580
165/18
Der Brief schließt sich unmittelbar an eine Reinschrift von Hamanns

19
„Zwey Scherflein zur neusten Deutschen Litteratur“ an.


20
Wünschte zum Abdruck, daß selbiger 2 Bogen betrüge; daher ich bäte das

21
2 Scherfl. mit einer neuen Seite anzufangen. Auf dem Titel komt in der

22
griechischen Stelle ein hebräisches
Jot.
י

23
Ich habe seit einigen Tagen nach des
Alemberts
Eloge
des Mylord

24
Marschall
herumgeschickt ohn es auftreiben zu können, weil die Exempl.

25
schon in unserm Monopolkram vergriffen sind. Bitte das
Sobriquet
unsers

26
Semper Augusti
einzusetzen. Ich weiß nicht ob es
Abt
oder
Pater Prior
war?

27
und eben dies Wort zur Note 10 hinzuzufügen.

28
Ich schreibe
neuste
, und wenn ich andere anführe besonders Titel:
neueste
.

29
Bitte in Anführung auch die verschiedene Orthographie zu beobachten.

30
In Anbringung der engl. Denksprüche bitte ihren Mangel, wo es nöthiger,

31
zu ersetzen.

32
monachischer, – nicht monarchischer   Otographie, eben so mit Fleiß,
i. e.

33
Ohrgraphie. Orco, nicht Orkod.
Sueton
hat
ipsi;
ich mit Fleiß
isti,
weil ich

34
mir die Verwechselung des c und t mit
s
u.
k
so leichter vorstelle als bey

S. 166
ipsi.
/
p.
7. ein klein Schlangen s und ß, das Kl. nicht leiden kann, statt:

2
Schlangen
u
Otterngezüchte. Siehe Allgem. Bibl.
XXXIX.
B. 1 St. S. 263 die ich

3
gestern zufällig zu lesen bekommen und wo mein Argument gegen den Anfang

4
anticipirt
ist

5
In Hermes neuesten Casualreden ist Leß
u
Luther gepaart in einer Note.

6
Sein
Pis-aller
findt sich auch in einer Samml. älterer Predigten.

7
Der
p.
4 angeführte Leberreim ist von meinem seel.
Oncle.
Den Theil u

8
quo anno
herausgekommen weiß ich nicht. Ich glaube in dem Theil wo

9
Genest übersetzt ist.

10
p.
5.
Echoe
; nicht Echos

11
Das
I.
Scherflein ist hauptsächlich gegen den Herausgeber: das
II.
gegen

12
den Urheber der neuesten Rechtschreibung.

13
Das Wort
Bestie
habe in der alten Uebersetzung der Apokalypse gefunden.

14
Weil die
beyde
Motto nicht auf
dem Titel angeführt sind; so habe
p.
4. das

15
lateinsche
nachgeholt u dem Namen
Persius
auch das
που
eingerückt
wie Nr. 14.

16
das griechische
in extenso,
das
in fronte
abbreviirt erscheint.

17
Die 14 Noten bitte numerirt zu lassen. Ob ich das Schluß Motto aus dem

18
Lucan mit
saxis tantum
oder
volucresque
setze überlasse Ihrem Gutbefinden.

19
Sollte aus dem Abdruck etwas werden: so bespreche ich 1. für
Klopstock

20
2.
Leßing
. 3. Wieland. 4. den
andern Nachbar
5. nach
Erfurt
6.

21
Darmstadt
. 7. Landsmann Reichard 8.
Mos.
Mendelsohn 9. Lavater. 10.
Kleuker
.

22
11. NB. Kraus in Göttingen in der
Grünenstraße n 12–14.
für die

23
verwittwete Frau Verfasserin. Auch ein
halb Dutzend
wäre nicht zu viel.
Könnte

24
nicht Freund Hartknoch, der mich vorige Woche mit einem Briefe, Fäßchen

25
Caviar u einem Päckchen Bücher erfreut, ohne daß er was davon wüste, zum

26
Verleger gemacht werden?

27
Das Format der sibyll. Fragmente
              
Geschmack.

