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Zürich am 20. November. 780.
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Warmer, inniger Dank Ihnen theuerster Vater! für die väterliche
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Aufnahme meines zudringlichen Kinderglaubens und den reichen Lohn meiner
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dürftigen Gabe.
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Ihr Brief kam mir am 17. August zur erwähltesten Stunde – ein klarer
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Himmelsthau auf meine müde, welke Seele. Am 8. Jul. gab mir mein
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Weib durch eine über Bitten und Hoffen schnelle Geburth ein holdes Mädchen;
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mitten in der hohen Vaterfreude und Hofnung naher Erholung und alle den
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Aussichten des frohen Sommergenusses mit Weib und Kind fiel die
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Wöchnerin in tödliche Schwachheit und aus dieser in die schmerzlichste
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Brustkrankheit, die allen Frieden meiner Seele und alle Ruhe meines Hauses
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verschlang und mich zu wüthenden Gebethen in den Staub hinwarf. In den
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ersten Augenblicken beßerer Hofnung sandte mir Gott Ihre Erquickung – ich
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nahm sie zum Pfand, daß Er mir bald alles Kranke heilen und alles
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Verlohrne wiedergeben werde; und siehe, Er hats gethan. Sein Name sey gelobet!
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Nach Ihrer aufgegebenen wunderlichen Ausarbeitung bey Anlas der
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bewußten Stüke des Merkurs, lüstets meine Seele bey alle den holen Nüßen
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und sauern Aepfeln unsers litterarischen Jahrmarkts wie nach einer Frucht
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vom Baume gepflanzet an den Wasserbächen.
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Es begegnet mir leider oft, daß ich, zumal nach Jahr und Tag, gerade der
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schlechteste, leersinnigste Ausleger meiner eigenen Worte bin. Ich kann mich
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unmöglich mehr in den Ideenkreis hineinzaubern, in welchem ich jenes von
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„der Brücke ohne Lehne“ hinschrieb – und büße also Ihre Kritik wie das Kind
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die schonende Ruthe.
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Der Aufsatz über „Reich und Zukunft des Herrn“ im neusten Stück des
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Magazins regt in meiner Vaterstadt viel Geschrei über seine Verfaßer, ob er
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gleich die Censur paßirte: Er ist eigentlich über „Toblers Fragen und
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Antworten zur Ehre Christi und seines Reiches“ geschrieben und wurde ihm im Mscpt
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mit Bitte um Lösung der Zweifel zugesandt, aber verachtend und beleidigend
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abgewiesen. Herr Tobler ist Oberhelfer an unsrer Kathedralkirche und
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Präsident der jüngeren Geistlichen. Darum schreit man uns zu: „antwortet ihr
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dem Oberpriester also?“ und wir dürfen und mögen uns nicht wie Paulus
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entschuldigen.
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Von den neuern Meßfrüchten, deren Name Legion ist, hab’ ich die wenigsten
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gesehen und nur ein paar gekostet – wobei ichs wahrscheinlich bewenden
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lassen würde wann ich auch Zeithalber nicht müßte.
Lavaters Apokalypse
,
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die er Ihnen hier mit dem Gruß der Liebe durch mich sendet. Vermehrte
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Ausgabe von
Hessens Versuch vom Reich Gottes
, die sich über die vorige
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Ausgabe und über alle Schriften dieses Schriftforschers durch mannliche und
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freiherausgesagte Bibelwahrheit sehr erhebt – obgleich das Metaphysisch-
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Prophetisch-Dramatische der Bibel des Mannes Sache nicht ist. Herders
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Briefe über das Studium der Theologie
– trefliche Bemerkungen – fast
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fürcht’ ich, der Mann, den wir doch wahrlich alle innig ehren und lieben, ist
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unzufrieden mit uns – Gott weiß warum? Über
die Reformation
– ein
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voluminöses Berlinerprodukt, wie ich aus der gustosen Zubereitung der derben
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deistischen Brocken schließe; sonst ist manches nahrhafte historische Gericht
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mitaufgetischt.
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Hier hörte ich
Tellern
als den Verfaßer der „freimüthigen Nachrichten“
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nennen.
