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HöchstzuEhrende Freundin und Gevatterin,

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Hiezu sind Sie gestern mündlich und schriftlich bestätigt worden, und Herr

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Pfarrer Stephani hat mir versprochen morgen als den 21 Nov. um 3 Uhr in

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meinem Hause die Taufhandlung zu verrichten. Da der gute Wille die beste

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That ist und meine kleine
Marianne Sophie
schon vor ihrer Geburt den

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Gottespfenning mütterlicher Vorsorge empfangen: so sind und bleiben Sie

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von Rechtswegen ihre erste Wohlthäterin, im Fall auch Ihre

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Gesundheitsumstände Sie verhindern sollten persönlich zu erscheinen. –

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Ohngeachtet ich in der Theorie aller häuslichen Uebel, die bey einer natürl.

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u bürgerl. Ehe unvermeidlich sind, ein Freymäurer bin: so sind doch blos

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Bewegungsgründe
, aber niemals Thaten, meine
Geheimniße
, und die

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einzige Apologie meiner Ausnahme vom Wandel väterlicher Weise.

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Der Mutter fehlt es an Schlaf, Kräften, diesem und jenem; das Kind ist

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auf Nahrung erpicht, und bekümmert sich weiter um die Welt nicht, als daß

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es selbige zuweilen mit ein paar großen Augen ansieht, – recht wie der Vater,

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der Ihnen die Hände küßt und einen guten Morgen wünscht als Ihr ewig

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verpflichteter Freund und Diener

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Johann Georg Hamann.

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Königsberg den 20. Nov. 78.


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Die Sechswöchnerin empfiehlt sich u wünscht Ihnen gute Gesundheit wie

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sich selbst. Henriettchen empfängt einen Gruß von Hänschen und Fritzchen

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von Lehnchen; denn Lieschen ist Haushälterin.


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Adresse mit rotem Lacksiegelrest:

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à Madame / Madame Courtan / née Toussaint

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 2.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, V 288 f.

ZH IV 29 f., Nr. 535.