28
Eher kleiner, als größer. Was für ein schönes Abendr
ot
         

29
                                     
4 Uhr –

30
Fortsetzung
.


31
Fortsetzung

32
Liebster und bester Gevatter, Landsmann und Freund,

33
Was sagen Sie zu meinem Geschmier ohne daß ich weiß ob die Ferien Ihrer

34
eignen Autorschaft Ihnen Lust
u
Muße zur Hebammenschaft der meinigen

35
lassen. Vor allen Dingen schenke Ihnen der liebe Vater im Himmel, Ihnen

36
und allen lieben Ihrigen gute Gesundheit – Hier erhalten Sie die jüngste

S. 167
Geburt meines alten grauen Kopfs mit der Bitte abermal Hebammenstelle bey

2
selbiger zu
vertreten
.
,
und meine
Freude
über schneller u. glückl. (Gott gebe)

3
Entbindung derselben vollkommen zu machen durch einen
ähnlichen

4
Abdruck

5
Mein
peccatum omissionis
auf der Liste bitte nach Wandsbeck zu ersetzen.

6
Endl. hat es dem
Asmo miti
fi
co à silentiis
gefallen mich den 26
pr.
mit einem

7
Handschreiben zu erfreuen mit einem sehr langen drolligen Briefe für sein

8
hartnäckiges Stillschweigen. Weil ich der
losen Worte
viel habe: so hat er

9
sich
praecaviren
wollen und lieber den Verdacht eines faulen
Studiosi

10
literarum risquiren
– Wenn bis zum nächsten May nicht die Mode mit den

11
gebratnen Tauben u dem offnen Maul
durchgreift;
so dörfte der Knüppel wohl

12
wieder beym Hunde liegen und Herr
Asmus
nicht
manquiren
auf eine

13
Fortsetzung (seiner guten Werke) zu
entrir
en. In was vor einem Talanderstyl er

14
französische Bastardreime zu bröckeln weiß, wenn er artig
u
schön thun

15
will.

16
Kreutzfeld hat mich seit 8 Tagen nicht
besucht;
u Brahl arbeitet
ad interim

17
an unsern gelehrten Articuln. Mein nagelneuer Freund Pleßing hat diese

18
Lücke ausgefüllt u scheint Vertrauen zu mir zu haben. Er hat mich gebeten

19
sich Ihnen u durch Sie dem HE Geh R. Göthe, der sein Freund zu seyn

20
scheint, bestens zu empfehlen. Von seiner
deutschen u französischen
Autorschaft

21
hier hab ich schon neul. wo ich nicht irre, ein Wort fallen lassen.

22
Ich denke mit dieser Woche meine
Quarantaine
zu schließen und nächsten

23
Sonntag
Esto mihi
meinen
ersten Kirchengang
in diesem Jahre zu halten

24
und mich auch vielleicht mit meinen bisher vernachläßigten Freund- und

25
Bekanntschaften wider auszusöhnen. Ich habe wie in der Wüste gelebt, in

26
Ansehung meines Herzens, das eben so viel Verdacht schöpft als giebt. Nichts

27
als Misverständnis in mir selbst und mit andern! Ich besorge nicht, daß die

28
Zu- und Aufdringlichkeit meiner Arbeiten auch nicht überlästig werden dürfte.

29
Mehr hab ich nicht auf dem Herzen für dieses erste Jahr einer neuen
Decade

30
meines Lebens.

31
Claudius schreibt mir von einer Art des Rufs für Voß nach Riga und

32
Hartkn. daß Lenz ein ähnl. Versuch mislungen u
ad interim
Hofmeister bey

33
Berg in Allasch geworden. Der Herr Verleger erbaut sich auch an Ihrem

34
Mathan
atha.

35
Lupus in fabula
†feld ist hier
gewesen
.
,
und hat mir an ein ander
Mst
auf

36
der Schloß Bibl. gedacht da
ß
s
Distinctiones in
Apocalypsin
heißen soll.

37
Werde Ihnen auch zu seiner Zeit ein Wort davon mittheilen.

S. 168
Was meynen Sie, ob ich
p.
7. No. 2.) noch mit einem Gedanken vermehre,

2
der mir entfallen und die Stelle etwa so gebe: weil bey Ausstellung des

3
Grundgesetzes im Zweck der Rechtschreibung ein Misverständnis zum

4
Grunde liegt, und das ganze Universalmittel selbst nichts als ein leidiges

5
Ohrenpolster der
Sinlichkeit
ist; „keine wahre
Quadratur
der

6
Incommensurabilität
Verhältnis zwischen Aussprache und Schrift, und

7
ihrer auszugleichenden
Incommensurabilität,
(
ohne
Fragmente
und

8
noch
Fractionen
)
.