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Ach, daß die Himmel sich über Ihnen aufthuen und Gott Ihnen zeige
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Gesichte und der Geist des Ewigen Sie ergreife zu einer neuen mächtigen
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Prophezeiung über Gegenwart und Zukunft des bösen und ehebrecherischen
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Geschlechtes!
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Mein unglücklicher Mitbürger
Waser
war mein nächster Verwandter. Sie
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sollen von ihm wißen, was und wie ichs weiß.
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Ein acht und dreißigjähriger sanguinisch-cholerischer Mann mit großen
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mathematischen Talenten. Ohne Genie, ohne Grösse, Adel, Delikatesse,
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Geschmack, Empfindlichkeit. In seinem Nacken eine eiserne Ader und durch sein
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ganzes Wesen floß ein ungenießbarer herber Saft – unermüdet und
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unermüdlich in seinem Lieblingsstudium. Ein Geist der Verwirrung, eine Sucht
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sich zum Räthsel zu machen besaß ihn und Freude über Babelsverwirrung
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und Furcht und Schrecken war eine seiner grossen Freuden – voll ungeheurster
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Rache gegen seine Beleidiger – ein Gemisch von stolzer Grosmuth und
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schändlicher Niderträchtigkeit, von Höflichkeit und beleidigender Härte und
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Grobheit – – dieß ist Etwas von seinem Charakter.
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Er studirte Theologie – ergab sich aber ganz der Mathematik und
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Naturhistorie und nahm von Theologie nur so viel vom Wege mit, als er zu seiner
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Ordination unentbehrlich brauchte. Er heurathete als wohlgewachsener
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Jüngling ein etwas ältliches Frauenzimmer aus einer angesehenen Familie
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mit einigen tausend Thalern und versenkte sich nun ganz in seine
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Lieblingswissenschaften. Bald darauf bekam er eine Pfarre zunächst an der Stadt; hier
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sezte er sich gewißen Unordnungen in Verwaltung des Gemeinde- und
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Allmosenguts mit derber Ungestümheit und beleidigendem Truz gegen
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angesehene Personen entgegen – es gedieh’ zu einem Prozeß, den er, weil er seine
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Sache nicht nach der Form Rechtens erhärten konnte, mit der Pfründe verlohr.
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Mit diesem Momente zündete der Funke der grimmigsten Rache in seinem
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Innersten, der sechs Jahre hindurch zur wüthendsten Flamme genährt jede
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beßre Empfindung, Anmuth und Liebe seines Herzens verzehrte und sein
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ganzes Wesen mit Bitterkeit und Grimm vollstopfte.
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Er begehrte einige Male Revision seines Prozesses, was ihm aber
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abgeschlagen wurde, weil unsre Geseze nur dann Revision bewilligen, wenn einer
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vorher vergessene wichtige Umstände ins Recht bringen kann.
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Durch Abschlag dieses oft sehr ungestümen Begehrens, durch einbrechende
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ökonomische Noth bei einer auf etwas hohen Fuß eingerichteten Haushaltung
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und starkem Aufwand für mathematische Bücher und Instrumente – und
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durch Fehlschlagen seiner Aussichten auf eine neue Stelle ward seine Rache
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immer glühender, unauslöschlicher.
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Nun ward er Statistiker, bekam als Mitglied der physikalischen und
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oekonomischen Gesellschaft leichten Zutritt zu den Staatsarchiven, den er zum
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Theil auch als Bürger hatte, durchwühlte alle Urkunden und Jahrbücher,
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machte sich Auszüge und Resultats und ruhte nicht, bis er alle Geheimnisse
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unsrer Republik mit allen alten und neuen Wunden und Eiterbeulen
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grundaus und schärfer als keiner unsrer Staatsmänner kannte.
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Zwo der ältesten und wichtigsten Urkunden, die man ihm zum Kollationiren
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anvertraut hatte, verfluchte er sich zurückgegeben zu haben, drohte dem
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Staatssekretair einen Prozeß anzuhängen, wenn er sie ihm noch einmal fordern
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würde, sezte diesen dadurch in Todesangst und einen Stadtbedienten in
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Gefahr abgesezt zu werden.
