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117/29
Kgsberg den 19
Oct.
79.
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Herzlich geliebtester Freund,
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Da ich eben mit dem Gedanken an Sie zu schreiben arbeitete, erhalt ich heute
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die Antwort durch einen Einschluß auf den Hauptpunct meiner Unruhe – die
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aber durch die traurige Nachrichten von Ihrer Gesundheit und dem
S. 118
Krebsgange derselben vermehrt worden. Ich habe gegen das Ende dieses Sommers
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heftige u ängstl. Anfälle von Schwindel gehabt, die Gottlob! etwas
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nachgelaßen. Aber zur Sache.
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Seit dem 18 May hab ich Ihnen den 2
Aug.
u 17
Sept
geschrieben. Der
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erste Brief wurde von mir dem jungen Berens vertraut, enthielt einen
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Einschluß nach Petersb. an unsern Freund Arend nebst einem
illumini
rten
7
Exemplar meines
Konxompax.
Der letzte Brief enthielt einen Einschluß vom
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Gevatter aus Weimar und die Nachricht seiner Freude über seinen vierten Sohn.
9
Ich hab
es
ihn dem HE
Banco-Dir. Rappolt
zugeschickt, der mir die
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Besorgung deßelben versprach. Beruhigen Sie mich doch mit erster Post ob Sie
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diese Einl. erhalten haben. Ohngeachtet Sie
mich
explicite
dieses Einschlußes
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erwähnen: so vermuthe ich doch, daß Ihnen dieser Brief zu Handen
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gekommen. Wünschte aber doch gewiß zu seyn wegen des Herderschen Einschlußes.
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Meine Vermuthung, daß der erste Brief vom 2
Aug.
nebst dem Einschluß
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an Arndt u dem ihm bestimmten Exemplar der Fragmente verwahrloset
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worden, ist jetzt leider! bestätigt – und ich bin dadurch zugleich ein
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Augenzeuge von der traurigen Gemüthslage dieses jungen Menschen geworden, der
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mir seit dem 4
Julii
wo ich ihn zum erstenmal in meinem Hause gesehen,
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vielen geheimen Kummer gemacht. –
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Auf seine widerholte Versicherung, daß
Ihr
sein
Comtoir
mit jedem
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Fuhrmann Sachen nach Riga zu bestellen hätte u er gleichfalls, vertraute ich
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ihm die paar Bogen u die beiden kleinen Briefe an, die sich länger als acht Tage
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bey mir herumtrieben theils wegen meines Schwindels, theils weil auf seinen
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Besuch wartete um selbige zumachen zu können. Er kam nicht u kam nicht bis
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zum 15
Aug.
Währender Zeit hatte ich selbst meine Amtsgeschäfte dazu
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gebraucht um die Leute dieses
Comptoirs
ein wenig näher kennen zu lernen, und
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meine Versuche, die alle eine Beziehung auf die Lage meines jungen Freundes
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hatten, machten mich für ihn besorgt. Er beklagte sich sehr über des alten
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Kenkels Grobheit, über den Zwang in seinem Hause, war aber desto
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zufriedner mit HE Bruinvisch. Meine Vermuthung, daß durch eine gar zu strenge
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Gebundenheit nur heiml. Ausschweifungen u Niederträchtigkeiten befördert
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würden, ward durch seine Winke bestätigt. Dieselbe Woche sprach er noch ein
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paarmal in meinem Hause an, aber mit einer großen Eilfertigkeit u
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Versicherung vieler Arbeit, auch wiederholten Klagen, daß er in allem zu kurz gehalten
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würde.
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Hierauf blieb er gar aus bis zum 10
Sept.
wo ich ihn eben begegnete, als ich
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aus dem Packhofe ein wenig zu Hause ansprechen wollte. Ich glaubte, daß er
S. 119
durch ein Misverständnis oder Misfallen so lang entfernt geblieben und
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hatte Ursache mich über ein offnes
Billet,
das er durch einen
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Langgaßenträger mir zugeschickt hatte, ein wenig zu beschweren. Weil er aber mich mit
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offnen Armen umfieng, ein Flußfieber vorgab, und sein Ansehen kränklich
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aussahe, vergaß ich alle meine kleine Vorwürfe und freute mich ihn zu sehen.
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Frug nach meinem Briefe und erhielt die Versicherung, daß selbiger
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abgegangen wäre.
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Denselben Nachmittag
ist er
wider in meinem Hause gewesen, hatte sich
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des Claudius Werke u den
Belisaire
ausgebeten von meinem Sohn mit dem
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Versprechen mich den nächsten Sonntag zu besuchen u vielleicht den ganzen
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Tag bey mir zuzubringen. – Ich wartete aber umsonst einen Sonntag nach
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dem andern.
