels die erste Woche zu 2 die andere zu 4 die dritte zu 6 Qventchen versuchte.

8
In der zweyten Woche zeigte sich der erste Einfluß auf die
materia peccans,

9
(welche diesen April meine beide podagrische Fußdaumen verschont hatte,) auf

10
eine merklich verschiedene Art von den beyden Anfällen, die ich bisher gehabt.

11
In dieser Lage besuchte mich HE Pr. Becker den 2
huj.
in Gesellschaft eines

12
portugiesischen Kaufmanns, die mich ein wenig verlegen machte und unsers

13
Cr. R.
Jenisch,
ohne daß ich Ihren Brief zu lesen imstande war. Den 5 kam er

14
mit Ihrem HE Schwager
D.
der sehr eilfertig that. Ich glaubte schon mein

15
Uebel überstanden zu haben, gegen die Nacht aber überfiel mich ein neuer

16
Schmerz, der aber mit dem andern Tage sich stillte. Daher hab ich kaum diesen

17
würdigen Mann recht ins Gesicht faßen, geschweige Ihre und meine Wünsche

18
befriedigen
können
und an den guten Stunden bey unsern Freunden in seiner

19
Gesellschaft
keinen
Antheil nehmen können. Er soll heut vor 8 Tagen mit den

20
beyden jungen
Motherby
abgereist seyn.

21
Des
D.
Lindners
Neveu,
seines Bruders des Hofraths in Mitau Sohn, kam

22
damals den 27 Jänner zu mir in
Pension.
Dieser junge Mensch ist hier geboren,

23
bey der Grosmutter der Amtsräthin Wirthin erzogen und wurde nach einem

24
kurzen akademischen Aufenthalt, ohne etwas damals von ihm gehört noch ihn

25
selbst gesehen zu haben, nach Mitau beruffen. Der 2 jährige Aufenthalt in seiner

26
Eltern Hause scheint ihm nachtheiliger gewesen zu seyn als die grosmütterl.

27
Erziehung. Die französische Sprache ist das Einzige gewesen, womit er sich

28
noch in Mitau beschäftigt unter einem gewißen
Cerati,
der gegenwärtig einen

29
Posten bey der
Regie
haben soll. Meine verjährte Freundschaft ist Ihnen

30
bekannt mit dem seel. Kirchenrath u seinen 2 Brüdern. Umgang und

31
Briefwechsel an sich ist meine Sache nicht. Ich besuche niemanden noch schreibe an

32
ihn ohne durch Geschäfte und Umstände ausdrückl. dazu aufgefordert zu werden.

33
Daher hatte ich auch in Angelegenheiten der alten Consist-Räthin an ihre Söhne

34
schreiben müßen. Dem Hofrath kam mein Brief als ein
Deus ex machina
um

35
seinen Sohn, der ihm schon lange auf dem Halse gelegen hatte, bey mir

36
anzubringen. Er beschwor mich bey unserer alten Freundschaft u versprach goldene

37
Berge. Sein Brief war also auch in meinen Augen ein
Deus ex machina
wegen

S. 100
meiner damaligen Verlegenheit und in Rücksicht meines eigenen Sohns – zu

2
gleicher Zeit erhielt durch ein neues Spiel des Zufalls eben so zuverläßige als

3
abscheuliche Nachrichten von dem Geitz des Mannes, die mich eben nicht irre,

4
aber doch behutsam machten. Ich meldete ihm alle Unbeqvemlichkeiten meiner

5
ganzen Lebensart u. Einrichtung, und daß ich mich zu nichts als einer
Probe

6
verstehen könnte, welche durch die Ankunft des Bruders und seinen Aufenthalt

7
hier desto füglicher gemacht werden könnte. Von dem sittsamen sanften

8
Character des jungen Menschen hörte ich lauter Gutes und es war blos von seiner

9
Vernachläßigung im Unterricht u Schulkenntnißen die Rede. Ich machte einen

10
muthigen Anfang, und leider! mit
Declini
ren u
Conjugi
ren in voller

11
Erwartung, daß ich den Eckel daran bald würde überwunden haben. Aber Neigung

12
zu Moden, Zeitvertreiben, Comödien, gesellschaftl. Zeitvertreiben und den dazu