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Zu den vorläufigen Befriedigungen seiner bittern Rache – der er im Stillen
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ein grosses Fest bereitete, da er mit Adlergierde am Aas seiner Feinde sich
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sattfressen wollte – gehört sein Aufsaz im Schlözerschen Briefwechsel, der,
in
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thalamo
gesagt, viel Wahrheit, aber übertriebene, hämischgesagte Wahrheit
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enthält! Dieser Aufsaz, den man bey der zweiten Zeile niemandem als ihm
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zuschreiben konnte, gab Gelegenheit ihn in Verhaft zu nehmen und
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Hausvisitation zu halten, wo man denn die abgeläugneten Urkunden in dem Schrank
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seiner Magd unter alten Kleidern verstekt, einige bittere, verdächtige Aufsäze
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und einige entwendete Bücher, Instrumente, Kupfertafeln, Handrisse etc.
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fand.
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Einige Tage vor seinem Verhaft sagten ihm seine Freunde: „Keine Seele
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kann den Aufsaz im Schlözerschen Briefwechsel gemacht haben als du – es
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zieht ein Wetter über dich zusammen – hast du Schriften die du nicht gern
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sehen lässest, so verbrenns, oder gieb sie uns in Verwahrung – am beßten,
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du würdest dich selbst auf einige Tage entfernen. – – –“ Er verachtete die
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Warnung mit lachendem Truz.
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am 21. Nov.
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Nach seinem misglükten Versuche zu entfliehen – er ließ sich an zerrißenen
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Bettüchern drei Stockwerke vom Rathause, welches seine erste Gefangenschaft
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war, in den Limmatfluß hinab, die Strike zerrißen auf halbem Wege und er
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ward aufgefangen – nahm er seinen Tod für gewiß und da er ihn einer ewigen
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Gefangenschaft weit vorzog, so richtete seine Aussagen in den Verhören
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darauf ein. Er bekannte, sein Vorsaz sey gewesen, so bald er fremde Dienste
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haben würde – die er durch ein großes chronologisches Werk, das nun würklich
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bey Orell gedruckt ist, zu bekommen hofte – seine erworbenen Staatskenntniße
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und die entwendeten Urkunden zum Verderben seiner Beleidiger – die nahe
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Verwandte seiner Frau waren – und zur schreklichen Verwirrung seines
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Vaterlandes geltend zu machen. Im Fall ihm dieses fehlschlüge, so habe er seine
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Lebensgeschichte voll alles in Aufruhr sezender Anekdoten aus den
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Geheimnißen des Staats und voll bitterer Charakterisirung einiger verstorbenen und
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lebenden Regenten an Schlözern gesandt, daß sie nach seinem Tode gedruckt
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werde, um sich unfehlbar früher oder später gerächet zu wissen.
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Zween Tage vor seinem Tode bekam ich von unserm Konsul die Erlaubniß,
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ihn zu besuchen und ihm den Abschied seines Vaters – meines Onkels, – seiner
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Frau, Kinder und Geschwister zu bringen. Er äußerte die tiefste Traurigkeit
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darüber, daß er sie alle in solchen tiefen Jammer gestürzt habe. Aber in
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Ansehung seines Verbrechens blieb er bis auf den Schwerdschlag hart darauf,
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alles was er gethan und thun wollte sey durch Ungerechtigkeit abgedrungene
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Nothwehr gewesen und seine Richter haben die grössre Sünde. Eben dieß
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behauptete er auch gegen Lavatern, der in seinen letzten Stunden bey ihm war.
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Sonst bekannte er sich einen Sünder – aber seine Busse war so gemein, so
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roh, so bürgerlich, so ohn alle Empfindung und Delikateße, wie je des
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gemeinsten Delinquenten. Seine Kenntniß des Christenthums reichte nicht über
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das altorthodoxe System hinaus. Zum Bibelstudium hatte er nie den
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mindesten Hang. In den lezten Jahren, als ihn der Krebs der Rache halb
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durchgefressen, neigte er sich stark, was er mir oft sehr deutlich merken ließ, zu
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einem kraßen Deismus hinüber und verachtete seinen Orden.
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Am 27.