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Endlich erfuhr ich daß er einmal angesprochen war des Morgens, da ich
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eben mit Hanschen in die Kirche gegangen war, auch mit dem ungewißen
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Versprechen widerzukommen, ohne es zu erfüllen.
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Vorigen Donnerstag den 14
h.
komt ein Gesell von HE
Br.
zu mir auf die
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Loge
um sich zu erkundigen ob der junge Berens bey mir wäre, und meldete
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mir zugl. die Besorgnis seines Herren, bey dem er sich ausgebeten hatte um
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sich mir entdecken zu können, weil er gantz tiefsinnig, mismüthig u krank wäre.
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Wie wir zusammen sprachen, entdeckte er daß er nach dem Holl. Baum zu
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gieng und mein Haus vorbeygegangen war. Bald darauf versicherte er mir
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daß er umkehrte und ich führte ihn in mein Haus. Er beklagte sich unter
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vielen Trähnen über den Zwang in dem er lebte, und daß ihm HE Kenkel
nicht
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einmal die Sonntage auszugehen erlaubte. Seine Krankheit bestünde in
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Ohnmachten –
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Da ich eben eine Gans am Spieß hatte: bat ich ihn den Mittag dazu
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bleiben. Er schlug es mir ab, und ich versprach seinethalben mit beyden Herren
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zu reden – Wie ich zu Hause kam zum Eßen, fand ich ihn aber noch da.
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Mittags wie wir aßen, kam wider derselbe Geselle von Br., wie ich
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vermuthete in der Absicht, zu sehen, ob er wirklich bey mir war. Ich ließ mir die
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Erlaubnis ausbitten meinen Patienten den ganzen Tag bey mir behalten zu
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können, gieng in Gesellschaft eines guten Freundes nach den
Bureau
stunden
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ein wenig aus und begleitete ihn wider bey mir nach Hause um den Abend
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zubringen zu können, woran ich aber verhindert wurde, weil derselbe Bote ihn
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abholen kam. Der gab mir aber andere Nachrichten von seinen Ohnmachten –
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Den Tag drauf erfüllte ich mein Versprechen
Br.
zu besuchen. Hier hörte
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ich lauter Dinge die mich beunruhigten. Sein Bruder der
Doct.
hatte seine
S. 120
Zufälle untersucht, und erklärte sie für ein innerl.
Epilepsie,
die alle Nächte
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ihn so beunruhigte, daß er die Wände kratzte. Er gäbe vor, diese Zufälle nur
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ein paar mal in seinem Leben gehabt zu haben, nach seiner Abreise aus Memel
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bekäme er selbige beynahe tägl. Er hatte ihm die Ursache davon in einer
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geheimen Begebenheit anvertraut, die mir zieml. unwahrscheinl. vorkommt. Bey
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dieser Gelegenheit gab er mir zu verstehen, daß sich ein paar Bogen bey ihm
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herumgetrieben die Fragmente hießen und die
von
mir zugehören müsten,
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weil ich mit eigener Hand Anmerkungen dazugeschrieben hatte. Ich spitzte
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die Ohren und konnt mich auf nichts besinnen – bis mir endl. das Exemplar
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einfiel, das zu Ihrem Briefe gehörte. Ich war also eben willens deshalb an
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Sie zu schreiben, als ich Ihre heutige Zuschrift erhielt.
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Der Grund des Uebels mochte nun seyn, was er wollte: so billigte ich Br.
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Vorsatz nach Riga von allem Bericht zu ertheilen – und mir fehlten noch
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2 Dinge, neml. den
alten Kenkel zu kennen
und ein Augenzeuge
seiner
der
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epileptischen Zufälle
zu seyn.
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Diesen
Vorigen Sonntag frühe holte ich ihn ab, unterhielt mich lange mit
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dem Buchhalter allein, der neben ihm schläft und von seinen Zufällen auch
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mit viel Antheil zu reden schien. Des Patienten eigener Wahl zufolge gieng ich
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mit ihm in die Schloßkirche und verabredete mit ihm, daß er den ganzen Tag
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in meinem Hause zubringen sollte. Er war willig dazu, gab aber vor, des
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Abends bei Ihrer SchwiegerMama eingeladen zu seyn. Wie wir aus der
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Kirche kamen, wollt er zu Hause gehen um noch Geschäfte zu verrichten. Ich
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begleitete ihn selbst, sprach mit dem alten Kenkel, der von Contract, von der
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bösen Welt und den Pflichten eines Lehrburschen ein Haufen mir vorschwatzte,
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das ich halb gedultig halb ungedultig hörte, und endl. die Erlaubnis erhielt
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ihn mit nach Hause zu nehmen. Ich stellte mich mit dem alten Pharisäer
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zufriedner wie ich war, um dem jungen Menschen mehr Vertrauen zu ihm zu
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machen. Bey dieser Gelegenheit versicherte er dem
Br.
daß die beyden Bogen
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bereits längst abgegangen wären.