13
gehörigen Verdiensten hatte allen Geschmack an Gründlichkeit u Wißenschaften

14
stumpf gemacht. Gar kein Selbsttrieb, noch Ehrgeitz von einer Seite – und von

15
der andern ein schon zu reif gewordner Beobachtungs- u Nachahmungsgeist des

16
Schlendrians und der
moyens de parvenir.
Die Tiefe des stillen Waßers wurde

17
auch bald ergründt, und ich muste mit meiner gemachten Probe zum baldigen

18
Beschluß eilen. Es blieb mir also nichts übrig als den jungen Menschen zu

19
einem akademischen Bürger wenigstens in Ansehung der lateinischen Sprache

20
einigermaaßen zu
qualifici
ren und durch diese Uebung seine Aufmerksamkeit

21
zu
u Urtheilskraft zu schärfen und vorzubereiten. Ich schäumte gegen den

22
Vater und überließ es ihm seinen Sohn auf welche Akademie er wollte zu

23
verpflanzen gegen Michaelis. Ungeachtet unsers Hahnengefechts, wurde noch ein

24
Vierteljahr bis zum 27
Oct.
eingeräumt. Den 11
ejusd.
beschloßen wir die

25
Woche mit dem 3
ten
Buch der Oden des Horatz und mit den
Adelphis
des

26
Terentii,
als er mir wider se. Gewohnheit durch sein Ausbleiben des Nachts

27
beunruhigte. Ich verdarb mir dadurch den ganzen Sonntag weil ich ausgehen

28
muste Erkundigung seinetwegen einzuziehen; erfuhr aber zu meiner

29
Beruhigung, daß er zu Fuß nach Steinbeck bey sm jüngern
Oncle
dem
Lieut.
Wirth

30
herausgegangen, und die Leute des Stadtraths
ver
seinen Auftrag mir

31
Nachricht davon zu ertheilen vernachläßigt hatten. Montags erhielte eine kleine Einl.

32
vom Vater mit
völliger
Courtoisie
zum Gruß und einem
gehorsamen

33
Diener
zum Schluß und der Bitte seinem Sohn nichts im Wege zu legen daß

34
er so bald wie mögl. das Ziel seiner neuen Bestimmung erreichte. Ohne mich

35
darum zu bekümmern erfuhr ich endl. daß selbige bey HE Pr.
Meierotto

36
wäre, wohin er auch den 20
pr.
da ich eben meine Cur anfieng, abgereiset.

37
Zum Glück hatte mein Sohn diese ganze Zeit über den Unterricht im

S. 101
Christentum abzuwarten und wurde den 13
Julii
eingeseegnet, und den 24
ej.
vom HE

2
Kriegsrath Deutsch nach Graventihn zur Gesellschaft seines einzigen Sohns vom

3
gl. Alter mit meinem abgeholt. Auch ich habe Reisen gethan im Geburtsmonath

4
August, bin mit Hack u Pack anderthalb Tage in Trutenau gewesen, setzte mich

5
den 20
ej.
des Abends auf die Post verdung bis Pr. Eylau, stieg aber des Nachts

6
in Mühlhausen ab und kam den Morgen früh in Graventihn eben zur

7
Honigbeute an, fuhr aber am Bartholomäustage mit meinem Sohn zu Hause, der

8
seit den 7.
Sept.
seinen Sitz zu Graventihn hat und eben den Tag wie mich

9
HE Prof. Becker besuchte, auf ein paar Stunden u eine Nacht zum Besuch in

10
der Stadt gekommen war.
Hinc illae lacrumae
über meinen kleinen
Scipio

11
für mich alten gichtbrüchigen Mann mit schwindlichem Kopf! Gott Lob! es geht

12
ihm recht wol; er ist wie ein Kind im Hause, lernt nicht nur ein wenig
mores
und

13
Umgang sondern geniest auch den Unterricht eines geschickten Hofmeisters, den

14
ich hier gern im Lande bald versorgt wünschen möchte. Er wollte hier

15
Vestungsprediger werden; aber zu unser aller Besten ist die Stelle schon in Potsdam

16
vergeben gewesen, ohngeachtet ich ein langes und breites darüber an unsern

17
Freund
D.
Biester geschrieben.

18
So sehr ich auch meinen Johann Michel zu meinen Bedürfnißen und

19
Bestellungen vermiße; so gern entbehr ich ihn und begnüge mich an dem Gerüchte

20
seines guten Verhaltens und wünsche nichts so sehr als daß es wahr seyn und

21
bleiben möge! Wie ich mit ihm an Barthol. zu Hause kam, fanden wir

22
Marianchen bettlägerich; sie stand aber gleich auf, und es waren die natürlichen

23
Pocken, ohne Artzt, außer dem Bett und ohne alle Uebelkeit. So kam sie ohne

24
Hebamme zur Welt, machte Zähne, lernte gehen ohne Leitband, welches mir bey

25
allen meinen übrigen Kindern nicht gelingen wollen. Sie tritt den 18
huj.
in

26
ihr 6tes Jahr, aber an Lesen und Buchstabieren ist noch nicht zu denken.