May
Jun.
war sein Todestag. Er hörte die Ankündigung, daß
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er enthauptet werden sollte, im Gefängniß ruhig an, sprach noch übers
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Mittagessen mit seinem Wärter und mit Lavatern von verschiedenen Dingen so
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nonchalant, wie wenn er einen kleinen Spaziergang vors Thor zu machen
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gedächte – gieng seinen Todesgang mit muthigem Schritt und noch nie gesehener
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Standhaftigkeit – frug den Scharfrichter noch, ob er ihm bequem auf dem
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Stuhl size? bethete laut und empfieng den Streich.
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Ich lege Ihnen hier das Urtheil bey, das ihm bey seiner Hinführung auf
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den Richtplatz vom Rathaus herab vorgelesen wurde.
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Angestrengter Glaube an unbedingte Prädestination seines Schicksals – die
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Empfindung, wenn er auch bei Leben bliebe, keine ehrenvolle Rolle in der Welt
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mehr spielen, keinen Faden seiner Projekte mehr aufknüpfen zu können –
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Eitelkeit, auf eine eklatante Weise zu sterben und wie Simson durch seinen
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Tod seinen Feinden weher zu thun als durch sein Leben – dieß waren, wie mir
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mehr als wahrscheinlich ist, die Hauptstüzen seiner Standhaftigkeit und seines
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die ganze Stadt in Erstaunen sezenden Muthes.
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Die zu Schafhausen, Berlin und in Iselins Ephemeriden
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herausgekommenen Nachrichten sind unzuverläßig und in Absicht auf Charakter viel zu
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geschmeichelt. In den Ephemeriden ist die Unterredung mit seinen zween
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Knaben, von denen der jüngste bis nach dem Tode seines Vaters in meinem
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Hause war, ziemlich getreu erzählt.
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Lavater hat sehr genaue und ausführliche Nachrichten von dem ganzen
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Prozesse gesammelt auch seine letzte Unterredung mit Wasern aufgeschrieben
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und an
Göthe
gesendet.
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Merkwürdig ist, dass sehr rechtschaffene und weise Männer unter W.
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Richtern nachdrücklich für sein Leben sprachen – merkwürdig, daß er nicht hätte
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sterben müßen wenn sein Urtheil ein paar Wochen später gesprochen worden
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wäre. So nemlich: unser Rath ist in den alten und neuen Rath abgetheilt,
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der alle halben Jahre in der Regierung wechselt. Der neue Rath ist eigentlich
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Malefizrichter, obgleich der alte Rath seine Stimme auch dahin geben kann,
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ob das Verbrechen todwürdig sey, oder nicht? In diesem alten Rath gabs
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mehr Stimmen zum Leben als zum Tod – und in ein paar Wochen wäre der
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alte Rath der neue Rath geworden.
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Noch ein paar Züge aus dem Charakter meines unglücklichen Vetters.
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Als Pfarrer that er seine äussern Pflichten mit der größten Genauigkeit,
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mit dem schärfsten Eifer. In der Theurung von 70. 71. 72. wandte er sein
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ganzes Einkommen und noch ein Beträchtliches von seinem Vermögen zur
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Unterstüzung seiner nothleidenden Pfarrkinder an.
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Es kamen, als er schon seiner Pfarre entsezt und oft selbst in grosser,
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oekonomischer Noth war, arme Bürger zu ihm. Er gab ihnen alles, was er
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zusammenbringen konnte und empfahl sie aufs nachdrücklichste seinen
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Bekannten.
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Von dem Vermögen seiner Frau gab er vor einige hundert Thaler an
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Interesse zu legen, machte seiner Frau zwo falsche Obligationen und kaufte sich
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aus dem Geld mathematische Instrumente.
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Ein reicher Herr rühmte eine elektrische Maschine, oder was es war, das
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Waser für viel Geld gekauft und dem Herrn für einige Zeit geliehen hatte –
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Schnell drangs Waser dem Herrn als ein Präsent auf.