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Heute als ich Ihren Brief erhielt, lauf ich zu
Bruinv.
Der mir mehr als
e
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Ein Schwert wider sich in die Hände gegeben hatte. Der
junge Werther
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war nicht zu Hause, alles war auf einen
Paroxysmum
angelegt und ich so
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gut ich konnte gefaßt ein Augenzeuge davon zu seyn. Endlich kam er. Auf
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meine Frage und Bitte nichts als die Wahrheit zu sagen, weil an allem nichts
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gelegen wäre und alles ersetzt werden könnte, behauptete er mit allem Trotz
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die Briefe besorgt zu haben mit einem Fuhrmann von dem er überführt
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wurde, daß er schon im Julius abgereiset war. Und hierauf fieng sich
S. 121
ein so
grotesques
Theaterspiel an – aber keine Ohnmacht erfolgte, sondern
2
es blieb alles bey dem gewöhnlichen
Paroxysmo
eines
Kindes, das sich
3
booßt
–
4
Kurz es war eine
Carricat
ur von den 100 Scenen, die ich an meinem leibl.
5
Bruder erlebt; und die ich so ziemlich zu
dechiff
riren gelernt habe
ceteris
6
paribus,
denn mein seel. Bruder hatte keine Schauspieler Talente.
7
Ich empfieng einen Sohn von HE Karl Berens mit der Wärme eines Vaters
8
und mit aller Offenherzigkeit eines alten Freundes. Ich kann ihm nichts zur
9
Last legen als einen
unglückl
. u mir sehr
verhasten Fehler
von dem ich
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nicht weiß wie er dazu gekommen ist – deutsch herauszusagen: das verfluchte
11
Lügen
geschwätz
von dem ich auch vermuthe daß wie es bisweilen aus
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Gewohnheit u Nachahmung böser Gesellschaft, also auch mehr aus einer
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Krankheit der
Einbildungskraft
entstehen kann, ohne Antheil des Gewißens.
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Seine ganze
Exclamationes
waren nichts als Mord und Todschlag; seine
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Billets doux
blos Plane zur Flucht nach Engl. um dort Soldat zu werden.
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besuchte mich
Sonntags
Halter den ich lange nicht gesehen
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und
dessen Besuch
mir gewünscht habe, vorigen Sonntag. Ich entdeckte ihm
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alles was ich wußte – mit der
ausdrückl. Vorschrift
, sich an alles was ich ihm
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sagte nicht zu kehren sondern die Sache selbst mit seinen Augen u Ohren zu
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untersuchen, da er einen näheren Beruf dazu hatte. Ungeachtet er meine
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Vertraulichkeit ein wenig gemisbraucht, war er aber doch auch heute der Meynung
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mit der ersten Post zu schreiben und auf baldigste Erlösung aus seiner hiesigen
23
Lage anzutragen, die ich auch schlechterdings für nöthig halte.
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Des alten Kenkels gutgemeinte Absicht ihn an seiner
Salbung ein Theil
25
nehmen zu laßen und
durch übertriebne Achtsamkeiten
26
zu vertreiben machen das Uebel nur ärger. Wie sehr ich mit dem
Vater
und
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Sohn
sympathisire, können Sie leicht erachten.
Bey allem ihren Unrecht sind
28
beyde in meinen Augen entschuldigt. Aber auch hier gehts wie in Jothams
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Fabel. Der Oelbaum bleibt ein Oelbaum, der Feigenbaum ein Feigenbaum,
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der Weinstock ein Weinstock; keiner aber hat das Herz, wie der verwünschte
31
Dornstrauch,
aut
–
aut
– Schatten oder Feuer von sich zu geben. Auch
hier
ist
32
alles in guter Meynung geschehen ohne
Kenntnis der Sache
und durch
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verkehrte Mittel
.
34
In dem verlornen Briefe war die Rede von Ihrem
Passerius
,
zu
von
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dem mich
Prof. Reusch
als
Bibliothecarius
die feste Hofnung macht zu
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entledigen. Bis gegen Ostern hoff ich wird alles entschieden seyn und es liegt
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nicht an mir wenn Sie nicht Ihr baares Geld erhalten. Nichts vom
Dio
S. 122
Cassius
weder auf dieser noch nächster Meße. Gehen Sie
pie et caute
zu
2
Werk.