27
Meine älteste Tochter Lieschen fährt fort Bachsche
Sonat
en zu klimpern, singt

28
einige Liederchen und das strickende Mädchen, Lebe, lache, küße und die Elegie

29
auf ein Landmädchen – hat seit kurzen Freundschaft mit
Mlle Podbielsky,
die

30
ein großes
Talent
zum Zeichnen haben soll, aufgerichtet und fängt an mit ihrem

31
Bruder Briefe zu wechseln, die nicht gehauen auch nicht gestochen sind.

32
Lehnchen, mein mittelstes Mädchen, ist das schwächlichste Kind, ebensosehr zum Weinen

33
als Lachen aufgelegt. Man nennt sie daher vielleicht des
Vaters Tochter
.

34
Hier haben Sie, herzlich geliebtester Freund, meine sehr langweilige und eben

35
nicht curiöse
Relation
aller meiner Sorgen und Freuden, unter denen ich wider

36
beynahe ein Jahr verträumt ohne wißen noch sagen zu können, ob ich in einer

37
einzigen Sache weiter und von der Stelle gekommen bin.

S. 102
Nun verlang ich auch recht sehr zu wißen, was Ihr liebes Louischen, was

2
mein kleines Pathchen macht? und ob Ihr Pflegsohn auch schon wider bey Ihnen

3
ist? Da Sie Kinder und eine Haushaltung haben, ist Ihnen wol freylich nichts

4
beßer zu wünschen als eine Gehülfin, die um Sie sey.

5
HE
D.
Hensler dankt; ich weiß nicht wofür – Alles was Hartknoch mir

6
geschickt erhalten Sie; ich freute mich schon, – denn Sie können nicht glauben, wie

7
sauer es mir wird mich in die Launen zu versetzen, die mich zum
animal scribax

8
gemacht, und daß ich selbst den Faden von allem beynahe verloren habe – und

9
wie mir zu Muth ist, meine Poßen mit kalten Blute zu lesen. Ohne mich lange

10
zu bedenken, ließ ich mir alles auf mein Bett bringen, und Lieschen vertritt die

11
Stelle ihres Bruders als Handlangerin. Da machte ich die verdrüsliche

12
Entdeckung, daß mir meine sehr schätzbare Ausgabe der
Pucelle d’orleans
fehlte,

13
die immer in dem Pulte meiner besondern Niederlage aufbewahrt gewesen,

14
aber von meinen Leuten nach dem Wandel mütterlicher, nicht väterlicher Weise

15
niemals zugeschloßen gehalten wurde. Mein Sohn hat dies Buch auch nicht

16
finden können, sagte mir aber daß Lindner sich darnach erkundigt, für den ich es

17
auch wirklich
sequestri
rt hatte. Es ist also gar zu wahrscheinlich, daß er dies

18
Buch mitgenommen, und auf eine tückische Art mit mir
liquidi
rt für einige

19
seiner Bücher, die er mir sagte, daß er sie zurückließe, weil es ihm an Platz in

20
seinem
Coffre
fehlte, die ich mir aber weder angemaßt, noch bisher darum

21
bekümmern können.

22
Kennen Sie HE Meierotto selbst oder wißen Sie sonst einen Bekannten von

23
seinem Hause; so geschähe mir aus mehr als einer Rücksicht eine große Wohlthat,

24
mein Eigenthum gerettet zu sehen. Ich bäte also in diesem Fall aufzuheben und

25
es Hartknoch mitzugeben. Die Ausgabe ist in gr. 8
o
mit Kupfern, in blau Papier

26
geheftet, die Abschrift eines Gesanges von mir selbst eingeheftet. Die Noten

27
enthalten theils
die
geänderten theils die in allen gewöhnlichen Ausgaben

28
castrir
te Stellen, worunter eine der wichtigsten für mich, auf die ich im

29
Konxompax
verwiesen, und hier nirgends aufzutreiben weiß. Sie betrift das

30
Auguste enfilage
– und in dieser
Groupe
den philosophischen Geschmack des

31
S. du Nord.

32
Wißen Sie denn gantz und gar nichts von unserm Vetter B. Ist er als

33
Widertäufer allen seinen Freunden der alten Welt abgestorben oder liegt die Schuld

34
an den holländschen Unterhändlern? Ich habe den gänzlichen Mangel an

35
Nachrichten blos Ihrer Abwesenheit
zugeschrieben

36
Ist der jüngste von Hogendorp noch in Berlin? Der mittelste hat mich mit

37
allen seinen mündl. u schriftl. Versprechen der Hemsterhuisschen Schriften zum

