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HöchstzuEhrende Freundin und Gevatterin,

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Meinen ergebensten Dank für beykommendes Leben, das mir ganz

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außerordentlich
behagt, sowohl in Ansehung der alten Bekanntschaft mit
der

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Autorschaft der Fräulein Ritterin, als in Ansehung des garstigen Carons,
in

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den ich mich einmal verliebt wegen seines spanischen Ebentheuers. Ich

27
vermuthe
fast, daß die Amazonin auch ein wenig Schwäche sich gegen ihn
hat

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merken laßen, und leite daher jene bittere Thränen her – Doch ich habe
mehr

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wie einmal verschworen zu glauben, was man sieht, und kann mir doch
das

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verwünschte Vermuthen und leidige Urtheilen nicht abgewöhnen.

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Einl. ist um ein halb Blatt stärker gerathen, weil ich den 25
huj.
mit einem

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Briefe, einem Fäßchen
Caviar
und einem Pack Bücher erfreut wurde; daher

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mein Herz diesen Geschenken scheint entgegen gewandelt zu haben. Den Tag

34
drauf mit einem langen Briefe vom Gevatter
Asmus
und Gevatterin
Asma,

S. 165
worinn auch ein ausdrücklicher Gruß an Herrn Hartknoch stand, den ich noch

2
nebst einem traurigen Umstande den Verfaßer des
Catholicon
betreffend,

3
extrahi
ren müßen, wodurch Einl. um ein halb Blatt stärker werden müßen.

4
Werde wohl nicht eher als Montags im stande seyn auszugehen, weiß

5
daher nicht ob ich dem unbekannten Ueberbringer und Vetter werde meinen

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Dank abstatten können.

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Empfehlen Sie mich bestens Herrn
Courtan
und sämtlichen Familie, die

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meinigen thun ein gleiches.

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Meiner politischen Rechenkunst zufolge möchte wol mit der bevorstehenden

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Fastenzeit wieder anfangen die liebe Kirche und gute Freunde zu besuchen;

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bitte währender Frist in gutem Andenken zu behalten und so gut wie möglich

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zu entschuldigen die hypochondrische Verwirrung und Eilfertigkeit Ihres

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ergebensten und verpflichtesten Dieners

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Johann Georg Hamann

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den 29 Jänner 80.


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Daß ich noch ein Schuldner von HE Motherby seyn muß, ist nicht ganz

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meine Schuld. Auch meinen Gruß für Ihn zur Beyl.



S. 477
Marianne Courtan schrieb auf die Rückseite des Briefes:

34
Dem Freunde unvergeßen,   Den mir mein Glück hier gab.

35
Da wo ich oft geseßen,   Ruht dann sein Pilgerstab,

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Pflanzt seine Hand Cypressen   Um mein bethränktes Grab.

37
Die Zeugen seines Kummers grünen   Hoch über meinen Staub empor.

38
Ich aber geh durch Cherubinen-   Posaun geweckt, den Lenz in meinen Mienen,

39
Dereinst aus einem Hayn hervor. –

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 2.

Bisherige Drucke

ZH IV 164 f., Nr. 579.

Zusätze fremder Hand

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Sophie Marianne Courtan

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
164/24
der
]
Druckbogen 1943:
den
; Druckfehler am Zeilenfall.
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außerordentlich
]
Druckbogen 1943:
außerrordentlich
; Druckfehler am Zeilenfall.
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Druckbogen 1943:
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; Druckfehler am Zeilenfall.
164/27
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Druckbogen 1943:
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; Druckfehler am Zeilenfall.
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]
Druckbogen 1943:
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; Druckfehler am Zeilenfall.
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mehr
]
Druckbogen 1943:
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; Druckfehler am Zeilenfall.
164/29
das
]
Druckbogen 1943:
d-s
; Druckfehler am Zeilenfall.
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Marianne […] –]
In ZH im Apparat.