9
Ich überlasse Ihrem Gutachten den ganzen und kleinen Endzusatz dieses

10
Perioden.

11
Was denken
Sie
zu Semlers Lebensbeschreibung und seinem Verhältnis

12
gegen Barth u. Steinbart. Ich bin willens meinen Rthl. redlich beyzutragen.

13
Aber Nösselt handelt schlecht, der als ein reicher u kluger Mann dies

14
Supplement
annimmt und den Mäcen nicht zurecht weist, und seinen Bruder darben

15
läßt.

16
Mein erschöpfter Kopf ist von allerhand voll – Gott gebe Ihnen Glück

17
liebster bester Herder zum Abdruck, daß er Ihnen nicht zu viel Mühe macht,

18
uns beyden aber Freude und keine Schande.

19
Meiner verehrungswürdigen
Gevatterin
den zärtlichsten treusten

20
Handkuß. Ich umarme Sie u alle Ihre liebe Kinder. Sein guter freudiger

21
Geist erhalte Sie!

22
– – quantaque nostrae

23
Pars TVA sit – animae, tibi dulcis amice

24
Ostendisse iuuat – – –


25
Mein Hausmutterchen hat die Rose im Gesicht und heute den Schreck

26
gehabt mir die Augen zuzudrücken u ihr ganzes Haus sterben zu sehen. Sie hat

27
mir Sonntags u Montags gelegen – wir wollten eben Mariannchen

28
entwöhnen, nun ist es ausgesetzt zum nächsten abnehmenden Licht. Alles übrige nach

29
Gottes Willen
u.
Agurs Wunsch – –
là là
tout doucement.
Schneckengang

30
ist besser als Krebsgang; aber
in petto
immer ein Hang zu
Extrem
en
, der curirt

31
werden soll und wird durch einen guten Abend! und gute Nacht! von Ihrem

32
alten Freund u Diener

33
Johann Georg H.


34
Vergeßen Sie doch nicht sich nach dem
verlornen
Päckchen zu erkundigen.

35
Bitte die mir ausgebetnen
Exempl.
nicht zu
franquiren,
höchstens bis zur

36
Gränze oder Berlin.
Vale et faue!
und hiemit nochmals Gott empfohlen.

37
Amen!

Provenienz

Krakau, Jagiellonenbibliothek, Slg. Autographa der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin (ehemalige Berliner Signatur: Acc. ms. 10787, Nr. 2).

Bisherige Drucke

Heinrich Düntzer, Ungedruckte Briefe zwischen Hamann und Herder. In: Bremer Sonntagsblatt. Siebenter Jahrgang, No. 42: 16. October 1859, 330–331.

Johann Georg Hamann: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Hg. von Josef Nadler. 6 Bde. Wien 1949–57, III 457–458.

ZH IV 165–168, Nr. 580.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
165/22
י
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
י
.
165/22
Jot.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Jot:
165/34
u.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
und
166/1
/
]
Geändert nach der Handschrift: Absatzwechsel.
166/2
u
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
und
166/4
ist
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
ist.
166/5
u
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
und
166/7
Oncle.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Oncle.
166/14
Motto nicht auf
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Motto auf
166/14
beyde
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
beide
166/15
lateinsche
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
lateinische
166/15
eingerückt
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
eingerückt,
166/21
Mos.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Moses
166/22
Grünenstraße […] 12–14.]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Grünenstraße. 12–14.
166/27
              
]
Textverlust; ein Teil der unteren Hälfte des Blattes wurde herausgeschnitten. Von ZH mit Halbgeviertstrichen dargestellt.
166/28
–29
Textverlust; ein Teil der unteren Hälfte des Blattes wurde herausgeschnitten.
166/31
Fortsetzung
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Fortsetzung.
166/34
u
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
und
167/2
vertreten
.
,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
vertreten,
167/4
Abdruck
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Abdruck.
167/11
durchgreift;
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
durchgreift:
167/14
u
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
und
167/16
besucht;
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
besucht,
167/20
deutschen […] französischen]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
deutsch-französischen
167/34
Mathan
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Maran
167/35
gewesen
.
,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
gewesen,
167/36
Apocalypsin
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Apocalipsin
168/7
(
ohne
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
ohne
168/8
Fractionen
)
.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Fractionen
.
168/11
Sie
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Sie
168/19
Gevatterin
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Frau Gevatterin
168/29
u.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
u
168/29
là là
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
à la
168/30
Extrem
en
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Extremen