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Für seine Arbeiten bei der phisikalischen Gesellschaft wollte ihm die
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Gesellschaft ein ansehnliches Geschenk machen. Er schlug es stolz aus mit dem
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Worte: „Es thut mir leid, wenn die Herren glauben, ich arbeite um Geld.“
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Eben dieser Gesellschaft mangelte ein Telescop – aus kostbaren botanischen
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Werken und aus Röslers Insektenbelustigung waren Kupfertafeln
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herausgeschnitten. Waser machte die Gesellschaft zuerst aufmerksam darauf, wollte
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vor Ärger fast von Sinnen kommen, stampfte und fluchte wie ein Rasender –
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und bei der Hausvisitation fand sich alles bei ihm.
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am 22. Nov:
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Ich hätte würklich die Unverschämtheit gehabt, Ihnen das dritte Bändchen
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der Predigten zu senden, wenn Sie auch nicht so gütig wären, es zu erwarten.
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Noch ist aber kaum ein Fünftel ins Reine geschrieben – ich konnte erst im
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Jun. anfangen und werde oft Wochen lang unterbrochen.
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Therese Czartoriska
war eine junge pohlnische Gräfin von
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außerordentlicher Schönheit die vor einigen Monaten während dem ihre Mutter
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niederkam am Kamin von der Flamme ergriffen unter fürchterlichen Schmerzen
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nach einigen Tagen starb. Ihr Schwager, Graf
Cheruski,
der vor einigen
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Wochen hier durchreißte, erzählte die Trauergeschichte Lavatern, der dadurch
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zu diesem Gedichte begeistert wurde.
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Cheruski
Rczewusky
ist einer der ausgebildetsten, vielwissendsten,
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feinsichtigsten Männer – ein passives Genie, wie ihn Lavater nennt. Er
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reißt, um das tiefste Leiden seines Herzens zu vergessen, oder zu lindern.
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Er kennt die geheimsten Maximen und Triebfedern des Petersburger- und
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Wienerhofes – ist ein Vertrauter seines Königs, dessen Nachfolger er einst
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werden kann und fühlt die zerrissene Verfassung seines Vaterlandes mit hohem
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Ingrimm. Er drang in Lavatern, ihm alles gerade herauszusagen, was er aus
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seiner Physiognomie von ihm wisse und ahnde.
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Laßen Sie mich noch so unverschämt seyn, Ihnen hier ein kleines
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Kampfspiel beizulegen, das ich im lezten Jahr meines Junggesellenstands für
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Lavatern und meinen Glauben kämpfte. Izt bin ich auf dem Dornenacker, im
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Schweiß meines Tagwerks ein wenig zahmer geworden.
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Kaufmann geht im Frühjahr mit Weib und Kind nach Schlesien zu
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Haugwiz. Er hat eine sonderbare Komödie in der Schweiz gespielt, deren
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Knoten ihn nun so enge um den Hals würgt, daß er ihn kaum wird lösen
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können. Alle seine Freunde hat er von sich, sich von allen seinen Freunden
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entfernt. Ungemessener Ehrdurst und Herrschsucht ist sein Wurm, der nicht stirbt.
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Ich kannte ihn von seinem zehnten Jahre und lernte mit ihm unter Einer
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Ruthe Latein.
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Aber nun sind Sie des langen Geschreibs herzlich satt – verzeihen Sie!
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Ach, daß es mir einmal in meinem Leben so gut würde, Ihr Angesicht zu
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sehen! aber das ist Einer der Wünsche, die ich in meinem Innersten bis auf
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den Anbruch der
καιρων αναψυξεως
versiegle.
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Lassen Sie mich Ihrem väterlichen Andenken empfohlen seyn.
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Der todt war und lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit sey mit Ihrem Geist!
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Ich lege meine Stirn auf Ihre Hand und bleibe mit warmer Sohnestreu
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Ihr ganz ergebener
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Johann Caspar Häfeli.
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Vermerk von Hamann:
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Erhalten den 9
Jul.
781.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2553 [Gildemeisters Hamanniana], I 32.
Bisherige Drucke
Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, II 312–318.
ZH IV 234–241, Nr. 606.
Zusätze fremder Hand
241/13 |
Johann Georg Hamann |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
240/20 |
Rczewusky |
Laut ZH von Hamann über „Cheruski“ geschrieben; in ZH im Apparat. |