3
Nächst den guten Nachrichten von Ihrem lieben Sohn hat mich nichts so
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sehr gefreut und so unerwartet – als die von Lenz. Ich hatte seine kleine
5
Aufsätze eben vorigen Sonnabend gelesen. Daß Er mein Freund ist hab ich daraus
6
ersehen und glaub es ohne nöthig zu haben einer eigenhändigen Versicherung.
7
Zum Briefwechsel taug ich gantz und gar nicht. Umarmen Sie Ihn in meinem
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Namen herzlich.
9
Ist er völlig wiederhergestellt oder alles von seiner Krankheit ein
10
Mährchen gewesen? Für
einen solchen Mann
deßen Vater Gen. Super. in Riga
11
ist, keine
Aussichten dort zu Lande
! Ich erinnere mich eines Besuchs, den
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ein Bruder von ihm bey seiner Durchreise ablegte. Taugt Er nicht junge
13
Herren auf Akademien zu begleiten – oder auf Reisen – oder nach Curl. wo ich
14
eine weitläuftige Gönnerin an der Fr. Cammerherrin von der Reck habe –
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Noch für Ihren Laden? – noch für Ihren Verlag? Ein
Privilegium exclusiuum
16
oder
privatiuum
zur Samml. u Herausgabe aller meiner
Operum omnium
17
soll Ihm gleich aus meiner geheimen Canzley ausgefertigt werden. Das ist
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alles was ich
in petto
für Ihn thun kann. Das versteht sich am Rande, daß
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Sie
unser
Sein Verleger seyn sollen. Gott wolle Ihnen nur Leben und
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Gesundheit dazu verleyhen.
21
Der brave
Pynnow
war ein schlechter Schütze, sagt die Sibylle; er traf den
22
Schatten für den Körper. Die beyden cophtische Wörter
Sphransch
u
Saben
23
finden Sie in der neuen Ausgabe der Apologie des F M Ordens
p.
180.
24
Diese, Meiners, Steinbart
und
Lessingiana
sind
als
Mark meiner
25
Fragmente oder das Viergespann meiner Muse. O wie ich nach dem
Maran Atha
26
schmachte! Wie gern ich meine letzten Thaler für das
Porto
hinauswürfe!
27
Verhalten Sie mir ja nichts von allem, was meinen nichtswürdigen Freund
28
und Deserteur angeht. Für mich muß er blos
ciuiliter mortuus
seyn – aber
29
nicht
in petto, in petto
–
30
Der Himmel gebe nur, daß meine Vermuthungen wegen der
epilepti
schen
31
Lügen
eintreffen mögen. An allem übrigen wäre nicht viel gelegen und könnte
32
leicht zum Besten sämtl.
Interessent
en gereichen. Laßen Sie
Oncle George
an
33
dem Innhalt meines Briefes Antheil nehmen. Im Nothfall hätt ich selbst
34
an Ihn oder einen andern Bruder geschrieben.
35
Beruhigen Sie mich doch, und wenn Sie nicht Selbst können, durch unsern
36
Lenz, ob Sie den Herderschen Einschluß erhalten und falls sich auch
37
unvermuthet die für verloren gehaltene Wische finden und wider Vermuthen sich
S. 123
dort umtreiben sollten. Ich empfehle Sie und alle die Ihrigen Göttl. Obhut
2
und ersterbe Ihr treuer Freund
3
Johann Georg Hamann.
4
In meinem Hause befindt sich alles nach Wunsch.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.
Bisherige Drucke
ZH IV 117–123, Nr. 567.
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
118/11 |
mich ]
|
Geändert nach Druckbogen 1943; ZH: nicht |
119/23 |
nicht ]
|
Druckbogen 1943: nich ; vmtl. durch den Setzer bedingter Wegfall des letzten Buchstabens der Zeile. |
121/16 –27
|
Ich […] erachten.] |
Die Passage ist im Druckbogen von 1943 offensichtlich voller Fehler; Henkel hat sie nach Sinnkriterien weiträumig korrigiert. Da es keine bessere Quelle gibt, geht der Text hier nach Henkel. |
121/24 |
Salbung ein Theil |
Die Stelle ist im Druckbogen von 1943 offenbar in der Zeile verrutscht. Henkels Versuch einer Plausibilisierung: Handlung Antheil |
121/25 |
|
Die Stelle ist im Druckbogen von 1943 offensichtlich fehlerhaft: Henkels Versuch einer Plausibilisierung: seine Bösen Zufälle |
122/24 |
als ]
|
Geändert nach Druckbogen 1943; ZH: das |