S. 103
Besten gehabt, und ich bin dadurch vereckelt worden bis auf diese Stunde die

2
deutsche Uebersetzung anzusehen. Desto mehr Guts wünsch ich meinem ältesten

3
für die Freude die er mir mit den
Confessions
des
Rousseau,
mit dem

4
Constanza-
Nectar
aus dem Keller seiner gnädigen Mama und mit dem halb

5
holländischen halb französischen
Valet
brief – Der Himmel schenk Ihm guten Wind,

6
blindes Glück – und auf seine alte Tage Verstand!

7
Merk hat sich meiner so wenig erinnert, daß ich mich beynahe wundere noch

8
in so gutem Andenken zu seyn; wievol es freylich immer beßer ist sein Wort

9
thätig als mündlich zu halten. Befriedigen Sie doch ein wenig meine

10
Unwißenheit und Neugierde in Ansehung des Namens Leuchsenring, der mir bekannt

11
ist, ohne auf die rechte Spur kommen zu können. Einem jüngeren werden die

12
Briefe eines Franzosen an sn Bruder zugeschrieben; oder auch einem jüngeren

13
Riedesel; deren rechten Verf. ich eben so gern wißen möchte, als die unter dem

14
engl. Namen Aschley herausgekommen – aber noch mehr, wenn es keine Sünde

15
ist darnach zu fragen, wer die Allerliebsten Briefe in diesem Monath
der
Ihrer

16
Monathsschrift geschrieben.

17
Claudius soll nicht länger Matthias sondern Thomas heißen – bitte daher

18
Einl. mit Ihrem Zeugniße zu unterstützen, die schon seit vorigem Monath halb

19
fertig gelegen.


20
den 24
Novbr.

21
Muß diesen Brief wegen neuer Anfälle auf dem Bette schließen, die bey Ruhe

22
und abgewarteter Ausdünstung sehr leidlich sind. Wünsche Ihnen mehr Glück

23
bey der Fortsetzung Ihres Magazins, deßen Anzeige ich auch erhalten aber

24
zugl mit der
betrüb
t
enden
Nachricht, daß der
kleine liebe Riese
auch schon

25
seine Laufbahn vollendet. Kälte der Ueberlegung ist ein Gefühl der Gründe, und

26
immer die
klügste
Partey welche unser
D.
aus Instinct ergreift, und zugl. zur

27
Nachahmung und Ergebung Ihre würdige Frau Schwester stärken wird. Auch

28
in Leidenschaften scheint jeder sein Maas von Einnahme und Ausgabe zu haben,

29
für deren Gleichgewicht die Natur sorgt.

30
Pr. Kraus hat mich vorige Woche besucht und befindt sich völlig

31
widerhergestellt. Ihren Gruß an Kr R Scheffner werde nächstens bestellen. Empfehlen

32
Sie mich unsern dortigen Freunden und Ihrem Jonathan. Bitte die Kleckse und

33
aegri somnia
mir zu Gut zu halten.

34
Die Sache mit unsern
Fooi
geldern soll jetzt bey der Cammer zur

35
Untersuchung seyn, hat man mir gesagt; kann aber weder den Grund noch Ungrund,

36
geschweige mehr erfahren. Meiner verbeßerten Lese und Schreibe Lampe fehlt

S. 104
es sehr an Oel. Auf meinem Bette u um mich herum liegen Bücher und Briefe,

2
die ich weder lesen noch beantworten kann.

3
Gott gebe Ihnen Ruhe und Fülle zum Leben und Schaffen – glücklichen

4
Fortgang zu allem was Sie wünschen und brauchen. Vergeßen Sie nicht Ihren alten

5
treuen

6
Landsmann Gevatter u Freund

7
Johann Georg Hamann.

Provenienz

Druck ZH nach der überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 1.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VI 356–361.

ZH V 98–104, Nr. 722.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
98/9
hergestellt […] werden.]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
her
gestellt haben
stellen werden.
98/23
4
o
.
]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
4
o
.
98/30
studieren
]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
studiren
102/35
zugeschrieben
]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
zugeschrieben.
103/24
betrüb
t
enden
]
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH:
betrüb
t
enden